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Veröffentlicht am 04.01.2023

Gigantisches Potenzial mit noch unerfahrener Autorin

Lightlark
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TikTok ist ein mir völlig fernes soziales Medium, aber ich habe mir sagen lassen, dass es eine neue Plattform für vielfach abgelehnte Autor*innen ist, die endlich durchstarten können. So hat es schon Olivie ...

TikTok ist ein mir völlig fernes soziales Medium, aber ich habe mir sagen lassen, dass es eine neue Plattform für vielfach abgelehnte Autor*innen ist, die endlich durchstarten können. So hat es schon Olivie Blake mit „The Atlas Six“ auf den deutschen und demnach auch internationalen Buchmarkt geschafft. Genauso hat auch Alex Aster mit „Lightlark“ einen Hype ausgelöst, weswegen auch dieses nun für deutsche Interessenten erschienen ist. Dazu zähle ich auch mich, denn ich habe mir „Lightlark“ nun einmal zu Gemüte geführt. Ich habe im Vorfeld – ähnlich wie bei Blake – mitbekommen, dass es große Kontroversen gab und gibt, aber das führe ich mir lieber erst hinterher zu, um möglichst unbefangen meine eigenen Eindrücke zu schildern.

Ich habe „Lightlark“ als Hörbuch konsumiert und ich habe die Erzählstimme von Nina Reithmeier von Anfang an als sehr angenommen empfunden. Mit einem neuen Kapitelanfang hatte ich manchmal den Eindruck, dass die Stimme sich etwas verändert hat, aber über so ein langes Hörbuch hinweg ist das vielleicht normal, weil so etwas natürlich nicht an einem Tag eingelesen wird. Störend war es auch nicht, zumal sich der Eindruck immer schnell relativierte. Ich hatte zudem auch den Eindruck, dass die sehr ruhige Stimme von Reithmeier mir geholfen hat, mit Isla wärmer zu werden. Diese fand ich zwar nicht per se unsympathisch, weil ich auch verstehen kann, dass sie zeitlebens eingesperrt gewisse Freiheitsbedürfnisse hat, aber sie war mir doch zu oft zu egoistisch und auch zu launisch. Das ist mir oft aber erst in der nachträglichen Bewertung aufgefallen, weil eben die Erzählstimme, die ich so toll fand vieles abgefedert hat. Daher insgesamt wirklich ein großes Kompliment für die Produktion des Hörbuchs, zumal sie für die sonstige übertriebene Länge auch nichts können.

Das ist nämlich ein Kritikpunkt, den ich „Lightlark“ definitiv vorwerfen möchte, denn ich fand die Handlung stellenweise zu langatmig bzw. auch für die großen Zeitsprünge zwischendurch zu oberflächlich. Ich weiß natürlich nicht, was Aster für die Zukunft der Reihe noch geplant hat und ich hinterher sage, das war schon alles richtig so, aber meine Intuition sagt mir zunächst, dass man vielleicht nicht das gesamte Centennial mit dem ersten Band hätte abbilden sollen. Denn verständlicherweise wollte sich Aster viele Enthüllungen für ein spannendes Ende aufbewahren, doch das hat dazu geführt, dass es zwischendurch eher langweilig wurde. Der Anfang war noch dadurch gerettet, dass regelmäßig die Wettbewerbe stattfanden, die als inhaltliche Höhepunkte zu charakterisieren sind. Als aber später Isla mit Oro ein Team bildet und sie nach dem Herzen von Lightlark suchen, da scheint innerhalb des Centennials alles zum Erliegen zu kommen. Keine Wettbewerbe mehr, kaum noch Begegnungen mit den anderen und das hat sich mir einfach nicht als logisch erwiesen. Natürlich haben diese Episoden stellenweise mit guter Charakterarbeit ausgeholfen, aber eben auch einseitig, denn eigentlich geht es vorrangig um Isla, Oro und Grimm. Selbst Celeste, die beste Freundin von Isla, wird zu wenig ins Zentrum gerückt, von Cleo und Azul ganz zu schweigen. Ich würde daher sagen, dass die Erzählstilistik nicht ganz gelungen ist, weil angesichts des breiten Erzählpotenzials einerseits zu einseitig erzählt wurde und weil andererseits irgendwann eine große inhaltliche Delle sich ereignet, die das Buch zu lang erscheinen lässt.

Nun aber genug gemeckert, denn es ist schließlich auch Asters großer Durchbruch. Sie hat zwar schon davor geschrieben, aber vermutlich bekommt sie erstmals in einem so großen Ausmaß Feedback, was ihr durchaus noch helfen kann. Fakt ist aber erstmal, dass Aster eine großartige Fantasie hat, denn mir hat es richtig gut gefallen, welche Idee sie entwickelt hat. Es ist sicherlich nicht alles neu, aber ich fand das Konzept mit den sechs Reichen und den sechs Flüchen spannend und trotz einer gewissen benötigten Komplexität verständlich präsentiert. Während ich bei anderen Fantasy-Reihen schon mal völlig oder lange genug überfordert bin, habe ich hier wunderbar reingefunden und das ist sehr lobenswert. Auch sehr viele inhaltliche Tendenzen fand ich echt toll. Durch die Flüche hatte es etwas angenehm Düsteres, auch die Wettbewerbe haben den Eindruck verstärkt. Ich fand auch die meisten Enthüllungen echt spannend, auch weil am Ende die Geschichte irgendwie abgeschlossen wirkt, aber gleichzeitig noch so viele Möglichkeiten bereit hält. Die Geschichte und das Potenzial sind echt gigantisch und ich finde, dass auch in der Charakterarbeit abseits des genannten Trios noch sehr viel möglich ist. Ich fand aber auch, dass die Liebesgeschichte ungewöhnlich erzählt ist, weil es eine gibt, von der wir lange nichts wissen (zumindest nicht im kompletten Ausmaß) und parallel entsteht ganz leise und still eine andere. Es wird sicherlich spannend, was Aster noch für die Zukunft vorhat. Fakt ist aber, dass es mich nicht wundert, dass es schon einen Produktionsdeal gibt, denn die Geschichte sieht auf dem großen Bildschirm sicherlich fantastisch aus.

Fazit: „Lightlark“ hat ein wirklich tolles Potenzial, weil Aster mit viel Fantasie und mit einer angenehmen Art, ihre Welt zu präsentieren, überzeugt. Erzählstilistisch ist aber noch viel Luft nach oben. Die Erzählung war zu langatmig und die Höhepunkte nicht gleichmäßig genug verteilt. Die Charakterarbeit hätte insgesamt auch nicht so einseitig sein müssen. Abschließend wiederhole ich auch gerne noch einmal mein Lob für die Hörbuch-Produktion, die ich wirklich sehr genossen habe und die mich durch die Schwächen gut durchleiten konnte.

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Veröffentlicht am 30.12.2022

Überraschend spannender Roman

Ein ganzes Leben lang
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„Ein ganzes Leben lang“ von Rosie Walsh war eine Leihgabe mit dicker Empfehlung, aber von der Autorin hatte ich bis dato noch nichts gehört, wenn mir auch das Cover von ihrem ersten Bestseller „Ohne ein ...

„Ein ganzes Leben lang“ von Rosie Walsh war eine Leihgabe mit dicker Empfehlung, aber von der Autorin hatte ich bis dato noch nichts gehört, wenn mir auch das Cover von ihrem ersten Bestseller „Ohne ein einziges Wort“ durchaus mal ins Auge gefallen war. Deswegen war das Ganze für mich also völliges Neuland und ich war überrascht, wie rätselhaft die Handlung erzählt wurde. Natürlich ist „Ein ganzes Leben lang“ kein Thriller oder Krimi, aber ich fand, dass das Miträtseln tatsächlich ein wichtiger Hauptfaktor dieser Geschichte war. Manches war mehr vorhersehbar als anderes, aber alleine die Tatsache, dass dann auch im letzten Fünftel noch etwas Neues ausgepackt wird, diese Aufgabe habe ich teilweise in dem typischen Genre Thriller/Krimi nicht erfüllt gesehen, weswegen ich dementsprechend schon einmal angetan war.

Zuvorderst ist „Ein ganzes Leben lang“ aber eine gefühlsbetonte Geschichte, weil wir das gemeinsame Leben von Emma und Leo kennenlernen. Es geht um ihre Liebesgeschichte, der wir in Rückblenden beiwohnen und es geht vor allem um Emmas Lebensgeschichte, die in ihren 39 Jahren wirklich sehr bewegend und abwechslungsreich ist. Dennoch macht es das Buch mit ihr nicht einfach. Den Umständen entsprechend muss sie im Gegensatz zu Leo undurchschaubar bleiben. Zwar merkt man deutlich, dass sie ein gutes Herz hat, weswegen meine Alarmglocken nie geschrillt haben, aber dennoch bleibt sie in ihrem ganzen Handeln undurchdringlich, weil auf der einen Seite diese deutlich spürbare Liebe für ihre Familie ist und weil sie auf der anderen Seite dennoch an ihren jahrelangen Geheimnissen festhält, obwohl es wohl das 1x1 einer Beziehung ist, dass so etwas nie gut ausgehen kann. Auch wenn Emmas Verhalten später erklärt wird und in einem engen Verhältnis zu Leos Geschichte steht und welche Muster wohl durch die Wahrheit bei ihm bedient worden wäre, so ist doch augenscheinlich, dass vor allem Angst der Antrieb war, Angst, Leo zu verlieren.

Leo ist wirklich die herzensgute Seele dieses Buchs. Bis auf den zweiten Teil, der Emmas Vergangenheit aufklärt, sind seine Kapitel in der Überzahl und er ist auch ein wirklich guter Kompass für diese Geschichte, denn er steht sinnbildlich für uns Leser, denn er ist so unwissend wie wir und gemeinsam graben wir nach der Wahrheit. Auch wenn im Verlauf der ganzen Entdeckungen viele hässliche Gedanken durch Leos Kopf zirkeln (aber kann man ihm das wirklich vorwerfen?!), so ist er ein sehr verzeihender Mensch, aber einer, der es im eigenen Tempo machen muss. Am Ende war ich etwas enttäuscht, dass die Versöhnung des Paares relativ simpel gelöst worden ist, weil sie mit ihrer Liebe doch für mich das Zentrum bildeten, was dann nach hinten raus etwas vernachlässigt wurde. Mir war zwar immer klar, dass die Liebe zwischen den beiden alles überstehen wird, aber eine richtige Aufarbeitung hätte deswegen sicherlich nicht geschadet.

Ein wirklich beeindruckender Aspekt des Buchs ist auch der zweite Teil, der wie angedeutet, Emmas Vergangenheit erklärt. Ich will hier nicht zu sehr ins Detail gehen, weil es zu viel vom eigentlichen Inhalt wegnehmen würde, aber ich war beeindruckt, wie Walsh hier ihre Perspektive dargestellt bekommen hat. So etwas habe ich bislang wirklich selten zu lesen bekommen und ich war tief beeindruckt, wie echt sich das alles anfühlte. Es war düster und man hätte einerseits gerne die Seiten überblättert, um endlich wieder Licht im Dunkeln zu sehen, aber andererseits war es auch zu faszinierend und einnehmend, hier solche Gedanken einmal geschildert zu bekommen. Janices Perspektive, die anteilig nur wenig Rolle spielt, aber dennoch sehr entscheidend ist, ist eine gute Ergänzung, auch weil die beiden Frauen so sinnbildlich für viele Konflikte stehen.

Fazit: Ich war überrascht, wie spannend „Ein ganzes Leben lang“ gelungen ist. Manches war sicherlich irgendwann abzusehen, aber nicht alles und diese Aufgabe erfüllt mancher Krimi oder Thriller nicht. Vielleicht ging für die Spannung manchmal die Gefühlsebene etwas unter, gerade der Ausgang war dann doch etwas abrupt, aber alles in allem ein wirklich empfehlenswerter Roman.

