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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 13.12.2018

Komplexer Krimi

Lange Schatten
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„...Vanetti ging in die Hocke und nahm den Anblick des Toten in sich auf. Jeder Mensch ist ein Abgrund, es schwindelt einen, wenn man hinabsieht. Wie recht der Schriftsteller Georg Büchner gehabt hatte...“

Emil ...

„...Vanetti ging in die Hocke und nahm den Anblick des Toten in sich auf. Jeder Mensch ist ein Abgrund, es schwindelt einen, wenn man hinabsieht. Wie recht der Schriftsteller Georg Büchner gehabt hatte...“

Emil Luginbühl begleitet die Bundesrätin Kolliker als Sicherheitsbeauftragter. Kurz bevor sie das Haus betreten, fällt ein Schuss. Emil ist sofort tot, die Bundesrätin wurde nicht getroffen.
In der Schweiz ist gerade Wahlkampf. Damit liegt der Verdacht nahe, dass der Anschlag politisch motiviert war. Doch der Bundespolizist Axel Vanetti hat seine Zweifel.
Der Autor hat erneut einen spannenden und vielschichtigen Krimi geschrieben.
Die Ermittler stehen praktisch vor dem Nichts. Als es den nächsten Toten gibt, dieses Mal einen Arzt, scheinen alle Theorien in sich zusammen zu fallen.
Der Schriftstil lässt sich gut lesen. Er unterstützt die rasante Handlung. Dabei lässt er Autor gekonnt einige Handlungsstränge parallel laufen. Zum einen geht es um die Ermittlung im Falle der Toten, zum anderen darf ich das Team des 53 Jahre alten ehemaligen Schauspielers Oli Schwarz beim Wahlkampf begleiten und im dritten Strang kämpft die Journalistin Zoe Zwygart darum, endlich einen Exklusivartikel für ihre Zeitung schreiben zu dürfen.Dem kommt sie erstmals sehr nahe, als ihr Dinge zugespielt werden, die mit den Morden zu tun haben könnten. Allerdings ahnt sie nicht, dass sie sich selbst in Lebensgefahr befindet.
Nach und nach kristallisieren sich verschiedene Motive heraus. Plötzlich gewinnt ein einschneidendes Ereignis aus der Vergangenheit wieder an Bedeutung.
Zu den stilistischen Feinheiten gehören die Gespräche zwischen Vanetti und Zwygart. Die beiden schenken sich nichts. Hier treffen zwei starke Persönlichkeiten aufeinander, die sich im Laufe der Ermittlungen schätzen lernen.
Gleichzeitig lässt mich der Autor die fiesen Methoden des Wahlkampfs erleben. Wie skrupellos mancher dabei agiert, zeigt das folgende Zitat.

„...Das ist doch das Herrliche an der ganzen Sache. Ich musste gar nichts vertuschen, der Deal wurde von ganz oben eingefädelt. Ein paar einflussreiche Politiker stünden mit heruntergelassenen Hosen da, wenn alles an die Öffentlichkeit käme...“

Erst am Ende wird das ganze Ausmaß der Verschleierung und Vertuschung klar. Persönliche Eitelkeiten, dubiose Geschäftsmethoden und die gekonnte Manipulation von Menschen mit ihren Ängsten und ihren Sorgen gehen eine unheilige Allianz ein.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Der Autor beherrscht nicht nur das Spiel mit den Worten, sondern auch die Konstruktion eines komplexen Plots

Veröffentlicht am 29.11.2018

Zauberhafte Weihnachtsgeschichte

Weihnachtswunder in den Bergen
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„...Wisst ihr, […] genauso ist es, wenn Gottes Licht in unser Leben fällt. Mit einem Mal verblassen, nein, verschwinden unsere eigenen, selbst entzündeten Lichtquellen in ihm, und alles erstrahlt im reinsten ...

