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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 28.10.2017

Wissenschaft und Ethik - unbedingte Leseempfehlung

Supermacht Wissenschaft
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„...Ziel dieses Buches ist es, die Leserinnen und Leser auf eine aufregende Reise mitzunehmen, die uns in die Welt der Möglichkeiten unserer eigenen Zukunft führt...“

Dieses Zitat befindet sich im Vorwort ...

„...Ziel dieses Buches ist es, die Leserinnen und Leser auf eine aufregende Reise mitzunehmen, die uns in die Welt der Möglichkeiten unserer eigenen Zukunft führt...“

Dieses Zitat befindet sich im Vorwort des Buches. Ich habe mich auf diese spannende Reise begeben. Es geht um nichts weniger als die Frage, wie wir in Zukunft leben wollen und welche Weichen wir dafür heute stellen müssen.
Dazu hat der Autor das Buch in drei Teile gegliedert, die wiederum verschiedene Schwerpunkte enthalten.
Im ersten Teil listet der Autor in je einem Abschnitt 14 Schlüsseltechnologien auf; zeigt, wie weit der medizinische Fortschritt schon ist und wohin die Entwicklung gehen könnte; weist in fünf Abschnitten auf die Gefahren ungebremster technologischer Entwicklung hin und beschreibt, welche Veränderungen am Menschen selbst möglich und denkbar sind. Ein Zitat fast den Kern gut zusammen:
„...Dramatisch sind nicht die Veränderungen selbst, sondern vor allem die wachsende Geschwindigkeit des Wandels...“
Die wissenschaftlichen Ausführungen werden anschaulich und allgemeinverständlich an Beispielen erklärt. Trotzdem sollte der künftige Leser über eine solide Allgemeinbildung verfügen und Freude am Mitdenken haben. Gut gefallen mir die häufigen Hinweise auf die ethische Seite der wissenschaftlichen Leistungen. Schon hier fragt er nach den Konsequenzen unseres Tuns. Er belegt, dass die meisten Forschungsergebnisse zwei Seiten haben. Sie können zum Nutzen der Menschheit oder deren Schaden eingesetzt werden.
Im zweiten Teil befasst sich der Autor mit Themen, die dabei sind, sich unserer Kontrolle zu entziehen. Hier möchte ich meinen Ausführungen ein Zitat voranstellen:
„...Der technische Fortschritt entwickelt sich exponentiell. Für unsere geistigen Fähigkeiten gilt das nicht...“
Anfangs beschäftigt sich der Autor mit dem Thema Datensicherheit und zeigt auf, wie leichtfertig wir unsere Daten zur Verfügung stellen. Schnell kommt er dann zu Quantencomputern und Künstlicher Intelligenz. Hier werden ethische Fragen vertieft, denn es geht um den Kern unseres Menschseins. Wie gehen wir mit Technologien um, die uns eines Tages überlegen sein könnten? Was machen virtuelle Welten mit uns? Das sind nur zwei der Fragen, die der Autor von mehreren Seiten beleuchtet. Letztendlich geht es darum, die Kontrolle über mögliche Entwicklungen zu behalten.
Im dritten Teil wendet sich der Autor Fehlentwicklungen zu und macht konkrete Lösungsvorschläge. Dabei bezieht er sich auf positive Strategien im Wissenschaftsbetrieb.
Kritisch betrachtet er momentane Entwicklungen, bringt eine spirituelle Komponente ins Spiel und fasst seine Forderungen in einem Manifest zusammen.
Der Schriftstil des Buches lässt sich angenehm lesen. Natürlich erfordert das Buch die Bereitschaft, sich mit komplexen Themen zu befassen. Die Lösungsvorschläge des Autors sind konkret und bilden alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens ab. Sein Vision ist eine Möglichkeit, die Zukunft zu gestalten. Ab und an hat sie fast utopische Züge, doch ohne ein Vorausdenken kann uns die Entwicklung überrollen. Sehr gut gefallen hat mir, dass wesentliche Gedanken grau unterlegt und damit hervorgehoben wurden. Die Arbeit mit Aufzählungen unterstützt den Lesefluss. Zitate werden in Fußnoten belegt. Ein Literaturverzeichnis und ein Register ergänzen das Buch.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Das Besondere daran ist, dass nicht nur Schwarz oder Weiß gemalt wird, sondern schwierige Fragen komplex betrachtet werden. Gleichzeitig wird der Leser nicht mit den Problemen allein gelassen, sondern er hat Gelegenheit, sich seine Meinung über angebotene Lösungsmöglichkeiten zu bilden.
Mit einem Zitat möchte ich meine Rezension beenden:
„...Die gesellschaftliche Gesamtheit muss entscheiden, was wir wollen und wohin es gehen soll, nicht einzelne Interessenvertreter oder Experten...“

Veröffentlicht am 28.10.2017

Schüleraustausch der besonderen Art

Besuch Aus Tralien
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„...So ein Fest hat sich noch niemand ausgedacht. So ein Fest ist ein Geschenk. Für mich. Ich bin willkommen. Ich bin eine Familie...“

Die Familie wartet auf die Nachricht von Piet. Er ist als Austauschschüler ...

„...So ein Fest hat sich noch niemand ausgedacht. So ein Fest ist ein Geschenk. Für mich. Ich bin willkommen. Ich bin eine Familie...“

Die Familie wartet auf die Nachricht von Piet. Er ist als Austauschschüler nach Australien gereist und müsste endlich seine Ankunft mitteilen. Als die Nachricht eintrifft, erfahren die Eltern auch, dass ihr Gast schon am Flughafen wartet. Doch Dave ist kein normaler Austauschschüler. Nur das Baby der Familie erkennt sofort, wer da angereist ist: ein Krokodil, das sich benimmt wie ein Junge.
Der Autor hat ein tiefgründiges und abwechslungsreiches Kinderbuch zum Thema Integration geschrieben. Schwierig finde ich es, das Buch altersmäßig zuzuordnen. Am ehesten passt es meiner Meinung Mitte der Grundschulzeit, also ab 8 Jahre.
Dave muss sich in der neuen Welt zurechtfinden. Der Autor erzählt nicht nur, wie die Eltern mit ihm umgehen und auf seine Besonderheiten reagieren, sondern lässt auch Nachbarn und Bekannte zu Wort kommen. Dadurch ergeben sich eine Vielzahl von Meinungen. Einige fordern, dass sich der Junge den hiesigen Begebenheiten anpassen muss. Vorreiter ist dabei der Schuldirektor, der das Thema Integration völlig falsch verstanden hat.
Dann organisieren die Eltern eine Party, bei der sich jeder an Dave orientiert, sei es in der Kleidung oder im Verhalten. Daraus stammt obiges Zitat. Nun fühlt sich Dave angenommen.
Der Schriftstil zeichnet sich durch seinen Abwechslungsreichtum aus. Der Kontakt zu Piet in Australien erfolgt über wenige SMS. Außerdem werden die Sätze und Gedanken jeder Person in einer anderen Schriftgröße oder Schriftfarbe wiedergegeben. Daves Farbe ist Grün. Die Worte des Babys sind kursiv gedruckt und die des Vaters fett. So weiß der Leser immer, mit wem er es gerade zu tun hat. Die Verständigung, die die Eltern anfangs in Englisch versuchen, wird sofort unter dem Text übersetzt. Natürlich gibt es auch das eine oder andere Fremdwort. Das halte ich aber in einem solchen Buch für legitim. Es gibt viele humorvolle Szenen. Insbesondere fällt mir dabei das Kapitel im Zoo ein. Die folgenden Zeilen zeigen, wie Dave das sieht:
„...Ein dressierter Mensch in Gummistiefeln! Die Robben rufen und er bringt Futter!...“
Manche Sätze haben fast philosophische Charakter. Das betrifft insbesondere Piets Erkenntnisse nach der Rückkehr.
Ich als Leser weiß sofort, dass Dave ein Krokodil ist, denn das vermitteln mir die farbigen und schön gestalteten Zeichnungen. Auch hier werden kleine, aber feine Nuancen gesetzt. So ist die Seite dunkelblau, wenn sich das Geschehen in der Nacht abspielt.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Auf unterhaltsame Art wird hier ein schwieriges Thema für junge Leser aufgearbeitet. Es geht um die Frage, wie man mit jemand umgeht, der nicht ins altbekannte Schema passt. Sehr gut fand ich, dass die Eltern an einigen Stellen völlig neue Einsichten gewannen, so unter anderem wo es ums sogenannte deutsche Essen ging.

Veröffentlicht am 27.10.2017

Überraschende Reise

Zitrönchen
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„...Jos Schmetterling sorgte nun durch ein nervöses Flattern für ein Gefühl, das sich nicht gut anfühlte. Wieso wollte Seba was mit den Eltern besprechen und nicht mit ihnen?...“

Sebas Beinbruch heilt ...

„...Jos Schmetterling sorgte nun durch ein nervöses Flattern für ein Gefühl, das sich nicht gut anfühlte. Wieso wollte Seba was mit den Eltern besprechen und nicht mit ihnen?...“

Sebas Beinbruch heilt nicht so gut wie gehofft. Deshalb kann er das Training nicht immer übernehmen. Außerdem reagiert er ungerecht. Davon ist insbesondere Mücke, Jos kleine Schwester, betroffen. Und dann sind Jo und die anderen Reiter auch verunsichert, weil Seba eine Besprechung mit den Eltern angesetzt hat, wie das obige Zitat zeigt. Gibt es Probleme mit dem Reiterhof?
Auch im fünften Band der Reihe erzählt die Autorin eine spannende Geschichte aus dem Alltag der jungen Reiterinnen und Reiter.
Der Schriftstil ist der Zielgruppe angemessen. Er liest sich lockerleicht. Trotzdem geht die Erzählung in die Tiefe. Dieses Mal setzen sich Jo und ihre Freunde mit falschen Verhalten auseinander. Gemeinsam entscheiden sie, wie sie auf Sebas Ungerechtigkeit reagieren sollen. Dabei lassen sie nicht außer Acht, dass er momentan ziemliche Sorgen hat. Solange er nicht völlig gesund ist, fehlen wichtige Einnahmen für den Hof.
Gut gefallen hat mir, dass sich die Jugendlichen an Jos Oma ein Vorbild nehmen. Sie macht gegenüber Seba zwar ihren Standpunkt klar, vermeidet aber Streit und Auseinandersetzung.
Viel Wert legt die Autorin auf die Emotionen ihrer Protagonisten. Mückes Freude, als sie das erste Mal auf Bruschetto reiten darf, ist in jeder Zeile spürbar. Sie erlebt, dass andere ihren Fähigkeiten mehr vertrauen als sie selbst, und lässt sich darauf ein.
Dass Pferde Lebewesen sind und die Gerte das schlechteste Mittel der Wahl, wird am konkreten Beispiel und während einer spannenden Szene thematisiert. Mir gefällt, wie das Verantwortungsbewusstsein der jungen Leute von Band zu Band zunimmt.
Natürlich wird auch Bezug auf die Vorgängerbände genommen. Jo weiß immer noch nicht, woher Zitrönchen Buckelphasen kommen, und Mücke schreibt sich eifrig mit dem Vorbesitzer von Bruschetto.
Im positiven Sinne amüsant finde ich die Gespräche der Reiter mit ihren Pferden. Kimba und Zitrönchen reagieren auf Fragen häufig wie gewünscht.
Auch dieser Band hat mir ausgezeichnet gefallen. Die Geschichte wird spannend erzählt, bringt Probleme auf den Punkt und bietet Lösungen an. Die Krönung war die neue Protagonistin Yuki, die mit viel Phantasie eine neue Farbe ins Spiel bringt.

Veröffentlicht am 24.10.2017

Eine berührende Geschichte

Die Rückkehr des Erben
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„...Zum ersten Mal in seinem Leben hatte er einen anderen Menschen in sein Herz geschlossen und ihn wieder verloren. Gefühle der Trauer übermannten ihn und erschütterten sein Innerstes...“

Harriet und ...

„...Zum ersten Mal in seinem Leben hatte er einen anderen Menschen in sein Herz geschlossen und ihn wieder verloren. Gefühle der Trauer übermannten ihn und erschütterten sein Innerstes...“

Harriet und Franny sind Angestellte bei Lady Charlotte Greenwold. Momentan sind sie dabei, für Waisenkinder einen Ferienurlaub vorzubereiten. Als es an der Tür klopft und eine ärmlich gekleidete Frau nach der Lady fragt, schickt Franny sie fort.
Eduards Vater führt eine Beerdigungsfirma in London. Er ist vorwiegend für Armenbegräbnisse zuständig. Eduard muss seinen Vater zu den Toten begleiten und ihnen zur Hand gehen. Zwei Tage später bekommt Eduard mitgeteilt, dass sein Vater tödlich verunglückt ist. Er selbst landet im Waisenhaus von Mr. Creek.
Die Autorin hat einen spannenden historischen Roman geschrieben. Es gibt einen Vorgängerband. Obwohl ich ihn nicht kenne, hatte ich kein Problem, der Handlung zu folgen. Ab und an gibt es kurze Hinweise auf vergangene Geschehnisse.
Die beiden ersten Absätze geben die zwei Handlungsstränge wieder, mit denen das Buch beginnt. Relativ schnell werden sie für mich als Leser, allerdings nicht für die Protagonisten, zusammengeführt. Eduard ist Charlottes Halbbruder. Mr. Creek hat ihm deshalb in seinen Plänen eine besondere Rolle zugedacht.
Der Schriftstil des Buches lässt sich angenehm lesen. Beide Seiten der damaligen englischen Gesellschaft werden detailliert beschrieben. Das betrifft zum eine das dörfliche Leben, in deren Mittelpunkt Lord und Lady Greenwold stehen, zum anderen die düsteren Armenviertel von London. Es ist bedrückend zu lesen, welche Zustände dort herrschen.
Im Waisenhaus befreundet sich Eduard mit William. Natürlich dürfen weder Mr. Creek noch die Erzieherin davon wissen, denn der Junge hat Tuberkulose und wird im Keller versteckt. Die beiden unterhalten sich weniger über ihre jetzigen Probleme. William glaubt, dass es für ihn eine Welt gibt, wo es ihm besser geht und es keine Not und Krankheit gibt. Deshalb sieht er auch seinem Tod gelassen entgegen. Eduard bleibt traurig zurück. Das bringt das obige Zitat zum Ausdruck.
Zur Handlung möchte ich nichts weiter schreiben. Die inhaltliche und stilistischen Höhepunkt sind für mich einige tiefgreifende Gespräche. Dabei geht es um Vertrauen und Mitgefühl. Lady Charlotte ist bereit, jedem, der Hilfe braucht, ihre Tür zu öffnen. Ihr Mann sieht das anders. Er weist auf Gefahren hin. Seine Ansichten überdenkt er allerdings, als er sich mit seinem Onkel Theodor unterhält. Der alte Herr zeichnet sich durch Weisheit und Menschenkenntnis aus. Franny dagegen, die sich viel auf ihr Gespür einbildet, muss erkennen, dass sie sich in zwei Fällen grandios geirrt hat. Ihre Ansichten werden eher durch Äußerlichkeiten beeinflusst. Ein geschickter Schauspieler hat mit ihr leichtes Spiel. Allerdings gefällt mir ihr trockener Humor. Für eine Bedienstete der damaligen Zeit nimmt sie sich manchmal viel heraus.
Und dann gibt es im Ort noch Mrs. Lydia Earling
Ihr Leben hat sie zu einer Frau voller Barmherzigkeit gemacht. Mit Glaubensfragen geht sie sehr offen um und stellt im Gebet auch außergewöhnliche Fragen. Folgende Worte stammen von ihr:
„...Entscheidend ist, das wir das Beste für andere Menschen geben, auch wenn unser eigenes Herz am Bluten ist...“
Die Geschichte entwickelt relativ schnell einen hohen Spannungsbogen. Hass und Habgier treffen auf Liebe und Hilfsbereitschaft. Es gilt, Entscheidungen zu fällen, die auch an die Substanz gehen können. Dabei spielen die Emotionen der Personen an vielen Stellen eine bedeutende Rolle.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen und mein Interesse am ersten Band geweckt.

Veröffentlicht am 21.10.2017

Integration mit Humor

Die unglaublichen Abenteuer des Migranten Nemec
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"...Das Wichtigste im Leben ist, Farbe zu bekennen. Egal, wie viele eine andere Farbe tragen..."

Lolek Nemec ist 1988 aus der Tschechoslowakei nach Deutschland geflohen. Hier hat er sich mittlerweile ...

"...Das Wichtigste im Leben ist, Farbe zu bekennen. Egal, wie viele eine andere Farbe tragen..."

Lolek Nemec ist 1988 aus der Tschechoslowakei nach Deutschland geflohen. Hier hat er sich mittlerweile integriert. Doch nun wird er angeklagt, sein Abiturzeugnis gefälscht zu haben und landet vor Gericht. Dort redet er den Richter in Grund und Boden. Ihm wird auferlegt, Sozialstunden in einem Flüchtlingsheim abzuarbeiten. Er landet in einem Flüchtlingsheim in der Nähe von München.
Der Autor hat ein ernstes Thema in einer amüsanten Handlung verpackt.
Schon seine Protagonisten sind etwas Besonderes, sei es die Heimleiterin Bruni oder der Hausmeister Frank Ott. Beide haben ein großes Herz für die ihnen anvertrauten Migranten. Das hindert Bruni aber nicht daran, für Disziplin und Ordnung zu sorgen und wenn notwendig, auch deutliche Worte zu sprechen. Gleichzeitig motiviert sie die Flüchtlinge zum Erlernen der deutschen Sprache und hat dabei verblüffende Erfolge.
Ihnen gegenüber steht der Bürgermeister des Ortes, der jede Gelegenheit nutzt, gegen die fremden Stimmung zu machen.
In diese Gemengelage passt Nemec hervorragend herein. Er profitiert von seinen eigenen Erfahrungen in Flüchtlingslagern.
Und dann gibt es noch Anna, eine junge Frau im Ort, mit der Nemec mehrmals im wahrsten Sinne des Wortes zusammenstößt.
Der Schriftstil des Buches zeichnet sich durch seinen Humor aus. Das belegt das folgende Zitat.
"...Dass ein Mann einer Frau nie widersprechen sollte, hat meine Mutter mir mit Hilfe eines großen Holzlöffels beigebracht..."
Es stammt von Nemec und zeigt ein häufig genutztes Stilmittel. In schwierigen Situationen erzählt Nemec Geschichten aus seiner Kindheit. Immer steht seine Mutter im Mittelpunkt. Für mich ergibt sich aus diesen Erzählungen das Bild einer starken, durchsetzungsfähigen Frau, die trotzdem ein großes Herz für ihre Mitmenschen hatte.
Das Eingangszitat ist ein Beispiel dafür, dass neben Ironie und Humor auch eine Spur Philosophie im Buch zu finden ist. Zu beiden Stilelementen hätte ich eine Reihe von Zitaten anfügen können.
Der Autor verschweigt bei aller Leichtigkeit nicht, das es natürlich auch Probleme im Zusammenleben gibt. Anna zum Beispiel fühlt sich belästigt, wenn ihr junge Männer nachpfeifen. Geschickt wird allerdings vermittelt, das es gleiche Verhaltensweisen auch unter der eingesessenen Bevölkerung gibt.
Dorschden mit seinem sächsischen Dialekt mit bayrischer Note, um die Formulierung des Autors zu verwenden, fällt durch seine Fremdenfeindlichkeit besonders auf, bekommt aber von einer Thüringerin geschickt Paroli geboten.
Nemec hat als Tscheche einen besonderen Blick auf Deutschland. Er sieht sehr viel Positives, kommentiert aber auch negative Entwicklungen. Vor allem die deutsche Bürokratie mit ihren Risiken und Nebenwirkungen kommt bei ihm nicht gut weg. Gut bekommt es dem Buch, dass Nemec Vergleiche zieht zwischen seinem eigenen Erleben als Flüchtling und dem, was er nun erlebt. Es gibt Gemeinsamkeiten, aber auch Unterschiede. Es ist nicht einfach, Menschen mit völlig verschiedenen Lebenserfahrungen und kulturellen Hintergründen unter einem Dach zu vereinen. Unterschwellig wird deutlich, das die Kinder beim Spiel kaum Probleme im Umgang miteinander haben.
Auf dem Umschlag wird das Buch als Schelmenroman bezeichnet. Das passt. An manchen stellen fühlte ich mich an „Die Geschichte des braven Soldaten Schwejk“ erinnert.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Es regt zum Nachdenken über unser Verhalten an, nimmt Vorurteile gekonnt auf die Schippe und stellt Menschlichkeit ins Zentrum des Handelns. Das abschließende Zitat bringt das ganze nochmals auf den Punkt:
"...Jeder Mensch muss wissen, dass der andere auch ein Mensch ist..."