Platzhalter für Profilbild

mabuerele

Lesejury Star
offline

mabuerele ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit mabuerele über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 08.02.2022

Sehr realistisch

Im Schatten der Wende
0

„...Es klang wie das Summen eines Bienenschwarms. Das scheint eine Menschenmenge zu sein, deren Ausmaß sich Falck nicht vorstellen konnte. Kein Geschrei, keine Bewegung. Das machte es nur noch schlimmer….“

Es ...

„...Es klang wie das Summen eines Bienenschwarms. Das scheint eine Menschenmenge zu sein, deren Ausmaß sich Falck nicht vorstellen konnte. Kein Geschrei, keine Bewegung. Das machte es nur noch schlimmer….“

Es ist der 9. Oktober 1989, als der Polizist Tobias Falck zu einem Einsatz nach Leipzig abkommandiert wird. Die Situation ist hochgefährlich. Was wird in den nächsten Minuten geschehen? Falck wusste es nicht. Wir wissen es heute. Eine Eskalation wurde vermieden.
Der Autor hat einen fesselnden Krimi geschrieben. Die Geschichte spielt zuerst vor der Wende, dann im Dezember 1989. Außer einem kurzen Abstecher nach Leipzig findet das Geschehen stets in Dresden statt.
Der Schriftstil ist ausgefeilt. In jeder Zeile ist außerdem spürbar, dass der Autor weiß, wovon er schreibt.
Im Mittelpunkt steht Tobias Falck. Er hat sich bewusst für den Beruf des Polizisten entschieden.Er ist in diesem Land groß geworden und verhält sich ihm gegenüber loyal. Sehr schnell fällt auf, dass der junge Mann viel Empathie hat und nicht nur nach Vorschrift agiert. Gleichzeitig hat er einen Blick für Details. Er kann gut analysieren und sieht schnell Zusammenhänge. Seine Vorschläge sind durchdacht. Allerdings wird seine Initiative gern ausgebremst, weil nicht sein kann, was nicht sein darf. Dresden hat gerade andere Probleme, als den Tod eines ABV hochzuspielen. Unfall hört sich da gut an.
Trotzdem darf er undercover in Gegenden von Dresden ermitteln, von deren Existenz er bisher kaum etwas geahnt hat. Er wird mit Menschen konfrontiert, die sich bewusst aus dem System ausgeklinkt haben.

„...Erstaunt stellte er fest, wie gut ihm das Lügen gelang. So viel gelogen, wie in den letzten zwei Tagen, hatte er in seinem ganzen Leben nicht...“

Nach dem Einsatz wird Tobias zur Weiterbildung geschickt, um ab Dezember beim Kriminaldauerdienst Dresden zu arbeiten. Schmidt, sein neuer Chef, bringt die aktuelle Lage auf den Punkt:

„...Es gibt niemanden mehr, der dir sagt, was zu tun ist. Und draußen tanzen dir die Leute auf der Nase rum…“

Die Kriminalitätsrate in Dresden ist rasant gestiegen. Und da steht plötzlich Frau Hauptkommissarin Sybille Sudermann aus dem Westen vor der Tür und behauptet, in Dresden einen Auftragskiller ausfindig machen zu müssen. Jetzt bekommt die Geschichte fast amüsanten Charakter, denn die Frau ist schockiert, was sie antrifft und findet die Methoden des Ostens sehr skurril. Natürlich gibt es Missverständnisse und Vorurteile.

„...“Das denke ich nicht nur, das habe ich gesehen, mit eigenen Augen! Bananen, Kaffee und Tittenmagazine, das kaufen die Ossis als Erstes im Westen!…“

Plötzlich sind die Fälle, die Tobias Anfang des Jahres bearbeitet hat, wieder aktuell. Es gibt Tote und alte Namen tauchen auf. Sehr geschickt verknüpft der Autor hier die freizügigen Ermittlungsmethoden des Ostens mit dem Sicherheitsdenken der Hauptkommissarin.
Immer wieder aber sind die aktuellen politischen Verhältnisse und ihre Folgen ein Thema. Das betrifft auch neue Formen der Kriminalität.

