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Veröffentlicht am 06.11.2023

Reise in ein vertraut-fremdes Land

Terafik
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Kopftuch und iPhone sind kein Widerspruch, wie Nilufar Karkhiran Khozani in ihrem Debut-Roman "Terafik" zeigt. Darin reist ihre prägnante Ich-Erzählerin, die ebenfalls Nilufar heißt, zum ersten Mal in ...

Kopftuch und iPhone sind kein Widerspruch, wie Nilufar Karkhiran Khozani in ihrem Debut-Roman "Terafik" zeigt. Darin reist ihre prägnante Ich-Erzählerin, die ebenfalls Nilufar heißt, zum ersten Mal in den Iran, das Heimatland ihres Vaters. Zu ihm hat die Protagonistin ein schwieriges Verhältnis, schließlich hat er seine Tochter und ihre deutsche Mutter allein in Deutschland zurückgelassen, als er in den Iran zurückgekehrt ist.

In ausdrucksstarken Beschreibungen springt die Autorin zwischen Nilufars Leben in Deutschland und ihrer Reise in den Iran hin und her. So erlebt man nicht nur dieses Land aus Nilufars Perspektive, sondern erhält auch nach und nach mehr Einblicke in ihre Kindheit und ihr Verhältnis zu ihren Eltern. Damit wird die Geschichte zu einer spannenden und persönlich aufrührenden Reise

Hier zeigt sich auch immer wieder, dass nichts einfach ist und Menschen komplex sind. Anhand der Briefe, die der Vater seiner Tochter in gebrochenem Deutsch geschrieben hat, wird beispielsweise deutlich, wie schw

r dem Iraner das Leben in Deutschland gefallen ist und warum er trotz der Liebe zu seiner Tochter wieder in seine Heimat zurückgekehrt ist. Dort will er nun Nilufar so viele Verwandte und Bekannte wie möglich vorstellen, sie reisen durch den Iran, treffen ständig neue Leute, tingeln von Feier zu Feier. Zwischendurch fand ich das leider etwas ermüdend - so viele verschiedene Charaktere, die man teilweise nur sehr flüchtig bei den sich immer wiederholenden Familienbesuchen antrifft. Da Nilufar kaum Persisch spricht, fällt ihr die Kommunikation mit ihren Verwandten schwer. Auch Aspekte der Kultur sind ihr fremd, warum muss der Vater zur Feier ihres Besuchs ein Lamm schlachten, obwohl sie das gar nicht möchte? Obwohl sie iranische Wurzeln hat, fühlt Nilufar sich nicht dazugehörig. Dieses Gefühl von Heimatlosigkeit zieht sich sowohl auf Seite der Tochter als auch auf Seite des Vaters durch das ganze Buch. Die Autorin beschreibt anschaulich und nachvollziehbar, wie schwer das Leben zwischen zwei Kulturen sein kann, wenn man auf keiner Seite richtige Anerkennung und Zugehörigkeit findet.

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Veröffentlicht am 13.04.2022

Geschichten mit Persönlichkeit

New York und der Rest der Welt
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Fran Lebowitz schreibt in ihren kurzen Geschichten über viel Alltägliches und Banales, das erst durch ihren spritzigen und unverkennbaren Stil zu etwas Besonderem wird. Durch ihre persönliche Brille betrachtet ...

Fran Lebowitz schreibt in ihren kurzen Geschichten über viel Alltägliches und Banales, das erst durch ihren spritzigen und unverkennbaren Stil zu etwas Besonderem wird. Durch ihre persönliche Brille betrachtet und seziert sie ihre Begegnungen, Arbeitserlebnisse, Reisen und Alltagsbeobachtungen, wobei ihre Persönlichkeit aus jedem Wort strahlt. Ich kann mir ohne Probleme vorstellen, dass die Texte viel Aufmerksamkeit erregt haben und fast schon revolutionär waren, als sie in den USA in den 1970ern und 1980er erschienen sind. Auch wenn die Texte jetzt erstmals auf Deutsch erschienen sind, habe ich das Gefühl, dass die Autorin in den letzten Jahrzehnten so viele andere Künstler:innen inspiriert hat, dass der Zauber des Neuen hier nicht mehr so ganz zieht. Das ändert natürlich nichts daran, dass sie wahnsinnig gut beobachtet und beeindruckend stilsicher schreibt.