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Veröffentlicht am 27.12.2022

Zwischen Thriller und Roman

Happy New Year – Zwei Familien, ein Albtraum
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Auch wenn „Happy New Year“ nicht als Thriller etc. vermarktet wurde, so ist der Cover doch sehr typisch für das Genre, weil es mystisch und in seiner simplen Schönheit doch auch bedrohlich wirkt. Dazu ...

Auch wenn „Happy New Year“ nicht als Thriller etc. vermarktet wurde, so ist der Cover doch sehr typisch für das Genre, weil es mystisch und in seiner simplen Schönheit doch auch bedrohlich wirkt. Dazu noch der Unterteil „Zwei Familien, ein Alptraum“ und ich war erst recht wieder bei Thriller. Letztlich ist „Happy New Year“ aber wirklich eher ein Zwitterding, denn es hat etwas Rätselhaftes an sich, wo man sich so seine Gedanken machen kann, was wohl passiert ist und wer wo Verantwortung trägt. Letztlich ist das Buch aber vor allem eine tiefgehende psychologische Studie, die durch drei Perspektiven intensiv beleuchtet werden.

Wofür ich Malin Stehn auf jeden Fall loben kann, das ist ihre Art, ihren drei Perspektiven so treu zu bleiben und mit Frederik, Nina und Lollo auch drei Charaktere zu schaffen, die alle auf ihre Weise keine Sympathieträger sind, weil die Autorin wirklich verdammt tief gräbt. Wir haben sicherlich alle unsere hässlichen Seiten, aber die werden selten so geballt gezeigt. Zwar war das Buch so wahrlich kein Stimmungsaufheller, aber ich fand es doch auch faszinierend, diese Charaktere so ehrlich und verblümt kennenzulernen. Bei Lollo erleben wir sofort eine sehr oberflächliche Persönlichkeit, die an ihre Freundinnen keinen guten Gedanken lässt und die alles mit einem prüfenden Auge bedenkt, ob es nur ja einen äußeren Anschein wahrt. Später als ihre Tochter Jennifer verschwunden ist, wandelt sich das Bild und es wird deutlich, dass sie den Hass auf ihre eigene Persönlichkeit in Hass auf ihren Ehemann umwandelt, obwohl sie sich immer einig bei allem waren. Es ist sicherlich nicht einfach, bedingungsloses Mitleid mit Lollo zu empfinden, aber es ist dennoch interessant mitzuverfolgen, wie sie quasi durch diesen Schrecken ‚aufwacht‘.

Nina ist sicherlich die normalste in der ganzen Geschichte, die auch in den ganzen sich entfaltenden Ereignissen ein fast schon außenstehender Posten ist. Sie hat damit zu kämpfen, wie ihr Mann den Boden unter den Füßen verliert, sie sieht ihre leidende Tochter und sie schämt sich auch gegenüber Lollo, weil sie für sie nicht die bedingungslose Freundin sein kann, weil zu viel reinspielt. Sie ist ein wenig die Kümmerin, die Bodenständige, auf deren Rücken unwissentlich so viel ausgetragen wird und der irgendwann auch einfach mal der Kragen platzt. Dennoch ist sie auch die Figur, bei der man am wenigsten entdecken kann, weil sie auch keine Geheimnisse hat, sie ist einfacher Mensch, der damit arbeitet, was ihr angeboten wird. Frederik wiederum ist der, zu dem die meisten Andeutungen gemacht werden und wo man nicht sicher ist, wie dunkel das Grauen bei ihm wirklich ist. Er war durch seine Stimmungen sicherlich der unerträglichste, aber ich fand es durchaus auch interessant, wie er immer in der Liebe zu seiner Familie und seinen Schuldgefühlen schwankte. Da er gerade auch zu Beginn der Geschichte für mich den vernünftigsten Eindruck machte, war ich auch gespannt, wie weit seine Schuld nun tatsächlich reicht.