„...“Das geht schnell. Heroinabhängig ist man im Prinzip vom ersten Mal an“, sagte sie leise. „Die Szene ist sehr mobil. Hier öffnet sich gerade ein gigantischer Markt….“

Die Verhältnisse ändern sich rasant. Sybille prophezeit den Kollegen, dass Dresden spätestens in drei Wochen den ersten Puff und einen Straßenstrich haben wird. Es sind die Schatten der Freiheit.
Am Ende sind alle Fälle gelöst. Falck war meist derjenige, der den richtigen Riecher hatte.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Die Kriminalfälle sind spannend und realistisch, die damaligen Befindlichkeiten werden gekonnt auf den Punkt gebracht. Das könnte ich mit einer Menge an Zitaten belegen. Eines zum Abschluss möge genügen:

„...Die denken nur an die vielen Dinge, die sie kaufen wollen. Dass sie nichts geschenkt bekommen, das wollen sie nicht hören...“

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 07.02.2022

Ein etwas anderes Suchbilderbuch

Mein märchenhaftes Suchbilderbuch
0

„...Schau genau hin, um herauszufinden, was passieren wird – es gibt so viel zu entdecken...“

Diese Worte befinden sich auf der Rückseite des Buches. Im Buch selbst gibt es keinerlei Text. Dort sind die ...

„...Schau genau hin, um herauszufinden, was passieren wird – es gibt so viel zu entdecken...“

Diese Worte befinden sich auf der Rückseite des Buches. Im Buch selbst gibt es keinerlei Text. Dort sind die acht Märchen
- Der Wolf und die sieben Geißlein
- Rapunzel
- Hänsel und Gretel
- Aschenputtel
- Rotkäppchen
- Dornröschen
- Schneewittchen
- Der kleine Däumling
in Bildern dargestellt und miteinander verknüpft. Allerdings befinden sich auf den Bildern auch Gegenstände unserer Zeit wie ein Auto und ein Fahrrad.
Die Bilder sind lustig und nicht hundertprozentig an das Märchen angelehnt. Allerdings erschließt sich mir nicht, warum für ein Kinderbuch eine schwarze Hintergrundfarbe gewählt wurde.
Das Buch hat mir trotzdem sehr gut gefallen. Das liegt an den gekonnt zusammengefügten Bildern, die viel Raum für Suchaufgaben und Beschäftigung geben.sehr

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
Veröffentlicht am 07.02.2022

Texte voller Hoffnung

Du bist ein Gott, der mich sieht
0

„…Einige Menschen leben ein scheinbar glückliches, unbeschwertes Leben auf der Sonnenseite. Andere trifft es allzu hart, und das oft auch noch immer wieder. Es kann helfen, wenn ich mein Leid einem Menschen ...

„…Einige Menschen leben ein scheinbar glückliches, unbeschwertes Leben auf der Sonnenseite. Andere trifft es allzu hart, und das oft auch noch immer wieder. Es kann helfen, wenn ich mein Leid einem Menschen klagen kann...“

Das Zitat spricht eines der Themen an, die im Buch behandelt werden. In 36 Kapiteln geht es um Leid, Krankheit, Einsamkeit, Hoffnung, Durst nach Licht und Leben, Trost.
Die Gestaltung ergibt ein einheitliches Bild. Grundlage ist ein Bibeltext. Der wird mit einer blauen Überschrift auf den Punkt gebracht und mit einer Teilüberschrift untermauert. Ein Beispiel für beides ist:

„...Im Angesicht des Todes
Ich habe dein Gebet gehört und die deine Tränen gesehen...“

