Ein bewegtes Leben
Der Kneipenpastor„...Der Schreiner aus dem Osten kommt zwar aus einer frommen Familie, doch auf der Kanzel steht er erst seit Kurzem. Und in der Kneipe ist er erst wieder aktiv geworden, als er aus dem Knast entlassen ...
„...Der Schreiner aus dem Osten kommt zwar aus einer frommen Familie, doch auf der Kanzel steht er erst seit Kurzem. Und in der Kneipe ist er erst wieder aktiv geworden, als er aus dem Knast entlassen wurde. Das ist seine Geschichte...“
Mit diesen Sätzen endet der Prolog des Buches. Der Autor erzählt seine Lebensgeschichte. Packend, ehrlich, nichts beschönigend.
Der Schriftstil lässt sich gut lesen. Er ist bei aller ernstes Thematik durchzogen von einem feinen Humor.
Aufgewachsen in Sachsen liebt Titus schon in seiner Kindheit den Aufenthalt in der freien Natur. Sein Großvater war Pfarrer, der Vater arbeitete an einer freien Tankstelle. Das hatte in Zeiten von Mangelwirtschaft manche Vorteile. Als sie ein geerbtes Haus ausbauen mussten, liest sich das so:
„...Er kannte jeden und jeder kannte ihn – so bekamen wir durch Vitamin B vieles an Baumaterial, was wir sonst nie erhalten hätten….“
Die besseren Wohnverhältnisse hatten ihre Schattenseiten. Titus musste die Schule wechseln und nun begann das, was man heute als Mobbing bezeichnen würde. Nach der Schule lernt er das Handwerk eines Schreiners.
Sehr amüsant wird die Bulgarienreise beschrieben.
„...So einsam wie gedacht war unser Campingplatz gar nicht. Wir hatten unsere Zelte oberhalb ihrer Kaserne aufgestellt. Richtig! Alle Bierflaschen des vergangenen Abends waren in den Kasernenhof geflogen...“
Aus dem Abenteuer sind sie ziemlich glimpflich herausgekommen.
Dann kam die Wende. Das Angebot im Westen löste einen Schock aus. Titus zieht in die alten Bundesländer, findet Arbeit und will seinen Meister machen. Schnell lernt er die Schattenseiten des Bürokratismus kennen. Und er macht seinen Mund auf, wenn ihm etwas nicht passt.
Er wird zum Unternehmer – und damit beginnt sein Abstieg. Die Firma wächst, aber von Betriebswirtschaft hat er wenig Ahnung. Das ruft die Steuerfahndung auf den Plan. Natürlich hat er eine Menge falsch gemacht.
„...Persönlich empfinde ich den Umgang der Behörden mit meinen Mitarbeitern als unnötig grob. Alle, die allein zu den Vernehmungen fuhren, sind gebrochene Menschen. Manche erzählten mir, dass ihnen gedroht wurde...“
Wohlgemerkt, wir befinden uns etwa im Jahre 2000. Die Schilderung der Zustände in der Untersuchungshaft hätte ich bisher für unmöglich gehalten.
Im Gefängnis bekommt Titus eine Bibel in der Hand. Nach seiner Kindheit hatte ihn Religion nicht mehr interessiert. Jetzt liest er. Und als er ganz unten ist, geht er ins Gebet und findet zum Glauben.
Damit beginnt eine innerliche Veränderung, die auch andere spüren. Sein Leben bekommt wieder Sinn. Er kann besser mit den Schwierigkeiten umgehen.
Nach seiner Entlassung öffnet er zwar seine Kneipe wieder, bemüht sich aber nebenbei um Weiterbildungen auf theoretischen Gebiet. Nicht alles geht glatt. Manche können mit einem Wirt auf der Kanzel nicht umgehen, andere stört seine Vergangenheit.
Da er den letzten Jahren gespürt hat, dass er sich gut in andere Menschen einfühlen kann und die Vertrauen zu ihm aufbauen, nimmt er an einem Seelsorgekurs teil. Erneut aber steht die Steuerfahndung vor der Tür. Es ist die gleiche Beamtin wie vor Jahren…
Einige private Fotos veranschaulichen das Gesagte.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es zeigt, dass manch krummer Lebensweg im Auge Gottes seinen besonderen Sinn hat.