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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 12.11.2016

Casellis neuer Fall

Römische Verdächtigungen
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„...Die Teutonen haben noch auf den Bäumen gehockt, als Rom längst ein Weltreich war!...“

Simona ist Kunststudentin in Rom. Sie will ihren Vater besuchen, wird ihn aber nie erreichen. Man findet sie mit ...

„...Die Teutonen haben noch auf den Bäumen gehockt, als Rom längst ein Weltreich war!...“

Simona ist Kunststudentin in Rom. Sie will ihren Vater besuchen, wird ihn aber nie erreichen. Man findet sie mit zerschlagenem Gesicht in einer Straßenecke. Der Fall landet bei Commissario Caselli.
Anhand ihrer wertvollen Ohrringe konnte Simona identifiziert werden. Zwei Tage später meldet sich Philipp Mortan, ihr englischer Cousin, der sich gerade in Rom aufhält, ihr Bild in der Zeitung gesehen und sie erkannt hat.
Die Autorin hat einen spannenden Krimi geschrieben. Das Buch lässt sich zügig lesen. Es ist der dritte Fall mit Caselli. Auf die Vorgängerbände gibt es kaum Hinweise. Die habe ich auch nicht vermisst. Dafür aber gibt es Andeutungen, warum Caselli seine Heimat Sizilien verlassen musste.
Die Protagonisten werden gut charakterisiert. Caselli nimmt seine Arbeit ernst. Er mag Ordnung und Ruhe. Beides wird in dem Fall empfindlich gestört. Allerdings hat er damit zu kämpfen, dass seine langjährige Freundin Dora in Sizilien zurückgeblieben ist. Er hat die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass sie ihn nach Rom folgt.
Sein Kollege Scurzi hat ebenfalls private Probleme. Der jüngste Sohn ist kränklich. Das belastet die Ehe.
Der Fall führt die Kriminalisten in die Kunstszene. Geschickt hat die Autorin dabei zwei völlig unterschiedliche Männer kreiert. Roland Krogmann hat in Deutschland alles verloren und das nie verkraftet. Er versucht nun, sich ein neues Leben aufzubauen. Simona hat ihn aufgebaut und Lebensmut gegeben.
Der Kunstproffessor Alfiero Attardi dagegen ist von sich eingenommen. Er leidet an Selbstüberschätzung und Selbstbeweihräucherung. Mit den Kommissaren spielt er Katz und Maus. Simona hat ihm Modell gesessen.
Der Schriftstil ist dem Genre angemessen. Dazu gehören aussagekräftige Dialoge. Sehr schöne Sprachbilder findet die Autorin für die Beschreibung von Sizilien. Daran ist Casellis Sehnsucht nach der Heimat spürbar. Auch die Örtlichkeiten in Rom werden ausführlich dargestellt. Neben der Ermittlungsarbeit vermittelt die Autorin Informationen über verschiedene Kunstformen. Das ergibt sich einfach im Handlungsverlauf und passt ins Gefüge des Geschehens. Ich mag es, wenn ich bei einem Krimi nicht nur mit raten darf, sondern auch Wissen über die anliegenden Themen erhalte. Attardis Begeisterung für Edelsteine und ihre Wirkungen gehören genauso dazu wie die Ausführungen zu verschiedenen Geheimbünden. Ab und an blitzt ein feiner Humor auf. Obiges Zitat stammt von Scurzi nach der telefonischen Vernehmung von Simonas ehemaligen Freund Michael von Weilershausen.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Die Handlung war geschickt aufgebaut und wurde konsequent zu Ende geführt.

Veröffentlicht am 04.11.2016

Spannung pur

Der Nostradamus-Coup
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„...Und sollten Sie auf den Gedanken kommen, auf eigene Faust Recherchen anzustellen, dann unterzeichnen Sie Ihr Todesurteil...Geben Sie mir das Buch oder vernichten Sie es selbst. Es gibt Dinge, an die ...

„...Und sollten Sie auf den Gedanken kommen, auf eigene Faust Recherchen anzustellen, dann unterzeichnen Sie Ihr Todesurteil...Geben Sie mir das Buch oder vernichten Sie es selbst. Es gibt Dinge, an die rührt man besser nicht...“

Obige Mahnung erhält Finch von Khamis Al-Gaddafi, als sich die Wege der beiden in Tunis trennen. Doch Finch wäre nicht Finch, wenn seine Neugier dadurch nicht besonders geweckt worden wäre. Dem Gespräch war einiges vorausgegangen.
Finch hatte sich eine alte DC-3 zugelegt. Die stand auf dem libysche Flughafen Ghad irgendwo im Nirgendwo und wurde dort flugtüchtig gemacht. Zusammen mit Amber Rains wollte er die Maschine nach Tunis fliegen. Beim Abflug stand Gaddafi vor ihm. Finch hatte keine Wahl und musste ihn und seinen Begleiter Umar mitfliegen lassen. Doch einem Finch droht man nicht. Bei einem gewagten Flugmanöver wurde Gaddafi verletzt. Sein Begleiter Umar starb an Genickbruch. Dabei fiel Finch ein Notizbuch in die Hände. Sein Inhalt, insbesondere ein Bild, war Thema des obigen Gesprächs.
Der Autor hat einen fesselnden und abwechslungsreichen Thriller geschrieben. Es ist der dritte Roman, in dem der begnadete Flieger Finch im Mittelpunkt steht. Auch einige weitere Bekannte durfte ich beim Lesen wiedertreffen. Die Geschichte hat mich schnell in ihren Bann gezogen. Die knapp 800 Seiten verflogen wie nichts.
Schnell merkte Finch, dass Gaddafis Warnung nicht aus der Luft gegriffen war. Er wurde zum Gejagten. Dabei suchte er nur nach Informationen über ein Bild, das sich im Notizbuch befunden hatte. Die eigentliche Entschlüsselung der sprachlichen Inhalte legte er in die Hände eines englischen Kryptologen.
Der Schriftstil des Buches ist gewohnt abwechslungsreich. Das beginnt schon damit, dass mehrere Handlungsstränge anfangs nebeneinander laufen. Erst im Laufe der Geschichte werden nach und nach die Zusammenhänge aufgedeckt. In einem dieser Nebenlinien spielt Alexander Reiter die Hauptrolle. Er bringt gestohlene Kunstwerke ihren Besitzern zurück. Und dann führt mich der Autor weit zurück in die Vergangenheit. In der Zisterzienserabtei Cambron ist 13. Jahrhundert ein besonderes Dokument angefertigt worden. Auch die jüngere Vergangenheit spielt eine Rolle. Bei der Besetzung des Klosters Admont in der Steiermark war die SS im Jahre 1939 nicht zimperlich. Menschenopfer waren im Vorab eingeplant. Was aber hat all das mit einem Bild des Malers Poussin zu tun?
Neben rasanten Abschnitten gibt es Momente der Ruhe. Ernste Themen wechseln mit humorvollen Sprachstil. Finchs spitze Zunge ist nicht zu unterschätzen. Llewellyns Humor bringt eine besondere Facette in die Geschichte. Dabei gehören gut herausgearbeitete Dialoge zu den Glanzleistungen des Buches, sei es zwischen Finch und Llewellyn oder Sanseverino und Maria, um nur zwei Beispiele zu nennen, die sprachlich und inhaltlich völlig gegensätzlich ablaufen. Sarkastische Bemerkungen über die politische Lage und Moral dürfen nicht fehlen. Treffende Megapher finden sich an vielen Stellen. Die Protagonisten werden gut charakterisiert. Dazu gehört auch, dass ich vielfältige Informationen über wichtige Lebensabschnitte in ihrer Vergangenheit erhalte. Das gilt selbst für sogenannte Nebenrollen. Da Finch von Kunst nicht allzu viel versteht, war das für den Autor die Gelegenheit, mir als Leser Wissen über Bilder und Kunsthandel zukommen zu lassen. Gleiches gilt für die Geschichte der Handlungsorte. Als Beispiel möchte ich Kloster Admont herausgreifen. Nach dem Lesen des Buches kenne ich nicht nur seine Historie, sondern wurde genau über das Bauwerk und seine Besonderheiten unterrichtet. Auch die österreichische Nachkriegsgeschichte wird thematisiert.
Immer neue Ideen sorgen für eine Erhöhung des Spannungsbogens. Die Geschichte liest sich wie ein Wettlauf um die Entschlüsselung des Buches. Nicht nur Geheimdienste, auch was in der Unterwelt Rang und Namen hat, ist hinter Finch und seinem Wissen her. Dabei ergeben sich ungewöhnliche Koalitionen. Mathematische Spielereien und Grundlagen der Kryptologie gehören zum Handwerkszeug für die Lösung des Rätsels.
Einige Bilder von Poussin veranschaulichen die Geschehen und zeigen die Besonderheit der Gemälde.
Das Cover mit der DC-3 passt perfekt zur Handlung.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Es steckt voller ungewöhnlicher Ideen und bleibt trotzdem an den meisten Stellen nahe an der Realität. Der Autor beherrscht die Fähigkeit, auf dem schmalen Grat zwischen Wirklichkeit und dichterischer Freiheit gekonnt zu balancieren.