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Veröffentlicht am 18.06.2024

Aktueller Blick auf eine klassische Geschichte

James
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Auch wenn ich Huckleberry Finn nie gelesen habe, kennt man trotzdem die groben Grundzüge dieser Geschichte, in der auch der Sklave Jim vorkommt. Das reicht, um "James" von Percival Everett noch mehr wertschätzen ...

Auch wenn ich Huckleberry Finn nie gelesen habe, kennt man trotzdem die groben Grundzüge dieser Geschichte, in der auch der Sklave Jim vorkommt. Das reicht, um "James" von Percival Everett noch mehr wertschätzen zu können, als es dieses beeindruckende Buch für sich alleinstehend bereits verdient.
Der Roman erzählt die Geschichte des Sklaven James und bietet damit eine moderne Charakterzeichnung und eine völlig neue Perspektive auf eine klassische Romanfigur. Seine Lebensumstände, das Lebens mit seiner Familie in Sklaverei und seine Flucht entlang des Mississippi, bei der er auch Huck trifft, beschreibt der Autor mit einer Tiefe und Klarheit, die oft beklemmend wirkt. Auch die immer wieder eingestreuten humorvollen Momente lenken nicht von der Dramatik und Aktualität der Geschichte ab. Wie lebensgefährlich und menschenverachtend Rassismus ist, bringt das Buch auf den Punkt. Nicht immer die einfachste Lektüre, aber eine die besonders heute enorm wichtig ist!

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Veröffentlicht am 13.06.2024

Kraftvolle Geschichte über weiblichen Widerstand

Und alle so still
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Frauen streiken: Privat und beruflich legen sie ihre Arbeit nieder und sich selbst symbolisch auf den Asphalt. Sie verweigern ihre Arbeit und machen so . Das hat schnell dramatische Folgen für die ganze ...

Frauen streiken: Privat und beruflich legen sie ihre Arbeit nieder und sich selbst symbolisch auf den Asphalt. Sie verweigern ihre Arbeit und machen so . Das hat schnell dramatische Folgen für die ganze Gesellschaft. Zunächst bleiben Museen geschlossen und Landwirte, die die Arbeit ihrer Frauen mit übernehmen müssen, verletzen sich häufiger. Bald sind die Krankenhäuser überlastet und auch international zeigen sich innerhalb weniger Tage Auswirkungen, beispielsweise bleiben ausländische Pflegekräfte fern und Lieferketten brechen ein.

Was passiert, wenn sich Frauen den von ihnen erwarteten Aufgaben verweigern und so sichtbar machen, was sie sonst ohne Anerkennung leisten? Dieses Gedankenexperiment spielt Mareike Fallwickl gekonnt durch. Eindringlich und klar erzählt die Autorin diese höchst zeitgemäße Geschichte aus Perspektive der Influencerin Elin, der Krankenschwester Ruth und des Niedriglohnjobbers Nuri. So kommen verschieden Arguemnte, Entscheidunggen und Positionen hinzu, aus der diese fesselnde Geschichte ohne Sensationslust erzählt wird. Rundum gelungen!

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Veröffentlicht am 01.05.2024

Fesselnde Mehrgenerationengeschichte zwischen Kamerun und Deutschland

Issa
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Mirrianne Mahns Debüt "Issa" ist ein feministischer, antirassistischer und äußerst kraftvoll erzählter Roman, in dem unterschiedliche Generationen von Frauen einer Schwarzen Familie im Mittelpunkt stehen. ...

Mirrianne Mahns Debüt "Issa" ist ein feministischer, antirassistischer und äußerst kraftvoll erzählter Roman, in dem unterschiedliche Generationen von Frauen einer Schwarzen Familie im Mittelpunkt stehen. Über die verschiedenen Lebensgeschichten greift die Autorin viele aktuelle gesellschaftsrelevante Themen auf, zeigt, wie weit die Wurzeln heutigen diskriminierenden Gedankenguts zurückreichen und flechtet diese Themen kunstvoll in eine bewegende, nachdenklich machende Geschichte ein. Dabei schreibt Mirrianne Mahn mit großer Poesie und Ausdruckskraft und schafft es mühelos, die verschiedenen Lebenswelten der Protagonistinnen greifbar zu machen.

