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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 01.12.2017

Das Wichtige im Leben

Meer als Alles.
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„...Was sie wollten, war die totale Kontrolle, und die gab es nicht. Das hatten sie nur, im Gegensatz zu den Fischern, noch nicht ganz begriffen...“

Der Autor kommt auf einer kleinen Insel an. Er beschreibt ...

„...Was sie wollten, war die totale Kontrolle, und die gab es nicht. Das hatten sie nur, im Gegensatz zu den Fischern, noch nicht ganz begriffen...“

Der Autor kommt auf einer kleinen Insel an. Er beschreibt detailgenau die Ankunft, den kleinen Hafen und die Menschen, die ihm begegnen. Obiges Zitat gilt den Touristen, die Probleme mit dem Wetter haben. Die Fischer akzeptieren es so, wie es ist.
Fünf Tage wird der Autor auf der Insel bleiben. Er freut sich auf das Wiedersehen mit dem jetzt 86jährigen Leif. 12 Jahre sind seit ihrer letzten Begegnung vergangen.
Der Autor hat eine Gegenwartsgeschichte erzählt, die in die Tiefe geht und wesentliche Fragen des Lebens berührt. Ich kenne die beiden Vorgängerbände nicht, hatte aber kein Problem, der Handlung zu folgen. Schnell wird deutlich, dass Leif für den Autor in vielen Dingen richtungsweisend war. Das Buch wird als Buch für Männer bezeichnet. Dies kann man so sehen, muss man aber nicht in jedem Detail.
Der Schriftstil besticht durch seine Exaktheit. Das betrifft nicht nur die Beschreibung von Land und Leuten sowie die vielfältigen Informationen über das Angeln an der See. Es gilt ebenso für die Gespräche der beiden Männer. Ereignisse beim Angeln werden in neue Zusammenhänge gestellt, beleuchtet und interpretiert. Jeder Tag trägt eine besondere Aussage in sich. Leifs Lebensweisheit wirkt nie aufgesetzt. Er versteht es, mit schönen Beispielen und gekonnten Sprachbildern seine Ansicht darzulegen. Der Autor findet häufig Beispiele aus seinem Leben und seinen Erfahrungen, die die Aussagen vertiefen. Nicht jeden Gedanken trage ich in voller Konsequenz mit. Dass mag durchaus daran liegen, dass ich als Frau ab und an einen anderen Blickwinkel habe, nimmt dem Buch aber nichts von seinem wertvollen Inhalt.
Am ersten Tag geht es um das Leben im Hier und Jetzt. Schön fand ich die Aussage, dass die Vergangenheit oft für eine Zeit der Wunden, die Zukunft für eine Zeit der Ängste steht. Beide thematisieren das Wandern der Gedanken, Unkonzentriertheit und die Angst, die Kontrolle im Leben zu verlieren.
Am zweiten Tag unterhalten sie sich darüber, dass mancher nie vom Junge zum Mann gereift ist, obwohl es äußerlich anders aussieht. Ein Zitat bringt ihre Gedanken auf den Punkt:
„...Kleine, bedürftige Jungs tanzen nur um sich selbst und können deshalb auch nicht empathisch sein oder ihr Wissen großzügig teilen. Sie haben mit sich selbst zu tun!...“
Dieser Gespräche sind eingebettet in die Zeit des Angelns, der Beobachtung der Vögel oder dem Sitzen am Lagerfeuer.
Gut gefallen hat mir der Bezug auf David. Leif gibt den fünf Steinen eine völlig eue Bedeutung.
Am dritten Tag diskutieren sie über die Visitenkarte des Lebens. Selbst politische oder wirtschaftliche Themen werden angesprochen. Dazu gehört die Überfischung der Meere und die Zucht gewisser Fischarten.
Über all dieser Zeit aber liegt unbewusst die Atmosphäre des Abschiednehmens. Ursache dafür ist nicht die Tatsache, dass der Autor die Insel nach fünf Tagen verlassen wird. Er weiß, das er Leif nie wiedersehen wird. In jedem Wort und jeder Geste ist zu spüren, dass es die letzten Tage für Leif sind. Er nimmt bewusst Abschied – vom Angelplatz, vom Meer, von dieser Welt. In ihm steckt die feste Gewissheit, dass der Tod nicht das Ende ist.
Schöne Fotos vom Meer, häufig ganzseitig, strahlen Ruhe aus und sind die passende Illustration für das Buch.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es geht der Frage nach dem Sinn des persönlichen Lebens auf den Grund und lässt mich nachdenklich zurück.

