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Veröffentlicht am 04.08.2020

Der Zauber der Mode

Die Modeschöpferin
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Die Schwestern Simonetta und Chiara sind zusammen aufgewachsen, haben sich aber aufgrund der familiären Umstände und politischen Gegebenheiten aus den Augen (und dem Herzen) verloren. Beide verbindet die ...

Die Schwestern Simonetta und Chiara sind zusammen aufgewachsen, haben sich aber aufgrund der familiären Umstände und politischen Gegebenheiten aus den Augen (und dem Herzen) verloren. Beide verbindet die Liebe zur Mode und Schönheit und so ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis die beiden im Modekosmos im Rom der Sechziger Jahre wieder aufeinandertreffen.

Katja Maybach bietet mit ihrem Roman eine unterhaltende und kurzweilige Geschichte für Sommertage, die einen nicht nur an schöne Plätze in der italienischen Metropole mitnimmt, sondern auch mit den harten Bandagen vertraut macht, mit denen in der Modewelt hinter dem Glanz und dem Glamour gekämpft wird. Besonders alle Aspekte, die die Mode betreffen, sind ausgezeichnet, mit Begeisterung und viel Liebe zum Detail geschildert und transportieren hervorragend die Arbeit, den Wert, aber auch die Sinnlichkeit und die Bedeutung, die Mode zu einem wesentlichen Teil der Kultur (und des Konsums) machen. Dabei kommt die Handlung des Romans weitestgehend ohne überzogene Dramatik aus. Zwar gibt es einige durchaus bedrohliche, gewaltsame und auch spannende Momente, diese fügen sich aber gut in den gesamten Handlungsverlauf ein und werden so eher zu einem Teil des "Alltags" in der Modewelt.

Belebt wird die Geschichte von zahlreichen Perspektivenwechseln, die Lesern, die diese Art des Romanaufbaus nicht unbedingt favorisieren, durchaus etwas viel werden können - auch weil dadurch manchmal etwas an Handlungstiefe und Figurenkomplexität verloren geht. Gleichzeitig erlauben diese Wechsel aber fast schon filmartige Schnitte untereinander, die wiederum äußerst erfrischend und sehr gut gemacht sind.

Der Schreibstil ist angenehm unaufgeregt und sehr lesbar - lediglich in den Brief- bzw. Aufsatzteilen habe ich den unverkennbaren Ton der jeweiligen Figur vermisst. Außer dem Wechsel in die erste Person Singular und der Kursivierung des Textes unterschieden sich diese Teile meines Erachtens kaum vom restlichen Romantext.

Die Figuren sind liebevoll und gelungen gezeichnet. Dadurch, dass fast alle unmittelbar am Modeprozess beteiligten Figuren eigene Abschnitte erhalten, lernt man als Leser die verschiedenen Figuren gut kennen und erhält Einblick in unterschiedliche Aspekte der Modewelt. Allerdings führt - wie oben bereits angedeutet - diese Kleinteilung auch dazu, dass einige Figuren zu oberflächlich behandelt werden. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch, dass die männlichen Figuren, die als romantische Bezugspersonen der Schwestern gelten können, keine eigenen Abschnitte haben - eine gute Wahl, denn so bleiben sie recht mysteriös.

Die Modeschöpferin ist ein kurzweiliger, lebendiger und bunter Einblick in die römische Modewelt der 1960er Jahre für alle Modebegeisterten oder solche, die es werden wollen.

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Veröffentlicht am 04.08.2020

Die Höhen und Tiefen der Musik

Die Dirigentin
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Willy kann ihre Liebe zur Musik im New York der Zwanziger Jahre nicht ausleben: Frauen, vor allem aus ihrer Schicht, sind in der Branche nicht willkommen. Dennoch setzt Willy alles daran, ihren Traum zu ...

Willy kann ihre Liebe zur Musik im New York der Zwanziger Jahre nicht ausleben: Frauen, vor allem aus ihrer Schicht, sind in der Branche nicht willkommen. Dennoch setzt Willy alles daran, ihren Traum zu verwirklichen. Auf ihrem hindernisreichen Weg, eine der ersten Dirigentinnen in der Musikgeschichte zu werden, stolpert Willy über ein Familiengeheimnis, das sie zu Antonia werden lässt, findet Freunde und Feinde, reist durch die Welt und kämpft für und gegen die Liebe.

