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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 14.06.2019

Spannender historischer Roman

Das bretonische Mädchen
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„...Roger versuchte, ruhig zu atmen. Er hasste Unterredungen mit seinem Vater. Sie glichen dem Schwimmen in einem reißenden Strudel, in dem jemand ein Rettungsseil wirft, das an einem morschen Ast befestigt ...

„...Roger versuchte, ruhig zu atmen. Er hasste Unterredungen mit seinem Vater. Sie glichen dem Schwimmen in einem reißenden Strudel, in dem jemand ein Rettungsseil wirft, das an einem morschen Ast befestigt ist...“

Wir schreiben das Jahr 1086. William, ältester Sohn und Erbe des Normannen Sire Geoffrey, fordert den 17jährigen Dänen Brandolf zum Kampf heraus. William stirbt dabei. Brandolf muss mit einer Gerichtsverhandlung rechnen.
Roger, zweiter Sohn von Sire Geoffrey, setzt sich für seinen Freund ein, wie das obige Zitat zeigt. Doch Roger hat in der Achtung seines Vaters immer eine untergeordnete Rolle gespielt. Das liegt auch daran, dass seine Mutter eine Angelsächsin ist.
Die Autorin hat einen spannenden und abwechslungsreichen historischen Roman geschrieben. Die Geschichte hat mich schnell in ihren Bann gezogen.
Die Personen werden gut charakterisiert. Roger ist am Anfang ein ungestümer junger Mann. Er kann seinen Zorn nur schwer zügeln. Außerdem nagt an ihm die Missachtung seines Vaters. Er würde alles tun, um endlich von ihm gelobt und anerkannt zu werden. Doch selbst nach Williams Tod ist Sire Geoffrey nicht bereit, ihn als Nachfolger zu benennen. Glücklicherweise gibt es den Fechtmeister Oswulf, der Roger mit geschickter Hand leitet und dessen Fähigkeiten entwickelt. Er stellt fest:

„...Du trittst ein schweres Erbe an, Roger. Dein Vater wird es dir nicht leicht machen...“

Sire Geoffrey zeigt den Stolz und die Überheblichkeit eines Normannen. Das Recht legt er nach Gutdünken aus, vor allem gegenüber anderen. Brutale Strafen sind die Regel, nicht die Ausnahme.
Als Roger seiner Schwester die Todesnachricht von William ins Kloster bringt, lernt er dort das bretonische Mädchen Gwennaol kennen. Die junge Frau beeindruckt ihn. Sein Vater aber unterbindet die Beziehung. Jetzt wird Roger misstrauisch. Verbirgt die junge Frau ein Geheimnis über seinen Vater?
Gekonnt werden die historischen Fakten in die Geschichte integriert, sei es die Verhandlungen von König William mit Philippe I., der Tod des Königs und die brisante Nachfolgeregelung. Auch Sire Geoffrey ist mit dem König unzufrieden und macht seinem Ärger Luft:

„...Nur seine wichtigsten Vasallen und deren Männer sind dort geblieben. Alle anderen hat er nach England zurückgeschickt. Er will keine Mäuler durchfüttern, die er nicht brauchen kann...“

Gut wiedergegeben wird die Entwicklung von Roger. Je mehr die Ungerechtigkeit seines Vaters und dessen Gefühllosigkeit selbst gegenüber treuen Bediensteten zunimmt, um so mehr reift Roger innerlich. Er lernt es, sich zu beherrschen und sein Verhalten zu steuern. Wieder ist es Oswulf, der ihm einen wichtigen Ratschlag gibt:

„...Es ist wie beim Schachspiel: Nur wer sein Vorgehen gründlich plant, überlegt handelt und sich durch Rückschläge nicht aus der Ruhe bringen lässt, wird am Ende als Sieger dastehen...“

Zu den stilistischen Höhepunkten gehören für mich die exakt ausgearbeiteten Dialoge. Auf die Gespräche zwischen Oswulf und Roger habe ich schon mehrmals verwiesen. Berührend aber ist ein Dialog zwischen Roger und Richard. Richard ist etwas jünger als Roger und zur Ausbildung am Hof. Er ist ein ruhiger und besonnener Charakter und sieht zu Roger auf. Dann aber versucht jemand durch unbewiesene Gerüchte einen Keil zwischen beide zu treiben. Das Gespräch geht für beide an die psychischen Grenzen, hilft ihnen aber letztendlich zu erkennen, was sie aneinander haben.
Ganz anders liest sich der Dialog zwischen Roger und der Nonne Agathe. Hier haben mich vor allem Rogers kursiv gesetzte Gedanken wiederholt zum Schmunzeln gebracht, so dieser Satz:

„...Einem verwundeten Wildschwein zu entwischen, wird leichter sein, als an dieser Frau vorbeizukommen...“

Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Es lässt die Zeit zu Beginn der normannischen Besetzung in England lebendig werden.

