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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 24.08.2021

Eine beeindruckende Persönlichkeit

Hauskonzert
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Igor Levit war mir bisher nicht bekannt, aufgrund des Klappentextes und der Leseprobe war ich aber total gespannt darauf, Einblick in sein Leben zu bekommen. Es beeindruckt mich sehr, wenn Menschen mit ...

Igor Levit war mir bisher nicht bekannt, aufgrund des Klappentextes und der Leseprobe war ich aber total gespannt darauf, Einblick in sein Leben zu bekommen. Es beeindruckt mich sehr, wenn Menschen mit großer Begabung - wofür auch immer - etwas daraus machen. Levit wird als "Jahrhundertpianist" gehandelt, nutzt seine Berühmtheit aber auch für sein politisches Engagement.

Der rasante Erzählstil macht mich schon beim Lesen fast atemlos. Wie muss es erst Levit gehen, der dieses Leben auf der Überholspur führt? Eins ist klar, er macht nichts halbherzig. Seien es die Hauskonzerte, die er pandemiebedingt nicht im Konzertsaal vor Publikum spielen kann oder sein politischer Einsatz. Nichts überlässt er dem Zufall, bei allem ist Perfektionismus im Spiel.

Als gebürtiger Russe mit jüdischen Wurzeln erlebt er Rassismus und Antisemitismus. Er lässt sich aber davon nicht ruhigstellen. Vielmehr hat er es sich zur Aufgabe gemacht, keiner Auseinandersetzung aus dem Weg zu gehen, sondern aktiv für eine bessere Welt zu kämpfen. Igor Levit ist eine beeindruckende Persönlichkeit!

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Veröffentlicht am 24.08.2021

Leseempfehlung

Das Mädchen im Nordwind
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Karin Baldvinsson verwebt in ihrem Roman "Das Mädchen im Nordwind" gekonnt zwei Handlungsstränge, die zu zwei unterschiedlichen Zeiten spielen, sich über zwei Orte erstrecken und schließlich in Island ...

Karin Baldvinsson verwebt in ihrem Roman "Das Mädchen im Nordwind" gekonnt zwei Handlungsstränge, die zu zwei unterschiedlichen Zeiten spielen, sich über zwei Orte erstrecken und schließlich in Island zusammenfinden.

Luise, eine junge Jüdin, lernt 1936 in ihrer Heimatstadt Lüneburg den Isländer Jónas kennen, der in Deutschland studiert. Die beiden verlieben sich ineinander und planen über alle Hindernisse hinweg eine gemeinsame Zukunft und ihre Flucht nach Island. 2019 findet Sofie Luises Tagebuch als sie ein Haus in Island restauriert.

Der Klappentext hat mich sofort angesprochen. Als großer Islandfan habe ich mich gefreut, auf eine Reise dorthin mitgenommen zu werden. Der Autorin ist es sehr gut gelungen, die isländische Lebensart und das Lebensgefühl zu vermitteln. Sie schafft mit Sofies Geschichte einen schönen Rahmen für Luises Erlebnisse, der einen erfreulichen Kontrast zum ernsten Thema Judenverfolgung im Dritten Reich bildet.

Die Handlung ist teilweise etwas vorhersehbar, dies macht das Buch aber trotzdem nicht langweilig. Durch die abwechselnd in der Vergangenheit und Gegenwart handelnden Kapitel, die an der richtigen Stelle enden, baut sich eine Spannung auf, die es mir schwer machte, das Buch zur Seite zu legen. Alles in allem ein rundum gelungener Roman, den ich gerne weiterempfehle!

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Veröffentlicht am 24.08.2021

Unterhaltung mit Anspruch

Im Reich der Schuhe
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Spencer Wise lässt in seinem Debütroman "Im Reich der Schuhe" den 26-Jährigen Alex Cohen als Ich-Erzähler zu Wort kommen und von seinem Leben als Sohn eines Schuhfabrikanten in China berichten. Sein übermächtiger ...

Spencer Wise lässt in seinem Debütroman "Im Reich der Schuhe" den 26-Jährigen Alex Cohen als Ich-Erzähler zu Wort kommen und von seinem Leben als Sohn eines Schuhfabrikanten in China berichten. Sein übermächtiger Vater Fedor hält nicht sonderlich viel von ihm und herrscht über ihn und alle anderen wie ein Tyrann. Fedors Wort ist Gesetz. Auch Alex darf keine eigene Meinung haben, geschweige denn selbständig handeln. Dann lernt er Ivy kennen, eine Angestellte seines Vaters, die das Massaker am Tian'anmen-Platz damals erlebt hat und ihn in eine andere Welt - das wirkliche China wie es Hunderte von Millionen Chinesen tagtäglich erleben - mitnimmt. Sie lässt ihn die Sorgen und Nöte der Menschen hautnah erfahren. Durch sie bekommt er auch eine Ahnung davon, was es bedeutet, gegen ein totalitäres System aufzubegehren.

