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Veröffentlicht am 01.02.2020

Kurzweiliger und dennoch komplexer Roman

Die Frauen von Richmond Castle
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"Die Frauen von Richmond Castle" von Tracy Rees ist ein richtiger Lesegenuss! Ich bin begeistert von diesem kurzweiligen und dennoch komplexen Roman. Meine Hoffnungen nach der Kurzbeschreibung und der ...

"Die Frauen von Richmond Castle" von Tracy Rees ist ein richtiger Lesegenuss! Ich bin begeistert von diesem kurzweiligen und dennoch komplexen Roman. Meine Hoffnungen nach der Kurzbeschreibung und der Leseprobe wurden weit übertroffen.

Schon das Cover gefällt mir gut. Es ist zwar nicht außergewöhnlich, aber dennoch sehr hübsch. Die Frau mit ihrem schwingenden Rock vor der Pforte zum Herrenhaus, hat mich sofort neugierig auf das Buch gemacht. Nachdem ich es gelesen habe, empfinde ich das Cover als sehr passend und gut gewählt.

Der Schreibstil ist richtig toll, flüssig und ansprechend. Es wird eine zeitgemäße Sprache gewählt und die Handlungsorte sehr anschaulich und bildhaft beschrieben. Da es sich um einen historischen Roman handelt, der im England der 20er Jahte spielt, werden auch viele gesellschaftliche Vorstellungen und Ereignisse mit der fiktiven Handlung geschickt verwoben. Dabei wird auf das historische Zeitzeugnis allerdings kein großer Schwerpunkt gesetzt. Vielmehr wird das Geschehen rund um die Familie Camberwell in den Mittelpunkt gerückt. Die Beschreibungen der Familienmitglieder sind so detailliert und sympathisch, dass man gleich mitten im Geschehen ist und ihre Gefühle mitfühlen kann. Auch die Dialoge sind sehr gut formuliert und geben gute Einblicke in das Beziehungsgeflecht. Ich liebe es von bewegenden Familiengeschichten und Freundschaften zwischen interessanten, starken Frauen zu lesen. Genau dies bringt der Roman mit: die Männer sind nur schmückendes Beiwerk, wohingegen die Frauen in all ihren Unterschieden, Vorlieben, Abneigungen, Träumen, Fehlern, die Hauptrolle spielen. Und jede von ihnen ist auf eine ganz eigene Art faszinierend.
Eine ungewöhnliche und schöne Idee der Gliederung des Buches ist, dass für jede Jahreszeit ein Teil verfasst ist. Passenderweise werden die Ereignisse nach der Leichtigkeit des Sommers zum Herbst hin stürmischer und zum Winter sogar so mitreißend, dass das Blut in den Adern gefriert.

Im Mittelpunkt der Frauen von Richmond Castle steht Blue, die jüngste Tochter des Hauses. "Sie war vom Glück gesegnet, das wusste sie. Aber das Leben war nicht immer nur das eine oder das andere, für niemanden." Obwohl sie jung, intelligent, finanziell abgesichert und schön ist, hat sie in ihrem Leben auch schon großes Leid erfahren müssen. Sie besitzt eine Stärke und Tiefgründigkeit, die sie sofort sympathisch werden lässt. Es ist leicht mit ihr mitzufühlen und sie für eine Zeit lang in ihrem Leben zu begleiten.

Die älteste Tochter des Hauses, Merrigan, ist verheiratet und Mutter. Dennoch lernt man auch sie gut kennen, da sie oft ihre Familie in Richmond Castle besucht. Auch wenn sie sich für die klassische Rolle der Frau entschieden hat, unterstützt sie Blues Traum Schriftstellerin zu werden, vorbehaltlos. Es ist rührend zu sehen, wie nahe sich die beiden Schwestern stehen.

Ihr Vater Kenneth ist einer der wenigen Männer, die in diesem Buch näher beschrieben werden. Nachdem er seine erste Frau und die Töchter ihre Mutter verloren haben, hilft er den beiden zurück ins Leben zu finden. Er ist ein faszinierender, liebenswürdiger Mann. "Die Realität bietet Raum für vieles, Gutes und Schlechtes. Sorge dafür, dass deine so wunderbar wie möglich ist. Leicht ist das nicht, aber es ist unsere Aufgabe. Es kommt auf das Jetzt an, mein Schatz, nicht auf die Vergangenheit und nicht auf die Zukunft." Diese Stärke und den Willen sich nicht vom Schlechten den Blick auf Gutes verbauen zu lassen, bringen alle Camberwells mit. Diese Einstellung ist eine der schönsten Botschaften, die mit diesen Roman vermittelt werden

Nur Midge, die zweite Frau von Kenneth und hingebungsvolle Stiefmutter der Mädchen, und Delphine, überraschender Hausgast bei den Camberwells, schaffen es Anfangs nicht, sich von dem Schlechten nicht die Freude rauben zu lassen. Beide Frauen tragen ein schweres emotionales Päckchen mit sich, das sie immer wieder runterzieht. Sie sind beide sehr liebenswert und beeindruckend. Gerade diese große Komplexität der Charakter macht für mich einen besonderen Reiz des Buches aus. Und auch wenn die Handlung bei aufmerksamen Lesen etwas vorhersehbar ist, glänzt das Buch mit emotionalen Passagen, sehr bewegend formulierten Sätzen und einer großen Tiefe und Intensität.

"Die Frauen von Richmond Castle" von Tracy Rees ist ein wunderschönes Buch mit vielschichtigen Charakteren und sehr berührenden Sätzen - klare Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 01.02.2020

Solide und spannend

Doggerland. Tiefer Fall (Ein Doggerland-Krimi 2)
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"Doggerland - Tiefer Fall" von Maria Adolfsson ist ein spannender Krimi, der viel Einblick in das Privatleben der Kommissarin Karen Eiken Hornby gewährt. Es handelt sich bei diesem Band bereits um den ...

"Doggerland - Tiefer Fall" von Maria Adolfsson ist ein spannender Krimi, der viel Einblick in das Privatleben der Kommissarin Karen Eiken Hornby gewährt. Es handelt sich bei diesem Band bereits um den zweiten Teil einer Reihe vom Doggerland-Krimis. Anfangs hatte ich ohne Kenntnis des ersten Bandes leichte Schwierigkeiten mich einzufinden, das gab sich allerdings glücklicherweise schnell.

Ein wenig störend habe ich die kleine und eng stehende Schrift empfunden, aber das ist eine Frage des persönlichen Geschmacks. Zudem fasst das Buch so schon 416 Seiten und würde bei größerer Schrift noch wesentlich dicker. Ich konnte mich dran gewöhnen und wurde auch schnell von den Ereignissen abgelenkt und mitgerissen.

Der Schreibstil passt gut zu einem Kriminalroman. Es wird besonders ab der zweiten Hälfte des Buches immer mehr Spannung aufgebaut. Die verschiedenen handelnden Personen werden komplex und anschaulich beschrieben. Zudem erhält man einen guten Überblick über die fiktive Insel Doggerland. Das alles zusammen macht es für den Leser leicht und kurzweilig mitzuermitteln. Auch Logikfehler konnte ich keine bemerken, es fügte sich alles in ein stimmiges Gesamtbild. In den dramatischen Entwicklungen am Ende wurden alle losen Fäden zusammen geführt und alle offenen Fragen beantwortet.

Kommissarin Karen Eiken Hornby lernt man sehr intensiv kennen. Nachdem sie ihren kleinen Sohn und ihren Mann verloren hat, lebt sie in großem Gefühlschaos. "Und durch dieses Gefühlschaos dringt diese Stimme zu ihr, die ihr zuflüstert, dass sie diese Grenze nicht überschreiten darf. Erinnert sie an den unsichtbaren Stacheldraht, der ihre Existenz abzäunt. Im Inneren sind John und Mathis immer noch lebendig. Außerhalb des Zauns ist nichts." Es fällt ihr schwer wieder Menschen in ihr Leben zu lassen. Leider gelingt es ihr auch nicht, auf ihre Freunde so einzugehen, wie es nötig gewesen wäre. Sie bemerkt nicht, was für ein schreckliches Leben ihre beste Freundin Aylin mit ihrem gewalttätigen Mann führen muss. Neben der Ermittlung von Karen Eiken Hornby wird immer wieder in kurzen Episoden auf Aylins Lage eingegangen bis sich die Ergebnisse dramatisch zuspitzen.

"Doggerland - Tiefer Fall" von Maria Adolfsson ist ein spannender, solide entworfener Kriminalroman. Ich kann eine Empfehlung für Leser aussprechen, die gern Krimis lesen, bei denen der Ermittlungsarbeit und auch dem Privatleben der Ermittler viel Raum gegeben wird.

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Veröffentlicht am 26.01.2020

Schöne Momente, aber dennoch nicht ganz überzeugend

Eine fast perfekte Welt
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"Eine fast perfekte Welt" von Milena Agus ist ein Buch, das man sich erst warm lesen muss und dessen Botschaft nicht ganz klar wird, aber auch mit schönen Passagen versöhnlicher stimmt.

Der Start in ...

"Eine fast perfekte Welt" von Milena Agus ist ein Buch, das man sich erst warm lesen muss und dessen Botschaft nicht ganz klar wird, aber auch mit schönen Passagen versöhnlicher stimmt.

Der Start in das Buch war nicht so gelungen für mich, da es etwas zäh war und nicht zu fesseln vermochte. Der Schreibstil war verworren, es gab große zeitliche Sprünge, die es schwierig machten, der Geschichte zu folgen und ein Gesamtbild entstehen zu lassen. Glücklicherweise wurde dies jedoch nach dem ersten Drittel des Buches besser. Aber es gab nach wie vor Lücken und große Sprünge. Das war etwas, was mir nicht so zugesagt hat. Zudem wurde nahezu komplett auf wörtliche Rede verzichtet, Die Dialoge wurden nur indirekt wiedergegeben, was es schwierig machte, den Gesprächen zu folgen.

Durch das ganze Buch zieht sich eine gewisse Unfriedenheit der Charaktere, insbesondere der weiblichen, und die Frage: "Wie schafft man es bloß, an einem Ort wie diesem zu leben?" Denn egal, wo sich die Frauen aufhalten, ist da auch immer eine Sehnsucht, die Sehnsucht nach mehr, nach einer perfekten Welt. Sie haben nicht die Fähigkeit, Glück zu finden. "Das ist eine Gabe, entweder man hat sie oder man hat sie nicht. Mit anderen hat das nichts zu tun." Besonders deutlich merkt man die Sehnsucht nach einer perfekten Welt bei Ester. Sie hat große Träume, die es ihr unmöglich machen zu sehen, was für schöne Dinge es in ihrem Leben gibt, die es zu schätzen lohnt. Leider erschwert sie damit auch ihrem Mann Raffaele und ihrer Tochter Felicita das Leben.

Raffaele ist eher sesshaft und schlicht. Er schafft es sich mit dem Leben zu arrangieren, das er hat, obwohl auch er andere Träume hatte. Zum Glück schafft er es auch Felicita ein wenig von seiner Haltung zu vermitteln. Denn sie passt nicht so richtig nach Sardinien und kann auch trotz aller Bemühungen nicht den Erwartungen ihrer Mutter gerecht werden. Ihre Entscheidung "den Umgang mit den wenigen zu genießen, die sie mochten", finde ich bewundernswert.

Die Nebenfiguren sind überwiegend eher unsympathisch gezeichnet, denn auch sie tragen eine große Unzufriedenheit mit sich, unternehmen nichts, um diese ablegen zu können und suchen die Schuld dafür zudem bei anderen. Mit keinem der Charaktere gelang es mir so richtig warm zu werden.

Gut eingearbeitet ist eine leise Kritik an gesellschaftlichen Entwicklungen, wie dem Hass auf Fremde, religiöser Fanatismus und Umweltzerstörung. Das wertet das Buch deutlich auf. Dennoch ist die Aussage des Buches nicht bei mir angekommen, obwohl es offensichtlich nicht einfach nur unterhaltsam sein sollte.

"Eine fast perfekte Welt" von Milena Agus ist durchaus lesenswert, konnte mich aber leider nicht ganz überzeugen.

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Veröffentlicht am 25.01.2020

Wundervolles bilinguales Kinderbuch

Rosi & Mücke - Rosie & Skeeter
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"Rosi & Mücke - Die ersten Abenteuer" von Simone Stokloßa in der bilingualen Ausgabe mit englischem Text ist ein informatives und rundum gelungenes Kinderbuch.

Zunächst einmal zum Gesamteindruck: die ...

"Rosi & Mücke - Die ersten Abenteuer" von Simone Stokloßa in der bilingualen Ausgabe mit englischem Text ist ein informatives und rundum gelungenes Kinderbuch.

Zunächst einmal zum Gesamteindruck: die Ausgabe ist sehr wertig und hübsch gestaltet. Vom vorderen Einband-Bild mit verschiedenen maßstabsgerechten Käfergrößen über die toll gestaltete eigentliche Geschichte um Rosi und Mücke und den umfangreichen Anhang bis zum letzten Einband-Bild mit einer Landkarte des Handlungsortes ist jede Seite ausgesprochen schön und mit liebevollen Details gestaltet.

Das Vorwort des Museum für Naturkunde Berlin war sehr umfangreich und informativ, wobei mir einige englische Käfer-Fachbegriffe fehlten. Für den eher jungen Leserkreis, den dieses Buch ansprechen soll, finde ich es jedoch ein wenig zu anspruchsvoll. Als Vorleser lasse ich es erst mal aus, da kann man dann später drauf zurückkommen.

Die gewählte Art der seitenweisen Übersetzung ist einfach perfekt zum Lesen und Vorlesen. Wörter, die nicht so gebräuchlich waren, konnten man direkt nachschauen, markieren und kann dadurch beim schnellen Drüberblättern auch gleich sehen, was man neues dazugelernt hat. Die Ausdrucksweise der englischen Übersetzung ist gut verständlich und leicht lesbar.

Die Geschichte rund um Rosi und Mücke ist sehr spannend und informativ. Es ist toll sie zu begleiten und dabei interessante Entdeckungen zu machen. Ich bin ganz begeistert, wie ansprechend und einprägsam hier Wissen vermittelt wird. Auf unterhaltsame, spannende und teils lustige Weise kann man eine ganze Menge über die Natur lernen. Einige Begriffe sind sehr amüsant, wie beispielsweise das "wood wide web". Zudem werden die interessanten Infos über Eichen mit witzigen, einprägsamen Bildern veranschaulicht. Von den Bildern bin ich ehrlich begeistert. Sie sind sehr liebevoll gezeichnet, teils sehr amüsant und unterstützen die Geschichte hervorragend.

Neben dem interessanten Infos gefällt mir auch gut, dass tolle Botschaften über das Miteinander vermittelt werden. Zum Beispiel, dass Onkel Melli von Rosi und Mücke so gemocht wird, wie er ist und seine Arbeit für den Wald geschätzt wird, obwohl er Mundgeruch hat. Schön, dass deutlich gemacht wird, dass Äußerlichkeiten nicht so wichtig sind und jeder etwas wichtiges leisten kann.

Rosi und Mücke sind sehr verschieden. "Aber genau mit diesen unterschiedlichen Eigenschaften ergänzen sie sich wunderbar." Der Wert von gegenseitiger Akzeptanz und von Freundschaft wird schön deutlich gemacht. Zudem scheuen die beiden sich nicht nachzufragen, wenn sie etwas nicht wissen und urteilen nicht gleich vorschnell, wenn sie das Verhalten anderer nicht verstehen: "Lass uns bitte erst hören, was die Wespe dazu erklärt, bevor wir sie verurteilen." Wirklich toll, was man alles mitnehmen kann, während man die beiden Käfer auf ihrer Reise begleitet.