Die Handlung spannt sich über mehr als 100 Jahre. 1903 lernen wir beispielsweise Enanga kennen, die im von Deutschland gewaltvoll kolonialisierten Kamerun lebt. Enanga versucht ihre Tochter Marijoh, die aus einer Vergewaltigung durch einen Deutschen entsteht, zu schützen und tut alles, damit sie gut aufwächst. Aber den patriarchalen Strukturen entkommt auch die junge Marijoh nicht. Marijohs Urenkelin Issa wächst wiederrum unter ganz anderen Umständen in Deutschland auf. Als Issa schwanger wird, reist sie zu ihrer Familie nach Kamerun. Dort spürt sie ebenso wie in Deustchland, dass sie nicht richtig dazugehört.

Die Erlebnisse und Probleme der Frauen unterscheiden sich voneinander, auch abhängig von den Zeiten und Ländern, in denen sie leben. Gleichzeitig vereint sie die Suche und der Kampf um einen Platz im Leben. Dieser Roman ist so empathisch und kraftvoll erzählt, dass er eine absolute Bereicherung ist!

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Veröffentlicht am 17.03.2024

Faszinierender Gedankenstrom

Tremor
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"Tremor" von Teju Cole beschäftigt sich mit einer faszinierenden bandbreite von Themen: von Kunst, Musik und Kultur, aktuellen Geschehnissen bis hin zu Kolonialgeschichte und deren Folgen, die bis in die ...

"Tremor" von Teju Cole beschäftigt sich mit einer faszinierenden bandbreite von Themen: von Kunst, Musik und Kultur, aktuellen Geschehnissen bis hin zu Kolonialgeschichte und deren Folgen, die bis in die Gegenwart reichen. Das verwebt der Autor ganz natürlich in die Gedankenströme seines Protagonisten Tunde. Ein Gedanke führt zum nächsten und der eher nüchterne Stil macht erst nach und nach deutlich, wie viel Tiefe in dem Roman steckt.
Es gibt keine klassische Handlung, die stringent erzählt wird, viel mehr lösen verschiedene Episoden und Erlebnisse die nächsten Gedanken aus. Teilweise scheinen die Erzählperspektiven zu wechseln und der Er-Erzähler spricht plötzlich den Leser mit Du an und erzählt einer bestimmten Person, die Tunde kennt, Teile der Geschichte. Die Erzählweise war manchmal etwas anstrengend, man muss sich wirklich darauf einlassen, der Erzählung und den philosophischen Gedankenströmen zu folgen. Dann ist die Lektüre sehr bereichernd.

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Veröffentlicht am 02.03.2024

Moderner Familienroman

Weiße Wolken
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Ein Roman, der mich von Anfang bis Ende begeistert hat! Im Mittelpunkt stehen die beiden Schwestern Dieo und Zazie, Kinder einer Deutschen und eines Senegalesen, die in Frankfurt am Main bzw. Offenbach ...

Ein Roman, der mich von Anfang bis Ende begeistert hat! Im Mittelpunkt stehen die beiden Schwestern Dieo und Zazie, Kinder einer Deutschen und eines Senegalesen, die in Frankfurt am Main bzw. Offenbach leben. Sie stehen sich nahe, befinden sich jedoch in komplett unterschiedlichen Lebensphasen. Dieo, die ältere Schwester, hat früh ihr erstes Kind bekommen und ist mittlerweile verheiratet, hat insgesamt drei Kinder und arbeitet erfolgreich als Therapeutin. Mit ihrem Mann Simon lebt sie das vermeintliche Bilderbuchleben der Mittelschicht. Nach und nach merkt man, dass Dieo alles andere als standfest im Leben steht und nicht bedingungslos glücklich ist. Ihre jüngere Schwester Zazie trägt mit ihrer expressiv feministischen und rassismuskritischen Lebensweise dazu bei, dass Dieo auch in ihrem eigenen Leben Ungerechtigkeiten auffallen. Zazie hat gerade ihren Master abgeschlossen und möchte nun promovieren. Doch da ist auch Max, den sie mag, aber nur schwer an sich ranlassen kann. Da sind ihre inneren Zweifel und ihre manchmal nicht zu bändigende Wut angesichts der vielen Diskriminierungen, die sie selbst erlebt oder beobachtet.

Der Roman hat zwar nur wenig Handlung, jedoch zeichnet die Autorin Yandé Seck ein sensibles und nuanciertes Bild ihrer Charaktere. Man spürt deren Überzeugungen genauso wie ihre Zweifel und hinterfragt dabei automatisch selbst, wofür man steht, wie man lebt und wofür man sich einsetzt.

Yandé Seck schreibt mit einer Leichtigkeit, sodass ich schnell in einen Lesefluss gekommen bin und das Buch nur schwer aus der Hand legen konnte.

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