Der Weg in den Ruin
Das Handelshaus„...Lass mich dir einen Rat geben, Stephan, einen Rat, den dir keiner deiner verdrehten Professoren mit auf den Weg gegeben hat: Es gibt Menschen, die sich mit dem begnügen, was sie haben. Menschen, die ...
„...Lass mich dir einen Rat geben, Stephan, einen Rat, den dir keiner deiner verdrehten Professoren mit auf den Weg gegeben hat: Es gibt Menschen, die sich mit dem begnügen, was sie haben. Menschen, die ein Nein akzeptieren, wenn ihnen ein Nein serviert wird. [...].Und dann gibt es Menschen, es sind nur einige wenige, die ein Nein von vornherein ausschließen...“
Der Kaufmann Hans Loytz zwingt seine Söhne Simon und Stephan, mit ihm zum Fischen zu fahren. Sie sollen sich beweisen. Doch die Jungen kehren allein zurück. Der Vater wurde vom Fischnetz in die Tiefe gezogen.
Jahre später, im Jahre 1566, kehrt Stephan vom Studium der Rechte in Italien zurück. Michael, der älteste Sohn, ist nun der Regierer des Handelshauses. Den jüngsten Bruder Simon hat er des Hauses verwiesen. Er ist zum Alkoholiker geworden.
Der Autor hat einen fesselnden historischen Roman geschrieben. Die Geschichte hat mich schnell in ihren Bann gezogen.
Die Personen werden gut charakterisiert. Schon das Eingangszitat zeigt, dass Michael bestrebt ist, allein das Heft des Handelns in der Hand zu halten. Dafür ist ihm jedes Mittel recht. Simon dagegen hat den Tod des Vaters nie verkraftet. An dem Tag ist auch sein Leben zerbrochen. Stephan versucht, ihn neu aufzubauen. Das aber gestaltet sich schwierig.
Stephan selbst erscheint nach seiner Rückkehr aus Italien als modischer Geck. Dann aber stellt sich heraus, dass das nur die äußere Fassade ist. Der Einsatz für einen jüngeren Bruder zeichnet ein anderes Bild von ihm. Auch hofft er, Teilhaber am Geschäft des Vaters zu werden.
Michael spielt mit den Menschen und benutzt sie zu seinen Zwecken. Allerdings hat er mit folgender Aussage nicht Unrecht:
„...Die Wirtschaft ist grausam heutzutage. Da bleibt jeder auf der Strecke, der nicht mithalten kann...“
Trotzdem heiligt der Zweck nicht die Mittel.
Und dann gibt es noch Leni. Die junge, selbstbewusste Frau arbeitet bei den Ärmsten der Armen im Hospital, obwohl ihr Vater Kaufmann ist. Der ist aber in finanziellen Schwierigkeiten. Einst wurden Leni und Michael einander versprochen. Leni aber will diese Ehe nicht. Sie ahnt nicht, wie nahe sie und Stephan sich kommen werden.
Sehr schnell wird deutlich, dass der Adel sein gutes Leben beibehalten will, ohne dafür etwas zu tun, und dazu auf das Geld der Kaufleute angewiesen ist. Rückzahlungen von Schulden versucht man geschickt zu umgehen. Nicht jeder Kaufmann erkennt die damit verbundene Gefahr. Andererseits sorgt der Krieg im Norden dafür, dass die Handelsgeschäfte beeinträchtigt sind. Und mit falschen Anschuldigen und Intrigen kann man ein Handelshaus schnell kaputt spielen. Verträge sind oft nicht das Papier wert, auf dem sie stehen.
Im Hause Loytz gibt es kein miteinander. Michael erwartet, dass sich jeder nach ihm richtet. Das kann nicht gut gehen.
Währenddessen nimmt im Lande die Hungersnot zu. Die Gutsherren verkaufen das Getreide an Kaufleute, die dafür gutes Geld im Ausland erhalten. Diejenigen, die es angebaut und geerntet haben, aber haben nichts zu essen. Nur einer der Gutsherren sieht die lage realistisch.
„...Und es sollte in Eurem Interesse sein, diese Arbeitskräfte zu erhalten, die das erwirtschaften, was Euch reich macht...“
Ein umfangreiches Nachwort trennt Fiktion von Realität.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Gier, Verrat und Intrige zerstören eine Familie und deren Erbe. Das die Wurzeln dafür schon in der Kindheit gelegt wurden, macht der Prolog deutlich.