Als Bibeltext dazu wurde Hiskijas Erkrankung gewählt.
Anschließend wird, ähnlich wie beim Eingangszitat, der Text ins Heute und Hier übersetzt und die Situation angesprochen, in dem er Trost und Hilfe sein kann. Rechts auf der Doppelseite wird dann der Originaltext zitiert.
Die Ausführungen sind verständlich formuliert. Der Schriftstil ist ausgefeilt. Er kommt schnell auf den Kern der Aussage. Dazu gehört auch eine Interpretation des Bibeltextes mit Bezug auf die heutige Situation. Vor allem aber geht es in den Texten darum, Mut und Hoffnung zu machen und Impulse zu geben, um mit der schwierigen Situation fertig zu werden.
Vor jedem Kapitel gibt es ein passendes farbiges Foto, das ebenfalls die Überschrift enthält.
Im Anhang erhalte ich einen kurzen Überblick über die Verfasser der Texte. Es sind PfarrerInnen und SeelsorgerInnen.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es lohnt sich, es immer mal wieder in die Hand zu nehmen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 06.02.2022

Gut Falkenbach anno 1938

Die Wege der Söhne
0

„…Und das schätze ich an dir. Du hast deinen Standpunkt und bleibst dir selbst stets treu. Das kann man nicht von vielen Menschen sagen...“

Diese Worte von Martin zeigen, wie sehr sich Wilhelmine verändert ...

„…Und das schätze ich an dir. Du hast deinen Standpunkt und bleibst dir selbst stets treu. Das kann man nicht von vielen Menschen sagen...“

Diese Worte von Martin zeigen, wie sehr sich Wilhelmine verändert hat. Sie weiß, was sie will und hat sich einen kritischen Blick auf die Geschehnisse des Jahres 1938 erarbeitet.
Die Autorin hat eine spannende Fortsetzung ihrer Falkenbach – Saga geschrieben. Die Geschichte hat mich schnell in ihren Bann gezogen.
Der Schriftstil lässt sich angenehm lesen.
Ferdinand ist befördert wurden, hat aber den aktiven Dienst der Wehrmacht verlassen. Der Preis, den er dafür bezahlen muss, ist hoch. In der Porzellanfabrik seines Vaters soll zusätzlich eine Waffenproduktion installiert werden. Entgegen Ferdinands Erwartungen ist sein Vater Heinrich sofort davon angetan, dann die Fabrik steht kurz vor der Pleite.
Die Frauen der Familien jedoch sind dagegen.

„...“Was redest du denn da nur?“, fragte Käthe. „Die Menschen brauchen Teller, von denen sie essen, und Tassen, aus denen sie trinken. Und zwar dringender als irgendwelche Waffen, mit denen sie sich gegenseitig umbringen.“...“

Die verschiedenen Geheimnisse in der Familie bergen permanent Gefahren. Doch die Zeitverhältnisse sind wirklich schwierig. Wem kann man trauen? Jeder hat seine eigenen Vorstellungen und Ziele. Notfalls nimmt Carl – Friedrich von Falkenbach das Ruder in die Hand. Aber ehrlich ist er auch nicht. Er ist nur gut im Lavieren. Allerdings hat er die Schmerzen seiner Kriegsverletzung nicht im Griff. Sein Tablettenkonsum könnte zum Problem werden.
Und Leopold fährt wie immer seine Strategie gegen die Familie. Sein Vater ist nach wie vor vorsichtig. Er traut ihm nicht – und das mit Recht.
Es sind die Diskussionen, die für eine permanente innere Spannung sorgen. Besonders prekär wird es, als ein Hausmädchen zwangssterilisiert wird, weil deren Schwester behindert ist. Hier muss vor allem Ferdinand aufpassen, dass er nicht schon zu weit mit dem neuen Gedankengut infiltriert ist. Seine Mutter und seine Frau machen ihm das klar.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Allerdings ist der Cliffhanger heftig.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 05.02.2022

Als Uhrmacher nach London

Die Uhrmacher der Königin
0

„...Die Zeit hat keinen Anfang und kein Ende. Das Leben eines Menschen wiegt in der Ewigkeit nicht mehr als eine Nadel im Tannenwald...“

Diese Worte aus der Predigt des Pfarrers berühren den 5jährigen ...

„...Die Zeit hat keinen Anfang und kein Ende. Das Leben eines Menschen wiegt in der Ewigkeit nicht mehr als eine Nadel im Tannenwald...“

Diese Worte aus der Predigt des Pfarrers berühren den 5jährigen Johannes noch nicht. Er langweilt sich. Außerdem wird dieser Tag ein wichtigeres Ereignis beinhalten. Ab sofort ist er nicht mehr der Jüngste, denn sein kleiner Bruder Ernst kommt zur Welt.
Der Autor hat einen spannenden und inhaltsreichen historischen Roman geschrieben. Er beginnt im Jahre 1824 in einem kleinen Schwarzwaldort und wird mich an der Seite der Protagonisten nach London an den Hof von Königin Victoria führen.
Der Schriftstil passt sich den Gegebenheiten an. Anfangs nehme ich teil am Leben der bäuerlichen Familie im Schwarzwald. Zur Aufbesserung der Finanzen werden neben der Landwirtschaft Uhren gebaut. Sehr detailliert erfahre ich, wie das geschieht.
Ernst hat ein Händchen für Uhren. Er wagt sich auch an kompliziertere Laufwerke. Johannes dagegen erweist sich als cleverer Geschäftsmann.
Währenddessen stirbt in England der König. Plötzlich erfährt Victoria, dass sie die Thronerbin ist.
Nach einem Unfall auf dem Hof, hat Johannes dort keine Zukunft mehr. Dass er überhaupt wieder auf die Beine kommt, hat er Ernst zu verdanken. Der redet nicht viel, wenn aber doch, dann Klartext.

„...Die Zeit geht voran, aber du bist wie ein verhaktes Uhrwerk...“

Hier wird deutlich, dass Ernst meist Vergleiche aus der Welt der Uhren wählt. Johannes verlässt zusammen mit Ernst den Hof und begibt sich nach London. Viele Schwarzwälder sind diesen Weg schon gegangen und haben in der Ferne ihr Glück gesucht.
Die Gefahren der Reise werden gut wiedergegeben. Auch London ist kein einfaches Pflaster. Dort regiert mittlerweile Victoria. Die ist zu einer selbstbewussten Frau erwacht, die auch ihren Mann deutliche Worte sagt.

„...Hör auf, mich ständig zu bevormunden und mir vorzuschreiben, was ich zu tun habe! Das steht dir nicht zu. Ich bin deine Königin!...“

Vor allem bei der Kindererziehung gibt es Diskrepanzen. Andererseits weiß Victoria, was sie an ihrem Mann hat. Nicht jeder ihrer lieben Verwandten ist ihr wohlgesonnen. Ihr Onkel aus Hannover lässt sie wissen:

„...Sie weiß ja, Männer sterben auf dem Schlachtfeld, Frauen im Wochenbett...“

Das Buch vereint das Leben fiktiver Personen mit realen Protagonisten aus der damaligen Zeit. Auch die wichtigsten Ereignisse werden gekonnt in die Handlung einbezogen.
Jedes Kapitel trägt als Überschrift den Teil einer Uhr. Der wird dann mit den ersten Worten näher erklärt:

„...Auch die Schwingung einer Unruhspiralfeder benötigt exakt dieselbe Zeit. Sie kann kleinen Uhren den Takt geben...“

Das Buch zeichnet sich durch einen hohen inneren Spannungsbogen aus. Deer ist den komplexen Beziehungen der handelnden Personen geschuldet. Gleichzeitig sorgt manch Geschehnis für die entsprechende äußere Spannung.
Die Zeitverhältnisse werden vielfältig und sehr lebendig geschildert. Einiges dabei war für mich neu, so die Erbschaftsregelungen im Schwarzwald.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere