Wenn die Macht zum Selbstzweck wird...
Italicus„...Aber, setzte er die Gedanken fort, ein kurzer Marschbefehl, der ohne weitere Erklärung blieb, war in der Lage, die mühsam erkämpfte Selbstverständlichkeit, als Römer unter Römern der Heimat zu dienen, ...
„...Aber, setzte er die Gedanken fort, ein kurzer Marschbefehl, der ohne weitere Erklärung blieb, war in der Lage, die mühsam erkämpfte Selbstverständlichkeit, als Römer unter Römern der Heimat zu dienen, zu erschüttern...“
Diese Gedanken gehen Italicus durch den Kopf, als er per Schiff Richtung Germanien fährt. Er ist der Neffe des Arminius, der einst die Römer besiegt hat. Nach dessen Tod aber nehmen die Streitigkeiten im Lande der Cherusker zu. Deshalb hatten sie eine Delegation nach Rom geschickt und dort um einen König gebeten. Der Befehl ging an Italicus. Der ist alles andere als begeistert. Im Gegensatz zu Vater und Onkel ist er Römer von Geburt und er fühlt sich auch als ein solcher.
Der Autor hat einen gut recherchierten und spannenden historischen Roman geschrieben. Kurze Kapitel und eine abwechslungsreiche Handlung sorgen für einen guten Lesefluss.
Der Schriftstil ist abwechslungsreich. Er passt sich den Gegebenheiten an. Schon in Rom wird deutlich, dass die Meinung der cheruskischen Delegation nicht einheitlich ist.
„...Sarolf, es ist das Hoffnungsvolle an der Jugend, dass sie die Grenzen des Möglichen nicht akzeptiert, die uns Alten die Erfahrung lehrte...“
Die Berufung durch Rom ist das eine. Die letztendliche Entscheidung, ob Italicus König wird, aber fällen die Fürsten auf dem Thing. Dort hat er es nur den Seherinnen zu verdanken, dass die Situation nicht eskaliert und er sich König nennen darf. Die Zukunft wird zeigen, dass Italicus die Zusammenhänge nicht begriffen hat. Er reagiert gegenüber Lucius arrogant.
„...Wir müssen uns diese Barbaren erziehen, wir sollten nicht so sehr auf ihre Gebräuche Rücksicht nehmen….“
Die Gegner ziehen sich auf das Gebiet der Chatten zurück. Schon bald zeigt sich, dass Italicus die Macht zu Kopf steigt. Er lässt seine Gegner kreuzigen, wenn er ihnen habhaft werden kann, und macht sich damit keine Freunde. Außerdem glaubt er, ohne die Unterstützung Roms auszukommen. Wenn Lucius, der Präfekt der Legionäre, nicht so vorausschauend gehandelt hätte, wäre Italicus` Königtum schnell vorbei gewesen.
Das fragile Machtgefüge im Lande der Cherusker hat Italicus nie begriffen. Ein König hat das Volk zusammenzuhalten. Die Entscheidungen aber werden nach wie vor auf dem Thing gefällt. Das versucht Italicus auszuhebeln. Gleichzeitig beseitigt er alle, die ihm im Weg stehen. Er passt sich äußerlich den germanischen Sitten an und will sich von Rom lösen. Das kann nur schief gehen.
„...Die Männer, die zum Beraterstab des Königs gehörten, trafen sich seit einiger Zeit mindestens zweimal im Jahr an wechselnden Orten ohne Italicus, um ihre Ansichten über die politische Entwicklung auszutauschen...“
Im Laufe der Handlung lerne ich nicht nur verschiedene germanische Stämme und ihre Stellung zu Rom kennen. Ich erfahre auch eine Menge über das Leben an den Fürstenhöfen und die germanische Götterwelt. Auch Essgewohnheiten, Bekleidung und Bewaffnung der Zeit werden ausreichend dargestellt. Gleichzeitig wird deutlich, dass römische Legionäre häufig germanische Frauen heiraten und im Lande sesshaft werden. Das geht so lange gut, wie von Rom der Sold kommt.
Ich darf Italicus` Leben bis zu seinem Tod verfolgen. Dabei zeigt sich mir ein Charakter, der an Machtgier und Selbstüberschätzung zerbricht. Damit hat er auch dem Volk der Cherusker ein schweres Erbe hinterlassen.
Ein informatives Nachwort schließt das Buch ab.
Die Geschichte hat mir sehr gut gefallen.