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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 04.02.2023

Vielschichtiger Roman

Begegnung am Steilufer
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„...Eine Metro ist wie der Fluss des Heraklit, in den man nicht zweimal steigen kann. Nichts bleibt gleich, alles ändert sich...“

Mit einer Reise beginnt ein Buch, das sich schwer einordnen lässt, weil ...

„...Eine Metro ist wie der Fluss des Heraklit, in den man nicht zweimal steigen kann. Nichts bleibt gleich, alles ändert sich...“

Mit einer Reise beginnt ein Buch, das sich schwer einordnen lässt, weil es viele Facetten hat. Es bietet ein bisschen Phantasie, sehr viel Musik, eine Prise Literatur und zwei Zeitebenen. Immer wieder gibt es Sätze, die zum Nachdenken einladen.

„...Bücher sind wie offene Türen, die zum Monolog mit dem lesenden Ich einladen...“

Das zeigt schon, dass das Buch über einen gehobene Schriftstil verfügt.
Zwei Paare treffen sich zu unterschiedlichen Zeiten am Steilufer von Travemünde. In der Gegenwart ist das der Schriftsteller und Cellist Grigol, der ein Buch über Gogol schreibt, und die Pianist und Klavierlehrerin Lara. Beide treffen auf weitere Personen. Dabei entwickeln sich inhaltsreiche Gespräche, die ab und an ins Philosophische abgleiten.

„...Wenn die Sternbilder und die Planetenumläufe zyklisch sind, dann muss es auch die Lebenswelt sein. Alles wiederholt sich. Nichts gibt es, was nicht schon war. Und was gewesen ist, wird wieder sein...“

In der Vergangenheit stehen sich der russische Schriftteller und die Pianistin Clara gegenüber. Beide sind an einem entscheidenden Punkt ihres Lebens. Gogol ist aus St. Petersburg geflohen. Die Stadt engt ihn ein. Er wird das Manuskript seines Romans verbrennen. Für Clara ist die Zeit des Wunderkindes vorbei. Soll sie gegen den Rat ihres Vaters den Komponisten Robert Schumann heiraten?
Es geht um Träume und um die Wirkung von Musik und Kunst. Und auch die Zeit ist ein Thema.

„...Über die Zeit kann man nicht philosophieren. Das ist vertane Zeit. Zit muss man fühlen, muss man anfassen können...“

Das Besondere ist, dass es noch viele Geschichten in der Geschichte gibt. Außerdem sind Zitate aus Gogols Werken enthalten. Gerade bei ihm fühlt man, dass er ein Getriebener war. Wie sagt er selbst?

„...Ich bin weder Pole, noch Ukrainer, noch Russe...“

Eingebettet in die Handlung sind auch fantastische Szenen, so die Insel der Einhörner, auf der es zu interessanten Gesprächen zwischen Gogol und dem Mönch kommt.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen.

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Veröffentlicht am 03.02.2023

Jeder ist wertvoll

HIRNSALAT
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„...Wir machen es, so gut wir können. Könnten wir es besser machen, würden wir es tun...“

Dieser Spruch bildet den Einstieg zu einem Buch, das sich mit besonderen Kindern beschäftigt.
Vier Kinder werden ...

„...Wir machen es, so gut wir können. Könnten wir es besser machen, würden wir es tun...“

Dieser Spruch bildet den Einstieg zu einem Buch, das sich mit besonderen Kindern beschäftigt.
Vier Kinder werden vorgestellt. Man könnte auch sagen, sie stellen sich selbst vor, obwohl sie keine Ich – Erzähler sind.
Da ist Oskar, der mit Veränderungen schlecht umgehen kann. Er braucht seinen Platz auf dem Schulhof und einen bestimmten Belag auf dem Brötchen.
Lea kann sich viele Dinge nicht lange merken. Sie braucht erneut eine Aufforderung.
Noah möchte gern Lutz zum Freund, doch er muss lachen und kann nicht mehr aufhören.
Nancy ist frech. Aber wenn der Lehrer laut wird, fühlt sich das an wie Watte in ihrem Kopf.
Die Kinder bezeichnen ihr Verhalten als Hirnsalat.

