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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 28.12.2018

Spannender Roman über die Verantwortung der Wissenschaftler

Gefahr von der anderen Seite
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„...Sie riskieren Ihre Gesundheit und vielleicht sogar Ihr Leben. Es gibt möglicherweise Leute, die von den Ergebnissen Wind bekommen haben und dafür töten werden, um diese Daten zu erlangen oder unter ...

„...Sie riskieren Ihre Gesundheit und vielleicht sogar Ihr Leben. Es gibt möglicherweise Leute, die von den Ergebnissen Wind bekommen haben und dafür töten werden, um diese Daten zu erlangen oder unter Verschluss zu halten. Ganz abgesehen von der Frage, ob die Menschheit für solch eine Art Wahrheit bereit ist...“

Wir schreiben das Jahr 2016. Dr. Jürg Sellmann beobachtet ein Protonen-Kollisions-Experiment am CERN in Genf. Als die Werte entgleisen, versucht er eine Notabschaltung. Doch den Lichtblitz und damit seinen Tod kann er nicht mehr verhindern. Die Öffentlichkeit wird nur mit einer kurzen Nachricht informiert.
Untersuchungsrichter Merlin hat den Todesfall eines wissenschaftlichen Mitarbeiters an der Universität Paris auf seinen Schreibtisch liegen. Alles spricht für Selbstmord. Verwunderlich ist nur, dass Professor Stein,der Vorgesetzte des Toten, unauffindbar ist.
Der Journalist Mike Peters war von einem anonymen Tippgeber auf das Verschwinden des Professors aufmerksam gemacht worden. Es gelingt ihm zusammen mit seinen Freund Sebastian, den möglichen Aufenthaltsort des Professor zu ermitteln. Deshalb macht er sich auf den Weg nach Chile.
Maurice Belloumi hat den Aufstieg zur Polizei trotz asozialen Elternhaus geschafft. Jetzt bekommt er eine weitere Chance. Er wird zur Kriminalpolizei abgestellt und soll sich dort bewähren.
Der Autor hat einen spannenden Thriller geschrieben, der gleichzeitig Elemente aus der Welt der SF enthält.
In den ersten Kapiteln werden die wichtigsten Personen vorgestellt. Das habe ich zu Beginn meiner Rezension ebenfalls getan. Allerdings ist die Liste nicht vollständig. Das würde auch den Rahmen sprengen.
Den Hintergrund der Handlung bilden zwei durchaus aktuelle wissenschaftliche Theorien. Zum einen geht es darum, wie man Menschen über die Kenntnis ihrer Daten manipulieren kann, zum anderen wird ein besonderer Aspekt der modernen Physik thematisiert.
Der Schriftstil ist abwechslungsreich. Das Eingangszitat stammt von Professor Stein. Die Gespräche zwischen ihm und Mike gehören für mich zu den spannendsten Szenen der Geschichte. Professor Stein hat bei der Entschlüsselung geheimer Daten einen Blick in die Welt außerhalb unseres Universum werfen dürfen und Dinge gesehen, die nicht für dreidimensional denkende Wesen bestimmt sind. Obwohl er mit sehr anschaulichen Beispielen arbeitet, sollte der Leser zumindest Grundkenntnisse über moderne Physik und Kosmologie mitbringen. Von meiner Seite aus hätte das Thema gern vertieft werden dürfen.
Als besonderes Stilmittel gibt es Rückblenden in die Vergangenheit. Hier geht es insbesondere um den Chemiker Fritz Haber und die Gedankenwelt seiner Frau Clara. Der Kernpunkt liest sich so:

„...So einfach dürfen wir Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen es uns nicht machen. Es ist unsere tiefe und heilige Pflicht, Einfluss auf das zu nehmen, was andere mit unserer Entdeckung bewirken...“

Maurice wird zum Schutz von Mike abgestellt. Nach dem Tode von Sebastian geht die Staatsanwaltschaft davon aus, dass auch er in Gefahr ist. Allerdings gibt es dabei ein Problem. Beide wissen um ihre Zuneigung zueinander und kennen die Möglichkeiten der Entgleisung der Beziehung. Auch beruflich verstößt Maurice gern einmal gegen Regeln. Das wird nicht von allen toleriert. Spannende Verfolgungsszenen und unerwartete Angriffe zeichnen diese Abschnitte aus. Dabei ist es schwierig, auseinander zu halten, wer Freund und wer Feind ist. Eine Geheimorganisation hat ebenfalls in allen Bereichen ihre Finger drin. Sie spielt Feuerwehr.
Auch ein feiner Humor schimmert durch, wie das folgende Zitat zeigt.

„...Unterricht ist der Vorgang, bei dem die Notizen des Lehrers zu den Notizen des Schülers werden, ohne dass sie den Geist der beiden passieren müssen...“

Ab und an erleben die Protagonisten mögliche Entwicklungen vorab im Traum. Es kommt dann darauf an, die Situation im realen Leben richtig einzuschätzen, um eine Katastrophe zu verhindern.
Machtgier, Ehrgeiz, Selbstüberschätzung sind die Charakterzüge, die die Lage verschärfen. Häufig werden sachliche Argumente ignoriert.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Die Frage, wie weit Wissenschaft gehen darf, ist aktueller denn je. Solange Geld und Ruhm die Triebfedern sind, bleibt die Gefahr einer Entgleisung real.

Veröffentlicht am 27.12.2018

Harte Zeiten

Das Barackenmädchen
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„...Wer eine Opferrolle spielt, hat schon so gut wie verloren, weil er sich damit seine Würde nehmen lässt...“

Helene feiert ihren 90. Geburtstag. An diesem Tag schließt sie, ihrer Enkelin von einer schwierigen ...

„...Wer eine Opferrolle spielt, hat schon so gut wie verloren, weil er sich damit seine Würde nehmen lässt...“

Helene feiert ihren 90. Geburtstag. An diesem Tag schließt sie, ihrer Enkelin von einer schwierigen Zeit ihres Lebens zu erzählen.
Dann wechselt die Geschichte in den April des Jahres 1945. Auch in Brünn, einer Stadt im Protektorat Böhmen und Mähren, bestimmt der Krieg das Leben. Die 16jährige Helen kann sich nur kurz von ihrem tschechischen Freund Jan verabschieden, bevor sie mit der Mutter und ihrem kleinen Bruder Karl vor der anrückenden Roten Armee nach Tabor flieht. Über den Aufenthalt des Vaters ist die Familie im Ungewissen.
Nach dem 8. Mai allerdings werden sie aufgefordert, nach Brünn zurückzukehren. Sie ahnen nicht, was sie dort erwartet.
Der Autor hat einen fesselnden Roman geschrieben, der in weiten Teilen auf historischen Tatsachen beruht.
Die Geschichte hat mich schnell in ihren Bann gezogen. Der Schriftstil lässt sich flott lesen. Dadurch, dass Helene das Geschehen aus ihrer Sicht erzählt, bekommt es eine zusätzliche Authentizität.
Nach ihrer Ankunft in Brünn erleben Helene und ihre Familie die Rache der Sieger. Jetzt ist es den Deutschen verboten, die Straßenbahn zu benutzen oder Deutsch zu sprechen. Dafür ist das Tragen einer Armbinde Pflicht. Die ehemalige Wohnung ist von Tschechen besetzt. Helene und ihre Mutter werden zum Arbeitsdienst verpflichtet. Jan erklärt das so:

„...Leider gibt es derzeit eine Mehrheit, die die Deutschen am liebsten aus dem Land jagen würde. Du darfst aber auch nicht vergessen, was die Gestapo und die SS mit meinen Landsleuten angestellt hat...“

Sehr gut werden Helenes Gefühle herausgearbeitet. Sie kann es nicht verstehen, dass Frauen und Kinder nun dafür büßen wissen, was Männer angerichtet haben. Schon auf den Weg zurück nach Brünn geht ihr folgender Gedanke durch den Kopf:

„...Wieder eine Lüge! Das schmerzte. Aber hatten wir uns nicht an Lügen gewöhnt? Waren die Kinder der Kriegsjahre nicht mit Lügen groß geworden?...“

Doch es sollte schlimmer kommen. Alle deutschen Einwohner werden aufgefordert, sich im Altbrünner Klostergarten einzufinden. Es beginnt ein Marsch ins Nirgendwo. Helene wächst über sich hinaus. Sie gewinnt an Reife, setzt sich für Kranke und Gebrechliche ein und geht dabei an die Grenzen ihre Möglichkeiten.
Der Autor versteht es, unterschiedliche Facetten der Zeit gekonnt im Geschehen zu integrieren. Während ich bei Jans Freund immer das Gefühl habe, dass er auf einen sehr persönlichen Rachefeldzug ist und Freude empfindet, andere in Angst und Schrecken zu versetzten, lerne ich gleichzeitig Menschen kennen, die sich Mitgefühl bewahrt haben. Manch einer erinnert sich, dass Helenes Mutter als Krankenschwester viel Gutes getan hat. Ich denke insbesondere an die Bäckerin Frau Dvorak, den jungen Tschechen Pavel oder Dr. Pokorna.
Auch die Soldaten der Roten Armee werden differenziert betrachtet. Es geht nicht nur darum, dass sie sich Frauen holten, wenn ihnen danach war. Helene erlebt, wie sie eine alte und gebrechliche Frau zu einem Bauern brachten, damit der ihnen hilft.
Zu den positiven Aspekten der Geschichte gehört die Begegnung mit der rumänischen Einheit. Die Worte des Verantwortlichen setzen sich wohltuend von den bisher Erlebten ab:

„...Schließlich sei der Kampf zu Ende und schließlich führe man keinen Krieg gegen Frauen, Kinder und alte Leute...“

Das Handeln dieser Soldaten rettet manch einem das Leben.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Hier wird ein Stück Geschichte in ihrer Vielfalt aufgearbeitet. Erneut wird deutlich, dass die Leidtragenden von Krieg und Gewalt meist Frauen und Kinder sind. Daran hat sich bis heute kaum etwas geändert. Dadurch erhält das Buch eine gewisse Aktualität.

Veröffentlicht am 22.12.2018

Erschreckend

Justiz am Abgrund
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„...Als Fazit ist festzustellen, dass Deutschland keine starke Justiz hat. Mit einer kurz vor dem Kollaps stehenden Justiz lässt sich Gerechtigkeit nicht herstellen...“


Das Fazit klingt hart und erschreckend. ...

„...Als Fazit ist festzustellen, dass Deutschland keine starke Justiz hat. Mit einer kurz vor dem Kollaps stehenden Justiz lässt sich Gerechtigkeit nicht herstellen...“


Das Fazit klingt hart und erschreckend. Wie kommt der Autor, der selbst Richter ist, zu dieser Einschätzung?

In sechs Kapiteln listet Dr. Patrick Burow detailliert die Probleme der deutschen Justiz auf.

Im ersten Kapitel erläutert er, welche Folgen der Personalmangel und die strikten Zeitvorgaben von Pebb§y, einem Personalberechnungssystem, auf die Arbeit der Richter haben.


„...Die Zeitvorgaben einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft zielen auf die Effizienz des Justizapparats ab. Es sollen möglichst viele Fälle in möglichst kurzer Zeit erledigt werden. […] Die Qualität bleibt dabei auf der Strecke...“


Das System übersieht, dass sich Gerichtsfälle nicht in ein starres Schema pressen lassen. Hinzu kommt, dass Richter immer mehr Aufgaben übernehmen müssen, für die es früher zusätzliches Personal gab. Einlasskontrolle ins Gericht und Wachtmeister während der Verhandlung fallen häufig dem Sparzwang zum Opfer. Für das Staatsfernsehen wird mehr Geld ausgegeben wie für eine funktionierende Justiz.

Im zweiten Abschnitt wird aufgeführt, welche Schritte ein Richter bis zur Strafzumessung gehen sollte. Außerdem wird darauf hingewiesen, warum es häufig nur milde Strafen gibt. Wie das auf andere Behörden wirkt, zeigt das folgende Zitat:


„...Der Frust von Polizisten ist groß, wenn mit großem persönlichen Einsatz geführte Ermittlungen zu keiner spürbaren Strafe führen...“


Das dritte Kapitel widmet sich einem Thema, das irgendwann fast jeden trifft. Die beiden einleitenden Sätze lauten:


„...Sie wollen die ganze Härte des Rechtsstaats erleben? Dann sollten Sie zu schnell Auto fahren...“


Im Gegensatz zu vielen anderen Straftaten werden Verkehrsverstöße rigoros verfolgt. Hier kommt der feine Humor des Autors im Schriftstil zu tragen.

Im vierten Kapitel geht der Autor erneut tiefgründig auf die Folgen der Arbeitsüberlastung ein. Zu lange Gerichtsverfahren mit entsprechenden negativen Konsequenzen, Einstellung von Verfahren, Kapitulation vor der Alltagskriminalität und Fehlurteile sind einige der behandelten Themenfelder. Die verständlichen theoretischen Abhandlungen werden durch konkrete Beispiele verdeutlicht.


„...Löcher werden gestopft, indem woanders neue aufgerissen werden...“


DAS ist verständlicherweise keine Lösung.

Im vorletzten Kapitel wendet sich der Autor den jugendlichen Straftätern, den Folgen der Asylpolitik im juristischen Bereich und der Zwei – Klassen – Justiz zu. Letzteres dürfte es laut Grundgesetz gar nicht geben. Aber Theorie und Praxis sind manchmal zwei völlig unterschiedliche Seiten einer Medaille.

Wenn über die Justiz und das Recht gesprochen wird, muss man an irgendeiner Stelle über den Begriff der Gerechtigkeit reden. Das geschieht in diesem Kapitel.

Anschließend wird anhand konkreter Zitate aus der Presse oder von Politkern der Vertrauensverlust der Justiz belegt. Auch im Gericht hat man mit zunehmender Respektlosigkeit zu kämpfen. Das Eingangszitat schließt diesen Abschnitt ab.

Das letzte Kapitel ist zweigeteilt. Zum einen geht es um neue Anforderungen, für die entsprechende Fachleute fehlen. Das betrifft insbesondere die Cyberkriminalität, aber auch Wirtschaftsstraftaten.

Andererseits listet der Autor in seinem Schlussplädoyer konkrete Fakten auf, die wieder zu einer funktionierenden Justiz führen würden.

Zusammenfassend möchte ich feststellen, dass das Buch dem interessierten Leser die Augen öffnet für die heutigen Probleme der Justiz. Der Schriftstil lässt sich angenehm lesen und ist auch für den Laien verständlich. Dafür sorgen ebenfalls konkrete Beispiel, Zahlen und Fakten sowie kurze Erläuterungen von Fachbegriffen.

Anmerkungen ergänzen das Buch.

Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Es hat meinen Blick geweitet auf ein bisher wenig beachtetes Thema.


Veröffentlicht am 21.12.2018

Komplizierter Fall

Rabenvatersorgen
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„...Ja, echt. Rausgehen ist wie Fenster aufmachen. Nur krasser...“

Das Buch beginnt heftig. Eine junge Frau springt vom Balkon ihres Hauses.
Dann sind einige Jahre vergangen. Theo will vor seinen Freunden ...

„...Ja, echt. Rausgehen ist wie Fenster aufmachen. Nur krasser...“

Das Buch beginnt heftig. Eine junge Frau springt vom Balkon ihres Hauses.
Dann sind einige Jahre vergangen. Theo will vor seinen Freunden eine Mutprobe bestehen. Dafür dringt er ins Haus von Lothar Menne, um ein Souvenir mitgehen zu lassen. Dort trifft er auf einen Toten.
Für die Ermittlungen wird Hauptkommissar Emil Storch aus dem Urlaub geholt. Der hat allerdings einige private Probleme.
Der Autor hat einen fesselnden und gut konstruierten Krimi geschrieben. Der Tote war ein penibler, aber eher unauffälliger Bankangestellter. Die Suche nach Angehörigen läuft erst einmal ins Leere.
Der Schriftstil lässt sich gut lesen. Handelnde Personen werden gut beschrieben, wie das folgende Zitat über Frau Niggemann von der Bank zeigt:

„...Auf eine gewisse Weise strahlte sie Kompetenz aus: Ihre Kleidung, ein blauer Hosenanzug, war zu unprätentiös, die dunkelblonden Haare zu gewöhnlich, die Fingernägel kurz und praktisch...“

Doch Emil hat schnell das Gefühl, dass die Bank gewisse Dinge unter dem Teppich hält. Gut wird dabei erklärt, wie die Zusammenarbeit der einzelnen Mitarbeiter bei einer Kreditvergabe funktioniert.
Währenddessen bekommt Emil Besuch von seiner Tochter. Aus ihrem Gespräch stammt das Eingangszitat. Das junge Mädchen möchte die Schule abbrechen. Weder ihre Mutter noch Emil sind davon begeistert.
Akribisch versuchen Emil und sein Team das Leben von Lothar Menne zu durchleuchten. Sie stoßen auf manche Überraschung. Eine besondere Rolle scheint ein Bild zu spielen, das im Hause des Toten verschwunden ist.
Emil neigt bei seiner Arbeit ab und an zu einsamen Entscheidungen. Seine Mitarbeiter sind darüber nicht immer glücklich.
Der Mord ist aber nicht der einzige Fall, der die Kriminalisten beschäftigt. In letzter Zeit gab es wiederholt Einbrüche. Als besonderes Stilmittel lässt mich der Autor in kursiv gesetzten Abschnitten das Vorgehen der Täter detailliert verfolgen.
Der Spannungsbogen ist hoch. Das hängt auch damit zusammen, dass Zeugen und Verdächtige es mit der Wahrheit nicht sehr genau nehmen. Das hat durchaus unterschiedliche Ursachen. Vertuschung ist eine, Scham eine andere.
Sehr gut werden die Emotionen der Protagonisten wiedergegeben, sei es die Angst einer jungen Frau, die mit Händen greifbar ist, sei es Emils Sorge um die Tochter oder das schlechte Gewissen der Einbrecher.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Es hat viel Facetten und ein überraschendes Ende.

Veröffentlicht am 20.12.2018

Spannend und vielschichtig

Muttertag (Ein Bodenstein-Kirchhoff-Krimi 9)
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„...Die Schaulustigen begnügen sich heutzutage nicht mehr mit ein paar Handyfotos aus der Ferne. Frag mal die Feuerwehrleute, was die bei Verkehrsunfällen und Hausbränden erleben!...“

Fiona Fischer, eine ...

„...Die Schaulustigen begnügen sich heutzutage nicht mehr mit ein paar Handyfotos aus der Ferne. Frag mal die Feuerwehrleute, was die bei Verkehrsunfällen und Hausbränden erleben!...“