Während nun also diese Figurenebene wirklich sehr interessant und ungewöhnlich für mich war, so bin ich zu dem Erzählstil noch etwas unentschlossen. Dieses Figurenbasierte fließt natürlich einteilig groß ein, aber dennoch hemmt es auch in einigen Aspekten. Denn das, was am Ende noch alles aufgedeckt wird, das passiert eher im Off und wird dann aus dem Hut gezaubert. Vielleicht muss ich mich an der Stelle mehr daran erinnern, dass es eben kein Thriller ist, aber dennoch war es schon eher ungewöhnlich. Ich habe zwar zwischendurch in eine ähnliche Richtung gedacht, die finale Lösung fand ich dennoch überraschend und dazu hätte ich mir noch etwas mehr Innenleben gewünscht und nicht nur den Strafprozess dann. Manche Wendungen waren mir auch etwas zu übertrieben, auch weil mir dann im nächsten Schritt die ausführlichere Darstellung von Jennifer gefehlt hat, denn sie ist für diese Geschichte enorm wichtig, auch wenn sie aktiv keine große Rolle spielt. Es hat auch immer mal wieder Rückblenden gegeben, aber bis auf die eine entscheidende waren die auch eher austauschbar. Es ist also ein etwas schmaler Grat, auf dem der Erzählstil hier wandelt. Die Vor- UND Nachteile sind offensichtlich.

Fazit: „Happy New Year“ war in meinem Lesejahr 2022 ein ungewöhnliches Buch, weil es irgendwo zwischen Thriller und psychologischem Roman schwankte und weil auch der Erzählstil dementsprechend seine Vor- und Nachteile aufzuweisen hat. Während ich die intensiven Figurenperspektiven zu schätzen wusste, so fühlte sich das Buch in anderen Aspekten wiederum unfertig an.

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Veröffentlicht am 20.12.2022

Mixtape-Flop

Denn ohne Musik werden wir ertrinken
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Brittainy C. Cherry wartet mit einer neuen Dilogie auf, die sich der Musik widmet und daher den Reihentitel Mixtape trägt. „Denn ohne Musik werden wir ertrinken“ bildet nun den Anfang und ich habe mich ...

Brittainy C. Cherry wartet mit einer neuen Dilogie auf, die sich der Musik widmet und daher den Reihentitel Mixtape trägt. „Denn ohne Musik werden wir ertrinken“ bildet nun den Anfang und ich habe mich am Anfang doch erstmal ganz schön zurechtfinden müssen, weil ich dachte, ich wäre im falschen Buch bei der falschen Autorin gelandet. Auch wenn Cherry immer schon auf Sexszenen gesetzt hat, so ist das für mich nicht der vorrangige Aspekt, der mir bei ihr als Autorin ins Auge fällt. Dementsprechend war ich doch etwas irritiert, wie oberflächlich der Einstieg daherkam und wie speziell Ian sich verhalten und gedacht hat. Cherrys Bücher sind für mich vor allem immer eine tolle Gelegenheit, schöne Zitate zu genießen und zu sammeln, aber im ersten Viertel habe ich höchstens vielleicht eine Liste mit versauten Sprüchen und Anspielungen füllen können…

Zum Glück bekommt Cherry schließlich die Kurve. Auch wenn sie sehr bemüht ist, Ian, aber natürlich auch Hazel, menschlich zu erklären, so bleibt der Einstieg für mich doch zu klischeehaft-oberflächlich. Hinterher wird vieles besser und ich habe mich mehr und mehr in das Setting hineinfinden können, aber dennoch wird mit „Denn ohne Musik werden wir ertrinken“ nicht als Highlight in Erinnerung bleiben. Das liegt neben dem Einstieg auch an dem Umstand, dass die Musik so prominent über den Titel in Szene gesetzt wird, aber die Geschichte hat mir das nicht so in dem Umfang geboten, wie ich mir das erhofft hätte. Auch als Hazel schließlich als Songschreiberin einspringt, wäre für mich der logische nächste Schritt gewesen, dass auf die tatsächlichen Texte näher eingegangen wird. Es gibt nur so minimale Eindrücke, dass ich mir kein wirkliches Bild machen konnte, was für eine Musik The Wreckage eigentlich auf die Beine stellen. Dazu hat es mich einfach gestört, dass Hazel nicht mehr Anteil an dem Erfolg der Band hatte. Wenn man sich manchmal die Booklets anschaut, da ist wirklich jeder aufgeführt, der nur ein minibisschen an dem Album oder dem einzelnen Track mitgewirkt hat. Das Buch vermittelt, dass Hazel die Retterin ist, aber dafür wird das nahezu null gewürdigt. Gerade auch, als der Manager es auf Hazel als Störfaktor abgesehen hatte und nicht einmal zur Sprache kam, dass sie die Band eigentlich an diesen Punkt gebracht hat. Dieses Buch macht Hazel und der Musik nicht genug Ehren…

