Was Beharrlichkeit vermag
Der Stoff, aus dem die Schlösser sind„...Wilhelm von Boddien, das ist eine erstaunliche Mischung aus störrischer Nervensäge und selbstbewusster Heiterkeit, aus schier unerschöpflicher Beharrlichkeit und einer nimmer müden Beredsamkeit, die ...
„...Wilhelm von Boddien, das ist eine erstaunliche Mischung aus störrischer Nervensäge und selbstbewusster Heiterkeit, aus schier unerschöpflicher Beharrlichkeit und einer nimmer müden Beredsamkeit, die alles andere ist als norddeutsch...“
Dieser Satz stammt aus dem Vorwort zum Buch von Dr. h. c. Wolfgang Thierse. Damit kennzeichnet er den Mann, dem es Berlin zu verdanken hat, dass das Stadtschloss als Teil des Humboldtforum wieder aufgebaut wurde.
In diesem Sachbuch lässt mich die Autorin teilnehmen am Kampf von Wilhelm von Boddien um das Schloss. Er hat sich damit einen Lebenstraum erfüllt, der für viele Jahre als unmöglich galt. Die Autorin schildert die Widerstände und die einzelnen Etappen, die letztendlich zur Entscheidung führten. Dabei wird die Hartnäckigkeit und Zielstrebigkeit des Wilhelm von Boddien deutlich. Er sucht sich Verbündete und plant sein Vorgehen akribisch.
„...Die Kunst, Kompromisse zu schließen, beherrscht er meisterhaft...“
Auch ein Rückblick auf die Schlossgeschichte fehlt nicht. Viele Namen sind mit dem Bau verbunden. Der Bekannteste dürfte der Baumeister Andreas Schlüter sein. Die Sprengung des Schlosses 1950 führte selbst bei russischen Kulturoffizieren zu Unverständnis. Allerdings sorgte man zuvor dafür, dass das Schloss und seine Einzelteile fotografiert und manche Elemente abgebaut und eingelagert wurden. Das sollte sich bei der Rekonstruktion als ein Segen erweisen.
Einige der Persönlichkeiten, die sich mit der Schlossgeschichte befasst hatten, äußern sich im Buch und erzählen von ihrer Begegnung mit von Boddien. Professor Dr. Goerd Peschken erinnert sich:
„...Es stimmt, Boddien hat eine kaufmännische Härte, die man hier nicht kennt. Wenn man in Hamburg wohlhabend wurde, verfügt man über diese Härte. Anders als in unserer molligen Gehorsamsgesellschaft...“
Detailgenau darf ich den Fortschritt beim Bau verfolgen. Neben allen anderen Punkten werden auch zwei tragende Säulen beleuchtet, die von Boddien Kraft in seinem Tun gaben. Das ist zum einen sein Glaube, zum anderen der Rückhalt und die Unterstützung seiner Familie.
Die letzten Kapitel fassen die baulichen und technischen Parameter des Schlosses zusammen.
Der Schriftstil lässt sich angenehm lesen. Die Geschichte trägt eine latente Spannung in sich, weil jeder Schritt ein Kampf gegen Vorurteile und Widerstände ist.
Die persönlichen Äußerungen der Protagonisten werden kursiv wiedergegeben. Vielfältige Zeitungsausschnitte belegen das Geschehen.
Besonders beeindruckend sind die Fotos, die das alte Schloss dem neuen gegenüberstellen. Nicht zuletzt zeigen die Fotos auch, wie sich das Schloss als Gesamtkunstwerk in die historischen Mitte Berlins einfügt.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es zeigt, was mit Beharrlichkeit, Zielstrebigkeit und den richtigen Begleitern möglich ist.