„...Er macht sie einsam. Er macht, dass sie sich selbst nicht mögen. Er macht, dass immer einer ärgerlich auf sie ist...“

Kindgerecht wird erläutert, wie es zu diesen Veränderungen im Gehirn kommen kann.
Dadurch wird den Kindern klar, sie sind, wie sie sind und sie sind nicht Schuld daran.
Das Buch endet optimistisch. Der Kinder gründen den Hirnsalatclub. Jetzt begreifen auch die andere, dass diese Kinder dafür ganz besondere Begabungen haben. Viele andere schließen sich dem Club an.
Die Schrift ist groß. Die Abschnitte sind von angemessenen Umfang und klar gegliedert. Schwerpunktwörter in einzelnen Sätzen sind dick geschrieben.
Die Zeichnungen gefallen mir. Sie sind kindgerecht und bringen das Wesentliche auf den Punkt.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es zeigt, dass jeder auf seine Art anders ist und doch angenommen werden will. Die Vielfalt ist eine Bereicherung.

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Veröffentlicht am 03.02.2023

Wunderschönes Kinderbuch

Der Hund ohne Namen
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„...Unsere Geschichte beginnt in einem kleinen Dorf irgendwo auf der Welt. Es ist ein kühler Tag. Dichte Wolken verdunkeln den Himmel und überziehen das Land mit Regen...“

Mit diesen Sätzen beginnt ein ...

„...Unsere Geschichte beginnt in einem kleinen Dorf irgendwo auf der Welt. Es ist ein kühler Tag. Dichte Wolken verdunkeln den Himmel und überziehen das Land mit Regen...“

Mit diesen Sätzen beginnt ein besonderes Kinderbuch. Es zeichnet sich unter anderen durch seine wunderschönen farbigen Illustrationen aus. In diese Zeichnungen wurde der Text integriert, der ab und an auch geschwungene Zeilen enthält.
Der Text ist in der Regel kurz und leicht verständlich. Er ist kindgerecht.
In einer Scheune wurden acht Welpen geboren. Sieben davon sind strahlend weiß. Der achte ist nicht nur grau, es hat auch nur drei Beine. Doch die Hundemutter sorgt dafür, dass jeder zu seinem Recht kommt.
Nur beim Herumtollen ist der graue Welpe nicht schnell genug.
Die Zeit vergeht. Bald sollen die Welpen neue Besitzer bekommen. Wird sich auch jemand für den kleinen Grauen interessieren? Der kleine Junge Luca entscheidet sich für den Welpen.

„...Dieser Hund ist ein ganz besonderer Hund und deshalb soll er auch einen besonderen Namen bekommen. Ich werde mir das in aller Ruhe überlegen...“

Die Freundschaft zwischen Luca und seinem Hund wird sehr gut beschrieben. Beide wissen, was sie aneinander haben.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen.

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Veröffentlicht am 02.02.2023

Alma ermittelt wieder

Fräulein vom Amt – Der Tote im Kurhaus
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„...Er würde nicht schreien. Kräftige Hände packten ihn, stießen ihn, vorwärts, hinab, hinein in sein Grab...“

Mit diesen spannenden Zeilen beginnt das Buch, das im Jahre 1924 in Baden – Baden spielt. ...

„...Er würde nicht schreien. Kräftige Hände packten ihn, stießen ihn, vorwärts, hinab, hinein in sein Grab...“

Mit diesen spannenden Zeilen beginnt das Buch, das im Jahre 1924 in Baden – Baden spielt. Doch schon auf der nächsten Seite weiß ich, dass der Satz keinen wirklichen Mord beschreibt, sondern das Ende der Oper „Aida“.
Die Autorin hat erneut einen spannenden historischen Krimi geschrieben. Die Geschichte hat mich schnell in ihren Bann gezogen.
Der Schriftstil ist ausgereift. Er gibt die Zeitverhältnisse gut wieder. Dazu gehört, dass Frauen selbst Geld verdienen wollen. Außerdem ändert sich die Mode gerade und das Frauenturnen ist im Kommen. In Baden – Baden trifft sich alles, was Rang und Namen hat. Momentan sind die Ausgrabungen in Ägypten in aller Munde.
Nach der Aufführung der Oper gibt es eine Ball. In dieser Nacht aber wird der Tenor ermordet aufgefunden. Beschuldigt wird Emmis Freund, der darauf eifersüchtig war, dass Emmi wiederholt mit dem Tenor getanzt hat. Normalerweise wollte sich Alma, das Fräulein vom Amt, nicht wieder in einen Kriminalfall mischen, aber sie will Emmi nicht in Stich lassen.
Wie schon im ersten Teil wird die Arbeit in der Telefonzentrale sehr gut beschrieben. Trotz der nötigen Konzentration haben die jungen Frau ab und an noch Zeit zum Plaudern.
Alma stellt bald fest, dass es im Ensemble der Oper einige Diskrepanzen gab. Die Beziehung der Mitglieder sind schwer zu durchschauen. Der eine oder andere verschweigt, dass er den Toten schon länger kannte.
Auch die ägyptischen Artefakte, die von Lindner sammelt, werfen Fragen auf. Befinden sich da echte darunter? Wenn ja, wie ist von Lindner dazu gekommen?
Amüsant sind die Szenen in Almas Elternhaus. Die drei Generationen der Frauen haben naturgemäß unterschiedliche Ansichten. In einem allerdings scheinen sie sich einig. Wie sagt der Großmutter?

„...Männer. Wie kleine Kinder. Glaub deiner Großmaman. Das wird sich niemals ändern...“

Bei ihren Ermittlungen scheint Alma in ein Wespennest gestochen zu haben. Plötzlich wird sie selbst bedroht.
Ein Nachwort trennt Fiktion von Realität. Im Glossar gibt es unter anderen Informationen zu den historischen Persönlichkeiten, die im Buch eine Rolle spielen oder genannt werden.
Die Geschichte hat mir sehr gut gefallen.

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Veröffentlicht am 02.02.2023

Ein Lebensbild

Isidor
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„...Isidors Geschichte und die derjenigen, die ihn umgaben, zusammengesetzt aus Bruchstücken, Überlieferungen, Recherchen und Dokumenten – sie sei hier erzählt…“

Mit diesen Worten führt die Autorin in ...

„...Isidors Geschichte und die derjenigen, die ihn umgaben, zusammengesetzt aus Bruchstücken, Überlieferungen, Recherchen und Dokumenten – sie sei hier erzählt…“

Mit diesen Worten führt die Autorin in das Buch ein. Isidor war ihr Urgroßonkel.
Die Autorin hat eine intensiv recherchierte Romanbiografie geschrieben. Gleichzeitig wird hier das dunkelste Kapitel in der Geschichte von Wien deutlich.
Der Schriftstil ist über weite Strecken sachlich. Das macht manche Dinge um so eindrücklicher und erschreckender.
Walter ist der Großvater der Autorin. Er war 1938 neunzehn Jahre alt, als er Wien verlassen und nach Palästina ausgereist ist. Im Jahre 1956 kehrt er nach Wien zurück.
Dort klingelt er bei dem Hausmeisterehepaar in seinem ehemaligen Elternhaus. Die wohnen jetzt in der dritten Etage.

„...In den wenigen Sekunden, ehe sie die Tür vor Walters Nase zuschlägt, kann er einige Möbel seiner Eltern und ehemaliger Nachbarn ausmachen. Walters Wienbesuch ist beendet...“

Diese Zeilen sagen alles über die Aufarbeitung der Vergangenheit.
Den großen Teil des Buches nimmt Isidors Leben ein. Er wird in Galizien in einer strenggläubigen Familie geboren. Doch die Zeit ist im Umbruch. Nachdem der älteste Bruder seine Zukunft in Wien gefunden hat, folgen ihm die anderen Geschwister.
Isidor studiert Jura, macht den Doktor und arbeitet sich sehr schnell in der gesellschaftlichen Stellung nach oben. Er verinnerlicht die Idee eines modernen, angepassten Judentums. Heute würde man ihn als Dandy bezeichnen.
Im Ersten Weltkrieg kommt er durch geschickte geschäftliche Transaktionen zu Reichtum. Er widmet sich fortan Kultur und Kunst und wird ein leidenschaftlicher Sammler.
Noch ahnt er nicht, dass sein Reichtum sein Untergang sein wird. Er unterschätzt die Idee des Nationalsozialismus und wähnt sich unangreifbar.

„...Als assimilierter Jude der Donaumetropole sehe sich Isidor mitnichten als Teil einer fremden Nation, eine Zuweisung, die der Zionismus auch noch unterstreiche mit seiner Auffassung, die Juden sein ein eigenständiges Volk. Und Religion, so Isidor, sei überdies reine Privatsache...“

Erschreckend fand ich, wie schnell die Bevölkerung von Wien sich diesem Regime gebeugt und die Axt an die Wurzeln des Judentums in ihrer Stadt gelegt hat. Es waren jüdische Persönlichkeiten, die die Stadt zu einem Zentrum von Kunst und Kultur gemacht haben. Jetzt will der Staat deren Geld. Die eigenen Angestellten werden zu Denunzianten. Alle Wohltaten sind vergessen.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es zeigt, wie schnell in der Weltstadt Wien kleine Geister das Regime übernommen haben.

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