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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 27.08.2017

Beeindruckendes Debüt

Postkarten an Dora
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„...Das Trugbild ihrer Hoffnungen, das sie die letzten Monate aufgebaut hatte, zerbarst in tausend Stücke. Die Scherben bohrten sich tief in ihr Herz, stachen hinein, dass der Schmerz sie fast wahnsinnig ...

„...Das Trugbild ihrer Hoffnungen, das sie die letzten Monate aufgebaut hatte, zerbarst in tausend Stücke. Die Scherben bohrten sich tief in ihr Herz, stachen hinein, dass der Schmerz sie fast wahnsinnig machte...“

16 Jahre ist Dora, als sie ihre erste Enttäuschung erlebt. Davon spricht das obige Zitat. Dora möchte Schauspielerin werden. Deshalb lässt sie sich heimlich von Wilhelm recht freizügig fotografieren. Vorbild für sie ist ihre Lieblingsschauspielerin. Sie ahnt nicht, dass Wilhelm die Fotos als Postkarten verkauft. Der Schock sitzt tief, als sie es erfährt.
Hinzu kommt, dass ihre Eltern für ihren Berufswunsch kein Verständnis haben. Doras Vater ist Gymnasiallehrer. Dora gehörte zu den besten Schülern der Schule und soll nun die Ausbildung zur Lehrerin machen. Damit agiert er erstaunlich fortschrittlich, denn Mädchen sollte in der Zeit heiraten und benötigten demzufolge keine höhere Ausbildung. Als ihren Begleiter zum Internat hat der Vater den jungen Offizier Alfred von Nathusius bestimmt. Dora übernachtet im Hause seiner Familie und flieht eines Nachts. Sie möchte nach Amerika und träumt von einer strahlenden Karriere.
Die Autorin hat einen spannenden und abwechslungsreichen Roman geschrieben. Die Geschichte beginnt im Jahre 1905.
Der Schriftstil des Buches ermöglicht ein flottes Lesen. Sehr detailliert werden die gesellschaftlichen Verhältnisse wiedergegeben. Alfred von Nathusius hatte auch andere Träume als eine militärische Laufbahn, aber als dritter Sohn blieb ihm nur diese Möglichkeit. Jack, dritter Sohn eines Earls, ist eine Lebemann, der durch die Welt reist, jede feste Bindung ablehnt und sich gern seiner Verantwortung entzieht.
Auf Doras Reise von Thüringen zum Hause derer von Nathusius lerne ich einige interessante Bahnhofsgebäude kennen. In London werde ich in die dunkelsten Gegenden, aber auch in die Bezirke der Reichen und Schönen geführt. Das farbenprächtige Leben in Argentinien kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass dort die moralischen Ansprüche wesentlich stärker sind als in Europa. Schnell ist man abgestempelt.
Dora weiß, was sie will. Über den Weg zu ihrem Ziel aber hat sie sich kaum Gedanken gemacht. Ihr Reisegeld reicht nicht für die Schiffspassage nach Amerika. Glücklicherweise nimmt sie die Ballerina Martha Löwenstein unter ihre Fittichen und bringt sie nach England.
Sehr genau wird das harte Leben einer Schauspielerin dargestellt. Die Rollen sind dünn gesät, die Gage langt nicht zum Leben und nicht zum Sterben und eine Wohnung will auch bezahlt werden. An Doras Seite lerne ich als Leser das Auf und Ab des Berufes kennen. Missgunst und Neid sorgen für Reibereien unter den Akteuren. Es gibt Stunden, in denen bereut Dora ihren Schritt. Doch ein Zurück gibt es nicht. Das verbietet ihr der Stolz. Andererseits ist sie sehr ichbezogen. Was ihr Handeln auf andere für Auswirkungen hat, begreift sie meist erst zu spät.
Gekonnt erzählt die Autorin einige kleine Geschichten im großen Geschehen. Sie liegen in der Vergangenheit der Protagonisten und entwerfen schlagartig ein Bild von den dunklen Seiten des Lebens.
Den Umgang mit Metaphern und die bewusste Verwendung passender Adjektive beherrscht die Autorin sehr gut. Die Gespräche sind aussagekräftig. Emotionen äußern sich nicht nur in Worten, sondern auch in den Taten der Handelnden.
Das Nachwort gibt ausführlich Aufschluss darüber, wie die Autorin auf die Idee für das Buch kam. Die Postkarten, die an vielen Stellen eine Rolle spielen, existieren wirklich. Einige sind im Buch abgebildet.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Zwar habe ich über Dora häufig den Kopf geschüttelt, das ändert aber nichts an der Faszination ihres Lebensbildes.