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Veröffentlicht am 17.09.2021

Kurz und meinungsstark

Haltung
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Schade, dass das Buch so kurz ist, aber die Autorin bringt ihre Gedanken und Meinungen so klar und gut argumentiert auf den Punkt, dass (fast) jede Seite eine Freude ist. Ich stimme ihr nicht in allen ...

Schade, dass das Buch so kurz ist, aber die Autorin bringt ihre Gedanken und Meinungen so klar und gut argumentiert auf den Punkt, dass (fast) jede Seite eine Freude ist. Ich stimme ihr nicht in allen Punkten zu, aber das macht auch den Reiz des Essays aus. Mely Kiyak regt mit klugen Gedanken zum Nachdenken an.

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Veröffentlicht am 17.09.2021

Humorvoll und herzlich

Das Leben ist eins der Härtesten
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Die Geschichte ist schräg, humorvoll und geht trotzdem ans Herz. Mit "Das Leben ist eins der Härtesten" hat Guilia Becker einen wirklich beeindruckenden Debut-Roman vorgelegt, den ich in kürzester Zeit ...

Die Geschichte ist schräg, humorvoll und geht trotzdem ans Herz. Mit "Das Leben ist eins der Härtesten" hat Guilia Becker einen wirklich beeindruckenden Debut-Roman vorgelegt, den ich in kürzester Zeit runtergelesen hab. Die schrulligen Charaktere aus dem ziemlich unglamourösen Borken sind natürlich zugespitzt und könnten trotzdem so oder so ähnlich Nachbar:innen in jeder deutschen Stadt sein. Sie sind einfach Durchschnittstypen im mittleren bis hohen Alter, die man mit ihren Eigenarten sofort ins Herz schließt. Die Autorin hat einen wunderbar humorvollen Stil, der kurzweilig unterhält.

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Veröffentlicht am 01.05.2021

Die Welten zwischen Leben und Tod

Die Mitternachtsbibliothek
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Nora möchte sterben. Auch wenn nicht alle Hintergründe und tragischen Erlebnisse klar beschrieben werden und es auf den ersten rund 40 Seiten einige Mysterien in ihrer Vergangenheit gibt, macht Matt Haig ...

Nora möchte sterben. Auch wenn nicht alle Hintergründe und tragischen Erlebnisse klar beschrieben werden und es auf den ersten rund 40 Seiten einige Mysterien in ihrer Vergangenheit gibt, macht Matt Haig ihre tiefe Verzweiflung, Traurigkeit und Einsamkeit richtig greifbar. Er öffnet Noras Innenleben und zeigt, wie sie in allen Bereichen ihres Lebens in einer Sackgasse steckt und keinen Ausweg mehr findet. Im persönlichen und beruflichen Leben bricht ihr jeder Halt weg.

Nora begeht Selbstmord, der zum Glück nicht grafisch beschrieben wird, und landet in der Mitternachtsbibliothek, einem Ort zwischen den Leben. Hier scheint es endlos viele Bücher zu geben. Dicke und dünne Bücher, die Noras verschiedenste mögliche Lebenswege zeigen. Mit Noras Ankunft schlägt es Mitternacht, ab diesem Zeitpunkt beginnen die Geschichten. Sie kann sich nun eine aussuchen und dieses Leben leben. Wenn sie ein Buch öffnet, liest sie nicht einfach, sondern taucht direkt in die Geschichte ein. So kann man auch als Leser:in die verschiedenen Leben direkt spüren und in kurzen Abständen die unterschiedlichsten (Gefühls-)Welten mit Nora erleben. Eine wahre Achterbahn der Gefühle!

Die Mitternachtsbibliothek ist eine faszinierende Idee, die Matt Haig sehr emotional umgesetzt hat.

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