"Rosi & Mücke - Die ersten Abenteuer" von Simone Stokloßa in der bilingualen Ausgabe ist ein überzeugendes und komplett gelungenes Kinderbuch, das ich gern empfehlen kann.

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Veröffentlicht am 24.01.2020

Besonderer Kriminalroman

Im Netz des Lemming
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"Im Netz des Lemming" von Stefan Slupetzky ist schon jetzt eines meiner Jahreshighlights, weil es mich vollkommen überrascht hat und sich angenehm von anderen Kriminalromanen abhebt.

Mir gefällt der Schreibstil, ...

"Im Netz des Lemming" von Stefan Slupetzky ist schon jetzt eines meiner Jahreshighlights, weil es mich vollkommen überrascht hat und sich angenehm von anderen Kriminalromanen abhebt.

Mir gefällt der Schreibstil, da es gleich klar wird, dass es sich nicht um einen seichten Krimi handelt. Es werden Dinge kritisiert, indem sie überzeichnet werden. Es wird das Wertesystem hinterfragt und der Leser ist gefragt mitzudenken. Zwischendurch gibt es Einschübe mit Zitaten aus den sozialen Medien. Das ist sehr passend, da gerade eine im Netz anonym verfasste Nachricht zum tragischen Tod von Mario führt.

Neben dem kritischen Blick auf die ungefilterte Nutzung sozialer Medien sowie dem dortigen Verbreiten von Unwahrheiten, werden auch diverse andere gesellschaftliche Entwicklungen und Tendenzen sehr geschickt kritisiert. Trotz der großen Tragik und dem Aufzeigen der bedenklichen gesellschaftlichen Entwicklungen kommt auch der Humor nicht zu kurz. Gerade diese klug gewählte Mischung macht es für den Leser möglich die Gesellschaftskritik anzuerkennen und sich selbst zu hinterfragen. Denn ohne einen klagend erhobenen Zeigefinger ist es leichter sich einmal Gedanken über den allzu wahren Kern zu machen.

Der Lemming erscheint mir etwas weltfremd und hat mich zu Beginn so manches Mal schmunzeln lassen. Dann nehmen die Ereignisse aber schnell eine so tragische Wendung, dass ich eher eine große Befangenheit verspürt habe. Der Lemming hat mich dann mit seinem Einfühlungsvermögen beeindruckt. Er ist zwar eigen und stieselig, hat aber das Herz auf dem rechten Fleck.

Auch die anderen Charaktere sind alle sehr interessant gezeichnet mit all ihren schrulligen Eigenheiten und Makeln, was sie sehr sympathisch macht. Sie wirken so herrlich menschlich und scheuen sich auch nicht deutlich ihre Meinung zu äußern. Die Dialoge finde ich teils sehr intensiv und nachdenklich stimmend. Es ist kein Krimi, den man mal eben nebenbei lesen sollte. Dafür verstecken sich zu viele Besonderheiten zwischen den Zeilen, die es zu entdecken lohnt.

"Wir sind zwar digitale Koryphäen, aber moralische und geistige Amöben; technologisch in der Zukunft, intellektuell im Mittelalter und klimatisch in der Endzeit." Was für ein Satz!

Am Ende spitzte sich die Handlung nochmal extrem zu. Es ist erschreckend, wie weit Hass Menschen treiben kann. Auch wenn in diesem Buch vieles überzeichnet ist, stimmt der wahre Kern doch nachdenklich. Ein Buch, das man nicht einfach so weglegen und vergessen kann.

Lesern, die sich gern mit niveauvoller Gesellschaftskritik geschickt verwoben in einen unterhaltsamen Kriminalroman auseinander setzen möchten, kann ich "Im Netz des Lemming" von Stefan Slupetzky empfehlen.

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