Veröffentlicht am 29.11.2017

Hochwertiges Kinderbuch

Mit dem Orient-Express nach Paris
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Der Vater des 14jährigen Sinan ist Kaufmann in Konstantinopel. Gemeinsam fahren sie im Jahre 1889 mit dem Orient-Express nach Paris. Auf dem Bahnsteig stößt Sinan fast mit dem Küchenjungen Pierre zusammen. ...

Der Vater des 14jährigen Sinan ist Kaufmann in Konstantinopel. Gemeinsam fahren sie im Jahre 1889 mit dem Orient-Express nach Paris. Auf dem Bahnsteig stößt Sinan fast mit dem Küchenjungen Pierre zusammen. Als im Zug eine Baronin behauptet, dass ihr die Uhr gestohlen wurde, machen sich Sinan und Pierre auf die Suche.
Der Autor hat nicht nur ein spannendes Kinderbuch geschrieben, sondern obige Geschichte gekonnt mit Sachinformationen verknüpft. Meiner Meinung nach handelt es sich um ein Sachbuch mit einer fesselnden Rahmenhandlung. Großen Anteil an der Hochwertigkeit des Buches hat auch der Illustrator.
Der Schriftstil der Geschichte ist der Zielgruppe angemessen. Obwohl die beiden Jungen aus völlig unterschiedlichen Ländern und gesellschaftlichen Verhältnissen kommen, entwickelt sich schnell eine Freundschaft. Gut werden die trotzdem vorhandenen Gegensätze dargestellt. Während Pierre Kartoffeln schält, essen Sinan und sein Vater Austern. Es wird deutlich, dass der Zug seinen Passagieren einen ungewöhnlichen Luxus bietet.
Ab und an werden in etwas kleinerer Schrift historische Fakten vermittelt, sei es über die Entstehung der Weltzeit, das Osmanische Reich oder Österreich-Ungarn. Anfangs gibt es eine doppelseitige Karte von Europa. An jeder Station wird die Reiseroute dann auf einer halbseitigen Karte aufgezeigt. Nicht nur die Texte enthalten Illustrationen. Auch zu Besonderheiten des Zuges gibt es ein- oder zweiseitige Bilder, sei es zum Personal oder den verschiedenen Waggons. Nicht unerwähnt möchte ich den Querschnitt der Dampfmaschine mit den dazugehörenden physikalischen Funktionsprinzip lassen.
Besonderheiten an der Strecke, so das Anhängen des Salonwagens von Königin Elisabeth von Österreich oder das Aufsteigen des bulgarischen Königs als Zugführer fehlen ebenfalls nicht.
Mehrere zweiseitige Bilder geben einen Eindruck von der Gegend, die der Zug durchquert. Auch Sehenswürdigkeiten wie der Stephansdom wurden abgebildet.
Als besonderes Stilmittel haben Autor und Illustrator an verschiedenen Stellen kleine Bildergeschichten in die Rahmenhandlung eingefügt. Sie dienen nicht nur dem Fortgang des Geschehens und der Auflockerung. Die fein ausgearbeiteten Zeichnungen wirken ansprechend. Darin kann man selbst die Mienen der Protagonisten lesen.
Auch das Cover wirkt edel. Der blau glänzende Zug vor der Landkarte zieht sofort die Blicke auf sich.
Ein informatives Nachwort ergänzt das Buch. Das Foto der beiden Jungen auf dem Rückumschlag und vor Beginn ist eine weitere schöne Idee.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Ich werde es gern in meinem Bekanntenkreis weiterempfehlen.

Veröffentlicht am 28.11.2017

Drei Jahre in Madagaskar

Schildkröten haben keinen Außenspiegel
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„...Madagaskar hat mich unglaublich freundlich empfangen. Ich habe mich, wie noch nie einem fremden Land, gleich wie zu Hause gefühlt, trotz aller Strapazen, die mit dieser Reise verbunden waren. Die Freundlichkeit ...

„...Madagaskar hat mich unglaublich freundlich empfangen. Ich habe mich, wie noch nie einem fremden Land, gleich wie zu Hause gefühlt, trotz aller Strapazen, die mit dieser Reise verbunden waren. Die Freundlichkeit der Menschen und die lustige Sprache sagen mir, ich habe mein Lieblingsland gefunden...“

Obige Worte sind das Fazit der Autorin nach mehreren Reisen nach Madagaskar. Die Autorin ist Biologin und beschäftigte sich in ihrer Doktorarbeit mit dem Brutverhalten der madagassischen Strahlenschildkröte.
In dem Buch beschreibt sie Episoden ihrer Reise. Dabei wird in jeder Zeile deutlich, wie sehr sie Land und Leute mag. Allerdings ist das Leben in Madagaskar nicht einfach. Pünktlichkeit ist ein Fremdwort. Die Bewohner nehmen das Leben gelassen. Was heute nicht wird, wird morgen. Detailgenau erzählt die Autorin von den Reisen durch das Land, von ihrer Arbeit im Naturschutzpark und von den vielfältigen Begegnungen mit der einheimischen Bevölkerung.
Der Schriftstil lässt sich angenehm lesen. Selbst in schwierigsten Situationen klingt ein feiner Humor durch. Den braucht sie auch, wenn eine Fahrt mit dem Taxi Brousse, wie dort die Kleinbusse heißen, bei knapp 100 km auch mal mehrere Stunden dauern kann. Außerdem ist man dabei den Einheimischen sehr nah, denn die Fahrzeuge sind in der Regel überfüllt.
Auch eine Schifffahrt mit der Piroge führt zu ungeahnten Erlebnissen.
Bei einer Rikscha, einer sogenannten Pussy-Pussy, tauscht sie kurzerhand mit dem Fahrer den Platz, um ein Gefühl für die Anstrengung der Arbeit zu bekommen.
Gut vorgestellt wird die Familie, bei der sie während ihrer Forschungen wohnte. Diese ist zwar ziemlich geschäftstüchtig und erwartet, dass die vazaha, wie die Fremden genannt werden, ab und an finanziell mithilft. Das relativiert sich aber, wenn ich als Leser erfahre, dass sie höchstens ein Kind auf eine bessere Schule schicken können. Die Freigiebigkeit der Autorin hatte zur Folge, dass sie Traditionen des Volkes kennenlernen durfte, die normalerweise den Fremden verschlossen bleiben. Dazu gehören nicht nur die verschiedene Feste und Feiern mit reichhaltigem Essen, sondern selbst die Begleitung der Jungen ins Krankenhaus zur Beschneidung.
Auch die Schwierigkeit in der Arbeit mit den Schildkröten wird detailgenau dargestellt.
Flöhe, Malariamücken. Giftschlangen können durchaus gefährlich oder zur Plage werden. Auf viele Annehmlichkeiten unserer Zivilisation gilt es zu verzichten. Das aber wird aufgewogen durch die Freundlichkeit und Unvoreingenommenheit der Bevölkerung.
Eine Karte von Afrika und Madagaskar, ein ausführliches Glossar und viele beeindruckende Fotos ergänzen das Buch.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Es hat mir Einblick in eine Lebenswirklichkeit gegeben, die von unserer Wohlstandswelt sehr weit entfernt ist. Und trotzdem zeigen die Bewohner Zufriedenheit und Gelassenheit.

Veröffentlicht am 26.11.2017

Mit Herz und Tiefe

Winterglitzern
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„...Aber sie favorisierte die Unabhängigkeit und Selbstständigkeit von Katzen. Man musste mit ihnen nicht Gassi gehen, sondern durfte sich glücklich schätzen, wenn sie einem ihre Aufmerksamkeit schenkten...“

Es ...

„...Aber sie favorisierte die Unabhängigkeit und Selbstständigkeit von Katzen. Man musste mit ihnen nicht Gassi gehen, sondern durfte sich glücklich schätzen, wenn sie einem ihre Aufmerksamkeit schenkten...“

