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Veröffentlicht am 14.09.2021

So kann man Religion auch vermitteln

#FragEinenMönch
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„...Ich habe Nikodemus Schnabel in Jerusalem kennengelernt. Er ist jene Sorte Mensch, für den es den flapsigen Ausdruck „cooler Typ“ gibt. Das bedeutet keineswegs Unernstes, nur weil er sich etwas lockerer ...

„...Ich habe Nikodemus Schnabel in Jerusalem kennengelernt. Er ist jene Sorte Mensch, für den es den flapsigen Ausdruck „cooler Typ“ gibt. Das bedeutet keineswegs Unernstes, nur weil er sich etwas lockerer gibt. Ganz im Gegenteil. Das erleichtert die Kommunikation...“

Diese Sätze stammen von Dr. Gregor Gysi und stehen im von ihm verfassten Vorwort des Buches. Dort befindet sich auch ein gemeinsames Bild.
Nach einer kurzen Einleitung des Paters, in der erläutert, wie es zu diesem Projekt kam, folgen 100 Fragen mit Antworten.
Pater Nikodemus Schnabel lebt in einem Benediktinerkloster in Jerusalem. Er hat Theologie studiert und sich insbesondere mit den Ostkirchen befasst. Seine Biografie befindet sich am Ende des Buches.
Auffallend ist der lockere und lebensnahe Stil des Autors. Er scheut vor keiner Frage zurück, sagt unverblümt seine Meinung und wagt sich auch an heikle Themen. Dabei regen einige der Antworten zum Nachdenken an. Auf die Frage nach dem Zweifel zum Beispiel äußert er folgendes:

„...Der Zweifel ist nicht mein Feind. Das wäre ja so, als wenn ich sagen würde: Jemand, der Fragen stellt, ist mein Gegner, mein Feind. Vielmehr bringt mich ein „Fragesteller“ auf neue Gedanken. Er lässt mich reflektieren...“

Es gibt Fragen, da hat mich seine glasklare Analyse heftig überrascht. Ich mag den trockenen Humor, mit den er manche Antworten verpackt. Auf die Frage, ob die Erde ein besserer Ort wäre, wenn alle so leben würden wie er, lauten die ersten Sätze.

„...Na ja, die Menschheit würde aussterben! Das wäre damit die letzte Generation. […] Aber ich bin mir gar nicht sicher, ob dieser Planet ohne Homo sapiens ein besserer wäre...“

Sehr schnell wird klar, dass der Autor nicht im luftleeren Raum lebt. Er setzt sich genauso mit den Verkrustungen in der Kirche wie mit Homosexualität oder Gendern auseinander. Alkohol, Gewichtsprobleme, Lebensfreude – nichts ist ihm fremd.
Besonders bewegt hat mich, dass er sich als Suchender bezeichnet. Mönch sein heißt also nicht, das Ziel erreicht zu haben, sondern in der Lebensform den Weg zu Gott immer neu zu suchen.
Zum Thema Atheismus gibt er folgende Antwort:

„...Also, zunächst mal sind ja Atheisten sozusagen ein Glücksfall des Gesprächs. Diese Menschen sind mir schon mal super nahe, weil sie Glauben und Religion, also die Frage nach Gott, so ernst nehmen, dass sie sich bewusst für eine Antwort entschieden haben...“

Die Antworten sind nie mehr als drei Seiten lang und in relativ großer Schrift abgedruckt. Beiden meisten Fragen kommt er kurz und präzise auf den Punkt.
Die Fragen stehen Weiß auf Schwarz. Die Antworten sind mit einem hellen Grau unterlegt.
Viele Fotos des Paters sind im Buch integriert.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Es ermöglicht mir einen Blick in eine Welt, die ich bisher nur aus historischen Romanen oder Fernsehserien kannte. Logischerweise habe ich dabei einige überalterte Vorstellungen abwerfen dürfen. Ein Zitat soll meine Rezension beschließen:

„...Als Kirche sollten wir uns das sehr gut anhören und abwägen. Aber wir sollten auch nicht über jedes Stöckchen springen, das uns hingehalten wird...“

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Veröffentlicht am 13.09.2021

Plötzlich ein Familienmitglied mehr

Weihnachten auf der Archer Ranch
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„...Seine Augen fingen an zu stechen, also verweilte er nicht länger. Mit einem Schniefen erhob er sich und wappnete sein Herz gegen die Trauer, die ihn übermannen wollte. Cassie brauchte einen starken ...

