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Veröffentlicht am 09.12.2019

Debütroman, der leider nicht zu überzeugen vermag

Für damals, für immer
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Erfrischend anders zu Beginn, dann aber leider stark abfallend, so dass man sich zwingen musste weiter zu lesen. "Für damals, für immer" von Leesa Cross-Smith kann leider nicht den geweckten Erwartungen ...

Erfrischend anders zu Beginn, dann aber leider stark abfallend, so dass man sich zwingen musste weiter zu lesen. "Für damals, für immer" von Leesa Cross-Smith kann leider nicht den geweckten Erwartungen gerecht werden.

Der erste Leseabschnitt war noch schnell verflogen. Anfangs gefiel mir der Schreibstil gut. Einige Sprachbilder waren wunderschön und sehr kreativ. Die Unterschiede in der Intensität der Sprache, mal etwas nüchterner, mal emotionaler, passten gut zu den verschiedenen Personen und auch Zeiten, in denen die Handlung spielt. Nach einigen Seiten vermitteltelte die Sprache jedoch das Gefühl, dass aus einem Baukasten immer mal mehr oder weniger zufällig neue Elemente ausgewählt wurden. Die Sprache wirkte dadurch teils etwas wirr und begleitetete nicht schön unterstützend durch die Handlung. An einigen Stellen habe ich innegehalten und mich gefragt, was dieses Stilmittel jetzt aussagen soll. Insgesamt vermute ich, dass es möglicherweise die Absicht verfolgt, die teils ebenso wirre Handlung zu stützen und zu zeigen, dass Trauer nicht einem bestimmten Schema folgt. Mich konnte es als Leser dennoch nicht fesseln und hat mich eher frustriert zurück gelassen.

Aufgrund der Leseprobe und des Klappentextes hatte ich im ersten Moment nicht damit gerechnet, dass Eamon, der verstorbene Ehemann, so eine große Rolle spielen würde. Ich hatte vermutet, dass es mehr um's "Danach", die Beziehung von Evangeline und Dalton, gehen würde. Stattdessen wird in langen Passagen mit Rückblenden gearbeitet. Diese erzählen jedoch keine Geschichte und haben auch nicht immer einen klaren Bezug zum Jetzt. Es handelt sich vielmehr um Blitzlichter, die zeigen, wie die Freundschaft und Liebe der drei wächst. Die Zeitsprünge waren mir zudem oft zu abrupt und die Dialoge konnten nicht überzeugen. Entgegen dem ersten Eindruck, der vermittelt wurde, handelt es sich nicht um eine Geschichte, bei der es um Trauer und Neuanfang geht, sondern es werden eine ganze Reihe Facetten angesprochen. Was macht Familie aus? Was ist Liebe? Welchen Wert hat Verzeihen? Dabei fehlte jedoch der Tiefgang und leider ein Stück weit auch das Niveau, so dass die Botschaften eher befremdet, als berührt oder nachdenklich gestimmt haben.

Zudem empfand ich bis zum Schluss eine gewisse Distanz zu den Charakteren, sie sind nicht ganz und gar unsympathisch. Es fehlte jedoch die Tiefe, die Intensität und die Nachvollziehbarkeit der Gedanken und Handlungen. Neben Baby Noah war mir seine Papa Eamon noch am sympathischsten. Dabei dachte ich, dass Evangeline und Dalton mehr im Mittelpunkt stehen würden.
"Miteinander zu weinen ist eine ganz eigene Form der Intimität - ein Band, das so eng um uns gewickelt war, dass es unseren Blutkreislauf vom Rest der Welt abschnitt."
Ich hatte mir intensive Gefühle und interessante Einblicke in den inneren Konflikt von Evangeline und Dalton erhofft. Leider wurde nach diesem Satz, der noch Hoffnung schürte, nicht mehr viel darauf eingegangen.

Zusammenfassend bin ich mit dem Buch und seinen Charakteren leider bis zum Schluss nicht warm geworden. Auch das Ende fühlte sich nicht stimmig an, sondern wirkte wieder etwas zusammenhanglos.