Veröffentlicht am 26.08.2017

Das Leben des Reinhold Messner

Mit Reinhold Messner hoch hinaus
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„...Der Tanz an der Senkrechten konnte beginnen. Die Hände fassten Griffe, Für die Schuhspitzen fand ich schmale Leisten und schon stand ich fünf Meter höher...“

12 Jahre alt ist Reinhold Messner, als ...

„...Der Tanz an der Senkrechten konnte beginnen. Die Hände fassten Griffe, Für die Schuhspitzen fand ich schmale Leisten und schon stand ich fünf Meter höher...“

12 Jahre alt ist Reinhold Messner, als obiges Zitat fällt. Er hat gerade sein erstes Freiklettern geschafft.
Doch das Buch beginnt mit der schwersten Stunde des Bergsteigers. Am 27.6.1970 ist der Nanga Parbat das Ziel seiner Träume. Er erreicht den Gipfel, wird aber auf den Rückweg seinen Bruder Günter verlieren. Er selbst überlebt nur mit knapper Not.
Der Autor hat ein abwechslungsreiches Bild des Extrembergsteigers Reinhold Messner gezeichnet. Die Geschichte hat mich schnell in ihren Bann gezogen.
Wie ein roter Faden zieht sich das Geschehen am Nanga Parbat durch das Buch. Schon in der Kindheit zeigt sich, dass zwischen den beiden Brüder ein besonderes Band entsteht. Ihr Vater, ein Lehrer, hat sie in jungen Jahren an das Bergsteigen herangeführt. Es wird ihr Lebensinhalt. Sie vertrauen sich unbesehen. Mit dem Tod des Bruders fehlt Messner der Partner. Das folgende Zitat gibt einen Einblick in seine Psyche.
„...Messner fordert den Tod heraus, um das Leben zu genießen...“
Der Schriftstil des Buches lässt sich angenehm lesen. Die Härte der Bergbesteigung wird deutlich herausgearbeitet. Kälte, Hunger, Eis und Schnee können von einem Moment zum nächsten zur Lebensgefahr werden. Messner stellt sich immer neuen Herausforderungen. Er verzichtet auf zusätzliche Hilfsmittel, bevorzugt das Freiklettern und nimmt keinen Sauerstoff mit. Die Erfahrungen am Nanga Parbat und die öffentlichen Auseinandersetzungen mit dem damaligen Expeditionsleiter Herrlighoffer sorgen dafür, dass er viele Besteigungen allein vornimmt oder nur mit eine kleinen Gruppe. Erfolge bringen naturgemäß Neider mit sich.
Gut gefallen hat mir, dass der Autor den Bogen sehr weit spannt. So gibt er einen Überblick über die Besteigungen des Nanga Parbat und den Aufstieg auf den Mount Everest. Neben Messners Erfolgen beim Bergsteigen geht er auch auf seine vielen Bücher ein. Kurz wird die Durchquerung von Grönland und der Antarktis erwähnt. Messner setzt sich außerdem für einen schonenden Umgang mit der Natur ein und hat ein umfangreiches Museumsprojekt in Angriff genommen.
Ein Literaturverzeichnis und viele Anmerkungen ergänzen die Abhandlung.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Es zeichnet ein beeindruckendes Bild eines Mannes, für den das Klettern seine Art der Freiheit war, geht aber auf Widersprüche in der Persönlichkeit ein. Mit eine Zitat möchte ich meine Rezension beenden:
„...Ein gelungenes Leben steckt nicht in unseren Genen, es ergibt sich aus der Begeisterung für unser Tun und der Gabe, es zu wagen...“

Veröffentlicht am 25.08.2017

Raffinierte Inszenierung

Giftflut
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„...Der Polizeipräsident zog die Mundwinkel erdwärts. Das BKA versteinerte. Die Bundeswehr errötete. Der Verfassungsschutz putzte sich die Nase. Der Generalstaatsanwalt räusperte sich...“

Als Kriminalkommissar ...