„...Wisst ihr, […] genauso ist es, wenn Gottes Licht in unser Leben fällt. Mit einem Mal verblassen, nein, verschwinden unsere eigenen, selbst entzündeten Lichtquellen in ihm, und alles erstrahlt im reinsten Glanz...“

Der alte Bauer Hannes trauert um seine Frau. Außerdem stören ihn die vielen Veränderungen, die Sabrina, die Schwiegertochter,einführt. Deshalb entschließt er sich kurz vor Weihnachten auf die Hütte in die Alm zu ziehen. Seine Gedanken klingen so:

„...Der Frieden, den er – alleine für sich – auf der Alm zu finden gedachte, war ihm mehr wert als alles andere...“

Der sechsjährige Julius wünscht sich zu Weihnachten viel Schnee und eine Herberge. Der Schnee könnte wahr werden, denn die Familie will die Feiertage in den Bergen verbringen. Julius` Mutter ist schwanger. Sie bittet deshalb ihre Schwester Chrissi, mit den Zwillingen Julius und Josie schon einmal in die Hütte zu fahren. Die Eltern wollen zwei Tage später nachkommen.
Die Autorin hat eine berührende Weihnachtsgeschichte geschrieben. Der Schriftstil ist dem Thema angemessen.
Gut charakterisiert werden die Protagonisten. Die Zwillinge Josie und Julius sind wie Tag und Macht. Julius ist ruhig und nachdenklich, Josie sehr lebhaft. Sie kann nicht lange still sitzen.
Auf der Anreise gerät Chrissie mit den Zwillingen in einen Schneesturm. Sie biegt falsch ab und hat einen Unfall. Zu Fuß erreichen sie Hannes` Hütte. Für Julius hat sich damit ein Gebet erfüllt. Die Hütte ist für ihn die gewünschte Herberge. An vielen Stellen wird deutlich, dass Julius trotz seiner sechs Jahre fest im glauben steht.
Sehr detailliert wird erzählt, wie sich das Zusammenleben auf engsten Raum gestaltet. Nicht nur bei Hannes hinterlassen die Tage Spuren. Es wird für alle ein besonderes Weihnachtsfest.
Die Geschichte hat mir ausgezeichnet gefallen. Gekonnt verbindet die Autorin das Weihnachtsgeschehen zu Jesu Geburt mit dem Erleben der Protagonisten.

Veröffentlicht am 27.11.2018

Eine kleine Kostbarkeit

Hildegards Schatzkiste
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„...Gott wird vom Menschen erkannt, und um des Menschen willen hat Gott alle Geschöpfe erschaffen...“

Nach einem Vorwort lässt das handliche Büchlein in acht Kapiteln das Leben der Hildegard von Bingen ...

„...Gott wird vom Menschen erkannt, und um des Menschen willen hat Gott alle Geschöpfe erschaffen...“

Nach einem Vorwort lässt das handliche Büchlein in acht Kapiteln das Leben der Hildegard von Bingen lebendig werden.
Das Vorwort gibt einen Einblick in die vielfältigen Lebensaufgaben von Hildegard. Im ersten Kapitel wird ihr Wirken behandelt. Es wird dargelegt, dass sie vielfältig interessiert war und häufig bei praktischen Arbeiten selbst Hand mit angelegt hat.
Die folgende sieben Kapitel sind dann ähnlich aufgebaut. Zuerst gibt es zum gewählten Thema hinweisende Ausführungen. Danach folgen Originalzitate der Hildegard von Bingen.
Im dritten Kapitel geht es um Gott, Mensch und die Welt. Das Eingangszitat stammt aus diesem Abschnitt.
Danach folgen Ausführungen zum Thema Männer und Frauen. Hildegard wusste als Nonne erstaunlich gut über den weiblichen Körper Bescheid. Zur Frage der Menstruation sagt sie:

„...Das Bächlein der Zeit der Monatsblutung ist bei der Frau ihre zeugende Lebenskraft und Blüte, die in der Nachkommenschaft Laub trägt...“

Auffallend ist die bildhafte Sprache der Autorin.
Im fünften Kapitel geht es um Lebensführung und Wohlergehen. Einige ihrer medizinischen Ausführungen sind noch heute aktuell. Vor allem mit ihrer Forderung nach sauberen Wasser war sie ihrer Zeit voraus.
Nun folgen Hinweise zur gesunden Ernährung. Sie schätzte Dinkel und Hafer sowie vielfältige Gewürze. Ihre Aussagen zu Fischen und deren Lebensweise zeigen, dass sie eine gute Beobachterin war. Bei mehreren Krankheiten empfiehlt sie Bier.
Verschiedene Rezepte vervollständigen das Kapitel.
Im siebten Abschnitt gibt es Hinweise zur Erziehung und zum gedeihlichen Umgang miteinander. Auch wenn die Sprache in unseren Ohren ungewohnt klingt, kann der folgende Ratschlag problemlos auf das Heute übertragen werden:

„...Ein Meister der Seelenführung aber wird sowohl die Stärke als auch die Schwäche sowie die sonstigen Eigenschaften seiner Untergebenen, ferner die Art seiner Verfehlung sorgfältig abwägen...“

Das letzte Kapitel enthält einige der Liedtexte und der Gebete von Hildegard.
Quellenhinweise schließen das Büchlein ab.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Durch die Originalzitate wirkt es authentisch und zeichnet ein umfassenden Bild einer Frau, die sich in einer von Männer beherrschten Welt bewährt und durchgesetzt hat.

Veröffentlicht am 25.11.2018

Fesselnd, düster, vielschichtig

Die Melodie der Schatten
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„...Plötzlich überkam sie Mitleid mit diesem Mann, den sie bis vor wenigen Tagen noch nicht einmal gekannt hatte und der seither immer wieder Unbehagen, Unsicherheit und Furcht in ihr hervorrief...“

Wir ...

„...Plötzlich überkam sie Mitleid mit diesem Mann, den sie bis vor wenigen Tagen noch nicht einmal gekannt hatte und der seither immer wieder Unbehagen, Unsicherheit und Furcht in ihr hervorrief...“

Wir schreiben das Jahr 1837. Fiona Hemington, Tochter eines schottischen Richters, ist mit ihrer Tante in einer Kutsche in den Highlands unterwegs. Sie soll nach dem Tode der Mutter bei der Tante in Edinburgh leben. Plötzlich bleibt die Kutsche stehen. Trotz Verbots der Tante verlässt Fiona den Wagen, um zu sehen, was passiert ist. Das rettet ihr das Leben. Nur mit den Sachen, die sie am Leib trägt, erreicht sie nach einem Marsch durch Kälte und Regen ein Herrenhaus. Dort trifft sie auf Laird Aidan, den Hausherrn.
Die Autorin hat einen spannenden und abwechslungsreichen historischen Roman geschrieben. Die Geschichte zeichnet sich durch einen hohen Spannungsbogen aus. Sie hat mich schnell in ihren Bann gezogen.
Die Personen werden gut charakterisiert. Fiona ist eine junge Frau, die besondere Begabungen hat. Ihr Vater aber sah das anders und hat sie im Haus versteckt. In seinen Augen war sie nicht vorzeigbar.
Aidan hütet ein dunkles Geheimnis. Er gibt sich Fiona gegenüber herrisch, bestimmend und abweisend. Schon auf den ersten Seiten wird klar, dass ihn ihr Name bekannt ist. Manche seiner Aussagen wirken mysteriös, so als er zu Fiona sagt:

„...Ja, ich neige sogar zu der Ansicht, dass Sie noch nicht einmal wissen, wer Sie selbst sind...“

Für Fiona ist das Herrenhaus anfangs ein Haus des Schreckens. Sie glaubt, des Nachts Musik und ein Klopfen zu hören. Eigenartige Träume verunsichern sie. Außerdem fühlt sie sich überwacht.
Der Schriftstil ist ausgereift und unterstützt die fesselnde Handlung. Zu den sprachlichen Höhepunkten gehören für mich die Gespräche zwischen Aidan und Fiona. Anfangs vor allem von Aidans Seite durch Überheblichkeit und Ablehnung gekennzeichnet, ändert sich ihr Charakter nach und nach. Dann gibt es Dialoge zwischen ihnen, die mehr verschweigen als sie aussagen. Beide lernen, das der andere vielleicht doch nicht der ist, wie sie ihn am Anfang eingeschätzt haben. Aus Fionas Worten spricht viel Bitterkeit, wenn sie formuliert.

„...Ich glaube daran, weil ich weiß, dass ein Leben ohne Liebe die Hölle seine kann...“

Aidan hatte sie gefragt, ob sie an Liebe und Vergebung glaubt. Er begreift ebenfalls, dass Fiona nicht das charakterliche Ebenbild ihres Vaters ist.
Völlig gegensätzlich sind die Gespräche von Fiona mit dem örtlichen Pfarrer und seiner Frau. Während erstere sie mit Klatsch und Tratsch versorgt und ihr Unbehagen eher stärkt als abzubauen, hält sich der Pfarrer seltsam bedenkt.
Durch Aidan erhält Fiona einen neuen Blick auf Schottland. Sie erfährt,dass das Land nach dem letzten Niederlage seine Seele verloren hat. Aidan sieht seine Heimat so:

„...Er liebte den Anblick eines heranbrechenden Morgens, die Sonne, die sich ihren Weg durch die Wolkendecke bahnte, den aufsteigenden Nebel vertrieb und schließlich das Land in Licht tauchte...“

Das Zitat zeigt, dass die Autorin das Spiel mit Worten und Metaphern ausgezeichnet beherrscht.
Als Leser darf ich verfolgen, wie Fiona an Selbstbewusstsein gewinnt und Schritte unternimmt, die Geheimnisse des Hauses zu ergründen. Gleichzeitig gewinnt sie zunehmend die Anerkennung der Bewohner.
Es gibt weitere interessante Facetten und Handlungsstränge. Die darf der zukünftige Leser selbst erkunden, denn sonst müsste ich zu tief in die Handlung einsteigen.
Jedes Kapitel beginnt mit einem Zitat des schottischen Dichters Robert Burns in Englisch. Außerdem wurde die deutsche Übersetzung abgedruckt.
Zu Beginn des Buches befindet sich eine historische Karte Schottlands. Im Anhang geht die Autorin ausführlich auf verschiedene Aspekte der Handlung und ihre historischen Wurzeln ein. Ein Glossar, Stöbertipps, schottisch-gälische Ausdrücke und zwei Personenverzeichnisse, getrennt nach historisch belegt und von der Autorin kreiert, ergänzen das Buch.
Das Buch im Stile eines schottischen Schauerromans hat mir ausgezeichnet gefallen. Es zeigt an vielen Stellen von ausführlichen Recherchen der Autorin. Diese malt ein sehr differenziertes Bild nicht nur der Lebensverhältnisse in Schottland. Es werden sehr dunkle Kapitel der Geschichte gestreift.

Veröffentlicht am 24.11.2018

Sehr schönes Kinderbuch

Wir Mäuse
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„...Das weiche Gras streichelte und kitzelte ihre Pfoten. Es war an manchen Stellen noch feucht vom Morgentau, aber das störte Schnuffen nicht...“

Vor langer Zeit gab es einen großen Wald, in den die ...

„...Das weiche Gras streichelte und kitzelte ihre Pfoten. Es war an manchen Stellen noch feucht vom Morgentau, aber das störte Schnuffen nicht...“

Vor langer Zeit gab es einen großen Wald, in den die Menschen noch nicht vorgedrungen waren. Dort lebte die kleine Waldmaus Schnuffen in einem gemütlichen Mäusebau unter einem Baum. Als sie an der Futterstelle auf die anderen Mäuse trifft, erzählen die, dass eine neue Gattung Mäuse angekommen ist. Zusammen mit Fred will Schnuffen sie sich ansehen.
Die Autorin hat eine spannendes Kinderbuch zu den Themen Toleranz und friedliches Miteinander geschrieben.
Der Schriftstil ist kindgerecht und trotzdem abwechslungsreich. Es werden Schnuffens Erlebnisse mit ihren Freunden erzählt. Manche Erkenntnis aber gewinnt die kleine Maus durch sehr abenteuerliche Träume. Dort lernt sie zum Beispiel, dass Streit und Unfriede kein gedeihliches Miteinander ermöglichen. Hinzu kommt, dass sich die Mäuse vorsichtig im Wald bewegen müssen, denn dort lauert auch ihr Feind, die Eule.
Eine Frage bewegt Schnuffen besonders. Was haben die Fledermäuse mit dem grünen Licht zu tun, dass neuerdings in der Nacht in Schnuffens Bau dringt? Eine weise Maus fasst zusammen, worum es wirklich geht:

„...Wir sind trotz aller Verschiedenheit doch eine Familie, nämlich eine große Waldfamilie...“

Viele farbige Bilder veranschaulichen die Geschichte. Sie geben den Protagonisten ein Gesicht und zeigen, wo diese leben.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen.