Historischer Krimi in München anno 1912
Fräulein Anna, Gerichtsmedizin (Die Gerichtsärztin 1)„...Obduktionsassistentin. Das klang zumindest ungeheuer wichtig. Tante Martha schrie trotzdem Zeter und Mordio, sobald sie verstanden hatte, was der Begriff bedeutete...“
Anna ist gelernte Krankenschwester. ...
„...Obduktionsassistentin. Das klang zumindest ungeheuer wichtig. Tante Martha schrie trotzdem Zeter und Mordio, sobald sie verstanden hatte, was der Begriff bedeutete...“
Anna ist gelernte Krankenschwester. Mit ihrem verwitweten Vater und mehreren jüngeren Geschwistern lebt sie auf einem bayrischen Dorf. Ihr Onkel versorgt ihr eine Stelle bei der Gerichtsmedizin in München. In der Familie gibt es unterschiedliche Meinungen dazu. Der Vater überlässt Anna die Entscheidung. Sie sagt zu.
Die Autorin hat eine spannenden historischen Krimi geschrieben, der im Jahre 1912 spielt. Die Geschichte lässt sich flott lesen. Der Schriftstil ist gut ausgearbeitet.
Kaum ist Anna an der Arbeitsstelle angekommen, wird sie gleich zur Obduktion einer Wasserleiche hinzugezogen. Doktor Gernhuber nimmt sich dabei Zeit, ihr den Sinn der Arbeit zu erklären.
„...Denken Sie immer daran, dass wir bei null beginnen müssen. Nur weil die Tote aus dem Wasser gezogen worden ist, muss sie nicht dort gestorben sein. Jemand könnte sie erstochen und danach ins Wasser geworfen haben...“
Die Tote, Adele Röckl, war einst eine berühmte Schauspielerin, die für manchen Skandal gesorgt hatte. Friedrich von Weynand, der unter anderem Namen ein Klatschblatt herausgibt, hat von den Fund der Leiche erfahren. Er fängt Anna ab und horcht sie aus. Dann erscheint ein sehr undurchsichtiger Artikel, der vieles andeutet, aber nichts beweist.
Schnell stellt Friedrich fest, dass Anna nicht so naiv ist, wie er geglaubt hat. Als sie hinter sein Vorgehen kommt, sagt sie ihm gehörig die Meinung. Für sie hat die Würde des Menschen einen anderen Wert als für den eher sarkastischen Friedrich. Das beeindruckt Friedrich.
Ich mag Friedrichs trockenen Humor. Damit überspielt er gekonnt die Baustellen in seinem Leben.
„...Nie wiehert der Amtsschimmel schöner, als wenn er Pickelhaube trägt...“
Seine politischen Einschätzungen sind erstaunlich realistisch. Das Zitat dazu wäre zu umfangreich. Doch seine Charakterisierung von Erzherzog Franz Ferdinand und dm neuen König von Bayern ist an Ironie nicht zu überbieten.
Der Fall Adele Röckl wird als Selbstmord abgehakt. Dann aber kommen neue Fakten auf den Tisch. Zusammen gehen Anna und Friedrich diesen nach. Gleichzeitig führt Friedrich Anna in die Kulturstätten Münchens ein. Er akzeptiert, dass sie dabei feste Grenzen setzt. Als Leser erhalte ich somit einen Einblick in das gesellschaftliche Leben der damaligen Zeit.
Die Ermittlung des Täters sorgt für eine handfeste Überraschung.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Anna ist eine junge Frau, die weiß, was sie will. Und mit Doktor Gernhuber hat sie einen Chef, der sie fordert und fördert.