Gelungene Autorinnenzusammenarbeit
Let's be wildDa ich ein großer Fan von „The Bold Type“ war und bin, was über mehrere Staffeln vom US-amerikanischen Sender Freeform produziert wurde, habe ich bei der angekündigten gemeinsamen Dilogie von Nicole Böhm ...
Da ich ein großer Fan von „The Bold Type“ war und bin, was über mehrere Staffeln vom US-amerikanischen Sender Freeform produziert wurde, habe ich bei der angekündigten gemeinsamen Dilogie von Nicole Böhm und Anabelle Stehl natürlich sofort auch die entsprechenden Assoziationen gehabt und mir war sofort klar, da muss ich reinlesen. Auch wenn nicht alles, was im Fernsehen klappt, im Buch klappen muss (sowie umgekehrt), so war ich doch extrem gespannt.
Die Parallelen zu der Erfolgsserie sind in jedem Fall da. Es sind zum einen die mehreren Perspektiven, die daran erinnern, und wo wirklich alle gleichrangig nach ihrem Glück streben, es sind aber auch die vielfältigen Themen sowie hier eben die Werbeagentur, die sich mit diesen Themen in diverser Art und Weise am Puls der Zeit befindet. Ich brauchte zwar etwas zum Reinfinden, aber das war bei der Serienversion damals auch so. Da eben der Fokus so verteilt ist, müssen sich die Figuren die Zeit eben auch teilen, was ergo bedeutet, dass man nicht so rasch ein Gefühl für sie bekommt, wie es bei einer durchgehenden Ich-Perspektive vielleicht der Fall wäre. Dennoch kann ich nach Beendigung des ersten Bandes sagen, dass ich alle vier Figuren sehr sympathisch finde. Mein Liebling ist wahrscheinlich Ariana, was sie aber nicht mit klarem Abstand gewonnen hat, denn ich habe tatsächlich mit allen toll mitfiebern können. Sie waren alle mit ihren Fehlern und Stärken so menschlich und ich konnte schnell mit ihnen fiebern. Bei Ariana hat mich einfach fasziniert, dass sie tough wirkt, aber sie ist eine tolle Chefin auf einer zwischenmenschlichen Ebene. Sie ist leidenschaftlich, sie ist analytisch und durch ihre toxische Beziehung, in der sie steckt, sehr, sehr greifbar. Deswegen habe ich mich auf ihre Abschnitte schon am meisten gefreut, aber es bleibt dabei, dass alle vier ihre eigene wertvolle Geschichte zu erzählen haben.
Was mir auch gut gefallen hat, Liebe ist nur ein Nebenthema, denn in erster Linie geht es um die vier und ihren individuellen Weg, den sie zu beschreiten haben, also eigentlich erstmal Selbstliebe. Das ist für die vier aus den unterschiedlichsten Gründe eine Herausforderung und ich fand die Themenvielfalt hier wirklich toll. Über persönliche Verluste, Missbrauch, Unwohlsein in Bezug auf Geschlechtsverkehr, die schon angesprochenen toxischen Beziehungen, Panikattacken, es war viel dabei. Dazu ist dann auch über die Nebenfiguren noch viel angeboten worden, wie beispielsweise Fatshaming. Vielleicht wirkt es in der Gesamtsumme etwas idealisiert und es ist auch fast schon träumerisch schön, dass die Freundesgruppe so herrlich vorurteilsfrei ist, aber ich muss auch sagen, dass es soooo angenehm war, das zu lesen. Denn es wirkt echt, wie sie aufgrund ihrer eigenen Sorgen immer die Antennen für andere Perspektiven offen haben. Da darf sich auch mal gestritten werden, aber schon wenig später kann das als hochgekochte Emotion abgehakt werden und es wird sich ehrlich unterhalten. Sowas ist wirklich wünschenswert und im Grunde ist das in Büchern auch nicht verkehrt, denn dadurch packen wir uns vielleicht alle an die Nase, wo wir vielleicht noch nicht genug die Perspektiven von anderen einnehmen, um mitmenschlich zu sein.
Weiterhin fand ich es auch schön, dass wir live dabei sind, wie sich der Freundeskreis überhaupt erst entwickelt. Shae und Tyler kommen schon als beste Freunde an (zu ihrer Vergangenheit gerne noch mehr!), aber Evie und Ariana kommen eben erst noch hinzu und das auf unterschiedliche Art und Weise. Ich fand aber auch das Spendenevent als Ausgangspunkt für ihre Freundschaft toll gewählt. Weiterhin mag ich den Überraschungsfaktor des Buchs. Wäre es jetzt ‚nur‘ eine Liebesgeschichte, vermutlich könnte man mehr erahnen, denn am Ende muss eben für das Pärchen das Happyend zu Buche stehen. Doch hier gibt es kein Muss, weswegen ich immer wieder überrascht wurde, was sich die beiden Autorinnen neues ausgedacht haben. Das macht definitiv ordentlich Lust auf den abschließenden Teil.
Fazit: „Let’s Be Wild“ ist wirklich perfekt für Fans von „The Bold Type“, denn die Freundschaftsmomente, die Traumata, die Themenvielfalt, all das konnte toll transportiert werden. Ich mochte alle Figuren und ich habe mich wunderbar im Geschehen zurechtgefunden, was auch keineswegs vorhersehbar war. Rundum gelungene Unterhaltung, die ich mit dem finalen Teil gerne noch einmal begleiten werde.