„...Der Polizeipräsident zog die Mundwinkel erdwärts. Das BKA versteinerte. Die Bundeswehr errötete. Der Verfassungsschutz putzte sich die Nase. Der Generalstaatsanwalt räusperte sich...“

Als Kriminalkommissar Eugen de Bodt am Morgen erwacht und ins Bad geht, stellt er fest, dass er kein Wasser hat. Er ahnt nicht im geringsten, dass das der Beginn seines neuen Falls ist, denn in Friedrichshagen wird ein Ehepaar tot in der Badewanne gefunden. Der Ehemann war Direktor des Wasserwerkes. Logischerweise beginnen die Ermittlungen im privaten Umfeld.
Doch dann ergeben Nachforschungen, dass es fast zur gleichen Zeit einen ähnlichen Fall in Paris gab. Als fast zeitgleich die Oberbaumbrücke in Berlin und die Seinebrücke in Paris in die Luft gesprengt werden, erhält der Fall eine neue Dimension. Ein paar Tage später wiederholt sich das gleiche Szenarium in London.
Der Autor hat erneut einen fesselnden Thriller mit brisanter politischer Thematik geschrieben. Die Geschichte hat mich schnell in ihren Bann gezogen, zumal ich einigen alten Bekannten wieder begegnen durfte.
Der Schriftstil ist ausgereift und abwechslungsreich. Das beginnt schon damit, dass die Protagonisten gut charakterisiert werden. De Bodt lässt sich nicht in ein Korsett zwängen. Er sagt, was er denkt, stößt gern seine Vorgesetzten vor den Kopf, geht eigene Wege und lotet die Grenzen der Legalität aus. Seine besondere Begabung liegt aber in seinem konsequent logischen Denkvermögen und seiner Fähigkeit, einen Fall auch aus ungewöhnlichen Blickwinkel zu betrachten.
Kommissar Leblanc in Paris muss ähnlich wie de Bodt erleben, dass man versucht, ihn aufs Abstellgleis zu schieben. Ihm fehlt allerdings die Kraft, sich erfolgreich dagegen zur Wehr zu setzen. Dadurch erkennt er auch nicht das Potential seines jungen Kollegen Floire, der mit seiner unkonventionellen und unbekümmerten Art frischen Wind bringt. Er hat mehrmals ein Lächeln auf meine Lippen gezaubert.
Als besonderes Stilmittel lässt mich der Autor an den Gedanken der Täter teilnehmen, das heißt derjenigen, die die Anschläge geplant haben. Gekonnt wird ihre Angst dargestellt, denn sie wissen nicht, wer ihre Auftraggeber sind und was mit ihnen passiert, wenn sie nicht mehr gebraucht werden.
Obiges Zitat zeigt, dass manche Situationen mit wenigen, aber aussagekräftigen Sätzen auf den Punkt gebracht werden. Als die Ermittlungen immer mehr ins Stocken geraten, wird de Bodt wieder hinzugezogen. Vorher hat man mehrere seiner Warnungen ignoriert. Während einer Besprechung legt er seine Sicht der Dinge da und spricht die gefahren und mögliche Ursachen an. Die Reaktion ist im Zitat dargestellt.
Ein feiner Sarkasmus durchzieht die Geschichte, wie der folgende Ausspruch zeigt, dem de Bodt einem Amerikaner entgegenhält, dessen Entscheidung und Aussage er braucht:
„...Ihre Staatsanwälte sind doch ziemlich humorlos. Ihre Gefängnisse gleichen Legebatterien...“
Natürlich gibt es bei der Ausweitung der Ermittlungen die üblichen Verdächtigen. Doch denen fehlt für das geschickte Vorgehen entweder das Geld oder die Logistik. Bedauerlicherweise blockiert Großbritannien die Zusammenarbeit.
Gekonnt werde ich in de Bodts Gedankengänge mit einbezogen und darf sämtliche Umwege mitgehen. Fachliche Grundlagen werden allgemeinverständlich erläutert. Ich denke dabei insbesondere an die Erklärung für Hedgefonds.
Nicht nur im Großen wird gezeigt, wie Recht und Gesetz ausgehebelt werden. Eine kleine, aber feine Geschichte im Roman zeigt, wie schnell im persönlichen Bereich Moral und Ethik den Bach runter gehen, wenn man Blut geleckt hat und glaubt, das Recht auf Rache in die eigenen Hände nehmen zu dürfen.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. In einer fesselnden Handlung wird ein Szenarium aufgebaut, dass hoffentlich nie wahr wird. Ich möchte meine Ausführungen mit einem Zitat de Bodts beenden, das fast am Anfang des Buches fällt und am Ende seine Bestätigung findet:
"...Wir müssen unsere Werte gegen die eigenen Leute verteidigen, nicht gegen Terroristen..."

Veröffentlicht am 24.08.2017

Silvanas neue Liebe

Auf den Wellen des Glücks
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„...Wenn du gehen wolltest, bist du gegangen. Ohne Rücksicht auf die Scherben, die du hinterlässt...“

Die 52jährige Silvana ist auf einer Kreuzfahrt. Seit etwa zwei Jahren hält sie zu Männer Abstand. ...

„...Wenn du gehen wolltest, bist du gegangen. Ohne Rücksicht auf die Scherben, die du hinterlässt...“

Die 52jährige Silvana ist auf einer Kreuzfahrt. Seit etwa zwei Jahren hält sie zu Männer Abstand. Zu viele Beziehungen sind schon in die Brüche gegangen. Dann aber gibt es an Bord einen Tanzabend. Sie dreht mit Marcos Costales nicht nur eine Runde.
Die kurze Geschichte spielt vor dem Roman „Körbchen mit Meerblick“, in dessen Mittelpunkt Silvanas Tochter Melli steht.
Die Erzählung lässt sich zügig lesen, ist spannend geschrieben und hat mich sofort in ihren Bann gezogen.
Marcos ist nicht nur gut aussehend, sondern auch vermögend. Silvana ist eine Frau, die sofort aus einer Bindung ausbricht, wenn sie sich eingeengt fühlt.
Der Schriftstil ist ausgefeilt. Im kurzen Prolog gibt es ein Wiederlesen von Schoki, Mellis Hund. Er stellt die Verbindung zwischen beiden Büchern her. Der Kürze der Geschichte ist es geschuldet, dass sich die Beziehung Silvana und Marcos relativ schnell entwickelt. Sehr behutsam und gekonnt werden die sexuellen Szenen beschrieben. Geschickt geht Marcos mit Silvana um. Er weiß, dass sie keine einfache Frau ist. Einerseits möchte er sie nicht bedrängen, andererseits möchte er ihr zeigen, dass er für sie da ist. Natürlich liest sich die Erzählung stellenweise wie ein modernes Märchen. Das relativiert sich aber, wenn man Silvanas Probleme mit Männern kennt. In einem kurzen Gespräch mit Melli werden die angedeutet, denn die Tochter hatte unter der Ruhelosigkeit und Bindungsunfähigkeit der Mutter zu leiden.
Obiges Zitat stammt von Marco. Er macht Silvana damit klar, dass er ihre Probleme kennt, aber damit umgehen kann. Gewünscht hätte ich mir, die Reaktion vom Marcos` Eltern auf Silvana mitzubekommen.
Die Geschichte hat mir sehr gut gefallen. Ich freue mich auf die Fortsetzungen.

Veröffentlicht am 22.08.2017

Blick in die Zukunft

Homo Deus
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„...Vor 20000 Jahren verfügte der durchschnittliche Sapiens vermutlich über eine höhere Intelligenz und bessere Fertigkeiten beim Werkzeugbau als der durchschnittliche Sapiens von heute...“

Das Buch gliedert ...

„...Vor 20000 Jahren verfügte der durchschnittliche Sapiens vermutlich über eine höhere Intelligenz und bessere Fertigkeiten beim Werkzeugbau als der durchschnittliche Sapiens von heute...“

Das Buch gliedert sich in vier Teile. In der umfangreichen Einleitung beschäftigt sich der Autor mit der menschlichen Agenta. Darin belegt er mit Zahlen, wie wir zunehmend Hunger, Krieg und Krankheit in den Griff bekommen. Als Ziele des 21. Jahrhunderts prognostiziert der Autor den Kampf gegen den Tod und für das persönliche Glück. Dabei geht er davon aus, dass es der Biotechnologie gelingen wird, den menschlichen Körper zu optimieren. Schon in diesem Abschnitt finden sich eine Reihe provozierender Thesen. Damit bin ich als Leser gezwungen, mich mit den Themen auseinanderzusetzen, sie im Licht der eigenen Erfahrung zu beleuchten und ihre Realisierbarkeit abzuschätzen. Letztendlich läuft es auf die Frage hinaus, inwieweit ich bereit wäre, diese Entwicklung mit zu gehen und wo ich Möglichkeiten sehe, dem entgegen zu wirken.
Im nächsten Abschnitt beschäftigt sich der Autor mit der Frage, was den Menschen vom Tier unterscheidet und woran es liegt, dass wir zu Leistungen fähig waren, die Tiere nie erreicht haben. Kritisch beleuchtet er unseren Umgang mit Tieren. Überzeugend ist er immer dann, wenn er Entwicklungsstadien der Menschheit analysiert und in Beziehung zur Gegenwart stellt. Zu obigen Zitat wird sich jeder Leser die eigene Meinung bilden. Andererseits bricht er den Rückgriff auf Ursachen immer dann ab, wenn er die Frage nach dem „Woher“ nicht rational beantworten kann.
Das menschliche Handeln wird als Folge biochemischer Algorithmen dargestellt. Auch Gefühle sind nichts anderes als Algorithmen.
Im nächsten Kapitel geht es darum, welchen Sinn der Mensch dem Leben gibt oder im Leben sieht. Die meisten Religionen legt er sofort al menschliche Phantasiegebilde zur Seite. Sie werden bestenfalls kurz gestreift. Der Humanismus, seine Entstehung und sein zu erwartender Niedergang werden allerdings ausführlich analysiert.
Die letzten Seiten wenden sich der Zukunft zu. Datenströme und hochintelligent Maschinen sind das wesentliche Thema dabei.
Der Schriftstil verlangt ein konzentriertes Lesen. Fachbegriffe werden erstaunlich weit gefasst. Der Begriff des Algorithmus wurde anschaulich erläutert, wichtige Eigenschaft aber hat der Autor ignoriert. Auch hätte ich den Kommunismus nie als Religion betrachtet und den Nationalsozialismus nicht in die Kategorie Humanismus eingeordnet.
Von einem Fachbuch erwarte ich, dass Begriffe eindeutig und klar definiert werden. Hier bleibt der Autor an vielen Stellen schwammig und begnügt sich mit Beispielen. Deutlich sagt er, was er ablehnt, hat aber dann Probleme, seine Begrifflichkeiten klar davon abzugrenzen. Er reduziert den Menschen auf einen biochemischen Algorithmus ohne eigenen Willen und Individualität, spricht aber vom inneren Selbst, ohne zu erklären, was er darunter versteht. Menschliche Entscheidungen sind seiner Meinung nach deterministisch oder zufällig. Wann was warum zutrifft, erklärt er nicht.
Sehr gelungen finde ich allerdings die sarkastische Betrachtung der momentanen politischen Lage, wie das folgende Zitat zeigt.
"...Noch nie in der Geschichte wusste eine Regierung so viel über das, was auf der Welt vorgeht - doch wenige Imperien habe auf so dämliche Weise Mist gebaut wie die Vereinigten Staaten. Sie sind wie ein Pokerspieler, der genau weiß, welche Karten seine Gegner in der Hand haben und es trotzdem schafft, jede Runde zu verlieren..."
Die häufige Wiederholung seiner Thesen hätte ich nicht gebraucht. Es mag zwar ein Stilmittel sein, um Wichtiges hervorzuheben, kann aber mit der Zeit nerven. Am Ende weist er darauf hin, dass all seine Prognosen nur ein Spiel mit Möglichkeiten sind und dass alles auch ganz anders kommen kann.
Vielfältiges Bildmaterial veranschaulicht die Ausführungen.
Eine Danksagung, vielfältige Anmerkungen und ein Register vervollständigen das Buch.
Insgesamt hat mir das Buch gut gefallen. Es hat mich stellenweise intellektuell gefordert, auch wenn ich in grundlegenden Fragen mit der Meinung des Autors nicht konform gehe, da ich ein anderes Welt- und Menschenbild habe.
Mit einem Blick des Autors in die Zukunft möchte ich meine Rezension abschließen:
"...Als das Auto die Pferdekutsche ersetzte, haben wir die Pferde nicht optimiert - Wir haben sie in den Ruhestand geschickt. Vielleicht ist es Zeit, das Gleiche mit Homo sapiens zu tun..."