Der Autor hat selbst schon in einer Schuhfabrik in China gearbeitet und weiß, wovon er schreibt. Manches ist unvorstellbar für unser westliches Empfinden, und ich bin froh, diese Reise in ein exotisches Land von meinem sicheren Leben aus antreten zu können.

Anfangs hatte ich etwas Schwierigkeiten in die Geschichte reinzukommen, aber dann fiel es mir schwer, das Buch zur Seite zu legen. An mancher Stelle war ich atemlos vor Spannung, an manch anderer einfach nur fassungslos ob der Lebensumstände und des geringen Werts eines Menschenlebens in China.

Spencer Wise gelingt es, gute Unterhaltung mit Anspruch zu kombinieren, ohne allzu schwere Kost zu servieren. Klare Leseempfehlung für alle, die sich für fremde Länder, die politische Situation und die Lebensumständen dort interessieren und nicht nur von einer schönen heilen Welt lesen wollen.

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Veröffentlicht am 24.08.2021

Schöne Geschichte über ungewöhnliche Frauen

Teatime mit Lilibet
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Wendy Holden erzählt in "Teatime mit Lilibet" von Marion Crawford, deren größter Wunsch und oberstes Ziel es ist, Lehrerin in einem Armenviertel zu werden - passt diese Aufgabe doch perfekt zu ihrer Überzeugung. ...

Wendy Holden erzählt in "Teatime mit Lilibet" von Marion Crawford, deren größter Wunsch und oberstes Ziel es ist, Lehrerin in einem Armenviertel zu werden - passt diese Aufgabe doch perfekt zu ihrer Überzeugung. Als sie ein ungewöhnliches Angebot bekommt, nimmt sie dieses zunächst vorübergehend an und begleitet die Prinzessinnen Elizabeth und Margaret letztendlich viele Jahre als Lehrerin und Gouvernante. Sie hat es sich zur Aufgabe gemacht, den Mädchen die wirkliche Welt, die sich weitab vom Palast und dem königlichen Kinderzimmer befindet, näher zu bringen. Die sympathische Marion nimmt sich der Mädchen aufopferungsvoll an und erlebt Lilibet - wie Elizabeth von ihrer Familie genannt wird - als liebenswertes, wissbegieriges Mädchen. Ganz im Gegensatz dazu macht ihr Margaret das Leben immer wieder schwer, ist egoistisch und kann ein richtiges Biest sein.

Die Autorin zeichnet die Charaktere liebevoll und detailliert. Sie gewährt Einblick in eine sehr unkonventionelle royale Familie und schreibt so authentisch und lebendig, dass ich mich bis zum Schluss frage, wieviel ist Realität, wieviel Fiktion? Vielleicht ist aber genau das das Schöne, es bleibt ein Geheimnis und lässt Raum für Fantasie und Spekulation.

Der Schluss hat mich etwas enttäuscht, aber das war nur ein kleiner Wermutstropfen, der dem Lesevergnügen keinen Abbruch tat. Das ansprechende Cover und der Klappentext haben nicht zu viel versprochen - eine schöne Geschichte über ungewöhnliche Frauen.

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Veröffentlicht am 24.08.2021

Lesehighlight

Julius oder die Schönheit des Spiels
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Eins vorneweg, ich spiele weder Tennis noch interessiere ich mich besonders dafür. Das ist aber auch keine Voraussetzung, um das Buch gut zu finden, geschweige denn, es zu lesen.

Tom Saller wechselt gekonnt ...

Eins vorneweg, ich spiele weder Tennis noch interessiere ich mich besonders dafür. Das ist aber auch keine Voraussetzung, um das Buch gut zu finden, geschweige denn, es zu lesen.

Tom Saller wechselt gekonnt zwischen zwei Ich-Erzählern und mehreren Zeitebenen. So lässt er abwechselnd einen "alten Mann" und Julius von Berg zu Wort kommen. Beide waren in den 1930-er Jahren Rivalen beim Tennis - und sowas wie Freunde.

Diese Sprünge in der Erzählperspektive bauen Spannung auf und erzeugen eine Lebendigkeit, der man sich kaum entziehen kann. Ein Übriges tun die bildhafte Sprache und der ganz eigene Erzählstil des Autors. Nur zu gut kann man sich die Partys und das wilde Leben in diesen Kreisen vorstellen und wähnt sich fast schon mittendrin. Die Schilderung des Wimbledon-Finales 1937 ist so mitreißend, dass man als Leser*in atemlos folgt und das Match vor seinem inneren Auge sieht. Die Gefühle von Bergs werden mit jedem weiteren Ballwechsel deutlicher spürbar.

Tom Saller ist es gelungen, durch Vermengung von Tatsachen und Fiktion einen atmosphärischen Roman über einen legendären Tennisspieler zu schreiben, ohne die Nazizeit übermäßig in den Vordergrund zu stellen, aber das bedrückende Klima von damals trotzdem einzufangen.

Für mich ein absolutes Lesehighlight!

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