Abseits davon ist aber wieder eine süße Liebesgeschichte entstanden, die erstmal in Fahrt kommen muss. Spätestens als klar ist, wie eng die Geschichte von Hazel und Ian ist, da wirkt es noch mehr wie Bestimmung. Man kann die Szenen der beiden wirklich genießen, auch weil sie zusammen viel erwachsener als getrennt wirken. Aber auch die Großeltern von Ian sind als Nebenfiguren sehr wichtig für die Geschichten. Abseits davon geht es viel um Kriminalität und kaputte Charaktere, wo viel mit gearbeitet wird, was aber zu dem ländlichen Setting einer hoffnungslosen Stadt passt. Spätestens mit dem Sprung nach L.A. und dass Hazel familiäre Verantwortung übernimmt, hat mir die Geschichte gut gefallen, weil sie bedeutungsvoller wurde und weil auch zunehmend die geliebten Botschaften eine Rolle spielten. Es wird schließlich an allen Stellen schön rund, aber die Fehler davor sind dadurch nicht vergessen.

Fazit: „Denn ohne Musik werden wir ertrinken“ ist der Auftakt der Mixtape-Dilogie, den ich aber nicht als Cherry-Highlight bezeichnen kann. Um Musik ging es mir entschieden zu wenig und der Einstieg war auch viel zu oberflächlich. Cherry hat definitiv schon genug Bücher mit besserer Mischung geschrieben.

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Veröffentlicht am 19.12.2022

Das Beste zum Schluss

Worlds Beyond
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Bei Anabelle Stehl empfinde ich es oft so, dass sie inhaltlich mit die stärksten Geschichten für das NA-Genre schreibt, weil sie ausgefeilt, inhaltlich relevant und wichtig sowie mitreißend sind. Jedoch ...

Bei Anabelle Stehl empfinde ich es oft so, dass sie inhaltlich mit die stärksten Geschichten für das NA-Genre schreibt, weil sie ausgefeilt, inhaltlich relevant und wichtig sowie mitreißend sind. Jedoch sind die Liebesgeschichten immer eher Beiwerk gewesen, weswegen ich bei ihr bislang auch kein Paar hätte rauspicken können, das mich im Speziellen auch nachträglich noch beschäftigt hat. Natürlich fand ich die Happy Ends immer schön und es haben auch tolle Paare zueinandergefunden, aber es war da zu wenig Wow-Effekt. Habe ich deswegen aufgehört? Nein, weil ich es honoriere, das NA-Genre etwas aufzuräumen. Dennoch hat Stehl mit „Worlds Beyond“ nun etwas geschafft, denn Nele und Matthew haben sich definitiv nachhaltig in mein Herz geschlichen und das hätte ich so nie erwartet.

Bei so dreiteiligen Reihen mit Einzelgeschichten ist es oft so, dass der erste oder zweite Band als besonderes Highlight in Erinnerung bleiben, so zumindest meine Erfahrung. Stehl hat das für mich jetzt aber umgekehrt, denn „Worlds Beyond“, das ihre Worlds-Reihe rund um Influencer abschließt, ist definitiv mein Liebling geworden. Das hatte ich nicht erwartet, weil mich im Vorfeld der Klappentext nicht sonderlich umgehauen hat und weil Matthew im zweiten Band schon aufgetaucht ist, ohne aber nachhaltig Interesse zu hinterlassen. Zwar wurde zum Abschluss die erste Begegnung von Matthew und Nele angeteasert, aber s war noch zu nichtssagend. Stehl hat es dann aber mit dem eigentlichen dritten Band schnell geschafft, dass Nele und Matthew mein Herz erobern konnten, denn man hat ihnen diese Liebe auf den ersten Blick sofort angemerkt. Da haben sich einfach zwei gefunden, die sich vor allem nicht nur attraktiv fanden, sondern die sofort wichtige Eigenschaften ineinander erkannt haben, weswegen es auch so süß war, was sich Matthew für das erste offizielle Date ausgedacht hat. Auch wenn der Klappentext die erste große Wendung schon verraten hat, so war es für mich gleichermaßen ein Schlag, als ihre gemeinsame Geschichte sofort ausgebremst wurde. Aus Matthews Sicht hat es mir sogar fast mehr leid getan, obwohl natürlich Nele als Volontärin in der schwächeren Position war, aber wenn man so nach und nach seine Geschichte ergründet, da kann man schnell merken, was Liebe und Geborgenheit für ihn bedeutet und er hat es auf dem Präsentierteller und es wird ihm einfach entrissen. Was dann aber auch die Liebesgeschichte weiter aufrechterhalten hat, das war definitiv, dass die Funken weiterhin gesprüht haben, dass also eine knisternde Grundspannung beibehalten werden konnte. Auch wenn sie an manchen Stellen die beiden unvorsichtig hat werden lassen, aber es war authentisch und hat eben unterstrichen, dass sie sich so lieben, dass der Verstand eben aussetzt.

Aber auch abseits der Liebesgeschichte ist wieder eine tolle Erzählung geboten worden, weil die Figuren gut ausgearbeitet waren. Weder Nele noch Matthew schienen mir wirklich nah, auch wenn wir sicherlich einige Hobbys miteinander teilen, und dennoch hatte ich das Gefühl, sie jeweils bei allen Teilschritten nachvollziehen zu können. Es war auch angenehm, dass es angesichts der Vermischung aus Job und Privatleben dennoch immer zivilisiert geblieben ist. Es hat auch Tränen, Häme und Mobbing gegeben, ja, aber dennoch lief alles in einem angemessenen Rahmen ab, mit dem nicht alles gesprengt wurde, nur um möglichst viel Drama zu erzeugen. Es wirkte einfach echt, was zunehmend bemerkend ein echtes Kompliment ist. Der Einblick in den Alltag einer Literaturagentur war spannend, da man sonst eher die Verlagsseite erlebt. Auch wenn nicht übertrieben ins Detail gegangen wurde, man hat doch Matthew als Chef und Nele, die ganz neu anfängt, jeweils ihre Liebe für den Job angemerkt und in einer Zeit, wo nur noch viele arbeiten, um Geld zu verdienen, ist es schön, dass beide etwas gefunden haben, was sie auch wirklich lieben.

Am spannendsten war aber definitiv die Verarbeitung der Thematik, als die Beziehung der beiden aufgeflogen ist, denn sie waren ganz klar in eine schwierige Position gebracht worden. Machtmissbrauch, angebliches Hochschlafen der Frau, so viele Themen sind hier untergebracht und interessant angegangen worden. Aber positiv war auch, dass es nicht statisch geblieben ist, sondern dass in ernste Themen immer viel Persönliches eingebaut wurde, so auch Matthews Fehde mit seinem Mitarbeiter, die weit zurückreicht, die aber schön aufgearbeitet wurde, ohne dass es dafür ein kitschiges Happy End geben musste. Zwischendurch habe ich mich auch gefragt, wie es nun ausgehen kann und alle gewonnen haben. Eine offensichtliche Lösung schien es nicht zu geben, weswegen ich mit der Endlösung von Stehl mehr als glücklich war. Selbstverwirklichung hin oder her, aber es gibt eben auch gewisse Regeln und dementsprechend ist es doch für alle gut ausgegangen.

Fazit: „Worlds Beyond“ ist möglicherweise mein neuer Liebling von Anabelle Stehl, weil sowohl die Geschichte wieder hochaktuell war, aber auch die Liebesgeschichte mich wirklich berührt und bewegt hat. Eine tolle Kombination und ohne Frage ein grandioses Ende für die gesamte Worlds-Reihe.

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