Platzhalter für Profilbild

mabuerele

Lesejury Star
offline

mabuerele ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit mabuerele über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 28.01.2023

Historischer Krimi in München anno 1912

Fräulein Anna, Gerichtsmedizin (Die Gerichtsärztin 1)
0

„...Obduktionsassistentin. Das klang zumindest ungeheuer wichtig. Tante Martha schrie trotzdem Zeter und Mordio, sobald sie verstanden hatte, was der Begriff bedeutete...“

Anna ist gelernte Krankenschwester. ...

„...Obduktionsassistentin. Das klang zumindest ungeheuer wichtig. Tante Martha schrie trotzdem Zeter und Mordio, sobald sie verstanden hatte, was der Begriff bedeutete...“

Anna ist gelernte Krankenschwester. Mit ihrem verwitweten Vater und mehreren jüngeren Geschwistern lebt sie auf einem bayrischen Dorf. Ihr Onkel versorgt ihr eine Stelle bei der Gerichtsmedizin in München. In der Familie gibt es unterschiedliche Meinungen dazu. Der Vater überlässt Anna die Entscheidung. Sie sagt zu.
Die Autorin hat eine spannenden historischen Krimi geschrieben, der im Jahre 1912 spielt. Die Geschichte lässt sich flott lesen. Der Schriftstil ist gut ausgearbeitet.
Kaum ist Anna an der Arbeitsstelle angekommen, wird sie gleich zur Obduktion einer Wasserleiche hinzugezogen. Doktor Gernhuber nimmt sich dabei Zeit, ihr den Sinn der Arbeit zu erklären.

„...Denken Sie immer daran, dass wir bei null beginnen müssen. Nur weil die Tote aus dem Wasser gezogen worden ist, muss sie nicht dort gestorben sein. Jemand könnte sie erstochen und danach ins Wasser geworfen haben...“

Die Tote, Adele Röckl, war einst eine berühmte Schauspielerin, die für manchen Skandal gesorgt hatte. Friedrich von Weynand, der unter anderem Namen ein Klatschblatt herausgibt, hat von den Fund der Leiche erfahren. Er fängt Anna ab und horcht sie aus. Dann erscheint ein sehr undurchsichtiger Artikel, der vieles andeutet, aber nichts beweist.
Schnell stellt Friedrich fest, dass Anna nicht so naiv ist, wie er geglaubt hat. Als sie hinter sein Vorgehen kommt, sagt sie ihm gehörig die Meinung. Für sie hat die Würde des Menschen einen anderen Wert als für den eher sarkastischen Friedrich. Das beeindruckt Friedrich.
Ich mag Friedrichs trockenen Humor. Damit überspielt er gekonnt die Baustellen in seinem Leben.

„...Nie wiehert der Amtsschimmel schöner, als wenn er Pickelhaube trägt...“

Seine politischen Einschätzungen sind erstaunlich realistisch. Das Zitat dazu wäre zu umfangreich. Doch seine Charakterisierung von Erzherzog Franz Ferdinand und dm neuen König von Bayern ist an Ironie nicht zu überbieten.
Der Fall Adele Röckl wird als Selbstmord abgehakt. Dann aber kommen neue Fakten auf den Tisch. Zusammen gehen Anna und Friedrich diesen nach. Gleichzeitig führt Friedrich Anna in die Kulturstätten Münchens ein. Er akzeptiert, dass sie dabei feste Grenzen setzt. Als Leser erhalte ich somit einen Einblick in das gesellschaftliche Leben der damaligen Zeit.
Die Ermittlung des Täters sorgt für eine handfeste Überraschung.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Anna ist eine junge Frau, die weiß, was sie will. Und mit Doktor Gernhuber hat sie einen Chef, der sie fordert und fördert.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 25.01.2023

Amüsantes Kinderbuch

Noch mehr Abenteuer mit Ratte Prinz und Rapunzel
0

„..Ich bin Prinz, eine goldfarbene Ratte aus königlichem Geschlecht. Daher beherrsche ich auch die Sprache der Menschen. Nach einer alten Prophezeiung wird mich dereinst eine Prinzessin erlösen, denn ich ...

„..Ich bin Prinz, eine goldfarbene Ratte aus königlichem Geschlecht. Daher beherrsche ich auch die Sprache der Menschen. Nach einer alten Prophezeiung wird mich dereinst eine Prinzessin erlösen, denn ich bin ein verzauberter Märchenprinz...“

Mit diesen Worten stellt sich gleich zu Beginn der Protagonist selbst vor. Anschließend macht er mich als Leser mit seiner menschlichen Familie bekannt, bei der er unterkommen ist. Rapunzel, die Jüngste, hat ihn einst aus dem Wasser gerettet.
Die Autorin hat ein amüsantes Kinderbuch geschrieben. Die Geschichten lassen sich flott lesen. Wegen angenehmer Schriftgröße, klar gegliederten Absätze, kurze Kapiteln und kindgerechter Sprache ist das Buch schon im Grundschulalter geeigneter Lesestoff.
Ratte Prinz sorgt immer wieder für Überraschungen. Ihn bei Unternehmungen auszuschließen, ist keine gute Idee. Er kennt zu viele Schlupflöcher, um doch sein Ziel zu erreichen.

„...Der große Korb mit dem Proviant steht im Flur. In den klettere ich und verstecke mich unter den Plastikteller...“

Wenn er dann in der Öffentlichkeit auftaucht, geht meist Panik los. Andererseits hat er ein offenes Ohr für seine Umgebung und bekommt eine Menge mit, was den Menschen entgeht. Das zeigt sich unter anderem bei dem Besuch im Zoo, aber auch, als er für Tim einen Freund organisiert.
Seinen trockenen Humor mag ich besonders.

„...Ständig macht mindestens einer aus der Familie auf irgendeinen Instrument Krach. Bei zwei Erwachsenen und sechs Kindern ist das schon schlimm genug. Außerdem streiten sie sich lautstark, wer das arme Klavier zuerst quälen darf...“

Kein Wunder, dass sich Prinz ab und zu nach Ruhe sehnt. Also nutzt er jede Möglichkeit, um Rapunzel auf ihren Wegen zu begleiten.
Das Buch ist wunderschön illustriert. Die Zeichnungen in Schwarz, Weiß und vielerlei Grautönen passen perfekt zu Handlung und sind detailliert ausgearbeitet.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Ich werde es gern weiter empfehlen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 25.01.2023

Ist die Erde noch zu retten?

Eichen müssen her!
0

„...Es tut mir leid, dass ich dich schon so früh verlassen muss, mein geliebter Ronan. Du warst das Beste, was mir je im Leben passieren konnte und ich danke dir für jeden gemeinsamen Tag. Bitte kümmere ...

„...Es tut mir leid, dass ich dich schon so früh verlassen muss, mein geliebter Ronan. Du warst das Beste, was mir je im Leben passieren konnte und ich danke dir für jeden gemeinsamen Tag. Bitte kümmere dich gut um die Zwillinge Finnbar und Lia...“

Mit diesen Worten verabschiedet sich Aoifa im jahre 810 von ihrem Mann. Mittlerweile sind 12 Jahre vergangen. Doch Ronan hat den Tod seiner Frau nie verwunden. Vor allem Lia leidet unter seiner Nichtbeachtung.
Was wie ein historischer Roman beginnt, entwickelt sich schnell zu einer phantasievollen Geschichte, die einen Bogen schlägt bis ins Jahr 2021. Das Buch verfügt über einen hohen Spannungsbogen. Der ergibt sich zum einen aus der Vielschichtigkeit der Handlung, zum anderen aus den komplexen und oft nicht einfachen Beziehungen der Protagonisten. Die Handlungsorte sind weit im Weltall verteilt.
Der Schriftstil ist ausgefeilt. Er passt sich gekonnt den Gegebenheiten an.
Als die Zwillinge in den Wald gehen, treffen sie auf Quistan. Er gehört zum Kleinen Volk. Ab nun n wird für die beiden nichts mehr sein wie zuvor, denn sie werden durch Bilder damit konfrontiert, dass irgendwann in der Zukunft die Erde vor ihrem Untergang steht. Es wird auch ihre Aufgabe sein, das zu verhindern.

„...Zuallererst muss man darauf achten, wenn man auf einem Planeten lebt, dass man genau aufpasst, dass es diesem gut geht, denn er allein ist die Grundlage alles Lebens...“

Das ist nicht die einzige philosophische Betrachtung, die in das Geschehen integriert wurde. Sie bildet aber den eigentlichen Kern der Handlung.
Doch auch grundlegende Kenntnisse der modernen Physik finden sich in der Geschichte wieder, so zum Beispiel der Welle – Teilchen – Dualismus und das Entropiegesetz.

„...Die Sache ist nun die, wenn man auf die Elementarteilchen schaut, sind sie auch als Teilchen zu erkennen. Wenn man sich aber von ihnen abwendet, dann werden sie zu Wellen, also zu Licht...“

Die naturwissenschaftlichen Fakten werden dabei kurz und verständlich erläutert, wie das Zitat zeigt. Spannend ist ihre praktische Anwendung im Buch. Hier trifft Wissenschaft auf Fantasy. Das führt zu überraschenden Schlussfolgerungen.

„...Dieses Naturgesetz (Anmerkung: Entropiegesetz) besagt, dass alle Teilchen danach streben, sich möglichst unordentlich im Raum zu verteilen. Unser Körper ist für das Bestreben der Teilchen viel zu ordentlich...“

Nachdem ich mich als Leser eine Zeit lang auf dem Planeten Aquarius aufgehalten habe, der für sein friedlichen Zusammenleben der Bevölkerung bekannt ist, wechselt das Geschehen schnell wieder auf die Erde. Hier werden viele Jahre übersprungen und ich bin schon im Jahre 1963. Damit ist klar, dass für die Protagonisten Zeitreisen kein Problem sind. Soholit konstatiert über die Entwicklung auf der Erde:

„...Ich glaube, ich habe bei meinen Reisen auch nicht nur einmal einen Zeitpunkt erwischt, währenddessen es nicht irgendwo auf der Erde einen Krieg gab...“

Es geht um Gier und Ausbeutung der Erde. Wesentliche Etappen der letzten Jahre werden gekonnt integriert, sei es Missbrauch in Kinderheimen der BRD, das Leben als Jugendlicher in der DDR oder die Wiedervereinigung mit all ihren Problemen. Dabei werden auch positive Ansätze nicht verschwiegen.
Anfangs dachte ich, es geht um den Kampf zischen Licht und Dunkelheit. Doch das täuscht. Die eigentlichen Hintergründe sind wesentlich komplexer.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Ein Zitat soll meine Rezension abschließen:

„...Wirklich klug ist, wer nur die Dinge tut, die für alle anderen auch gut sind...“

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 23.01.2023

Neue Wege in der Kindrerziehung anno 1924

Die Kinder von Schönbrunn (Die Schönbrunn-Saga 2)
0

„...Ich bin Pädagoge geworden, weil ich davon überzeugt bin, dass es die Kinder sind, die einen Krieg verhindern können. Sie sind unsere Zukunft...“

Wir schreiben das Jahr 1924, als Michael Brenner diese ...

„...Ich bin Pädagoge geworden, weil ich davon überzeugt bin, dass es die Kinder sind, die einen Krieg verhindern können. Sie sind unsere Zukunft...“

Wir schreiben das Jahr 1924, als Michael Brenner diese Sätze ausspricht. Er konnte nicht ahnen, wie kurz die Friedenszeit ist.
Die Autorin hat einen abwechslungsreichen historischen Roman geschrieben. Er lässt sich problemlos ohne Kenntnis des ersten Bandes lesen.
Der Schriftstil ist ausgereift. Es sind vor allem die gut ausgearbeiteten Gespräche, die die Widersprüche der Zeit aufzeigen.
Greta lebt mit ihrer Tochter noch im Elternhaus zusammen mit Schwester und Schwager. Ihre Schwester Emma ist Tierärztin, genau wie deren Mann. Gretas Mann gilt als verschollen. Emma macht ihr klar, dass sie sich langsam wieder dem Leben öffnen muss.
Im Schlossgarten von Schönbrunn trifft Greta Melanie. Die junge Frau will sich als Erzieherin ausbilden lassen. Kurzerhand schließt sich Greta ihr an.
Das Schloss und seine Umgebung werden sehr gut beschrieben.

„...Greta lief den Weg zur Gloriette, wo Kaiser Franz Joseph einst mit seiner Geliebten Katharina Schratt gefrühstückt hatte. Von hier aus hatte man einen herrlichen Blick zum Stephansdom. Die akkurate Symmetrie ging auf Maria Theresias Architekten zurück...“

Im Wien des Jahres 1924 regieren die Sozialdemokraten. Sie finanzieren auch das Kinderheim im Schloss. Dort macht Greta während ihrer theoretischen Ausbildung ihr Praktikum. Schnell wird Greta klar, wie tief die Kluft zwischen Theorie und Praxis ist. Während in der Schule über gewaltfreie Erziehung gesprochen wird, gibt es im Kinderheim Frauen, die das ganze Gegenteil praktizieren. Sie schließen von den Eltern auf die Kinder und geben denen deshalb keine Chance. In den Gesprächen zwischen Michael und Greta werden wichtige Fragen angesprochen. Kann es die Lösung sein, den Eltern die Kinder wegzunehmen, nur weil sie keine Arbeit und kein Geld haben? Welche Spuren hat die Vergangenheit in den Kinderseelen hinterlassen?
An verschiedenen Einzelschicksalen wird gezeigt, mit welchen Päckchen die Kinder ins Heim kommen. Noch herrscht auch hier das Recht des Stärkeren. Doch Greta versteht es, gefühlvoll und behutsam die Jungen zum Nachdenken zu bringen.
Als sich Michael und Greta näher kommen, wird auch der Krieg wieder zum Thema.

„...Es ist das Wesen des Krieges, das Menschen in Monster verwandelt. Die Angst, selbst zu sterben, macht uns zu Mördern...“

Ein Nachwort trennt Fiktion von Realität. Schade, dass dem Kinderheim keine lange Zukunft beschert war.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 22.01.2023

Humorvoll und tiefgründig

Grüner wird's nicht
0

„...Mit einem Klopfen an meiner Tür fängt es an. Ohne auf meine Reaktion zu warten, schlüpft meine Schwester in mein Zimmer und schließt die Tür hinter sich, damit bloß niemand etwas mitkriegt...“

Mit ...

„...Mit einem Klopfen an meiner Tür fängt es an. Ohne auf meine Reaktion zu warten, schlüpft meine Schwester in mein Zimmer und schließt die Tür hinter sich, damit bloß niemand etwas mitkriegt...“

Mit diesen Zeilen beginnt ein humorvolles Kinderbuch, das sich aber mit dem wichtigen und hochaktuellen Thema des Klimaschutzes beschäftigt.
Die Geschichte wird kindgerecht erzählt. Das liegt auch daran, dass der13jährige Luke der Ich-Erzähler ist. Er wird im Laufe des Geschehens zum Held, obwohl er das nie wollte.
Zu Beginn der Sommerferien hat sich seine 17jährige Schwester entschlossen, ins gegenüberliegende Haus der Klimaschützer zu ziehen. Die Eltern sind entsetzt.

„...Aber ...Sie kann doch nicht einfach da einziehen, ohne uns zu fragen. Sie soll in den Ferien auf dich aufpassen – das hat sie uns versprochen….“

Luke findet es klasse, dass er nun keinen Aufpasser hat. Es versprechen, entspannende Ferien zu werden.
Die ganze Sache hat eine Vorgeschichte. Während auf der einen Seite der Straße noch die Einfamilienhäuser stehen, wurden die Häuser der gegenüberliegenden Seite geräumt, weil dort eine neue Landebahn für Flugzeuge entstehen soll. In einem dieser Häuser wohnen nun Klimaschützer
Dann trifft Luke auf Sky. Das Mädchen lebt mit ihrer Mutter gegenüber. Sie ist dort das einzige Kind. Sie findet Lukes Leben toll und zieht fast bei ihm ein. An ihrer Verhalten wird deutlich, dass die sogenannte völlige Freiheit auch nicht das Wahre ist. Sky ist für jedes bisschen Normalität dankbar. Erstaunlich findet Luke, der anfangs eigentlich von Sky genervt ist, die Reaktion seiner Mutter:

„...Aber für den Augenblick ist sie unsere Nachbarin, und unser Haus scheint für sie eine Art Zuflucht von alledem geworden zu sein, was sie dort drüben an Verrücktheiten erlebt. Und da haben wir keine Wahl. Wir können jetzt entweder egoistisch und kaltschnäuzig sein, sie ignorieren oder rauswerfen – oder aber wir lassen sie an unserem Glück teilhaben...“

Das Interessanteste am Buch ist die Entwicklung, die das Geschehen nimmt. Anfangs wird die Familie wegen des Verhaltens der Tochter von den Nachbarn bedauert. Die Straße ist wie eine Barriere zwischen den Lebenswelten. Doch die weicht nach und nach auf, als der Beginn der Arbeiten näher rückt. Plötzlich erkennen sie, dass nur gemeinsam etwas zu erreichen ist.
Auch in der Familie gibt es Veränderungen und intensive Gespräche zwischen den Eltern.

„...Willst du den Rest deines Lebens immer nur damit verbringen, so zu sein wie alle anderen, oder willst du etwas erreichen, woran du wirklich glaubst?...“

Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Am konkreten Beispiel und auf humorvolle Art zeigt es, was man erreicht, wenn man zusammenhält.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere