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Veröffentlicht am 18.02.2024

Äußerst spannend erzählter Justizthriller

Liar
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Liar ist der dritte Band der Eddie-Flynn-Reihe und kann unabhängig von den anderen Bänden gelesen werden. Liar verbindet zwei zeitliche Geschehen miteinander. Während der zurückliegende Part gezielt einige ...

Liar ist der dritte Band der Eddie-Flynn-Reihe und kann unabhängig von den anderen Bänden gelesen werden. Liar verbindet zwei zeitliche Geschehen miteinander. Während der zurückliegende Part gezielt einige Informationen liefert, bin ich im aktuellen Geschehen mittendrin. Es geht Schlag auf Schlag und Eddie kann manches Mal kaum eins und eins zusammenzählen, da muss er schon parieren.







Im Rückblick - da gebe ich ihm recht - sollte man öfter auf seinen Verstand als auf diese Stimme hören, die sagt "Und was ist, wenn wir es doch versuchen?". Und genau das macht Eddie Flynn so menschlich. Er hat seine Ecken und Kanten, wenn es um die Inhalte fremder Manteltaschen geht, kann er quasi zaubern und er ist ein ganz wunderbarer Strafverteidiger.



"Ich hatte am Morgen feststellen müssen, dass meine Krankenversicherung nicht zahlte, wenn ich in ein brennendes Gebäude lief. Und da denken die Leute, Trickbetrüger wären hinterhältig." - Seite 159



Das weiß auch Leonard Howell. Schließlich kennen er und Eddie sich aus Kinder- und Jugendtagen. Und genau diese jugendlichen Qualitäten schätzt Lenny so sehr an seinem alten Freund. Denn das Spiel, das Leonard Howell zu spielen bereit ist, ist gefährlich, aussichtslos und muss unter allen Umständen gut ausgehen.



"Worum er mich bat, hätte im Grunde meinen professionellen Suizid zur Folge. Kein Geld auf der Welt konnte mich dazu überreden, Ja zu sagen. "Ich mach´s", sagte ich." - Seite 68



Steve Cavanagh erzählt die Geschichte bildhaft und lenkt meinen Blick auf wichtige Details ohne sich darin zu verlieren. Zackig geht die Geschichte weiter. Steve Cavanagh erzählt in ultrakurzen Kapiteln, so dass ich immer noch eins und noch eins und noch eins lesen möchte, weil das Geschehen spannend erzählt ist. Selbst während der Gerichtsverhandlung kommt keine Langeweile auf. Da gilt es die Geschworenen zu beachten oder einen Blick auf das Publikum zu werfen oder das Augenmerk auf die direkte Verhandlung und Fragestellung zu lenken.

Absolut authentisch übersetzt ist der Roman von Jörn Ingwersen, der selbst Autor ist. An zwei Stellen habe ich beim Lesen gestockt. Da hieß es "... meinen Hinterkopf vom Sitz schälen ..." und "Der Charger fraß die Meilen.". Wobei es sich bei dem Charger um ein Fahrzeug handelt. Die Wortwahl hat meinen Lesefluss gehemmt, obwohl über die Sache an sich Klarheit herrscht. Nur, wenn ich mich aus dem Sitz schäle habe ich ein ganz anderes Bild vor Augen, als wenn ich meinen Hinterkopf vom Sitz schäle.

Auch mit den zwei Stopps ist Liar ein wahres Lesevergnügen. Ehrlich gesagt: Liar zu lesen war mir ein Fest. Ich freue mich schon sehr auf einen weiteren Fall mit Eddie Flynn.



Fazit
Liar ist für alle, die äußerst spannend erzählte Thriller lieben und für alle Fans von Eddie Flynn.

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Veröffentlicht am 03.01.2024

Fantastische, düstere Geschichte für junggebliebene Erwachsene

Wendy & Peter. Verloren im Nimmerwald
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Wendy & Peter - Verloren im Nimmerwald erzählt die Geschichte von Wendy Darling und Peter Pan. Im Fokus der Geschichte steht die mittlerweile erwachsene Wendy Darling. Sie ist achtzehn Jahre alt und hat ...

Wendy & Peter - Verloren im Nimmerwald erzählt die Geschichte von Wendy Darling und Peter Pan. Im Fokus der Geschichte steht die mittlerweile erwachsene Wendy Darling. Sie ist achtzehn Jahre alt und hat vor fünf Jahren ihre beiden Brüder John und Michael im Wald verloren. An den Verlauf des Abends des Verschwindens und die folgenden Monate kann sie sich nicht erinnern. Der Verlust trifft Wendy und ihre Eltern sehr hart und ist nach fünf Jahren längst nicht verarbeitet.







Eines Abends trifft Wendy auf Peter. Er kommt ihr bekannt vor, doch Parallelen zwischen ihrem Peter Pan aus den Geschichten, die sie ihren Brüdern oft erzählt hat und diesem realen Peter will sie nicht ziehen. Oder ist er es doch? Dummerweise gerät sie mit dem Aufeinandertreffen in den Fokus von polizeilichen Ermittlungen. Als dann auch wieder Kinder verschwinden - wie einst ihre Brüder - ist es mit Wendys Ruhe und dem geordneten Leben restlos vorbei. Die Schatten der Vergangenheit holen Wendy buchstäblich ein.

Wendy & Peter - Verloren im Nimmerwald spielt in der realen Welt, in der Wendy zu Hause ist. Statt magischem Sternenstaubgeglitzer müssen sich Wendy und Peter die irdischen Kräfte zu Nutzen machen, denn leider verliert Peter Tag für Tag seine Magie.



"Menschen finde ich viel beängstigender als die Dunkelheit", sagte er. "Jemand kann direkt vor dir stehen und gefährlich sein, ohne dass du es auch nur ahnst." - Seite 94



Die Geschichte ist spannend erzählt und entwickelt bereits am Anfang eine angenehme Sogwirkung. Aiden Thomas spielt mit den bekannten Charakteren, mit den Erinnerungen an die Geschichte des Peter Pan und transportiert diese geschickt in das irdische Leben der Wendy Darling. Die Trauerbewältigung der Eltern, die Verdrängung von Gefühlen und Tatsachen, die Wendy nicht erleben wollte und die fehlenden Erinnerungen an Peter Pan, das Nimmerland, den Feenstaub machen die Geschichte für mich realistisch und zugleich wünschenswert fantastisch.



"So gern hätte sie sein weiches Haar angefasst, seine warme Haut berührt. Peter sah aus, wie sich der Sommer anfühlte." - Seite 307



Wendy & Peter - Verloren im Nimmerwald ist düster und tragisch. Aiden Thomas trifft genau den richtigen Ton für die Erzählung und schreibt die Situationen sehr anschaulich, so dass ich die Reaktionen der Charaktere bildlich vor mir sehe.

Zum Schluss hat mich die Geschichte eiskalt erwischt. Obwohl Aiden Thomas mich als Leserin zuvor auf das Ende vorbereitet hat, war es nicht das Ende, das ich mir gewünscht hätte. Das macht es so lebensnah, so realistisch und zugleich traumhaft. Und dann wünsche ich mir meinen Peter Pan an meine Seite, nur um festzustellen, dass ich ihn im wirklichen Leben längst an meiner Seite habe.

Übersetzt wurde Wendy & Peter - Verloren im Nimmerwald aus dem Englischen von Michaela Link. Die deutschsprachigen Worte sind so gewählt, als hätte es nie einer Übersetzung bedarft. Vielen Dank für das wunderbare Lesevergnügen, das mir damit bereitet wurde.



Fazit

Wendy & Peter - Verloren im Nimmerwald ist für alle junggebliebenen Erwachsenen, die Peter Pan und Wendy Darling ins Herz geschlossen haben und für alle, die fantastische, düstere Geschichten im Genre Young Adult lieben. Oder, wie es die Widmung im Buch nicht besser hätte ausdrücken können:



"Für jedes schwere Herz, das zu schnell erwachsen werden musste." - Seite 5

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Veröffentlicht am 30.12.2023

Sagenumwobene Geschichte um Bücher im Gewand eines historischen Schauerromans

Die Bibliothek im Nebel
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Die Bibliothek im Nebel führt mich als Leserin ins Graphische Viertel nach Leipzig, an die Cote d´Azur und nach Sankt Petersburg. Der Roman öffnet mir im historischen Geschehen der Jahre 1917, 1928 und ...

