Richards zweiter Fall
Die Maske der Schuld„...Wie man sich so einem Scharlatan überhaupt anvertrauen konnte, war ihm ein Rätsel. Aber das wollte er Theres nicht an den Kopf werfen…“
Der Prolog beginnt trotz der wenigen Seiten sprachlich ausgefeilt. ...
„...Wie man sich so einem Scharlatan überhaupt anvertrauen konnte, war ihm ein Rätsel. Aber das wollte er Theres nicht an den Kopf werfen…“
Der Prolog beginnt trotz der wenigen Seiten sprachlich ausgefeilt. Einerseits gibt es kurze Sätze, fast nur Wortgruppen, die schon eine Katastrophe vom Grund des Sees andeuten, andererseits wird eine Idylle am See gezeichnet. Die erstarrt, als eine Leiche aus dem See auftaucht.
Der Fall landet bei dem Wiener Inspektor Richard Schwarz. Der erhält außerdem einen Anruf von Theres. Die Psychologin hat sich in die Hände eines Wunderheilers begeben und glaubt, dass es dort nicht mit rechten Dingen zugeht. Darauf bezieht sich auch das Eingangszitat.
Die Autorin hat erneut einen fesselnden und vielschichtigen Krimi geschrieben. Ich kenne den ersten Teil mit Inspektor Richard Schwarz und würde künftigen Lesern empfehlen, sich an die Reihenfolge zu halten.
Der Schriftstil unterstützt die abwechslungsreiche Handlung. Ich darf nicht nur die Ermittlungen detailgenau mitverfolgen, sondern bekomme auch einen Einblick in die Psyche einiger Protagonisten. Das geschieht besonders eindringlich in den kursiven Teilen. Hier kommt nicht nur der Täter zu Wort und darf seinen absurden Phantasien freien Lauf lassen, sondern auch eine Patientin, die ihre Erfahrungen und Eindrücke während der Reha und danach schildert. Die junge Frau hat MS.
„...Einerseits hat sie ein schlechtes Gewissen, noch gehen zu können. Andererseits führen ihr die anderen vor Augen, was auf sie noch zukommen kann...“
Auch der Tote saß wegen dieser Krankheit im Rollstuhl. Doch es war Mord, kein Unfall. Er war früher Hacker und hat später als Hackerjäger gearbeitet. Ein Freund begründet das so:
„...Die besten Jäger sind die aus den eigenen Reihen. Die wissen am ehesten Bescheid, wie die Leute sich tarnen und wo sie suchen müssen...“
Natürlich spielt im Buch auch Richards eigene Vergangenheit eine Rolle. Immer wieder kommen Erinnerungen bei ihm an den Tod seiner Mutter hoch. Wird es nach den vielen Jahren noch gelingen, ihren Mörder zu finden?
Eine weise alte Dame rät ihn:
„...Lassen Sie die Vergangenheit ruhen. Genießen Sie Ihr Leben. Ihre Mutter hätte das so gewollt...“
In den Gesprächen von Richard mit Sarah, die ihm mehr als eine Schwester ist, denn bei ihr im Zirkus ist er aufgewachsen, klingt ein weiteres Thema. Sarah denkt darüber nach, ob es Zeit wäre, in den Aufführungen auf Tierdressuren zu verzichten.
Die Autorin versteht es, die Gefühle ihrer Protagonisten in besondere sprachliche Bilder zu fassen.
Das klingt dann zum Beispiel so:
„...Stopp, rief sein Gehirn; weitermachen, sein Körper; ich bin schachmatt, sein Herz. Und wie so oft gewann sein Gehirn gegen alle seine Bedürfnisse...“
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Zum einen ist am Ende nicht nur ein Fall geklärt. Zum anderen habe ich eine Menge über die Krankheit MS und ihre verschiedenen Erscheinungsformen gelernt. Allerdings lässt mich ein heftiger Cliffhanger auf den nächsten Teil hoffen.