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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 16.05.2022

Geschichte mal anders

Alt-Buckower Geschichte(n)
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„...Dieses Buch dient dazu, die Erinnerungen an die Buckower Geschichte und Geschichten wachzuhalten und sicher zu stellen, dass sie überliefert werden...“

Dieser letzte Satz des Vorworts macht deutlich, ...

„...Dieses Buch dient dazu, die Erinnerungen an die Buckower Geschichte und Geschichten wachzuhalten und sicher zu stellen, dass sie überliefert werden...“

Dieser letzte Satz des Vorworts macht deutlich, wo die Intention des Autors liegt. Deshalb habe ich mit Interesse nach dem Buch gegriffen.
Alt – Buckow war einst ein Bauerndorf und hat sich mittlerweile zu einem Ortsteil von Berlin entwickelt.
In akribischer Recherche und mithilfe vieler Gespräche mit alteingesessenen Einwohnern hat der Autor die Geschichte eines jeden Hauses des Ortes erkundet und erzählt sie nun mir als Leser. Dabei kann er sich auch auf ein Buch des Pädagogen und Heimatforschers Ernst Arndt stützen.
Ich fand es spannend, die Entwicklung der einzelnen Gehöfte und ihre Bewohne zu verfolgen. Der sachliche Schriftstil lässt sich angenehm lesen. Dabei behält der Autor auch das Große und Ganze im Überblick, will heißen, es geht auch um den Zusammenhalt im Ort.

„...So fuhr man im Winter gemeinsam mit dem Pferdeschlitten, um Besorgungen zu machen“Der Zusammenhalt im Dorf war groß. Man half sich gegenseitig.“...“

Manche Höfe blieben über Generationen in der Familie, andere wechselten mehrmals den Besitzer. Je mehr der Ort in Berlin eingegliedert wurde, desto mehr ging die Landwirtschaft zurück. Dafür entstanden neue Wohnhäuser auf der dörfliche Flur.
Das Buch enthält viele Fotos aus alter und neuer Zeit. Ein Familienstammbaum und einige Statistiken ergänzen die Ausführungen.
Quellenangaben, Literaturhinweise und Bildnachweise ergänzen das Buch.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Die Idee, Veränderungen anhand der Häuser und ihrer Bewohnern darzustellen, gefällt mir. Unbedingt möchte ich auf die hochwertige Aufmachung hinweisen. Das betrifft sowohl die Papierqualität als auch die Fotos.

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Veröffentlicht am 16.05.2022

Bewegende Geschichte

Island Dreams - Der Garten am Meer
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„...Recht hatte sie ja auch – es war in neues Leben. Völlig neu und radikal anders als mein bisheriges. Vielleicht hätte ich meinen Wunsch nach einem Neustart gegenüber dem Universum etwas präzisieren ...

„...Recht hatte sie ja auch – es war in neues Leben. Völlig neu und radikal anders als mein bisheriges. Vielleicht hätte ich meinen Wunsch nach einem Neustart gegenüber dem Universum etwas präzisieren sollen….“

Philippa Gordon hat nach zwanzig Jahren ihren Job gekündigt. Sie will zurückkehren an ihren Sehnsuchtsort nach Kapstadt. Dort hatte sie studiert. Nun wartet ein neuer Anfang auf sie. Doch am letzten Abend brechen ihre Pläne zusammen wie ein Kartenhaus. Ihre jüngere Schwester Frances stirbt. Einst hatte ihr Philippa versprochen, sich in so einem Fall um ihren kleinen Sohn Rufus zu kümmern. Das bedeutet, dass Philippa vorläufig Großbritannien nicht verlassen darf.
Die Autorin hat einen bewegenden Gegenwartsroman geschrieben.
Der Schriftstil ist sehr gut ausgearbeitet und abwechslungsreich. Schon das Eingangszitat zeigt, dass Philippa ihren Humor nicht verloren hat. Das ist aber nur eine Seite von ihr.
Nach und nach erhalte ich einen Einblick in Kindheit und Jugend von ihr. Es gibt gute Gründe, dass sie nie geheiratet hat und auch keine Kinder wollte. Natürlich ist es deshalb schwierig, Zugang zu Rufus zu bekommen, zumal der Junge einerseits eine Mutter vermisst und andererseits gerade in einer Trotzphase ist.

„...Daher war ich gut im Planen und Organisieren. Das hatte mir ein Gefühl von Kontrolle gegeben, von Selbstbestimmtheit und von Sicherheit. Doch all dies Dinge waren mit dem Tod meiner kleinen Schwester verpufft….“

Beruflich bekommt Philippa ein Angebot auf der Insel Tresco. Hier kann sie als Botanikerin wissenschaftlich arbeiten. Ihr wird ein Haus mit Garten zur Verfügung gestellt und die Kinderbetreuung übernimmt die Nachbarin. Wie aber wird sie, die den Trubel einer Stadt gewohnt ist, mit der Einsamkeit zurecht kommen? Hinzu kommt, dass Privatsphäre kein Thema mehr ist. Auf der Insel weiß jeder alles von jedem. Gut, die Hilfsbereitschaft ist groß, aber auch die Neigung zu Klatsch und Tratsch.
Kurz nach ihrer Ankunft lernt Philippa den Meeresbiologen Harry kennen. Zwischen beiden kribbelt es schnell. Harry kann sehr gut mit Rufus umgehen. Philippa aber sitzt ihre Vergangeheit im Nacken – und die lässt sie zögern.

„...Ich dachte an Harrys irritierenden Blick, als ich gestern fluchtartig das Weite gesucht hatte, ohne die Dinge anzukratzen, die unausgesprochen zwischen uns standen...“

Sehr gut werden Philippas Befindlichkeiten herausgearbeitet. Ihrer fachlichen Kompetenz steht im Privaten ein mangelndes Selbstwertgefühl gegenüber. Immer wieder zweifelt sie, ob es wirklich für Rufus das Beste wäre, wenn er bei ihr bleibt. Deshalb schiebt sie auch wichtige Entscheidungen vor sich her. Glücklicherweise hat sie zwei Brüder, mit denen sich nach dem Tod der Schwester der Kontakt intensiviert hat. Wer andere Bücher der Autorin kennt, wird dabei auf alte Bekannte stoßen.
Auch Harry hat sein Päckchen zu tragen Er aber hat aus den Geschehnissen andere Schlussfolgerungen gezogen.

„...Aber wenn mich dieses Erlebnis eine Sache gelehrt hat, dann dass das Leben ziemlich zerbrechlich ist und jederzeit vorbei sein kann...“

Sehr stimmungsvoll wird die Landschaft beschrieben. Diese Inselwelt hat ihr ganz eigenes Flair.
„...Ein Rest Feuchtigkeit aus der vergangenen Nacht sorgte für eine erdige Note, die durch frische grüne Kräuteraromen besonders betont wurde. Der Wind streifte warm und trocken meine Haut...“

Das Buch hat mir sehr gtu gefallen. Es zeichnet sich durch eine vielschichtige Handlung aus, die in die Tiefe geht, durch gut charakterisierte Protagonisten, inhaltsreiche Gespräche und enthält neben ernsten Szenen eine Prise Romantik.

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Veröffentlicht am 15.05.2022

Nicht alles ist relativ

Du, Papa ... Ist zehn viel?
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„…“Ist zehn viel?“ fragte der kleine Wolf seinen Papa, als sie gemeinsam im Wald spazieren gingen. „Kommt darauf an“, meinte daraufhin Papawolf. „Worauf denn“, fragte der Kleine neugierig und spitzte die ...

„…“Ist zehn viel?“ fragte der kleine Wolf seinen Papa, als sie gemeinsam im Wald spazieren gingen. „Kommt darauf an“, meinte daraufhin Papawolf. „Worauf denn“, fragte der Kleine neugierig und spitzte die Ohren...“

Es ist die erste von zehn Fragen, die der kleine Wolf seinem Papa stellt. Und der Papa gibt auf alle diese Fragen eine deutliche Antwort. Um es im Erwachsenendeutsch zu formulieren: Fast alles im Leben ist relativ.
Die Autorin hat ein tiefgründiges Kinderbuch geschrieben. Der Schriftstil ist der Altersgruppe angepasst. Sie Sätze sind kurz und leicht verständlich. Papa Wolf antwortet nicht allgemein, sondern er findet zu jeder Frage ein konkretes Beispiel aus der Lebenswelt seines Kindes, das für die Antwort „Ja“ stehen würde und ein ebensolches zweites, das für die Antwort „Nein“ steht.
Nur die letzte Frage beantwortet Papa Wolf mit einem eindeutigen Ja. Welches das wohl ist?
Das Buch besticht durch schöne Illustrationen. Sie zeigen nicht nur die beiden Protagonisten, sondern veranschaulichen auch die beiden Antworten auf die Fragen.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen.

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Veröffentlicht am 13.05.2022

Die Wunden der Vergangenheit

Das Geheimnis von Granada
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„...Nur ein Wort steht – angerissen, aber noch entzifferbar – auf dem Papierfetzen. Eines, das geheimnisvoll und exotisch klingt. Nach Sonne und Orangen, nach Rubinen und Granatäpfeln: Granada...“

Mit ...

„...Nur ein Wort steht – angerissen, aber noch entzifferbar – auf dem Papierfetzen. Eines, das geheimnisvoll und exotisch klingt. Nach Sonne und Orangen, nach Rubinen und Granatäpfeln: Granada...“

Mit diesen Worten endet der Prolog. Er erzählt von dem Tag, an dem Marisol ihre Mutter zum letzten Mal gesehen hat. Sie hatten zusammen die Großeltern in Spanien besucht.
Mittlerweile sind sechs Jahre vergangen. Marisol hat ihr Studium als Ärztin abgeschlossen und lebt mit dem Vater in Deutschland. Dann aber kommt ein Anruf aus Spanien. Der Großvater hatte einen Schlaganfall. Zusammen mit ihrer Freundin Vanessa fliegt Marisol zu den Großeltern in das Küstenstädtchen nach Spanien.. Den Großvater geht es besser als erwartet, so dass die jungen Frauen die Zeit genießen könnten.
Die Autorin hat einen fesselnden Roman geschrieben. Die Gegenwartsgeschichte wird von Marisol erzählt. Es gibt aber einen zweiten Handlungsstrang, der 1974 zur Franco – Ära spielt.
Der Schriftstil ist hochwertig. Das wird besonders dann deutlich, wenn der Zauber der Landschaft geschildert wird. Er besticht durch Anschaulichkeit und gekonnter Verwendung von Metaphern.

„...Zwischen Olivenhainen und Orangenplantagen winken weiße und rosafarbene Wattebäuche, die sich beim Nährkommen als blühende Obst- und Mandelbäume herausstellen, deren Kronen sich im Wind bewegen und Blütenblätter regnen lassen...“

Der Strang der Vergangenheit erzählt eine bittersüße Liebesgeschichte. Mina, die ihre Familie durch das Nähen von Flamencokleidern unterstützt, liebt den Gitarrenbauer Diego. Beider Väter sind schon mit dem Regime aneinander geraten. Nur Diegos Vater hat das überlebt, doch er ist nicht mehr der Alte. Über Diegos Arbeit erfahre ich eine Menge.

„...Im Raum roch es nach Olivenöl und Leder, nach Harz und den verschiedenen Hölzern, die alle ihre eigene Duftnote verströmten. Ahorn besaß eine süßliche, Olive eine herbe, Kirsche eine völlig unverwechselbare...“

Ein Soldat des Francoregimes stellt Mina nach. Ihre Liebe zu Diego wird durch ein dunkles Tal gehen müssen.
In der Gegenwart lernt Marisol Fabio kennen. Ihre Großmutter gibt sich alle Mühe, die beiden zu verkuppeln. Doch was will Fabio wirklich? Ihn umgibt eine geheimnisvolle Ära.
Das Buch erzählt nicht nur zwei Geschichten. Ich darf auch die Sehenswürdigkeiten Granadas kennenlernen, vor allem, wenn ich mit Mina und Diego durch den Ort wandere. Stellenweise liest es ich wie ein Reiseführer. Das gefällt mir, denn so lerne ich die Kultur und Historie anschaulich kennen
Die Bedeutung des Flamenco ist ein weiterer Schwerpunkt im Buch.

„...Flamenco ist eine Rhythmus gewordene Klage über erlittenes Leid. Eine in Bewegungen zum Ausdruck gebrachte Geschichte. Ein Aufbegehren gegen das Leben, das Schicksal….“

Erst relativ spät erfahre ich, was vor sechs Jahren mit Marisols Mutter passiert ist und welche Bedeutung Granada in der Familiengeschichte zukommt.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Es beinhaltet nicht nur eine teils spannende, teils romantische Handlung, sondern arbeite ein dunkles Kapitel der spanischen Geschichte auf.

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Veröffentlicht am 12.05.2022

Eine etwas andere Familiengeschichte

Bildergestöber
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„...Es ist nicht so einfach zu entscheiden, welche Ereignisse und Personen einen Platz verdient haben und welche nicht. Das Warum ist dabei mindestens eben so wichtig wie das Wie der Darstellung...“

Diese ...