"Für damals, für immer" von Leesa Cross-Smith liegt eine interessante Idee mit viel Potential zugrunde, leider vermag die Umsetzung aber nicht zu berühren. Eine Lese-Empfehlung möchte ich nicht aussprechen. Aber da jeder Leser anders ist, ist gut denkbar, dass das Buch andere abholt.

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Veröffentlicht am 08.12.2019

Gelungenes Kinderbuch, das Mut macht

Der kleine Dunkelfresser
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Angst haben ist nicht schlimm, nur sollte man sich davon nicht kleinmachen lassen. Diese Botschaft wird auf wunderbar kindgerechte Weise in "Der kleine Dunkelfresser" von Ilka Volz vermittelt. Die Illustrationen, ...

Angst haben ist nicht schlimm, nur sollte man sich davon nicht kleinmachen lassen. Diese Botschaft wird auf wunderbar kindgerechte Weise in "Der kleine Dunkelfresser" von Ilka Volz vermittelt. Die Illustrationen, welche das Buch schön abrunden, steuerte Julia Dürr bei.

Die Sprache ist leicht lesbar. Durch viele Dialoge, kurze Kapitel und eine angenehme Schriftgröße eignet sich das Buch gut zum Vorlesen mit verschiedenen Stimmen. Geeignet ist es aber auch zum ersten Selbstlesen. Die angedachte Altersklasse der jungen Leser liegt zwischen 6 bis 8 Jahren.

Das Buch ist inhaltlich wirklich ganz nah an der Realität und schildert Probleme, wie sie viele heute haben. Es ist bestimmt ganz schön schwierig als alleinerziehende, berufstätige Mama alles hin zu kriegen. Und Leo geht es auch nicht so gut mit dem Schulwechsel, der neuen Wohnung ohne Papa. Verständlich, dass sie da Angst vor Dunkelheit entwickelt, um ihre allgemeinen Ängste zu kompensieren. 

Zum Glück ist da aber Opa Kurt, ein echter rauer Seebär. Nicht nur, dass es bei ihm viel zu entdecken und eine Zuflucht gibt, wenn die Mama keine Zeit hat, er hat auch ganz viel Lebenserfahrung. "Wenn du vor etwas Angst hast, musst du dich einfach Stück für Stück daran gewöhnen. [...] Immer ein bisschen mehr davon, dann kann es dir nix anhaben."

Der Text zusammen mit den Illustrationen machen es ganz leicht, sich Leonie, Opa Kurt, ihre Mama und den Dunkelfresser bildlich vorzustellen. Die Geschichte fesselt, macht Spaß und vor allem auch Mut.

Die Illustrationen sind sehr kindgerecht. Toll, dass sie nicht bis ins letzte perfekt sind. Sie wirken eher wie Zeichnungen von Kindern für Kinder.

Das Buch enthält auch einige nette kleine Ideen, die man gleich zusammen umsetzen kann. Leo bemalt zum Beispiel für ihren besten Freund Geschenkpapier selbst.

"Der kleine Dunkelfresser" von Ilka Tölz mit Illustrationen von Julia Dürr ist geeignet für junge Mit- oder Selbstleser und macht dabei Mut, sich seinen Ängsten zu stellen.

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Veröffentlicht am 07.12.2019

Lehrreich, spannend und witzig

Aufstand der Pferde
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Lehrreiche Botschaften und hinreißende Bilder zusammen mit einer spannenden Geschichte - ein gelungenes Kinderbuch. "Aufstand der Pferde" von Audrey Harings ist ein Kinderbuch, von dem man sich gewünscht ...

Lehrreiche Botschaften und hinreißende Bilder zusammen mit einer spannenden Geschichte - ein gelungenes Kinderbuch. "Aufstand der Pferde" von Audrey Harings ist ein Kinderbuch, von dem man sich gewünscht hätte, dass es schon in der eigenen Kindheit existiert hätte. Aber auch das Vorlesen und mit den Kindern Mitentdecken, bereitet große Freude.

Der Schreibstil ist gut für junge Leser geeignet und sehr ansprechend. Durch die großen Buchstaben und das ruhige Schriftbild eignet sich "Aufstand der Pferde" auch sehr gut zum Selbstlesen. Die einzelnen Kapitel haben eine gute Länge und durch die Bilder gibt es immer mal Unterbrechungen. Dadurch wird es für Lesestarter nicht so anstrengend.
Richtig toll ist auch, dass die Sprache so schön tierisch ist. Zum Beispiel beim Wiedersehen von Trinidad mit ihrem Schwarm, da schlägt ihr Herz so sehr, dass es fast aus dem Maul herausstolpert. Der angepasste Schreibstil ist super.

Als ich das Buch zum ersten Mal in der Hand hatte, war mein erster Gedanke "Keine Farbe in den Bildern!" Das empfinde ich für Kinderbücher noch eine Idee schöner. Die Zeichnungen an sich sind aber unglaublich schön und teils witzig. Es macht Spaß jede Seite umzublättern und die Zeichnungen ganz genau anzuschauen.

Die Charaktere sind alle toll beschrieben und auf ihre Art liebenswert. Meine Favoriten sind Pedro -ein kleiner Junge mit großem Herz für Tiere- und Paloma -eine Taube, die alles von oben überblickt-. Einmal Mensch, einmal Tier, aber beide sehr hilfsbereit und beide bewegen großes.

Inhaltlich finde ich es sehr schön, dass perfekt vermittelt wird, dass Tiere auch Gefühle haben und Mensch und Tier gut zueinander sein sollten. Toll ist auch, dass jedes der Tiere und Kinder eine Aufgabe nach seinen Fähigkeiten bekommt. Ein schöne Botschaft für Kinder, jeder hat andere Stärken und zusammen kann man viel erreichen.

Der Appell im Nachwort ist großartig. "Es wäre schön, wenn diese Geschichte dazu beiträgt, das Leid der Tiere zu mindern." Ein wichtiger Wunsch, von dem man nur hoffen kann, dass er in Erfüllung geht. Es ist Audrey Harings mit ihrem Buch auf jeden Fall gelungen, auf kindgerechte Weise eindrückliche, wichtige Botschaften zu vermitteln. Dies zieht sich durch alle Kinderbücher aus ihrer Feder. "Meine Bücher handeln allesamt von Freundschaft, Respekt und dem richtigen Umgang miteinander. [...] Das Happy End ist in jedem Fall garantiert."

"Aufstand der Pferde" von Audrey Harings kann ich allen Eltern, Großeltern, Tanten, Onkeln und einfach allen mit Kindern in ihrem Leben empfehlen. Es eignet sich gut als Geschenk, aber auch zum gemeinsam Lesen. Und dann gibt es ja auch noch begeisterte Leser von Kinderbüchern, die schon etwas älter sind: auch hier eine klare Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 07.12.2019

Spannung pur vor der schönen Naturkulisse Norwegens

Der Fjord schweigt
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Bei diesem Roman gilt vor allem eins: Nichts ist so, wie man glaubt. Immer wieder nimmt die Handlung unerwartete Wendungen und überrascht mit neuen nahezu unglaublichen Entwicklungen. "Der Fjord schweigt" ...

Bei diesem Roman gilt vor allem eins: Nichts ist so, wie man glaubt. Immer wieder nimmt die Handlung unerwartete Wendungen und überrascht mit neuen nahezu unglaublichen Entwicklungen. "Der Fjord schweigt" von Gabriele Popma ist klassifiziert als Liebesroman, es geht jedoch sehr hoch her. Teilweise dachte ich während des Lesens, dass es schon fast etwas zu viel des Guten ist. Jedoch fügt sich alles doch in ein durchaus stimmiges Bild und der Roman vermag zu überzeugen.

Der Schreibstil ist sehr gelungen. Schon den Prolog fand ich sehr packend und so ging es auch spannend und mitreißend bis zur letzten Seite weiter. Mir gefällt, dass alles klar und dennoch mit ausreichend Details beschrieben wird. Dadurch ist es ein leichtes in die Geschichte reinzufinden und ich war gleich mitten im Geschehen. Ich hatte nicht das Bedürfnis das Buch wegzulegen, im Gegenteil, es entsteht ein schöner Lesefluss.

Schön ist auch, dass die Geschichte auf zwei Zeitebenen spielt. Die Verknüpfung von der aktuellen Handlung rund um Annika und der ursächlichen Handlung rund um ihre Mutter Kerstin ist ausgesprochen gut gelungen. Es ist immer deutlich, wo die Handlung gerade spielt und die Rückblicke erfolgen wohl dosiert. Nach und nach kommt immer mehr ans Licht, der Spannungsbogen wird konstant aufrecht gehalten und zum Ende hin sogar nochmal gesteigert.

Bei aller Spannung kommt jedoch auch die Liebe nicht zu kurz. Die Lieben, die Annika und Kerstin in ihrem Leben finden, und auch teils wieder verlieren. Vor allem aber auch die Liebe zu der beeindruckenden Natur Norwegens. Die Schilderungen von Norwegen sind einfach wunderschön. Beim Lesen bekommt man immer mehr Lust einmal hin zu fahren und die beeindruckende Landschaft selbst zu sehen.

Annika ist gleich von Beginn an sehr sympathisch. Es ist leicht sich mit ihr zu identifizieren und mit ihr mitzufühlen. "Es ist nur ein Gefühl, dass mir etwas fehlt. [...] Da ist eine unbestimmte Sehnsucht in mir und ich weiß nicht, wonach." Sehr eindrücklich und emotional wird deutlich gemacht, wie Annika durch den Verlust ihres Zwillingsbruders in ihren Grundfesten erschüttert wurde. Man hofft mit, dass sie einen Weg findet, zu heilen.

Bei Annikas Mutter Kerstin dauert es etwas länger, bis man mit ihr warm wird. Je mehr man jedoch von ihrem Leben kennenlernt, desto besser versteht man, wie sie später ist. Auch die anderen handelnden Personen sind bis zur kleinsten Rolle sehr individuell und interessant ausgestaltet. Und obwohl das Buch 453 Seiten zählt, herrscht nie Verwirrung, welche Personen gerade handeln. Es ist ein leichtes der Geschichte zu folgen.

Wie schon angeklungen, ist das Ende noch mal sehr spannend. Es schließt die Handlung aber schön rund ab.

"Der Fjord schweigt" von Gabriele Popma ist ein sehr spannender Roman, dem eine Liebesgeschichte zugrunde liegt und der vor der wunderschönen Naturkulisse Norwegens spielt. Empfehlen kann ich ihn Lesern, die gern Spannung mit interessanten Charakteren und einem Hauch Liebesgeschichte haben.

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Veröffentlicht am 29.11.2019

Lese-Highlight voller Spannung und Emotion

Leas Spuren
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Emotional, spannend, tiefsinnig - ein Roman auf höchsten Niveau! "Leas Spuren" von Bettina Storks hat meine Erwartungen voll übertroffen und zählt zu meinen persönlichen Lese-Highlights in diesem Jahr. ...

Emotional, spannend, tiefsinnig - ein Roman auf höchsten Niveau! "Leas Spuren" von Bettina Storks hat meine Erwartungen voll übertroffen und zählt zu meinen persönlichen Lese-Highlights in diesem Jahr. Die fünf Sterne sind mehr als verdient und eigentlich noch viel zu wenig - klare Leseempfehlung!

Schon das Cover stimmt gut auf die Geschichte ein, denn die Handlung spielt größtenteils in Paris und hängt mit einem verschollenen Gemälde zusammen. Wirklich gut im Cover umgesetzt.

Der Schreibstil ist ebenso großartig, er ist leicht, die Seiten fliegen nur so dahin. Gleichzeitig entsteht jedoch eine große Detailtiefe, die sehr fesselt. Von Anfang an gelang es eine Beziehung zu den handelnden Personen aufzubauen, mit ihnen mitzufiebern und ganz Teil der Handlung zu werden. Es fiel sehr schwer das Lesen zu unterbrechen und sich wieder dem Alltag zuzuwenden.

Ein Handlungsstrang spielt in Paris während der deutschen Besatzung in den frühen 1940er Jahren. Hier lernt der Leser zunächst Victor und Charlotte kennen. Victor ist ein Franzose, der in der deutschen Botschaft von Paris zu arbeiten beginnt und dort Charlotte begegnet. Zwischen den beiden bahnt sich eine zarte Liebe an, jedoch erschweren die Umstände die Gemeinsamkeit. Beide werden sympathisch, aber auch sehr komplex geschildert, so dass es interessant ist, sie immer näher kennenzulernen und ihre Handlungen zu verfolgen. Zum Ende seines Lebens verfügt Victor, dass sein Neffe Victor und Marie, die Tochter von Charlottes Schwester, gemeinsam ein Gemälde suchen sollen. "Ich wünsche Euch bei Eurem gemeinsamen Unternehmen Glück, einen klaren Blick und ein mutiges Herz!"

Und so entspannt sich ein zweiter Handlungsstrang, der im heutigen Paris spielt. Dort machen sich Marie und Nicolas auf die Suche nach Leas Spuren - dem Mädchen, das auf dem verschollenen Gemälde abgebildet ist. Marie ist von Beginn an sehr sympathisch. Sie hat anfangs eine nüchterne, überlegte Art mit der sie recherchiert, wird dann jedoch immer emotionaler, je mehr sie erfährt. Nicolas wirkt erstmal nicht ganz so sympathisch. Jedoch täuscht dieser erste Eindruck sehr, denn auch er wird zu einer liebenswerten Persönlichkeit, die man nicht mehr missen möchte. Auch bei Marie und Nicolas ist es rührend zu sehen, wie sich ganz zart eine Liebe entwickelt.

Der Wechsel der Perspektiven und Zeiten gefällt mir ausgesprochen gut. Toll ist auch, dass durch die Überschriften immer klar ist, in welchem Jahr bei welcher Person die Handlung gerade spielt. Wunderschön gezeichnet und mit viel Liebe ausgearbeitet, sind auch die Nebenfiguren. Von dieser Detailtiefe und deren Bedeutung für die Handlung war ich sehr beeindruckt. Zwei Figuren haben mich besonders berührt. Zum einen Herr Hetzel. Er hat eine vermeintlich kleine Rolle, zeigt aber so viel auf. Durch sein persönliches Schicksal wird ganz deutlich, welches Leid der Nationalsozialismus verursacht hat und wie gerade das kollektive und doch auch sehr individuelle Wegsehen eine Schuld beinhaltet. Die Schuld nichts getan zu haben, obwohl man gespürt hat, dass es nicht richtig ist, so mit anderen Menschen umzugehen. Herr Hetzel zerbricht daran und symbolisiert damit viele andere, denen es ganz ähnlich ergangen ist.
Zum anderen ist da noch Olivier Porte. Mich hat hier beeindruckt mit welcher Akribie und welchem Eifer, er Unterlagen über Deportierte gesammelt hat. Es ist bewundernswert, dass es Menschen gibt, die Zeit und Kraft einsetzen, um gegen das Vergessen anzukämpfen.

Was die Geschichte auch so eindringlich und emotional werden lässt, ist der Bezug zur realen Historie, der mit der fiktiven Handlung verwoben wird. Insbesondere die Hintergründe zur Kunstgeschichte und Provenienz sind interessant. Das gefällt mir wirklich gut, da es einen noch nicht so oft angesprochenen Aspekt der Folgen des Nationalsozialismus aufgreift. Eingebettet ist die Handlung zudem noch auf nahezu malerische Weise in das historische und das moderne Paris. Die Eindrücke sind sehr anschaulich und bildhaft und laden zum Träumen ein.

Das Ende war ebenfalls sehr gelungen, hat alle letzten Fragen geklärt und nochmal alle Emotionen angesprochen. Ein tolles Ende für ein durch und durch tolles Buch! Ein weiteres Lesehighlight für mich in diesem Jahr. Seite für Seite gefiel mir "Leas Spuren" von Bettina Storks immer besser. Mir gefallen, die beiden Zeitebenen, die beide so intensiv und detailliert ausgearbeitet sind. Mir gefällt die große Spannung, die über allem liegt und zum Miträtseln einlädt. Mir gefällt der Schreibstil, der die Protagonisten und die Umgebung so greifbar macht, als wäre man selbst Teil der Handlung. Mir gefällt, der Bezug zur Realität, der hinter der fiktiven Geschichte steht und dadurch umso mehr aufrüttelt.

Ein bildgewaltiger, spannender und dennoch sehr emotionaler Roman. Ich kann dieses besondere Leseerlebnis allen Lesern uneingeschränkt empfehlen.