Willys Geschichte hat mich fasziniert, in Atem gehalten, Musik fühlen lassen und mich auch über weite Strecken begeistert. Der Roman fühlt sich gut in die begrenzte Lebenswelt von Frauen in den Zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts ein. Willys Weg ist im Kontext dieser Beschränkungen einfach außergewöhnlich und der Stoff, den man typischerweise als Drehbuch für einen Oscar-Film kennt (nicht umsonst ist die Autorin von Haus aus auch Drehbuchschreiberin). Dies ist schön und sehr solide, mitreißend und durchaus inspirierend, aber birgt keine Überraschungen. Ohne zu viel zu verraten: selbst der Handlungsstrang um Robin hat mich nicht erstaunt - genau das hatte ich die ganze Zeit schon vermutet. Über die Vorhersehbarkeit der Geschichte konnte ich grundsätzlich jedoch gut hinwegsehen, da sie an sich sehr reizvoll ist. Problematischer ist die Tatsache, dass der Roman meiner Ansicht nach zeitweise immer mal wieder seinen historischen Kontext in der Figurenzeichnung und Figurenhandlung und auch in der Darstellung des settings aus den Augen verliert, nur um sich dann wieder sehr machtvoll daran zu erinnern. Da hätte ich mir mehr Konstanz gewünscht.

Durch die Perspektivenwechsel zwischen Willy/Antonia, Frank und Robin wird die Handlung sehr lebendig und vielseitig. Der Aufbau des Romans animiert zum beständigen Weiterlesen, das Buch legt man in der Tat nur schwer aus der Hand. Stilistisch war ich mit dem Roman nicht immer einverstanden. Zwar zeichnet er sich durch eine sehr hohe Lesbarkeit und auch einige gelungene Passagen aus, aber es gibt auch Passagen, in denen Dialoge in der Wortwahl einfach zu modern daherkommen - dies mag natürlich auch der Übersetzung geschuldet sein.

Die Figurenzeichnung ist grundsätzlich nicht schlecht, allerdings schwanken alle im Roman auftretenden Charaktere zwischen sehr starker Fortschrittlichkeit und überaus konservativer Rückwärtsgewandtheit. Dazu bin ich immer etwas empfindlich, wenn im historischen Roman zu viel erklärt und gelehrt wird - natürlich möchte ich etwas über die Zeit lernen und wissen, aber dies sollte in die Handlung und die Figurenzeichnung subtil und elegant eingebunden werden. In Die Dirigentin wird der beginnende Feminsimus teilweise zu grob in den Text eingefügt bzw. den Figuren in den Mund gelegt.

Die Dirigentin ist ein historischer Roman, der manchmal seinen Kontext vergisst, sich für Frauen stark macht und page turner-Qualität hat. Er ist ein schöner, unterhaltender Roman für Leser, die sich in Hollywood-Stoffen verlieren können und über ein paar unelegante Anachronismen hinwegsehen können.

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Veröffentlicht am 19.07.2020

Sehr informativ und lehrreich

Eine Liebe zwischen den Fronten
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Maria W. Peter widmet sich in ihrem historischen Roman einem hierzulande weitestgehend vergessenen Konflikt – dem deutsch-französischen Krieg, der vor 150 Jahren dazu führte, dass das Elsass und Lothringen ...

Maria W. Peter widmet sich in ihrem historischen Roman einem hierzulande weitestgehend vergessenen Konflikt – dem deutsch-französischen Krieg, der vor 150 Jahren dazu führte, dass das Elsass und Lothringen nicht länger Teil Frankreichs waren. Ihre Geschichte baut die Autorin um die Schicksale von fünf Figuren auf, deren Leben miteinander verknüpft sind: den preußischen Stabsarzt Paul und seine französische Verlobte Madeleine, ihren Bruder Clément und das algerische Dienstmädchen Djamila sowie deren Bruder Kamil.

Eine Liebe zwischen den Fronten ist ein absolut superb recherchierter und minutiös ausgearbeiteter Roman, der, was den historischen Kontext angeht, nichts dem Zufall überlässt. Die Autorin hat sich mit einem unglaublichen Maß an Engagement, Ausdauer und Hingabe den historischen Fakten gewidmet, von der Art der eingesetzten Gewehre über (Alltags-)Anekdoten bis hin zu den großen Schlachten und den historischen Persönlichkeiten. Entstanden ist ein in seinem Umfang und seiner historischen Verwurzelung geradezu monumentales Werk, das dem Leser sehr wertvolle, lehrreiche und neue Einblicke in einen eher in den Untiefen des kollektiven Gedächtnisses verschwundenen Konflikt bietet.

Allerdings kann die Fülle an Informationen zeitweise auch etwas erschlagen, was durch die Schwere der Thematik verstärkt wird. Ein Krieg ist nun einmal kein freudiges Ereignis. Insgesamt fehlte mir daher im Gesamtbild vielleicht etwas die Balance. So sind die Figuren gut konzipiert, besonders Clément ist ein sehr realistischer und überzeugender Charakter, aber ihre Geschichte tritt angesichts des großen Ganzen manchmal auch etwas in den Hintergrund.

Die Perspektiven- und Handlungswechsel sind äußerst abwechslungsreich und der gesamte strukturelle Aufbau des Romans hervorragend gelungen, aber ich hatte zeitweise Schwierigkeiten, eine emotionale Bezugsebene zu den Figuren zu finden, da der Handlungsaufbau und der Figureneinsatz stark an die historische Abfolge gebunden waren und so die Entwicklungs- und Aktionsmöglichkeiten der Figuren der Illustration des historischen Kontexts untergeordnet wurden. Dieser Kritikpunkt bezieht sich nicht auf die gesellschaftlichen Gegebenheiten, an die die Figuren gebunden waren – im Gegenteil, ich schätze die Autorin für ihre absolute Konsequenz, Lesererwartungen und -hoffnungen durchaus auch zu enttäuschen.

Ich habe Eine Liebe zwischen den Fronten, auch wenn es mich nicht vollends mitgerissen hat, sehr gern gelesen und bin insbesondere von der Aufbereitung des historischen Kontexts unglaublich fasziniert.

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Veröffentlicht am 07.07.2020

Ein Denkmal für das "verlorene" Sylt

Ozelot und Friesennerz
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Ozelot und Friesennerz feiert mit viel Liebe, Herz und Humor die mittlerweile zu beliebte Insel im echten Norden. Die Autorin Susanne Matthiesen erzählt mitreißend und unterhaltsam von ihrer Kindheit, ...

Ozelot und Friesennerz feiert mit viel Liebe, Herz und Humor die mittlerweile zu beliebte Insel im echten Norden. Die Autorin Susanne Matthiesen erzählt mitreißend und unterhaltsam von ihrer Kindheit, ihrer Familie und ihrer bittersüßen Beziehung zu ihrer Heimat.

Dieses Buch hat mir richtig viel Spaß gemacht - was ich nicht unbedingt erwartet hätte. Meine Wurzeln liegen auch im echten Norden, allerdings kann ich Sylt ehrlicherweise nichts abgewinnen, da ich es erst in seiner "bling-bling"-Zeit kennengelernt habe. Der Reiz des Buches lag für mich in dem Blick auf die Kindheit in den 70ern und der allgemeineren norddeutschen Sichtweise.

Ich habe mich selten so gut amüsiert, was wohl auch daran lag, dass ich unglaublich viele Dinge wiedererkannt habe. Unzählige Male musste ich laut lachen. Besonders die Großmutter der Autorin ist etwas ganz Besonderes, aber auch die Ivan-Rebroff-Episode oder die Geschichte mit dem dicken Dackel sind in der Tat unvergesslich. Der Schreibstil und der Aufbau dieses Kindheits-Romans sind außerordentlich gut gelungen. Die Episoden sind äußerst kurzweilig, mit viel Humor, Situationskomik und Star-Appeal gespickt. Zeitweise hat man als Leser das Gefühl, man würde sich mit der Autorin unterhalten, so lebendig wird die Vergangenheit geschildert. Einige Kindheitserinnerungen, Anekdoten, Sprüche oder das Verhalten von Erwachsenen mögen aus heutiger Sicht zwar abstrus klingen, aber ja, so war das: von der orangenen Lampe über das Nichtstillen und die kompakten Babies bis hin zu der Gewohnheit, Leute, statt mit ihrem Nachnamen, mit ihrem Beruf zu benennen. Das Buch transportiert ganz hervorragend das 70er-Flair inklusive der Pelzmäntel, die der Inbegriff von Style waren, und erweckt ein Gefühl von Unbeschwertheit, Freiheit, Lebenslust und Leichtigkeit. Das Jahrzehnt wird so fast zum Sehnsuchtsort, zu einer verlorenen Heimat. Ebenso wie auch das ursprüngliche Sylt auch eine verlorene, unwiederbringliche Heimat ist. Dieser Tatsache ist sich die Autorin auf eine bittersüße und melancholische Art bewusst und das zutage tretende Ohnmachtsgefühl ist für mich nicht nur aus diesem Grund absolut nachvollziehbar.

Ozelot und Friesennerz ist ein Buch, mit dem ich mich sehr wohlgefühlt habe, und dessen ernste und kritische Passagen nachvollziehbar und gut in Einleitung und Epilog platziert sind. Es ist eine liebevolle, lustige, nostalgische und geglückte Auseinandersetzung mit einer Insel und einer Zeit, die es so nicht mehr gibt.

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Veröffentlicht am 07.07.2020

Ein Wohlfühl-Hörbuch

Man wird ja wohl noch träumen dürfen
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Thea Fuß ist Physiotherapeutin und ist mit ihrer Praxis Teil einer fröhlich-seltsamen Hausgemeinschaft in Hameln. Thea hat eine sehr eigenwillige Oma, eine einsame Schildkröte, einen GTI und keinen Mann ...

Thea Fuß ist Physiotherapeutin und ist mit ihrer Praxis Teil einer fröhlich-seltsamen Hausgemeinschaft in Hameln. Thea hat eine sehr eigenwillige Oma, eine einsame Schildkröte, einen GTI und keinen Mann – aber wer Kristina Günaks Romane kennt, weiß, dass das nicht mehr lange so bleiben wird.

Man wird ja wohl noch träumen dürfen ist weitestgehend eine fröhliche und lustige Geschichte mit interessanten und auch komischen Figuren, die allerdings zeitweise auch etwas überzeichnet wirken können, was das Vergnügen an der Geschichte aber keineswegs beeinträchtigt – lediglich Schröders Mutter würde einen Preis als „störende Figur“ gewinnen können. Der Spannungsbogen wird maßgeblich durch Theas sehr sympathische und dominante Oma aufrechterhalten, die Theas Männersuche durch einen kryptischen Traum auf die rechte Bahn zu bringen versucht. Das Schöne an diesem Roman ist jedoch, dass die klassische Suche nach dem Traummann nicht allein im Mittelpunkt der Handlung steht. Vielmehr wird der Fortgang der Story durch den Zusammenhalt der recht bunten Hausgemeinschaft geprägt – die esoterische Sachbuchautorin Margarethe, den Psychotherapeuten mit Kommunikationsproblemen Dr. Grosser, den Computer-Nerd Schröder und eben Thea – die buchstäblich zusammen durch Dick und Dünn gehen und zusammen mit dem Döner-Buden-Besitzer Mehmet ein eingespieltes Team bilden. Dieser nachbarschaftliche Zusammenhalt ist ein wesentliches Highlight des Romans und bildet einen absoluten Wohlfühl-Kontext in der heutigen Zeit, in der man den Nachbarn meist kaum noch kennt. Auch ein Großteil der Komik und des Humors für den Günaks Texte bekannt sind, wird aus diesem Zusammenspiel der Hausgemeinschaft gespeist. Aber auch Theas regelmäßiges Eintauchen in den „Emanzen“-Modus sorgt für witzige Einlagen, die den Hörer zum Schmunzeln und Lachen bringen. Die Liebesgeschichte selbst ist sehr natürlich und unaufgeregt in den Roman eingebunden, sie ist überzeugend, ungekünstelt und vor allem nicht gefühlsduselig.

Das Hörbuch wird von Vanida Karun gelesen, die eine sehr schöne, eingängige und angenehme Stimme hat und sich mit dem Text sehr wohlfühlt. Sie versteht es wunderbar, jeder Rolle eine eigene, zum Charakter passende, Stimme zu verleihen. Wenn sie vorliest, wird es nicht langweilig. Stundenlanges Hören ist kein Problem!

Man wird ja wohl noch träumen dürfen ist ein lustiges Wohlfühl-Hörbuch für fröhliche Unterhaltungsstunden zwischendurch mit Figuren, die einem rasch ans Herz wachsen.

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