Liebesgeschichte mit Tiefgang
Die Insel der Wale„...Die Menge tobte, während die Trainerin dem Wal einen großen Fisch zur Belohnung zuwarf. Daraufhin legte er sich auf die Seite und winkte mit der Seitenflosse. Der Blick seines Auges zerriss mir fast ...
„...Die Menge tobte, während die Trainerin dem Wal einen großen Fisch zur Belohnung zuwarf. Daraufhin legte er sich auf die Seite und winkte mit der Seitenflosse. Der Blick seines Auges zerriss mir fast das Herz…“
Das Zitat stammt aus dem Prolog des Buches, in dem Maya kurz ihr Leben skizziert. Sie ist jetzt Tierärztin und arbeitet mit Meerestieren. Nichts wünscht sie sich mehr, als die sanften Riesen in Natur erleben zu dürfen.
Noch ahnt sie nicht, dass dieser Tag für sie nicht fern ist. Doch dann erscheint Margit, ihre Ziehmutter, bei ihr. Mayas Vater hat die Kontrolle verloren und zugeschlagen. Maya hilft Margit, die Trennung zu vollziehen. Das ist nicht einfach, denn ihr Vater ist ein erfolgreicher Anwalt. Bei der Suche nach der Heiratsurkunde stößt Margit auf einen Brief, der an Maya gerichtet ist. Es sind Zeilen von Mayas Mutter, die nach Irland verschwunen ist, als Maya gerade 5 Jahre wurde. Der Brief lässt nicht nur viele Fragen offen, er lässt auch die Erzählungen des Vater in einem neuen Licht erscheinen.
Die Autorin hat eine spannende und bewegende Familiengeschichte geschrieben. Das ist aber nur die eine Seite. Gleichzeitig bietet das Buch eine romantische Liebesgeschichte und ein Plädoyer für die Umwelt.
Der Schriftstil ist ausgefeilt und gefüllt mit passenden Metaphern, anschaulichen Beschreibungen und emotionalen Szenen.
„...Die Sonne stand hoch, warf ihre Strahlen auf die kleinen Vertiefungen im Sand, in denen noch Wasser zurückgeblieben war. Die Oberfläche glitzerte wie tausend Sterne...“
Maya fliegt nach Irland und macht sich auf die Suche nach ihrer Mutter. Am ersten Abend lernt sie im Pub den Musiker Brendan kennen. Zwischen beiden entwickelt sich schnell ein feine Anziehung.
Beide sehen sich wieder, als Maya am nächsten Tag eine Tour auf einem Segelboot über das Meer macht. Sie will Wale und Delfine beobachten. Dabei ergeben sich tiefgreifende Gespräche über die Gefahren für diese Meeresbewohnern.
„...Nur wenige Menschen wissen, dass die Wale genauso Schmerz, Verlust, Angst und Trauer empfinden wie wir. Warum also kann es sein, dass sie dennoch gejagt werden?...“
Ein Problem kommt immer wieder zur Sprache. Es ist die Gefahr, die von Geisternetzen ausgeht. Brendan und sein Freund arbeiten daran, solche Netze zu bergen. Das kann auch für Menschen lebensgefährlich sein.
Eingeflochten in die Geschichte sind eine Reihe irischer Sagen und Legenden.
„...Wir leben mit diesen Wesen hier auf der Insel und respektieren sie. Es wurde sogar einmal eine geplante Autobahn verlegt, weil durch den Bau ein Feenbaum hätte zerstört werden müssen….“
An vielen Stellen liest sich die Geschichte wie ein Reisetagebuch. Ich lerne die Orte, die Maya besucht, mit ihren Sehenswürdigkeiten kennen und erlebe das Flair von Dursey Island, einer Insel.
Als Maya auf die Spuren ihrer Familie stößt, kommen eine Reihe an unerwarteten Wendungen.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Die Autorin versteht es, wichtige aktuelle Themen mit einer fesselnden Handlung zu verknüpfen und hat zwischendurch manch neue Überraschung auf Lager.
Meine Rezension möchte ich mit einem Zitat beschließen:
„...Das Meer und seine Lebewesen sind ein völlig andere Welt, aber ohne sie wären wir nichts. […] Wenn wir mit der Verschmutzung, dem Überfischen und vielen anderen Dingen weiter machen wie bisher, wird sich die Natur irgendwann an uns rächen...“]