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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.07.2018

Teuflisch kreatives Lesevergnügen

Als der Teufel aus dem Badezimmer kam
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Sophie Divry spielt in diesem ungewöhnlichen und kreativen Roman mit Sprache und Typographie und es macht unglaublich viel Spaß, ihren Experimenten zu folgen.

Die Geschichte ist nicht besonders komplex: ...

Sophie Divry spielt in diesem ungewöhnlichen und kreativen Roman mit Sprache und Typographie und es macht unglaublich viel Spaß, ihren Experimenten zu folgen.

Die Geschichte ist nicht besonders komplex: Die Protagonistin Sophie ist seit mehreren Jahren arbeitslos und pleite. In ihrem Beruf als Journalistin findet sie keine neue Anstellung. Als ihr die monatliche Grundsicherung plötzlich nicht ausgezahlt wird, versucht sie sich auf verschiedenen Wegen über Wasser zu halten. Die bedrückende Realität der sozial Abgehängten zwischen Armut, Scham und Isolation veranschaulicht die Autorin nachvollziehbar, trotzdem wird sie dabei nicht sentimental. Im Gegenteil: Selbst traurige und tragische Momente geht sie mit einer bewundernswerten Leichtigkeit an, wobei sie immer besondere Momente im Alltäglichen findet und diese mit Humor analysiert.

Die Handlung wird immer wieder auf teils absurde Weise unterbrochen. Da schweift die Ich-Erzählungen mit den Gedanken ab und erstellt lange Listen. Der titelgebende Teufel erscheint plötzlich oder Sophie stellt sich vor, was ihre Mutter oder ihr Kumpel Hector zu ihren Erlebnissen sagen würden. In weiten Teilen liest sich der Roman daher wie ein irrer Gedankenstrom. Das ist extrem unterhaltsam. Dank des lustvollen Umgangs der Autorin mit Sprache wird das Buch so zu einem kleinen Kunstwerk.

Veröffentlicht am 15.07.2018

Harry Holes 11. Fall

Durst
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Harry Hole ist zurück, obwohl es zunächst nicht danach aussieht: Er hat den aktiven Polizeidienst aufgegeben, unterrichtet jetzt an der Polizeihochschule und liebt seinen Job trotz schlechter Bezahlung. ...

Harry Hole ist zurück, obwohl es zunächst nicht danach aussieht: Er hat den aktiven Polizeidienst aufgegeben, unterrichtet jetzt an der Polizeihochschule und liebt seinen Job trotz schlechter Bezahlung. Seit drei Jahren ist er glücklich verheiratet und lebt mit seiner Frau abgeschieden in einem großen Haus. Er ist nüchtern und körperlich – bis auf einige Spuren aus der Vergangenheit – in guter Verfassung. Doch in dieser ländlichen Idylle holt ihn seine Vergangenheit ein. Der einzige Serienmörder, den Hole nie fassen konnte, scheint wieder aktiv zu sein und das noch aggressiver als früher: Der Mörder ist Vampirist und trinkt das Blut seiner Opfer.

Jo Nesbø schafft es ohne Mühe, die Geschichte über mehr als 600 Seiten fesselnd zu gestalten. Der Fall ist viel komplexer, als er zunächst erscheint. Nach und nach geraten immer mehr Menschen aus Holes Umfeld in den Verdacht, etwas mit dem Serientäter zu tun zu haben und mitschuldig zu sein. Der Autor führt den Leser geschickt an der Nase herum und hält so die Spannung aufrecht. Das Ende hat mich wirklich überrascht.

Ein weiterer Pluspunkt sind die vielschichtigen Charaktere, allen voran natürlich der Protagonist. Harry Hole kämpft nicht nur gegen den Täter, sondern auch dagegen, nicht in alte Gewohnheiten zurück zu verfallen. Als seine Frau wegen einer mysteriösen Krankheit in ein künstliches Koma versetzt wird, scheint er jeden Halt zu verlieren. Daraus entstehen viele emotionale und spannungsgeladene Momente und Wendungen.

Im Klappentext wird betont, dass der Täter seine Opfer über Tinder zu finden scheint. Das fand ich eine sehr spannende Idee, allerdings spielt dieser Aspekt letztendlich nur eine sehr kleine Rolle im Roman. Davon hatte ich mir mehr erwartet. Der Rest des Krimis tröstet aber schnell darüber hinweg.

Veröffentlicht am 15.07.2018

Putziger Feel-Good-Roman

Herrn Haiduks Laden der Wünsche
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„Herrn Haiduks Laden der Wünsche“ von Florian Beckerhoff ist ein charmanter Roman mit teils skurrilen Charakteren, der gut unterhält und sich flüssig lesen lässt.

Die tatsächliche Geschichte ist in eine ...

„Herrn Haiduks Laden der Wünsche“ von Florian Beckerhoff ist ein charmanter Roman mit teils skurrilen Charakteren, der gut unterhält und sich flüssig lesen lässt.

Die tatsächliche Geschichte ist in eine Rahmenhandlung verpackt: Herr Haiduks ehemaliger Stammkunde Paul kehrt nach langer Abwesenheit in den Laden. Er hatte früher einen Roman veröffentlicht – mit überschaubarem Erfolg – und die Schreiberei danach aufgegeben. Herr Haiduk sieht in ihm jedoch weiterhin den Schriftsteller und erzählt ihm nun die Geschichte über das gefundene Lotto-Los und die Suche nach dem Besitzer.

So ziemlich jeder Charakter hat in diesem Buch seine bizarren bis lustigen Eigenheiten, wodurch sich die Handlung zu einer kleinen Parade skurriler Begegnungen entwickelt. Natürlich behaupten viele Menschen, dass ihnen das Lotto-Ticket gehört, so dass nicht nur angenehme Momente entstehen.

Die Geschichte ist wirklich unterhaltsam, nur halt nicht besonders tiefschürfend. Wir lernen kaum einen Charakter wirklich gut kennen: Der Leser erfährt ein bis zwei auffällige körperliche Merkmale sowie zwei bis drei ungewöhnliche persönliche Eigenschaften, so dass die jeweilige Person leicht wiederzuerkennen ist. So entstehen interessante Charaktere mit individuellen Eigenheiten, von denen ich zum Teil gerne mehr erfahren hätte. Die Geschichte ist sehr kurzweilig geschrieben und hat bei mir eine positive Stimmung ausgelöst. Immerhin sind die Protagonisten nicht an der eigenen Bereicherung interessiert, sondern wollen das Richtige tun (auch wenn jeder eine andere Definition davon hat, was richtig ist). Da das Buch dabei meist an der Oberfläche verharrt, hat mich die Wendung/Auflösung am Ende jedoch nicht so richtig überrascht oder bewegt. Herr Haiduk bietet gute Unterhaltung, nicht mehr, nicht weniger.

Veröffentlicht am 15.07.2018

Schöner Roman für Bücherliebhaber

Ich treffe dich zwischen den Zeilen
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Als introvertierte Einzelgängerin liebt die Protagonistin Loveday Bücher mehr als Menschen. Da ich mich mit ihr sehr identifizieren konnte, fand ich schnell in die Geschichte hinein. Überhaupt ist der ...

Als introvertierte Einzelgängerin liebt die Protagonistin Loveday Bücher mehr als Menschen. Da ich mich mit ihr sehr identifizieren konnte, fand ich schnell in die Geschichte hinein. Überhaupt ist der Roman für Bücherliebhaber hervorragend geeignet, da Lovedays Liebe zu Büchern ständig präsent ist und auf kreative Weise in die Geschichte einfließt.

Loveday hat ihre Eltern früh verloren und wuchs bei einer Pflegemutter auf. Über die traumatischen Ereignisse ihrer Kindheit spricht sie mit niemandem und ist den meisten Menschen gegenüber generell abweisend. Doch dann lernt sie durch einen Buch-bezogenen Zufall Nathan kennen, der ihre Welt auf den Kopf stellt. Gleichzeitig tauchen an ihrem Arbeitsplatz, einem Antiquariat, gespendete Bücherkisten auf, die Bücher aus dem Besitz von Lovedays Eltern enthalten. Die Ereignisse zwingen die junge Frau sich mit ihrer Vergangenheit und Zukunft auseinanderzusetzen.

Lovedays Geschichte bietet verschiedene Konfliktpunkte und die Erlebnisse ihrer Kindheit enthüllt die Autorin erst nach und nach. Manchmal hatte ich allerdings das Gefühl, dass die Protagonistin sich im Kreis dreht und sich die Geschichte etwas zu schleppend vorwärtsbewegt. Dafür gelingt der Autorin ein fulminantes und wirklich bewegendes Finale. Insgesamt ist „Ich treffe dich zwischen den Zeilen“ eine kurzweilige und angenehme Lektüre, die mir gut gefallen hat.

Veröffentlicht am 15.07.2018

Alle laufen immer nur vor ihren Problemen davon

Das Glück an Regentagen
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Maes glückliches Leben in New York City kollabiert, als ihr Verlobter sich als Betrüger herausstellt und ohne Vorwarnung verschwindet. Nach mehreren Polizei-Verhören darf sie die Stadt verlassen und flieht ...

Maes glückliches Leben in New York City kollabiert, als ihr Verlobter sich als Betrüger herausstellt und ohne Vorwarnung verschwindet. Nach mehreren Polizei-Verhören darf sie die Stadt verlassen und flieht mit gebrochenem Herzen in ihren Geburtsort zu ihren Großeltern Lilly und George. Die zogen Mae groß, nachdem ihre Mutter starb. Gleichzeitig kommt auch der frisch geschiedene Gabe, Maes bester Freund aus Kinder- und Jugendtagen, wegen eines Familiennotfalls in seinen Heimatort zurück. Beide haben sich nicht mehr gesehen, seit sie 18 Jahre alt waren.

Die Geschichte ist gut geschrieben und lässt sich flüssig lesen. Eine wirklich enge emotionale Bindung konnte ich jedoch zu keinem der Charaktere aufbauen, weshalb mich das Buch nicht sonderlich tief berührt hat. Ob Mae und Gabe nun zusammenkommen, war mir am Ende ziemlich egal. Schade fand ich, dass Maes Verlobter nur eine minimale Rolle gespielt hat – das dramatische Ereignis, auf so miese Weise verlassen worden zu sein, hat sie für meinen Geschmack viel zu schnell überwunden. Ich hätte es interessant gefunden, wenn sie ihre Trauer und ihre eigenen Schuldgefühle hätte verarbeiten können.

Am ehesten hat mich die Geschichte von Maes Oma Lilly angesprochen. Sie kämpft mit einer Entscheidung aus ihrer Vergangenheit und leidet gleichzeitig unter altersbedingtem Gedächtnisschwund. Ihr verwirrter Zustand und ihre Angst sind sehr gut nachvollziehbar und schaffen Spannung in der Geschichte.

Leider ist Lillys Geschichte nur einer von ziemlich vielen Handlungssträngen. Viele über Jahre und teilweise Jahrzehnte verschleppte Probleme der Protogonisten ließen sich in wenigen Minuten beheben, würden sie einfach ehrlich miteinander sprechen. Alle scheinen nur vor ihren Problemen wegzulaufen, was ich auf Dauer anstrengend und repetitiv fand. Einige aufgeworfenen Konflikte wie Georges langes Ringen damit, ob er Mae die Wahrheit über sich sagen soll, werden dramatisch in die Länge gezogen und am Ende mit wenigen Sätzen geklärt. Als George seiner Enkelin endlich sein Geheimnis verrät, sagt sie einfach, dass sie damit kein Problem habe. Damit ist das Thema abgehakt und ich fühle mich als Leser etwas veralbert. Der Roman hat einige wirklich interessante Momente, schöpft sein Potential aber leider nicht aus.