„...Seine Augen fingen an zu stechen, also verweilte er nicht länger. Mit einem Schniefen erhob er sich und wappnete sein Herz gegen die Trauer, die ihn übermannen wollte. Cassie brauchte einen starken Mann...“

Wie jedes Jahr treffen sich die Söhne der Familie Archer mit Frau und Kindern zu Weihnachten auf der Archerranch. Seit drei Jahren aber legt Jim zuvor ein kleines Geschenk auf den Grab seine verstorbenen Sohnes ab. Er hatte zu Weihnachten 1890 nicht einmal 24 Stunden gelebt.
Auf den Ranch angekommen wird Cassie sofort von ihren Nichten in Beschlag genommen. Die Kinder haben zusammen mit Cassie eine besondere Überraschung geplant.
Die Autorin hat eine berührende Weihnachtsgeschichte geschrieben. Die Erzählung habe flott am Stück durchgelesen.
Der Schriftstil ist ausgefeilt und passt sich insbesondere den emotionalen Gegebenheiten an. Trotz der wenigen Seiten werden die Personen gut charakterisiert. Hier möchte ich ein Beispiel zitieren:

„...Hazel vergötterte ihre Cousine und folgte ihr wie ein Schatten, wenn sie zusammen waren. Eigentlich seltsam, da Emily ein sehr ernstes Kind war. Sie liebte nichts mehr, als still zu sitzen und die Seiten eines Buches umzublättern...“

Cassie, Rhoda und Myra nehmen die Mädchen mit sich in die Schule, um dort die Überraschung vorzubereiten. Die anderen haben auf der Ranch Zeit, letzte Handgriffe für das Fest zu erledigen.
Dann aber findet Myra vor der Schule eine hochschwangere Frau. Plötzlich scheint der Tag aus dem Ruder zu laufen, denn diese wird vom Vater des Kindes verfolgt. Und der ist ein stadtbekannter Bandit.
Mir gefällt, wie der Zusammenhalt der Familie Archer beschrieben wird. Jeder bringt sich entsprechend seinen Fähigkeiten ein. Keiner wird ausgegrenzt. Und jeder weiß, dass er sich im Ernstfall auf die Hilfe der anderen verlassen kann.
Ab und an schwingt eine stille Weisheit und ein feiner Humor rmit:

„...Wirbelwinde wie die kleine Hazel fordern jeden bis an die Grenzen. Ein Kind wie sie zerrt an den Nerven der Mutter und der Lehrerin, aber sie wird als Erwachsener die Welt verändern...“

Auf feine Art wird der Glaube der Familie thematisiert. Besonders bewegend fand ich Jims stille Gedanken zu Gott:

„...Manchmal vergesse ich, dass auch du mit ansehen musste, wie dein Sohn gestorben ist. Du hast so stark getrauert, dass die Sonne sich verdunkelt und die Erde gebebt hat…“

Die Geschichte zeichnet sich zum einen durch viel Gefühl, zum anderen durch einen hohen Spannungsbogen aus. Und m Ende hat Familie Archer ein Mitglied mehr.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Es geht um Zusammenhalt und festes Gottvertrauen, auch in Widrigkeiten.

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Veröffentlicht am 12.09.2021

Berührende Geschichte

Naerima
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„...Die Männer sahen sich einem runden und mit dunkelbrauner Erde verschmierten Gesicht gegenüber, aus dem smaragdgrüne Augen hervorstachen. Die schulterlangen pechschwarzen Haare des Mädchens verdeckten ...

