So kann man Religion auch vermitteln
#FragEinenMönch„...Ich habe Nikodemus Schnabel in Jerusalem kennengelernt. Er ist jene Sorte Mensch, für den es den flapsigen Ausdruck „cooler Typ“ gibt. Das bedeutet keineswegs Unernstes, nur weil er sich etwas lockerer ...
„...Ich habe Nikodemus Schnabel in Jerusalem kennengelernt. Er ist jene Sorte Mensch, für den es den flapsigen Ausdruck „cooler Typ“ gibt. Das bedeutet keineswegs Unernstes, nur weil er sich etwas lockerer gibt. Ganz im Gegenteil. Das erleichtert die Kommunikation...“
Diese Sätze stammen von Dr. Gregor Gysi und stehen im von ihm verfassten Vorwort des Buches. Dort befindet sich auch ein gemeinsames Bild.
Nach einer kurzen Einleitung des Paters, in der erläutert, wie es zu diesem Projekt kam, folgen 100 Fragen mit Antworten.
Pater Nikodemus Schnabel lebt in einem Benediktinerkloster in Jerusalem. Er hat Theologie studiert und sich insbesondere mit den Ostkirchen befasst. Seine Biografie befindet sich am Ende des Buches.
Auffallend ist der lockere und lebensnahe Stil des Autors. Er scheut vor keiner Frage zurück, sagt unverblümt seine Meinung und wagt sich auch an heikle Themen. Dabei regen einige der Antworten zum Nachdenken an. Auf die Frage nach dem Zweifel zum Beispiel äußert er folgendes:
„...Der Zweifel ist nicht mein Feind. Das wäre ja so, als wenn ich sagen würde: Jemand, der Fragen stellt, ist mein Gegner, mein Feind. Vielmehr bringt mich ein „Fragesteller“ auf neue Gedanken. Er lässt mich reflektieren...“
Es gibt Fragen, da hat mich seine glasklare Analyse heftig überrascht. Ich mag den trockenen Humor, mit den er manche Antworten verpackt. Auf die Frage, ob die Erde ein besserer Ort wäre, wenn alle so leben würden wie er, lauten die ersten Sätze.
„...Na ja, die Menschheit würde aussterben! Das wäre damit die letzte Generation. […] Aber ich bin mir gar nicht sicher, ob dieser Planet ohne Homo sapiens ein besserer wäre...“
Sehr schnell wird klar, dass der Autor nicht im luftleeren Raum lebt. Er setzt sich genauso mit den Verkrustungen in der Kirche wie mit Homosexualität oder Gendern auseinander. Alkohol, Gewichtsprobleme, Lebensfreude – nichts ist ihm fremd.
Besonders bewegt hat mich, dass er sich als Suchender bezeichnet. Mönch sein heißt also nicht, das Ziel erreicht zu haben, sondern in der Lebensform den Weg zu Gott immer neu zu suchen.
Zum Thema Atheismus gibt er folgende Antwort:
„...Also, zunächst mal sind ja Atheisten sozusagen ein Glücksfall des Gesprächs. Diese Menschen sind mir schon mal super nahe, weil sie Glauben und Religion, also die Frage nach Gott, so ernst nehmen, dass sie sich bewusst für eine Antwort entschieden haben...“
Die Antworten sind nie mehr als drei Seiten lang und in relativ großer Schrift abgedruckt. Beiden meisten Fragen kommt er kurz und präzise auf den Punkt.
Die Fragen stehen Weiß auf Schwarz. Die Antworten sind mit einem hellen Grau unterlegt.
Viele Fotos des Paters sind im Buch integriert.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Es ermöglicht mir einen Blick in eine Welt, die ich bisher nur aus historischen Romanen oder Fernsehserien kannte. Logischerweise habe ich dabei einige überalterte Vorstellungen abwerfen dürfen. Ein Zitat soll meine Rezension beschließen:
„...Als Kirche sollten wir uns das sehr gut anhören und abwägen. Aber wir sollten auch nicht über jedes Stöckchen springen, das uns hingehalten wird...“