Veröffentlicht am 13.06.2019

A Jiu wird präsentiert

In tiefen Wäldern Träumen lauschen - Band 3
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„...Unter den Oberen gibt es keine Armen und unter den unteren keine Reichen...“

Auch im dritten Teil zeigt A Jiu kaum Gefühle. Nur seine Geschwister sind von seinem Leben als Prinz begeistert. Sie sehen ...

„...Unter den Oberen gibt es keine Armen und unter den unteren keine Reichen...“

Auch im dritten Teil zeigt A Jiu kaum Gefühle. Nur seine Geschwister sind von seinem Leben als Prinz begeistert. Sie sehen aber auch nicht die Schattenseiten.
Als A Jiu allerdings auf Kangrai, die Frau des 4. Bruders, trifft, die geschlagen wurde, möchte er sie heilen. Leider fehlen ihm jetzt seine Kräuter. Glücklicherweise hat sein kleiner Bruder das Rezept im Kopf.
Es folgt ein Besuch bei der Kaiserin. Erneut stehen politische Fragen im Mittelpunkt, seien es die Beziehungen zu Russland oder die Heiratspolitik des Kaiserreiches. Gerade bei dem letzten Thema wird das Für und Wider abgewogen. Allerdings ist hier, insbesondere bei den Ländernamen, die Übersetzung ins Deutsche nicht immer glücklich gewählt. Damals kannte man weder die Türkei noch Russland in heutiger Form.
Erstaunlich, wie gelassen die Kaiserin die Konkubinen ihres Mannes akzeptiert.
Den großen Teil der Handlung habe ich allerdings den Eindruck, dass die Prinzessin ihren Mann wie ein besonderes Spielzeug behandelt. Sie verkleidet ihn nach ihren Wünschen, präsentiert ihn der Öffentlichkeit und setzt ihn so deren Gerede aus. Sie ist stolz auf ihn und will seine Schönheit mit anderen teilen, vergisst dabei aber, dass er eine Person mit Wünschen und Gefühlen ist.
Positiv sticht das Bonuskapitel heraus. Hier fragt die Prinzessin das erste mal nach dem bisherigen Leben von A Jiu. Seine Geschwister klären sie auf. Ob das Folgen für ihre nächsten Handlungen haben wird?
Erneut geben die ausdrucksstarken Bilder der Geschichte ihr besonderes Flair. Während die Gefühle der Prinzessin problemlos an ihrem Gesicht ablesbar sind, verzieht A Jiu kaum eine Miene. Wie wird das kommentiert?

„...Hehehe, ein echter Kerl bleibt eben immer cool...“

Nur sein Blick auf den gefangenen Bengaltiger zeigt irgendwie Mitgefühl. Kunzi, sein kleiner Bruder, strahlt dagegen auf allen Zeichnungen seine Lebensfreude und seine Unbekümmertheit aus.
Eine Szene aber unterscheidet den dritten Teil wesentlich von den anderen. In wenigen Bildern wird deutlich, dass A Jiu bei weitem nicht so wehrlos ist, wie es scheint.
Die Geschichte bleibt geheimnisvoll. Ich bin auf die folgenden Teile gespannt.

Veröffentlicht am 12.06.2019

Gelungene Fortsetzung

In tiefen Wäldern Träumen lauschen - Band 2
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„...Im Übrigen sind seine Fähigkeiten viel größer als du ahnst. Auch schöne Menschen sollte man nicht bloß nach ihrem Äußeren beurteilen...“

Die Prinzessin und ihr Mann A Jiu machen ihre Aufwartung beim ...

„...Im Übrigen sind seine Fähigkeiten viel größer als du ahnst. Auch schöne Menschen sollte man nicht bloß nach ihrem Äußeren beurteilen...“

Die Prinzessin und ihr Mann A Jiu machen ihre Aufwartung beim Kaiser. Die liebe Verwandtschaft äußert sich nicht nur positiv über den schönen Jüngling. Es gibt auch gemeine Bemerkungen.
Wie es Tradition ist, bringen die Geschwister dem Brautpaar Geschenke. Das ist ein Zeichen der Wertschätzung.
Eingebettet in die Handlung ist ein Rückblick in Yujis Kindheit. Als Leser erfahre ich dadurch, wie es zu dem Zerwürfnis mit dem vierten Bruder kam.
Yuji hat ein Problem. Wie soll sie sich mit ihren stummen Mann verständigen? Seine Geschwister Yezi und Kunzi versuchen, der Prinzessin das Verhalten ihres Bräutigams zu erklären.
Die ausdrucksstarken Bilder zeigen das, was sich nicht in Worte formen lässt. A Jiu wirkt mehr als Objekt, denn als Subjekt. Er verzieht kaum eine Miene und scheint alles über sich ergehen zu lassen.
Dann aber gelingt es ihm mit einer einzigen Handbewegung, den Kakadu des Kaisers zum Schweigen zu bringen.
Als er seine Fähigkeiten vorführen soll, weigert er sich das erste Mal. Doch Kunzi überredet ihn. Ist dabei eine Träne auf A Jius Gesicht zu sehen?
Ein Interview mit der Autorin und Zeichnerin beschließt das Buch. Es enthält aber keine Informationen darüber, wie die Geschichte weitergeht und wie viele Teile noch geplant sind.
Das Interview ändert auch nichts daran, dass A Jiu der geheimnisvolle Fremde für mich als Leser bleibt.
Die Geschichte hat mir ausgezeichnet gefallen. Das liegt unter anderen an den stimmungsvollen Bildern, die immer neue Facetten offenbaren.

Veröffentlicht am 11.06.2019

Klasse Kinderbuch

Der Tag, an dem ich cool wurde 2. Die Nacht, in der ich supercool wurde
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„...Ich malte mir immer wieder aus, wie Karli und ich zu einer angesagten Musiksendung ins Fernsehstudio eingeladen werden würden, um dort einer hippen Moderatorin von unserem kometenhaften Aufstieg zu ...

„...Ich malte mir immer wieder aus, wie Karli und ich zu einer angesagten Musiksendung ins Fernsehstudio eingeladen werden würden, um dort einer hippen Moderatorin von unserem kometenhaften Aufstieg zu erzählen...“

Eigentlich soll heute Martins großer Tag werden. Karli, er und ihre Mitstreiter hatten so lange darauf hingearbeitet. Doch momentan sitzt er verzweifelt im Schulkeller in einer Toilette, dessen Tür sich nicht mehr öffnen lässt. Deshalb hat er Zeit, mir als Leser zu erzählen, was im vergangenen Jahr so passiert ist.
Martin und Kalle galten als Außenseiter. Seit den letzten Ferien aber hat sich viel geändert. Beide haben neue Freunde gefunden und ihre Liebe zur Musik entdeckt. Während Karli nun Gesangsunterricht nimmt, lernt Martin Schlagzeugspielen. Mit den fiesen Typen der FabFive gehen sie gelassener um.
Als sie erfahren, das es zum nächsten Schulfest einen Wettbewerb geben soll, bei dem die neue Schulband gekürt wird, beschließen die Freunde, daran teilzunehmen. Die Teilnehmer dürfen höchstens in die achte Klasse gehen. Das passt. Wie das Eingangszitat zeigt, geht bei Martin schon einmal die Phantasie durch.
Die Autorin hat ein spannendes und abwechslungsreiches Kinderbuch geschrieben. Es ist der zweite Band mit Martin und Karli. Martin erzählt das Geschehen aus seiner Sicht.
Der Schriftstil lässt sich flott lesen. Die Geschichte wird sehr realistisch erzählt. Vier Gruppen bewerben sich für den Ausscheid. Erstaunlicherweise sind auch die FabFives dabei, die eigentlich nur Unsinn im Kopf haben. Mo, der sich um die Bands kümmert und sie berät, erklärt ihnen:

„...Ihr sollt mit eurem Song euch selbst repräsentieren. Das zeigt, was ihr denkt. Wenn ihr nur Mädchen, Kohle und Autos im Kopf habt, dann fühlt euch frei, darüber zu schreiben...“

Sehr genau wird beschrieben, wie sich Martin und Karli um weitere Mitstreiter bemühen. Es gibt im Zusammenspiel manche Schwierigkeiten zu überwinden.
Natürlich kommt der Humor nicht zu kurz. Ich denke als Beispiel an die Szene, wo Martin und Karli Klamotten kaufen gehen. Die ist filmreif.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Freundschaft, Einsatzbereitschaft und der feste Wille, das Ziel zu schaffen, lassen die Jungen über sich selbst hinauswachsen. Nicht vergessen möchte ich die vielen Helfer, die ihnen zur Seite stehen und sie aufbauen, wenn die Schwierigkeiten überhand nehmen.

Veröffentlicht am 10.06.2019

Schöne Liebesgeschichte

Hufspur in den Dünen
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„...Sie lauschte und atmete tief ein und aus. Salzig feuchte Luft drang in ihre Nase und die Ruhe war, trotz des stetigen Rauschens, herrlich. Hier stand die Zeit still und der Mensch wurde zu einem winzigen, ...

„...Sie lauschte und atmete tief ein und aus. Salzig feuchte Luft drang in ihre Nase und die Ruhe war, trotz des stetigen Rauschens, herrlich. Hier stand die Zeit still und der Mensch wurde zu einem winzigen, bedeutungslosen Individuum angesichts der gigantischen Natur...“

Die Rechtsanwältin Julie Sommer hat gerade eine Firmenübernahme unter Dach und Fach gebracht. Käufer und Verkäufer und zufrieden. Julie hofft, damit einen weiteren Schritt getan zu haben, der ihr die Teilhaberschaft in der ehemaligen Kanzlei ihres Vaters bringt. Ihr Vater ist wegen seiner Gesundheit aus der Kanzlei ausgeschieden. Doch bei ihrer Rückfahrt von der Ostsee nach München kommt sie nicht weit. Ein Schlagloch im Dunkeln setzt ihr Auto außer Gefecht. Björn, der sie aufgabelt, bringt sie zu einem Hof. Das ist ausgerechnet der Schröder-Hof. Der steht kurz vor der Pleite und Julies Chef arbeitet an der Übernahme durch eine Hotelkette. Der Besitzer aber stellt sich stur.
Von Helga wird sie freundlich empfange. Das erste Getränk, was sie serviert bekommt, wird so beschrieben:

„...Wir halten es hier mit dem Spruch „Rum muss, Zucker darf, Wasser kann“...“

Die Autorin hat eine romantische und durchaus realistische Geschichte geschrieben. Der Schriftstil lässt sich angenehm lesen.
Julie entscheidet sich, auf den Hof zu bleiben, bis das Auto wieder flott ist. Sie will die Verhältnisse kennenlernen und dann überlegen, wie sie vorgeht.
David Schröder, der sich um die Pferde und die Reitstunden kümmert, bewohnt mit seiner Mutter Helga, die die Pension betreibt, und seiner Schwester Patricia und seiner Nichte Emily den Hof. Als er erfährt, dass Julie Anwältin ist, stellen sich bei ihm alle Stacheln auf. Den Berufsstand mag er aus vielen Gründen nicht. Doch er hat nicht mit seiner Nichte Emma gerechnet. Die 6jährige geht unbefangen auf Julie zu und überredet sie sogar, Reitstunden zu nehmen.
Als David Julie das erste Mal in Freizeitkleidung sieht, betrachtet er sie mit völlig anderen Augen. Hat er sie zuerst falsch eingeschätzt?.
Julie genießt die Ruhe. Das Eingangszitat gibt den Moment wieder, als sie an der Ostsee steht. Allerdings hat sie es sich einfacher vorgestellt, Berufliches und Privates zu trennen. Zwischen David und Julie beginnt es bald zu kribbeln. Trotzdem verschiebt Julie den Zeitpunkt, an dem sie David mitteilen will, wo und für wen sie arbeitet.
Sehr detailliert und informativ sind die Beschreibungen des Reiterhofes. Es wird deutlich, dass viel Arbeit dahinter steckt. Für David ist der Hof sein Leben. Eine Trennung wäre eine Katastrophe.
Der Wirbelwind Emily ist das belebende Element auf dem Hof. Das Mädchen hat einen besonderen Zugang zu Tieren. Sie scheint mit den Pferden zu sprechen. Und sie sagt, was sie denkt, auch zu Julie.

„...Na ja, dir fehlt noch ein bisschen braune Farbe auf der Haut. Du musst dich in die Sonne legen...“

Björn, der Julie zum Hof gebracht hat, arbeitet dort im Stall. Sein Norddeutsch ist für mich als Leser eine Herausforderung, gibt aber dem Buch seine lokale Authentizität.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Die Autorin versteht es, in einer spannenden und abwechslungsreichen Geschichte eine ganzen Wertekanon unterzubringen. Der lässt sich sehr prägnant in einer Frage zusammenfassen: Was ist wirklich wichtig im Leben? Deshalb sollen die Worte ihres Vaters auch meine Rezension abschließen.

„...Du bist ein wunderbarer Mensch. Und ein Name im Schriftzug ist nicht das, um was es im Leben geht. Wichtiger ist, was du in dir drin hast […] Und das ist es auch, was mich stolz macht. Denn es zeigt mir, dass ich dir die wichtigen Werte im Leben mitgegeben habe...“