Fiona Fischer, eine junge Frau, ist nach dem Tode ihrer Mutter auf der Suche nach ihrem leiblichen Vater. Bei einem Treffen im Cafè allerdings erlebt sie eine Überraschung. Ihre Suche ist nicht zu Ende. Sie hat gerade erst begonnen.
Kriminalhauptkommissarin Pia Sanders ist vor wenigen Tagen mit ihrem Mann umgezogen. Heute verlässt sie zum ersten Mal ihr neues Zuhause, um ins Kommissariat zu gehen. Dort erwartet sie ein neuer Fall. Die Zeitungsfrau hat im Wohnhaus den toten Herrn Reifenrath liegen sehen. Es stellt sich heraus, dass der Mann schon mehrere Tage in der Wohnung liegt. Als sie mit Hilfe der Nachbarin den Hund des Toten im Zwinger finden, hat der vor Hunger alte Knochen freigescharrt. Die Nachbarin erkennt, dass es ich um menschliche Knochen handelt. Plötzlich hat Pia einen zweiten Fall.
Die Autorin hat erneut einen fesselnden und vielschichtigen Krimi geschrieben. Der Schriftstil ist abwechslungsreich und lässt sich gut lesen.
Als erstes erscheint die kleine Nachbarstochter am Tatort. Sie ist gerade aus dem Urlaub zurückgekommen und wollte nach Opa Theo sehen. Ihre kommentare über die liebe Verwandtschaft des Toten lesen sich so:

„...Der Opa Theo hat immer gesagt: ' Wenn ich mal tot bin, freuen die sich alle, die Aasgeier.' ...“

Schnell stellt sich heraus, dass Theo und Rita Reifenrath jahrelang elternlose Kinder bei sich aufgenommen hatten. Glauben die Kriminalisten anfangs, dass Theo für die Toten unter dem Hundezwinger verantwortlich ist, wendet sich das Blatt bald. Es stellt sich heraus, dass alle Ermordeten um den Muttertag verschwunden sind. Plötzlich klären sich einige Altfälle, für die Kriminalhauptkommissar Oliver von Bodenstein zuständig ist.
Auflockerung erfährt die Geschichte durch den schwarzen Humor des Rechtsmediziners Hennig, Pias Ex.
Pia gelingt es, ihre Vorgesetzte zu überzeugen, den Amerikaner Dr. Harding einbeziehen zu dürfen. Er kennt sich mit der Psyche von Serientätern aus. Den Kriminalisten sitzt die Zeit im Nacken. Der nächste Muttertag ist nicht fern, und der Täter scheint noch aktiv zu sein.
Nach und nach werden die ehemaligen Zöglinge von Rita Reifenrath befragt. Interessant sind dabei die Schlussfolgerungen, die Dr. Harding daraus zieht. Gleichzeitig werden die Angehörigen der inzwischen bekannten Opfer befragt. Dabei stellt sich heraus, dass das Verschwinden der Frauen oftmals zum Zerbrechen der Restfamilie geführt hat. Wie das Zusammenspiel von Pia und Oliver funktioniert, fasst Oliver so zusammen.

„...Sehen Sie, […] das ist Arbeitsteilung. Immer, wenn ich zu höflich bin, schaltet Pia in den Rottweiler-Modus, und schon öffnen sich alle Türen...“

Sehr deutlich wird, dass die Ermittlungsergebnisse eine hohe psychische Belastung für die Kriminalisten bedeuten. Eine junge Frau verlässt deshalb das Team.
Ab und zu gibt es kurze Kapitel, bei denen ich erneut Fiona Fischer bei der Suche nach ihren Wurzeln begleiten darf.
Außerdem hat die Autorin kursiv einige Abschnitte eingeschoben, wo der Täter erzählt, wie er die Frauen in seine Gewalt gebracht hat. Allerdings bleibt sowohl das Motiv als auch die weitere Vorgehensweise im Dunkeln. Letzteres wird nach und nach durch die Ermittlungsarbeit der Kriminalisten aufgedeckt.
Gleichzeitig erfahre ich, welch unterschiedliche Lebenswege die einstigen Kinder genommen haben.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Es zeigt, dass der äußere Schein und die Wirklichkeit manchmal zwei völlig unterschiedliche Seiten einer Medaille sind.