„...Die Männer sahen sich einem runden und mit dunkelbrauner Erde verschmierten Gesicht gegenüber, aus dem smaragdgrüne Augen hervorstachen. Die schulterlangen pechschwarzen Haare des Mädchens verdeckten einen Teil seiner Stirn. Um den Hals trug das Kind ein schmales Lederband...“

Die beiden Jäger Alrok und Jerbus finden im Wald ein 6jähriges Mädchen. Sie weiß nur ihren Namen: Naerima. Gegen viele Widerstände, deren Ursache eine drohende Hungersnot ist, entscheidet der Schmied Wignot, dass das Kind in Dorf bleiben darf. Er gibt es den kinderlosen Ehepaar Almos und Koranda.
Der Autor hat eine phantastische und fast märchenhafte Geschichte geschrieben.
Der Schriftstil lässt sich gut lesen. Er beschreibt die Welt, in der sich Naerima jeweils bewegt, ausreichend und nutzt bildhafte Darstellungen. Gekonnt werden die Verhältnisse im Dorf geschildert. Auch in einer eher fantastischen Geschichte gibt es Neid, Ehrgeiz, Freundschaft und nicht zuletzt Gewalt in der Ehe. So reagiert eine Klatschbase, wie wir heute sagen würden, auf die Ankunft des Mädchens:

„...Die Kleine ist noch keinen Tag hier und hält schon das ganze Dorf in Atem. Mit der werden wir alle unsere helle Freude haben...“

Sie ahnt nicht, wie recht sie hat – allerdings nicht in den von ihr gedachten Sinn, sondern aus positiver Sicht. Naerima verhält sich meist unauffällig, nutzt aber alle Möglichkeiten, die ihr zum Lernen geboten werden. Gleichzeitig zeigt sie viel Empathie für diejenigen, die von der Mehrheit ausgeschlossen werden.
Als sie Hilfe für einen Verletzten sucht, trifft sie auf den alten Seher. Der wird ihren Leben eine entscheidende Wende geben. Er ist ihre Verbindung zu einer Vergangenheit, von der sie nichts weiß. Nur eine kurze und heftige Szene kommt immer wieder in ihren Träumen vor. Sie wird kursiv wiedergegeben.
Naerima verlässt das Dorf und begibt sich auf eine gefahrvolle Reise. Jetzt nimmt der Spannungsbogen erheblich zu. Sie findet Menschen, die ihr weiterhelfen. Dabei lerne ich ganz neue Lebensweisen kennen. Manch ein Satz hat fast philosophische Tiefe.

„...“An den Augen, Naerima“, sagte er schließlich, „an den Augen eines Menschen erkennst du seinen Charakter, sein wahres Wesen. Die Augen sind der Spiegel der Seele“...“

Gerade das Gespräch zwischen Naerima und Dolfo gehört zu den inhaltlichen Höhepunkten. Hier werden viele Dinge angesprochen, die wichtig im Leben sind.
Eingestiegen in das Buch bin ich mit einer Menge von Fragen. Die Geschichte wird so geschickt zu Ende geführt, dass davon keine mehr übrig ist.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Es bekommt eine unbedingte Leseempfehlung.

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Veröffentlicht am 11.09.2021

Das Leben des Mühlhiasl

Kein Mensch will's glauben
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„...Die Hochwasser haben die Ernten der Bauern zerstört, wodurch sie mir kein Getreide liefern konnten. Und ohne das Korn kann ich kein Mehl mahlen. Wie soll ich den Betrag einnehmen, den ich zu zahlen ...

„...Die Hochwasser haben die Ernten der Bauern zerstört, wodurch sie mir kein Getreide liefern konnten. Und ohne das Korn kann ich kein Mehl mahlen. Wie soll ich den Betrag einnehmen, den ich zu zahlen habe, wenn mir jegliche Gelegenheit dafür zerstört wird?...“

Mit diesen Worten versucht der Müller Matthias Lang den Abt Ignaz zu überzeugen, dass er ihm die Pacht der Mühle nicht kündigt. Doch der Abt bleibt hart.
Wir befinden uns zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Das Leben ist schwierig. Matthias Lang reagiert eigenartig auf die Antwort des Abtes.

„...Ich muss gehen – aber bald werden Ihr selbst aus eurem Kloster rennen müssen! […] Kein Mensch will´s glauben!...“

Die Autorin hat einen abwechslungsreichen historischen Roman geschrieben. Sie erzählt darin das mögliche Leben des Matthias Lang, der im Volksmund „Mühlhiasl“ genannt wurde. Er galt als Waldprophet. Das Buch zeugt von exakter und umfangreicher Recherche der Autorin. Gleich am Anfang weist sie darauf hin, was der Realität entspricht und wo sie sich für eine eigene Interpretation entschieden hat. Auch das Warum verdeutlicht sie.
Der Schriftstil lässt sich gut lesen. Eingebettet in das Geschehen werden die historischen Ereignisse der damaligen Zeit, aber auch viele der schriftlich aufgezeichneten Voraussagen des Mannes.
Gut beschrieben wird, wie ein Kloster der damaligen Zeit funktionierte.

„...Ein Sakristan pflegte die liturgischen Geräte, kümmerte sich um den Kirchenschmuck und den Einkauf der Altarkerzen. [..] Für die Alten und Kranken war der Infirmarius zuständig...“

Ausführlich wird beschrieben, wie die Säkularisierung des Klosters vor sich ging. Hart war es vor allem für die Beschäftigten des Klosters, die nicht zum Orden gehörten. Sie standen plötzlich
vor dem Nichts und wurden von staatlicher Seite mit einem Almosen abgespeist.
Matthias Lang arbeitet ein Jahr als Wanderarbeiter, so würden wir heute sagen, in verschiedenen Mühlen. Danach erfährt er, dass Pater Ignaz einen neuen Hirten braucht. Erstaunlicherweise erhält er die Stelle. Im Buch wird deutlich, dass ihm diese Arbeit mehr liegt. Bei den Bewohnern allerdings stößt er mit seinen Prophezeiungen auf wenig Gegenliebe. Manche sind ihnen unverständlich und machen ihnen Angst. Bei anderen aber siegt die Neugier.
Im Winter arbeitet er in einer Glashütte. Dabei erfahre ich, aus welchen Bestandteilen Glas wird.

„...Du nimmst fünfundsiebzig Teile Quarzsand, zehn Teile Kalk, dann kommen noch 10 Teile Pottasche dazu, und nur fünf Teile Soda als Flussmittel….“

Natürlich spielt auch das Kriegsgeschehen eine Rolle. Manch eine Schlacht nimmt ganzen Ortschaften Hab und Gut. Vor allem aus Böhmen fällt das Militär wiederholt in Bayern ein.
Ich darf das Leben des Mühlhiasl bis zu seinem Tod verfolgen. In seinen letzten Jahren wird er fast zum Einsiedler. Das liegt nicht zuletzt an seinen Visionen. Die Menschen wolle nichts von neuen Kriegen hören. Sie sehnen sich nach Frieden.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen.

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Veröffentlicht am 11.09.2021

Schönes Kinderbuch

Spielst du mit, kleines Schaf?
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„...Auf der großen Wiese hinter der Stadt treffen sich die Tiere zum Spielen. Alle sind da: der starke Bär, der müde Elefant, die Katze, der Hund und die Tanzmaus, das Schlauschwein, der freche Rabe – ...

„...Auf der großen Wiese hinter der Stadt treffen sich die Tiere zum Spielen. Alle sind da: der starke Bär, der müde Elefant, die Katze, der Hund und die Tanzmaus, das Schlauschwein, der freche Rabe – und das kleine Schaf...“

Mit diesen Sätzen beginnt ein Kinderbuch, das eine wichtige Botschaft vermittelt. Jeder ist anders, jeder hat andere Begabungen und das Recht, über sich selbst zu bestimmen.
Kurze Sätze und ein kindgerechte Sprache zeichnen das Buch aus.
Als die Tiere miteinander spielen wollen, stellen sie fest, dass jeder was anders möchte. Da kommt die Katze auf die Idee, dass man doch Zirkus spielen könne. Da kann jeder das machen, wozu er Lust hat. Es ist spürbar, dass alle viel Spaß am Geschehen haben.
Alle üben fleißig Kunststücke, nur das Schaf schaut interessiert von der Bank aus zu. Als es aufgefordert wird, sich selbst zu beteiligen, sagt e, dass es das nicht möchte. Lieber verlässt es den Kreis der Tiere. Was nun?
Sehr schöne farbige Illustrationen veranschaulichen die Geschichte. Die Texte sind dabei gekonnt meist auf den unteren Teil der Seite in die Zeichnung integriert.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen.

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