„...Es ist nicht so einfach zu entscheiden, welche Ereignisse und Personen einen Platz verdient haben und welche nicht. Das Warum ist dabei mindestens eben so wichtig wie das Wie der Darstellung...“

Diese Gedanken stammen von Richard, als er sich mit seiner Schwester Ruth darüber unterhält, wie eine Familiengeschichte aussehen sollte. Darauf komme ich später noch einmal zurück.
Der Autor hat eine spannende Familiengeschichte geschrieben. Doch im Gegensatz zu vielen anderen Büchern ist er einen besonderen Weg gegangen. Die einzelnen Abschnitte sind nicht chronologisch geordnet, sondern nach Themen. Da jeweils das Jahr, der Ort und die handelnden Personen vorangestellt sind, war es für mich kein Problem, die Ereignisse einzuordnen.
Das Buch erstreckt sich über vier Generationen. Durch die Art der Darstellung werden Gemeinsamkeiten und Unterschiede deutlich herausgearbeitet. Eine entscheidende Rolle kommt an vielen Stellen den Frauen zu.
Der Schriftstil ist abwechslungsreich und ausgereift. Durch Aufzählungen gelingt es den Autor, manche Situationen gekonnt zu verdichten.

„...Man kann entspannen, lachen, quatschen, diskutieren, lamentieren, palavern, Witze reißen, Sprüche klopfen, zuhören, weghören, nachdenken, beobachten, flirten, trinken, essen, Musik hören...“

Und wo kann man all dies? Natürlich in der Stammkneipe!
Ruth und Richard gehören zur vierten Generation. Es ist ein Karton mit alten Fotos, die Ruth und Richard betrachten und der Richard dazu animiert, die Familiengeschichte zu schreiben. Ab und an im Laufe des Buches lässt der Autor die beiden immer mal wieder zu Wort kommen und darüber diskutieren, was ins Buch gehört, wo die Realität erzählt wird und wie weit man seiner Phantasie Raum geben darf. Das geschieht an ganz konkreten Beispielen. Gleichzeitig wird deutlich, dass der Blick in der Bewertung der Vergangenheit und vorhandener Erinnerungen bei beiden durchaus stellenweise unterschiedlich aussieht.
Das Buch beginnt mit einer sogenannten Rahmenhandlung. Dazu nur so viel: Was für Magda, die der zweiten Generation angehört, kurzzeitig wie ein Ende aussah, erweist sich als Neuanfang. Am Ende schließt sich der Kreis.
Richard charakterisiert Ruth und sich sowie ihre Schwester Nicole, eine Nachzüglerin, folgendermaßen:

„...Ruth hatte im vergleichbaren Alter so ziemlich gegen alles aufbegehrt, was sich ihr in den Weg stellte, ich war jedem Hindernis und den meisten Konflikten mit Ignoranz und maulfaul ausgewichen, Nicole aber lebte im Mädchenzimmer wie in einem Elfenbeinturm...“

Die episodenhafte Darstellung des Lebens gibt auch einen gekonnten Einblick in die Zeitverhältnisse. Nehmen wir zum Beispiel das Thema Kindererziehung. Manchen wird der folgende Standpunkt noch gut in Erinnerung sein.

„...Er tat sich schwer mit Diskussionen. Man hatte ihm das Reden beigebracht, und danach hatte er vorwiegend den Mund zu halten, wenn sich Erwachsen unterhielten. Oder es hieß, man habe als Kind nur zu sprechen, wenn man gefragt wurde...“

Die erste Liebe, Hochzeit, Urlaubsreisen, Krankheit, Hobbys – der Autor schöpft aus dem vollen Leben und bindet gesellschaftliche Ereignisse mit ein. Ab und an gibt es Sätze, die fast philosophisch klingen:

„...Irgendwie hatte Freiheit dann doch immer einen bitteren Nachgeschmack, weil man nie wusste, was hinter der nächsten Kurve wartete...“

Entscheidungen prägen das Leben, mal so und mal so. Für den einen waren es die Erlebnisse der Flucht, für andere die Bombennächte des Krieges. Immer war es eine Gratwanderung zwischen Möglichkeiten.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Gerade durch die Art dr Darstellung wird deutlich, warum sich Menschen so verhalten, wie sie sich verhalten.

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