Die Bibliothek im Nebel führt mich als Leserin ins Graphische Viertel nach Leipzig, an die Cote d´Azur und nach Sankt Petersburg. Der Roman öffnet mir im historischen Geschehen der Jahre 1917, 1928 und 1957 die Tore zu einer umfassenden Geschichte aus Schauerroman, historischem Kriminalroman, ein Hauch Abenteuer und einer Liebesgeschichte, der ich nur zu gerne folge.


Eröffnet wird das Geschehen mit einer Familiensaga, die einen recht tragischen Verlauf nimmt. Es ist beunruhigend mitzuerleben, wie das eigene Kind behandelt wird und die Eltern gleichzeitig dem Wunsch nach eigener Verwirklichung hinterherjagen. Mitten in dieser "Familienidylle" befindet sich Artur. Artur, der irgendwie zur Familie gehört, aber nie gänzlich aufgenommen wird. Artur, der seiner Leidenschaft als Bibliothekar nur zu gern nachkommen möchte, dem dann aber die Revolution ein Schnippchen schlägt. Schlussendlich bleibt ihm keine andere Wahl als aus Sankt Petersburg zu fliehen und sich auf den Weg nach Leipzig zu machen. - Ins Graphische Viertel. Er macht sich auf in der Hoffnung, seiner großen Liebe Mara wieder zu begegnen. Mara, seine ideelle Adoptivschwester, die mittlerweile mit einem anderen Mann verlobt, aber hoffentlich noch nicht verheiratet ist. Im Gepäck hat Artur ein Buch, das unbedingt sein Ziel in Leipzig erreichen muss.

Artur ist nicht der einzige, der auf der Suche nach Mara ist. Jahre später macht sich Liette auf die Suche nach Mara. Liette, die so gern mehr über die Bibliothek im Nebel erfahren möchte.

Kai Meyer erzählt mit Die Bibliothek im Nebel eine umfassende Geschichte. Sie ist angereichert mit einer Düsternis, die ich zu durchbrechen wünsche. Und irgendwie ist da immer ein Schimmer, ein Glanz, der mich hoffen lässt, dass die Geschichte in irgendeiner Form gut enden mag. Die verschiedenen Zeitebenen greifen erst nach und nach ineinander und der Spannungsbogen, den Kai Meyer hält, scheint mir manches Mal zum Greifen nah.

Die Erzählstimmen von Fabian Busch, Luise Helm und Johann von Bülow tun ihr übriges um mich in der Geschichte mitzunehmen und mir die Geschehnisse vor Augen zu führen. So ganz erschließt sich mir der Wechsel der Stimmen nicht. Ich finde es aber bereichernd, über den Zeitraum von mehr als 17 Stunden mehr als einer Stimme lauschen zu dürfen, wobei jede ihre eigenen Vorzüge hat.

Es war mir ein Fest, den Charakteren zu folgen, mitzuermitteln und zu rätseln, wie es in der Geschichte weitergeht. Besonders schön fand ich die losen Verknüpfungen zu dem Roman Die Bücher, der Junge und die Nacht. Sei es der Wunsch, selbst im Graphischen Viertel in Leipzig unterwegs zu sein, die Liebe zu Büchern, oder einer starken Nebenfigur wiederzubegegnen.



Fazit
Die Bibliothek im Nebel ist für alle, die historische Schauerromane mögen und mit komplexen Handlungen auf verschiedenen Zeitebenen gut zurecht kommen. Und natürlich für alle, die sagenumwobene Geschehnisse um Bücher lieben.

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Veröffentlicht am 18.12.2023

Ein packend erzählter Liebesroman mit Mental Health Komponenten

Wenn ich uns verliere (Light in the Dark 1)
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Wenn ich uns verliere ist die Geschichte von Maggie und Leo. Die Situation ist eher ungewöhnlich, in der sich die beiden kennenlernen und die Emotionen der beiden sind spürbar. Beide sind mir auf Anhieb ...

Wenn ich uns verliere ist die Geschichte von Maggie und Leo. Die Situation ist eher ungewöhnlich, in der sich die beiden kennenlernen und die Emotionen der beiden sind spürbar. Beide sind mir auf Anhieb sympathisch, wie sie so um ein Taxi streiten. Das Gefühl zwischen Maggie und Leo scheint nicht nur zu stimmen, sondern auch auf tiefe Verbundenheit zu beruhen. Der Umgang ist sehr vertrauensvoll und wertschätzend - wenn auch Maggie manches Mal herrlich und widerlich zugleich - ziemlich kratzbürstig ist. Und genau das mag ich an ihr: ich habe nicht den Eindruck, dass sie sich verstellt um jemanden zu gefallen.







"Dein Ernst? Ich konnte ja nicht wissen, dass man bei einer Taxibestellung in Köln ein Gesundheitszeugnis vorlegen muss." Ihre Schlagfertigkeit und ihr Selbstbewusstsein sind verdammt sexy, auch wenn sie gerade mit Sicherheit nicht auf diese Art von mir wahrgenommen werden will. - Seite 23



Leo hingegen ist der charmante Ruhepol von den beiden. Sein Vorrat an Geduld, Verständnis und Liebe zu Maggie scheint unerschöpflich. Doch, wie heißt es so schön? Steter Tropfen hölt den Stein. Und irgendwann muss auch Leos Geduld mal erschöpft sein.



Antonia Wesseling schreibt die Geschichte der beiden Protagonisten so spannend und eindrücklich, dass ich das Buch gar nicht mehr zur Seite legen will. Besonders gefällt mir, dass Antonia Wesseling sich Gedanken um ihre Leserinnen und Leser macht und zu Beginn des Romans einen Hinweis über möglicherweise sensible Themen anspricht. Um nicht zu spoilern, befindet sich die Auflistung der sensiblen Themen am Ende des Buches.

Genauso fürsorglich ist auch ihr Schreibstil. Sie nimmt mich als Leserin mit auf die Reise in das Seelenleben ihrer Protagonisten. Die Geschichte wird im Wechsel von Maggie und Leo erzählt, so dass ich stets ihre Gedanken und Empfindungen hautnah erlebe. So schaue ich den Charakteren nicht nur - wie deren Gegenüber - vor den Kopf, sondern mitten ins Herz. Ich kenne die Wünsche, die Barrieren, die Hemmschuhe der Vergangenheit und stemme die Kraftanstrengungen bei Veränderungen mit. Das alles hilft mir, die Herausforderungen von Maggie und Leo nachzufühlen und mit Verständnis zu begleiten.

Und manche Situationen kennen wir selbst nur zu gut, wenn es beispielsweise um Abgrenzung geht.



"Wie war dein Tag?" "Sonntagig." Ihre Antwort lässt kaum zehn Sekunden auf sich warten. "Sind bei dir alle Sonntage gleich?, tippe ich. "Vermutlich nicht. Aber sie verbreiten alle so ein gewisses Sonntagsgefühl." ... "Probier´s aus. Wie war dein Sonntag?", fragte Maggie. "Elternig", antwortete ich und nicke Melina zu, die mich gebannt beobachtet. Sie klatscht sich vergnügt in die Hände, und ich verdrehe grinsend die Augen. - Seite 200



Dabei ist der Schreibstil locker und leicht und ich erfahre ganz nebenbei mehr über typische Verhaltensweisen von Menschen, die mit Erkrankungen und einschneidenden Lebensereignissen befasst sind. Dabei ist der Grat zwischen empfundenem Wissen und Wahrheit der Charaktere manches Mal nicht nur spürbar sondern nimmt geradezu unüberwindbare Entfernungen an.



"Eine Therapie zu machen, war für mich völlig abstrakt. Ich konnte die Probleme nicht bei mir sehen, sondern war felsenfest davon überzeugt, die anderen Menschen seien nur zu blöd." - Seite 293



"Und das macht es manchmal sogar noch schlimmer, oder?", frage ich und senke den Blick auf die Wiese. "Irgendwann fängt man an, nicht nur unter seinen eigenen Gefühlen zu leiden, sondern auch darunter, dass man glaubt, sie nicht haben zu dürfen." - Seite 316



Mir gefällt die Art und Weise, wie Antonia Wesseling ihre Protagonisten zu Wort kommen lässt. Diese natürliche Art in der wörtlichen Rede, ihre Verhaltensweisen, die unangepasst aber immer authentisch zur Person sind. Ein Leseerlebnis, dass mich wunderbar in die Welt von Maggie und Leo und ihre Herausforderungen katapultiert hat. Ich freue mich jetzt schon auf die beiden Folgebände der Light in the Dark Reihe.



Fazit
Wenn ich uns verliere ist für alle, die packend erzählte Liebesromane mit Mental Health Komponenten mögen.

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Veröffentlicht am 04.12.2023

Brandenburg - zehn Jahre nach der Wende mit sehr eigenen Charakteren

Weltfrieden
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Weltfrieden ist die Geschichte der ehemaligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der VEB Fermentationsbetriebe in einem kleinen Ort in Brandenburg. Zehn Jahre nach der Wende leben sie immer noch als Nachbarn ...

Weltfrieden ist die Geschichte der ehemaligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der VEB Fermentationsbetriebe in einem kleinen Ort in Brandenburg. Zehn Jahre nach der Wende leben sie immer noch als Nachbarn nahe dem Betrieb und dem langsam vor sich hin zuwildernden Weltfrieden - der Kindertagesstätte des ehemaligen Werks.







Zunächst wirkt das Zusammenleben sehr beschaulich. Die Mitfünfziger leben nachbarschaftlich zusammen, statt einer Zukunft bekommen sie Frührente, die Kinder sind weggezogen. Als jedoch der Weltfrieden verkauft und zuvor von ihnen entrümpelt werden soll, kommt der innere Unfrieden zutage. Trotz eines damals misslungenen Tests, bei dem die früheren Mitarbeiter und Probanden für immer ihre Haare verloren hatten, haben sie gern in dem Werk gearbeitet. Sie wollten etwas bewegen. Und nun: Abstellgleis. Und dann soll ihnen auch noch der Weltfrieden genommen werden. Bei den Aufräumarbeiten kochen die Gefühle und die miesen Gedanken hoch. Als dann auch noch unliebsame Dokumente auftauchen, ist die Spannung auf dem Höhepunkt.

Lucia Jay von Seldeneck nimmt mich als Leserin mit nach Brandenburg in einen fiktiven kleinen Ort. Die Charaktere dort präsentieren sich als eigenständige und vor allem sehr eigenwillige Figuren, die dasselbe Schicksal teilen: den Verlust des geliebten Arbeitsplatzes zu Zeiten der Wende mit all seinen Herausforderungen: Frühverrentung, Chancenlosigkeit, Verlust der Jugend durch den Weggang der Kinder und dann noch die Stigmatisierung. Die Emotionen sind spürbar und ich bin ganz froh, dass ich nicht unmittelbar in der Auseinandersetzung stecke. Die Charaktere haben durch ihre Besonderheiten einen hohen Wiedererkennungswert. Es macht mir Spaß, ihnen zu folgen und sie durch die bevorstehende unliebsame Lebensepisode zu begleiten.

Die Geschichte wird von Anna Thalbach gelesen. Anna Thalbach verleiht mit ihrer einzigartigen Stimme und dem Wechsel in der Geschwindigkeit bei der Erzählung, der Geschichte einen Schwung und damit den Figuren sozusagen den letzten Schliff. Mit Begeisterung lausche ich, wie die Hitzköpfe aneinandergeraten und sich wieder zusammenraufen. Es ist so ein typisch, lebendiges Zusammenleben unterschiedlicher Charaktere, das mich immer wieder Schmunzeln lässt. Auch, wenn es bei dieser Geschichte um nichts geringeres als den Weltfrieden geht.



Fazit
Weltfrieden ist für alle, die einen Ausflug nach Brandenburg zehn Jahre nach der Wende wagen wollen, um den ganz normalen Alltag und die Verletzungen der ihrer Hoffnungen und ihrer Arbeit beraubten Menschen zu erleben. Charaktere, die sich selbst nicht zu ernst nehmen, denen aber ihre Ziele - auch die beraubten - überaus wichtig sind.

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