Es ist 10 Jahre her, dass Bree ihre Heimat in England verlassen hat, um als Katalogmodel in Amerika zu arbeiten. Vor allem ihre Mutter hat das nie als vernünftige Arbeit akzeptiert.
Mittlerweile drängen neue und jüngere Models auf den Markt. Bree muss sich langsam Gedanken über ihre berufliche Zukunft machen. Da erreicht sie ein Anruf ihres Vaters. Die Mutter muss zur Operation ins Krankenhaus und er bittet Bree, ihm im B & B zu helfen.
Ben Barnes arbeitet in der Hotelkette bei Mr. Miller in London. Seit seiner Trennung von Imogen, der Tochter des Chefs, ist er sich seiner Position nicht mehr sicher. Er liebäugelt mit einer beruflichen Veränderung. Imogen hatte nie Verständnis dafür, dass für ihn erst die Arbeit und dann das Vergnügen kam und dass er keine Sondervergünstigungen wollte.
Nun erhält Ben den Auftrag, sich ein altes Herrenhaus in St. Barth anzusehen und zu testen, ob es sich als Hotel eignet. Er mietet sich zusammen mit seinem Hund als angeblicher Schriftsteller in das B & B von Brees Eltern ein.
Die Autorin hat einen humorvollen Liebesroman mit Tiefgang im weihnachtlichen Cornwall geschrieben.
Der Schriftstil wirkt locker, ändert sich aber bei ernsten Themen. Dazu gehören die ersten Gespräche von Bree mit ihrer Mutter. Deren Kälte ist mit den Händen greifbar.
Bree hat nun Zeit, über ihr weiteres Leben nachzudenken. Ein Besuch beim Arbeitsamt lässt sie frustriert zurück Das folgende Zitat bringt das Problem genau auf den Punkt:

„...Wenn man nicht wusste, was man wollte, halfen sie einem nicht. Wenn man wusste, was man wollte, brachte man sie nicht...“

Für mich als Leser ist das Knistern zwischen Ben und Bree recht schnell spürbar. Doch vor einem Mehr liegen hohe Hürden. Ben ist nicht der, für den er sich ausgibt. Bree möchte mit Ben ins Bett, ist aber nicht an einer langfristigen Beziehung interessiert. Ben ist ein gebranntes Kind und will kein Verhältnis, dass keine Zukunft hat.
Natürlich haben bei dieser Autorin auch vierbeinigen Protagonisten ihren festen Platz. Bens Hund braucht dringend eine Erziehung. Bree, von der das Eingangszitat stammt, nimmt eine verletzte Katze auf, die ihr über den Weg gelaufen ist.
Auf eines kann sich Bree immer verlassen – auf den Beistand ihrer Freundinnen. Der Zusammenhalt hat sich in den vergangenen 10 Jahren nicht geändert. Dabei scheuen sie sich allerdings nicht, ihr notfalls deutlich die Meinung zu sagen.
Zu den Höhepunkten gehören die gut ausgearbeiteten Gespräche. Der Dialog mit der Mutter ist hart und voller Spannung, im Freundeskreis dominiert Leichtigkeit und Humor. Die Gespräche mit Ben führen ab und an zu Missverständnissen.
Land und Leute werden ausreichend beschrieben. Auch die Schattenseiten der Berufswelt kommen nicht zu kurz, wie das folgende Zitat von Ben beweist.

„...Das Hamsterrad sieht nur von innen wie eine Karriereleiter aus..“

Es zeigt außerdem, dass die Autorin das Spiel mit passenden Metaphern beherrscht und auch sarkastisch werden kann.
Ein Glossar, vier Rezepte und ein Nachwort vervollständigen das Buch.
Die Geschichte hat mir ausgezeichnet gefallen. Ich freue mich auf den nächsten Teil.

Veröffentlicht am 25.11.2017

Fesselnder historischer Roman

Das Gold des Lombarden
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„...Ich glaube, dass Euer Gemahl Euch einen gefährlichen Sumpf hinterlassen hat, den Ihr derzeit bei waberndem Nebel und leider nur mit halb geöffneten Augen durchwandert...“

Wir schreiben das Jahr 1423. ...

„...Ich glaube, dass Euer Gemahl Euch einen gefährlichen Sumpf hinterlassen hat, den Ihr derzeit bei waberndem Nebel und leider nur mit halb geöffneten Augen durchwandert...“

Wir schreiben das Jahr 1423. Vor einem halben Jahr hat die 20jährige Tuchhändlerstochter Aleydis den 56jährigen Lombarden und Geldwechsler Nicolai Golatti geheiratet. Er ist ein Freund ihres Vaters. Trotz des Altersunterschiedes hat es Aleydis gut getroffen. Das liegt an seinem freundliches Wesen und seine Großzügigkeit. Außerdem vertraut er Aleydis die Führung seiner Rechnungsbücher an, denn er weiß um ihre Begabungen.
Doch dann nimmt ihr Leben eine unerwartete Wendung. Nicolai wird erhängt aufgefunden. Aleydis besteht darauf, ihren Mann sehen zu dürfen. Danach weist sie darauf hin, dass er ermordet wird und verlangt die Aufklärung des Verbrechens. Damit beauftragt wird der Kölner Gewaltrichter Vinzenz van Cleve.
Die Autorin hat einen fesselnden historischen Roman geschrieben. Das Buch hat mich schnell in seinen Bann gezogen. Einmal begonnen fällt es schwer, es aus der Hand zu legen.
Aleydis ist eine selbstbewusste junge Frau. Doch nun muss sie erfahren, dass ihr Mann zwei Gesichter hatte. Er war nicht nur der liebevolle Ehemann und großzügige Vater, sondern auch ein gerissener Kreditgeber, der notfalls seine Forderungen mit Gewalt durchsetzte. Seine Tochter Cathrein lebt bei den Beginen. Sie ist Aleydis beste Freundin und etwa im gleichen Alter. Nach einer Ehe voller Gewalt lässt sie keine Männer mehr an sich heran. Golatti hat seine Enkeltochter Ursel bei sich aufgenommen.
Vinzenz van Cleve gilt als harter, aber gerechter Mann. In seinem Auftreten wirkt er düster und schafft so eine gewisse Distanz zu seinem Gegenüber. Sein Vater Georg ist ebenfalls Geldwechsler und Golattis härtester Konkurrent.
Der Schriftstil des Buches ist ausgefeilt. Sehr gut wiedergegeben werden die Verhältnisse im mittelalterlichen Köln. Obiges Zitat stammt von van Cleve. Es zeigt, dass die Autorin das Spiel mit Worten und Metaphern beherrscht. Entgegen der damaligen Sitte hat Nicolai seine Frau als Alleinerbin eingesetzt. Damit hat sie nach seinem Tod alle Hände voll zu tun. Sie muss sich in seine Geschäfte einarbeiten, möchte aber an der Aufklärung des Verbrechens beteiligt werden. Andererseits versuchen diejenigen, die vor ihrem Mann gekuscht haben, sich nun an ihr schadlos zu halten. Zu den Höhepunkten gehören für mich die fein ausgearbeiteten Dialoge zwischen Aleydis und van Cleve. Beide schenken sich nicht. Hart prallen die Fronten aufeinander. Dabei zeigt van Cleve allerdings auch eine unerwartete Seite. Er legt Wert darauf, dass Aleydis in der Lage ist, sich gegen Angreifer zu verteidigen, denn seiner Meinung nach ist sie in Gefahr. Bei den Gesprächen ist das Knistern zwischen beiden in jeder Zeile spürbar. Für Aleydis ist es eine neue Erfahrung, dass ein Mann sie erregt. Mit den Gefühl kann sie wenig anfangen und hält deshalb Abstand. Van Cleve hat nach seiner letzten Ehe einen harten Panzer um sein Herz gelegt. Der soll auf keinen Fall brechen.
Die Mordermittlungen gestalten sich schwierig. Galotti hatte sich viele Feinde gemacht. Nicht jeder Befragte sagt die Wahrheit.
Geschickt hat die Autorin Informationen über alte Bekannte aus anderen Serien eingebaut. Wer diese Bücher nicht kennt, wird aber nichts vermissen. Ich denke dabei insbesondere an Elsbeth, die die Vorsteherin der Dirnen in einem gehobenen Haus in der Schwalbengasse ist.
Sehr ausführlich wird das Geldwesen der damaligen Zeit beschrieben. Die Ausgabe von Wechsel und der Umtausch in anderen Währungen gehören dazu. Erstaunt war ich, dass es damals schon Strafzölle gab, wenn ein Kredit vorzeitig zurückgezahlt wurde.
Nicht unerwähnt möchte ich lassen, das auch viele Nebenfiguren gut charakterisiert werden. Das trifft insbesondere auf die Bediensteten in Galottis Haushalt zu.
Eine Karte von Köln, ein ausführliches Personenverzeichnis und ein inhaltsreiches Nachwort ergänzen das Buch.
Der Roman hat mir ausgezeichnet gefallen. Er ist eine gekonnte Mischung aus Historie und Krimi.