„...Es waren die Tränen eines Kindes, das noch zu klein war, um die Bedeutung des Wortes Antisemitismus zu begreifen. Ich verstand nur, dass mein Traum, die beste Balletttänzerin der Welt zu werden, zerbrochen ...
„...Es waren die Tränen eines Kindes, das noch zu klein war, um die Bedeutung des Wortes Antisemitismus zu begreifen. Ich verstand nur, dass mein Traum, die beste Balletttänzerin der Welt zu werden, zerbrochen war. Und das es keine Rolle spielte, warum man uns verfolgte...“
Anita ist sechs Jahre alt, als in der Zeitung ihr Balletttanz lobend erwähnt wird. Gleichzeitig wird allerdings darauf hingewiesen, dass man nicht auf jüdische Tänzerinnen angewiesen ist. Das Eingangszitat ist die Reaktion des Kindes auf den Zeitungsartikel.
Anita lebte in Breslau. Ihr Vater ist Deutscher, die Mutter deutsche Jüdin. 1933 verlässt der Vater die Familie.
Anita erzählt ihr Leben von 1933 bis 1945. Das Besondere daran ist, dass sie schon als Kind den Weg zum christlichen Glauben gefunden hat, wie das folgende Zitat belegt:
„...In diesem Moment in der Kirche hatte einfach der Geist Gottes ein kleines sechsjähriges Mädchen berührt, das wenige Jahre später sein Kreuz aufnehmen und Jesu nachfolgen sollte...“
Der Schriftstil ist abwechslungsreich. Sachlich werden an vielen Stellen die politischen Zustände geschildert. Bewegend dagegen lesen sich die persönlichen Erlebnisse. Den Staat interessierte nicht, dass Anita und ihre Mutter getauft waren und der christlichen Kirche angehörten. Im Sinne des Nationalsozialmus waren sie Juden. Das bedeutete Diskriminierungen in der Schule und die Pflicht zu Zwangsarbeit für die Mutter. Gut wird dargestellt, wie Pastor Hornig sich um die Familie kümmert, obwohl er sich damit selbst in Gefahr brachte.
Mit dem Umzug ins Getto endet für Anita die Kindheit. Sie erlebt, wie nach und nach die Nachbarn verschwinden und nie wieder erscheinen. Da sie bewusst ihren Glauben lebt, kommt es zu Spannungen. Viele Juden geben den Christen die Schuld für ihre Probleme. Gleichzeitig vermittelt die Autorin, dass man versucht, ein normales Leben aufrecht zu erhalten. Es werden Freundschaften geschlossen und man hilft sich gegenseitig.
Immer wieder werden geschickt Informationen um Kriegsverlauf in das Geschehen eingebunden.
Der nächste Einschnitt kommt, als Anitas Mutter ins KZ Theresienstadt gebracht wird. Nun ist die 16jährige auf sich gestellt. Auf wunderbare Weise erlebt sie dabei Bewahrung und Schutz, sei es beim Überstehen schwerer Krankheit oder bei der Lastenverteilung auf der Arbeit.
„...Ich sah dem Mann, der mir zuvor seinen mitleidigen Blick geschenkt hatte, tief in die Augen...“
Das Zitat bezieht sich auf einen der Gestapo-Männer, der ihr ein letztes Beisammensein mit der Mutter vor deren Deportation ermöglicht hat. Es zeigt außerdem, dass Anita eine gute Beobachterin war und die feinen Unterschiede im Verhalten der Menschen wahrgenommen hat.
Nicht immer kann sie nachvollziehen, warum manche Dinge so geschehen, wie sie geschehen. Doch sie erlebt Menschen, die für sie wie Engel sind, weil sie an einer entscheidenden Stelle den Weg ebnen. Dass sie die Bombardierung Dresdens auf offener Straße unbeschadet übersteht, ist ein Wunder.
In jeder Situation versucht sie, ihren Glauben weiterzutragen. Gleichzeitig betet sie um Vergebung und Einsicht bei den Tätern.
Etwa ab Mitte des Buches endet jedes Kapitel mit einem Bibelzitat.
Persönliche Bilder schließen das Buch ab.
Die Geschichte hat mir ausgezeichnet gefallen, weil sie sehr persönlich gehalten ist und die Kraft thematisiert, die ein fester Glaube bringt.