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Veröffentlicht am 05.08.2022

Kehrt wieder mehr zu den innigen Wurzeln zurück

Bridgerton - Ein hinreißend verruchter Gentleman
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Band 6 der Bridgerton-Saga von Julia Quinn war für mich als Leserin der bislang größte Angang, auch wenn das bei einer Reihe seltsam formuliert klingt, denn ich hätte den Band schließlich so oder so gelesen. ...

Band 6 der Bridgerton-Saga von Julia Quinn war für mich als Leserin der bislang größte Angang, auch wenn das bei einer Reihe seltsam formuliert klingt, denn ich hätte den Band schließlich so oder so gelesen. Aber als jemand, der die Reihe erst durch die Netflix-Adaption kennengelernt und sich dann auch auf die Bücher eingelassen hat, ist Francesca bislang noch nicht die Figur gewesen, die einen bahnbrechenden Eindruck hinterlassen hat. In der Serie ist sie in den bislang veröffentlichten zwei Staffeln auch wegen Terminschwierigkeiten sehr selten zu sehen gewesen und erst für Staffel 3 kommt nun ein etwas älterer Recast. Aber auch in der Buchreihe war sie bislang nicht die Figur, die wirklich in Erscheinung getreten ist, da ist es doch eher Hyacinth, die als Nesthäkchen mit ihrer großen Klappe in Erinnerung bleibt. Zudem ist auch der männliche Protagonist, Michael, bislang eine völlig unbekannte Figur, was dementsprechend aus „Ein hinreißend verruchter Gentleman“ ein kleines Überraschungspaket gemacht hat.

Was mir von Anfang an gefallen hat, dass der sechste Band auch um eine neue Geschichte bemüht ist. Das habe ich zuvor schon angesprochen, dass aufgrund der sehr viel strengeren gesellschaftlichen Konventionen im frühen 19. Jahrhundert die Möglichkeiten nicht so groß sind, außer dass es gleich skandalös geworden wäre. Das hat die Reihe zwar auch in Kauf genommen, aber es ist eben nicht unendlich viel möglich. Demnach ist eine verwitwete Frau durchaus ein Aspekt, der etwas Interessantes mit sich bringt. Es war auch gut, dass das Buch zu einem Zeitpunkt ansetzt, als Francesca noch in erster Ehe verheiratet ist, um sie so als sehr junge Frau kennenzulernen und so auch ein Gespür für ihren ersten Mann zu bekommen. Zwar ist vieles vom Anfang aus Michaels Sicht erzählt, um seine unglückliche Verliebtheit in die Frau seines Cousins zu unterstreichen, und doch bekommt man einen Eindruck von dieser innigen Liebe. Aber auch Francescas Profil wird schnell geschärft und es passt zu dem bisherigen Eindruck. Sie ist zwar keine schüchterne Person, aber sie ist sehr bedacht auf ihre Unabhängigkeit. Auch wenn sie ihre große Familie liebt, so ist sie auch froh, wenn sie ihre Ruhe hat und ihren eigenen Weg gehen kann. Diese Merkmale merkt man ihr wirklich gut an und gerade dann nach Johns Tod, als Michael als neuer Lord erstmal Indien bereist und sie als Witwe sich um alles kümmert, zeigt sich auch ihre Selbständigkeit und ihr Wille, für sich selbst zu stehen. Was in der Serienversion bislang vor allem durch Eloise verkörpert wird, scheint in der Buchreihe Francesca zu sein und das hat mir wirklich gut gefallen.

Etwas unglücklich finde ich dagegen die zeitliche Einordnung des Bandes, denn sowohl die ersten Kapitel, als Francesca noch jung mit John verheiratet ist, aber auch nach dem Zeitsprung befinden wir uns parallel zu den Entwicklungen der Bände rund um Eloise und Penelope und Colin. Damit ist klar, dass Lady Whistledown zu dem Zeitpunkt noch aktiv ist, weswegen ich es schade finde, dass auf sie nicht gesetzt wurde. Selbst wenn man aufgrund der Reihenfolge der Bücher inzwischen weiß, wer sich hinter dem Alias verbirgt, so hätte es von der Nutzung ihrer Kommentare sicherlich nichts ans Charme weggenommen. Stattdessen wird auf Briefausschnitte von Michael und Francesca gesetzt, die ich persönlich aber wahrlich nicht so unterhaltsam fand. Zwar ist das Geschehen zwischen Michael und Francesca weit ab von gesellschaftlichen Veranstaltungen und viel hätte Lady Whistledown also nicht spitzfündig beisteuern können und doch ist es seltsam, dass sie nicht mal namentlich erwähnt wird. In dem Sinne ist es von Quinn einfach etwas inkonsequent.

Aber zurück zur eigentlichen Liebesgeschichte, die durch den Zeitsprung einen angemessenen Abstand bekommt, wo man versteht, dass sich Francesca wieder auf den Heiratsmarkt stürzen will. Aber es geht ihr weniger um den Mann als vielmehr um eigene Kinder und das ist sicherlich auch der Aufhänger, warum es dann mit Michael so schwierig wird, denn im Geiste hat sich bei Francesca einfach festgesetzt, dass John ihre große Liebe ist und sie sich auf einen angenehmen Mann einlässt, der ihn aber nie ersetzen wird. Michael war aber schon eine enorm wichtige Person für sie, bevor John gestorben ist, was alles durchkreuzt. Ich fand das Hin und Her zwischen den beiden dementsprechend sehr nachvollziehbar, weil sie auch beide ihren Grund hatten, sich zuerst zurückzunehmen und erst unterschwellig eifersüchtig zu reagieren, bis es dann eben immer intensiver wird und zu der langen Episode beim schottischen Landsitz führt. Auch wenn Michael bei mir als Figur keinen besonders bleibenden Eindruck hinterlassen hat und definitiv hinter Francesca für mich zurücksteht und es auch wieder Passagen in dem Buch gibt, die ich etwas seltsam finde, aber was für die Reihe fast schon typisch ist, so ist es doch eine Liebesgeschichte, die mir wieder besser gefallen hat als die zuvor, denn sie war insgesamt intimer von der ganzen Atmosphäre her, die Charakterarbeit war gut und die inneren Prozesse sowie auch das unerwartete Thema Unfruchtbarkeit waren gut dargestellt.

Fazit: „Ein hinreißend verruchter Gentleman“ bringt Francesca das große Glück, die bislang doch eine große Unbekannte war. Aber sie hat sich für mich als positive Überraschung entpuppt und ich habe ihre Geschichte gerne verfolgt. Insgesamt wirklich eine solide Unterhaltung wieder, die sich wieder mehr auf das Zentrale besinnt und einfach eine schöne und für die Reihe anders gestaltete Liebesgeschichte.

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Veröffentlicht am 27.07.2022

Wichtiges Thema mit kleineren Schwächen

Alles, was du von mir weißt (Alles-Trilogie, Band 2)
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Ich finde es gut, dass auch Kyra Groh mit ihrem Stil nun dem New Adult-Genre als Autorin beigetreten ist und dieses mit wichtigen Themen aber auch ihrem unverwechselbaren Humor anreichert. Auf Band 2, ...

Ich finde es gut, dass auch Kyra Groh mit ihrem Stil nun dem New Adult-Genre als Autorin beigetreten ist und dieses mit wichtigen Themen aber auch ihrem unverwechselbaren Humor anreichert. Auf Band 2, „Alles, was du von mir weißt“, habe ich dabei besonders gefreut, denn es ist doch leider immer noch viel zu selten, wenn die Protagonistin oder auch der Protagonist übergewichtig ist. Es gab zwar schon Versuche, aber so richtig überzeugt hat mich in dieser Richtung wenig. Deswegen war ich hier bei Polly sehr gespannt, denn sie ist uns in Band 1 als sehr selbstbewusst und als ein gewisses Großmaul vorgestellt worden, weswegen ich gespannt war, wie wir alles durch ihre Perspektive wahrnehmen werden und was dann thematisch hängen bleibt.

Zunächst kann ich sagen, dass die Darstellung der übergewichtigen Polly durchaus sehr gut gelungen ist. Man hat deutlich gemerkt, dass sie mit sich eigentlich völlig im Reinen ist, dass sie aber auch nicht ewig mit ihrer humorvollen Mauer gegen die Spitzen ihrer Mutter und gegen Außenstehende vorgehen kann. So ist Polly trotz ihrer ersehnten Selbständigkeit in Köln in einen Strudel geraten, den es kaum noch aufzuhalten möglich war, denn sie hat das Denken übernommen und es sogar im Vorfeld gedacht, um sich im Grunde in einem Worst-Case-Szenario selbst zu schützen. Ich kenne solche Prozesse wirklich gut, weswegen mir einige Szenen auch wirklich weh getan haben, weil ich sie vielleicht so oder so ähnlich auch schon erlebt habe. Ich fand es auch gut, dass Pollys Selbstbewusstsein irgendwann auch nicht mehr funktionierte und sie nur noch wie ein Fisch den Mund auf- und zumachen konnte, denn das hat es sehr, sehr realistisch gemacht. Dennoch war es mit Polly auch anstrengend, denn manchmal waren diese düsteren Gedanken dann zu viel, ihr Schutz-Humor zu bissig und es blieb nur noch wenig Raum für kleine glückliche Momente.

Ein Problem durch diese Sichtweise auf Polly war auch – und das war schon meine Kritik im ersten Band bezogen auf Fynn – dass Jonas kaum Persönlichkeit entwickeln durfte. Und da wären wir dann auch wieder beim Knackpunkt, dass die Liebesgeschichte für mich leider etwas blass gewesen ist. Das, was geboten wurde, war nett und vielversprechend, aber ich glaube, dass wir mit einer intensiveren Betrachtung von Jonas und seiner Gefühlswelt noch viel mehr hätten erreichen können. Denn man hat als LeserIn ja immer gemerkt, dass etwas bei ihm los ist, aber Polly war so mit sich selbst beschäftigt, dass es immer wieder aufgeschoben wurde. Ich weiß nicht, ob Groh es hier als Überraschungseffekt geplant hat, dass Jonas selbst unter einem toxischen Selbstbild leidet, aber für mich war es das wert, dass es ebenfalls intensiv hätte beleuchtet werden müssen. Dann hätten wir zu Polly und Jonas ein gleichermaßen intensives Bild gehabt und schon wäre ihre gemeinsame Geschichte eine andere gewesen. So ist es einfach etwas schade, weil die Ansätze alle wunderbar sind, aber die letzten 15 % fehlen.

Fazit: Kyra Groh hat in „Alles, was du von mir weißt“ sehr, sehr gute Ansätze, denn ich habe mich oft genug selbst wiedererkannt und es tat auch weh, die eigenen Erlebnisse so schonungslos ehrlich verarbeitet zu sehen. Dennoch fehlt auch etwas, weil gerade Jonas als Gegenpart zu uneigenständig als Figur blieb, weswegen die Liebesgeschichte noch den besonderen Faktor mehr verpasst hat. Dennoch gibt es definitiv eine Leseempfehlung, weil es viel zu wenig thematische Auseinandersetzung mit Übergewicht bei New Adult gibt.

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Veröffentlicht am 25.07.2022

Schon sehr rund, aber noch genug offen lassend

American Crown - Samantha & Marshall
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Katharine McGee ist für mich nun schon seit mehreren Jahren eine Bank, wenn es um Jugendunterhaltung geht, weil sie faszinierende Welten schafft und dafür simple Themen nimmt, die aber dennoch etwas berühren, ...

Katharine McGee ist für mich nun schon seit mehreren Jahren eine Bank, wenn es um Jugendunterhaltung geht, weil sie faszinierende Welten schafft und dafür simple Themen nimmt, die aber dennoch etwas berühren, weil sie sie in völlig neue Kontexte setzt. Mit „American Crown“ sind wir in der amerikanischen Monarchie der Zukunft, was natürlich sicherlich dem Hype um die englische Krone geschuldet ist. Ich mag vor allem auch ihre Erzählweise, dass sie so konsequent auf verschiedene Perspektiven setzt, Sympathieträger und Antagonisten gleichermaßen und dass sich nach und nach ein Bild zusammensetzt. Beim zweiten Teil von „American Crown“ habe ich nun wieder beim Hörbuch zugegriffen, weil Corinna Dorenkamp mich schon beim ersten Band sehr mit ihrer Erzählstimme begeistert hat, so dass ich mir die Stimmen der vier Frauen schon gar nicht mehr ohne sie vorstellen könnte.

Beim zweiten Band hatte ich lange den Eindruck, dass es sich bei „American Crown“ möglicherweise um eine Dilogie handelt. Ich hatte mich vorher nicht informiert, wie viele Bände geplant sind und inhaltlich hatte ich den Eindruck, dass wir strikt auf einige Happy Ends zulaufen, die mich zwar auch überraschten, aber es wirkte vieles in der richtigen Richtung. Gleichzeitig hatte ich aber auch die Gedanken, dass mir noch ein wenig Kritik an der Monarchie fehlt, wie sie hier präsentiert wird. Denn McGee ist eine moderne Erzählerin, wo es mich einfach gestört hätte, wenn es anarchistisch geblieben wäre. Deswegen bin ich froh, dass der zweite Band so endet, dass man merkt, jetzt sind wir wirklich bei der Gesellschaftskritik angekommen und jetzt wird es neben dem persönlichen Drama auch noch auf einer anderen Ebene wichtig. Auch wenn Band 2 damit nicht auf einem krassen Ciffhanger endet und man auch erahnen kann, dass ein paar Happy Ends gewiss noch einmal getestet werden, aber ein Band 3 ist hier sinnig und ich bin gespannt, was uns dort noch erwartet.

Nachdem ich nun zuerst das Ende besprochen habe, kommen wir zurück zum Hauptteil. Am stolzesten können wir definitiv auf Beatrice sein, denn diese strampelt sich wirklich frei und lässt endlich zu, dass sie eine Person sein darf. Sie hat zwar immer noch den grässlichen Robert direkt vor der Nase, aber man merkt deutlich, dass Beatrice zwar im Andenken an ihren Vater agieren will, aber zu ihren Bedingungen. Ich war zudem überrascht, wie sehr die Liebesgeschichte mit Teddy vorangetrieben wurde. Generell bin ich bei einigen Wendungen sehr überrascht worden, weil es ja oft so ist, dass man gedanklich bei den Paarungen festhängt, die zu Beginn präsentiert wurden. Aber der erste Band hieß eben schon „Beatrice & Theodore“, ob da Endgame schon verraten wurde? Ich fand es auf jeden Fall sehr erwachsen, wie auch die Gefühle für Connor weiterhin angegangen wurde und dass eben Teddy dann aus seinem Schatten treten durfte und eigenes Profil für Beatrice entwickeln konnte. Am Ende ist Beatrices Perspektive ohnehin die stärkste, denn sie trifft viele mutige Entscheidungen und genau mit der Beatrice erlebe ich gerne noch einen dritten Band.

Sam war ganz klar die Rebellin der Geschichte, aber definitiv auch eine, die etwas in einem anklingen lässt, weil sie eben die Außenseiterin ist, die irgendwo zwischen den Stühlen schwebt und es daher trotz ihrer großen Klappe schwer gemacht bekommt, ihren Platz in der Welt zu finden. Sie bekommt nun den Neuzugang der Reihe an die Seite gestellt: Marshall. Ich fand es gut, dass mit ihm das Thema Rassismus angegangen wurde, denn gerade in einem Land wie den USA wäre es wohl vertane Chance gewesen, es nicht auszugreifen. Marshall ist auf jeden Fall eine Figur, der es nicht schadet, erst später aufs Parkett zu treten, denn er scheint dafür wie gemacht für Sam. Ich habe ihn als Figur wirklich genossen und ich mochte auch ihre gemeinsame Liebesgeschichte, als sich ganz deutlich zeigte, dass das Thema Teddy eben wirklich beendet ist.

Eng verwoben sind dann noch Nina und Daphne. Letztere wird wahrlich keine Figur mehr werden, der ich die Daumen drücke, aber deswegen würde ich keinesfalls ihre Perspektive missen, denn ihre Kapitel sind immer der krasse Gegensatz zum Rest, was wohltuend ist. Es werden auch vermehrt ihre verletzlichen Seiten betont, aber ich will sie gar nicht zu verweichlicht erleben, denn sie hat doch die ganze Zeit eigene Entscheidungen getroffen und ihre Mutter ist doch sehr im Hintergrund. Nina ist als Figur deutlich langweiliger, was manchmal schade ist, weil ich gerade bei der normalsten Figur mehr Begeisterung empfinden wollen würde, weil sie am ehesten für viele von uns steht, aber ich denke, dass sie mit Ethan aber auch überraschend jemand an die Seite gestellt bekommen hat, der ihr gut getan hat. Natürlich hat auch Ethan selbst davon profitiert, der zwar für mich eh nie Daphne-Ausmaße hatte, der es dadurch aber auch einfacher hatte, mit seiner Persönlichkeit überzeugen zu können. Weiterhin schade bleibt in meinen Augen aber, dass Jeff so beliebig bleibt. Er ist im Grunde doch auch eine sehr wichtige Figur, weil er eben mit allen eine Verbindung hat, aber Jeff ist einfach langweilig und es ist noch nicht gelungen, mir sein Innenleben nahe zu bringen. Die Frage ist dadurch ganz klar, kommt das noch? Und bekommt er auch sein Happy End, der bislang so sehr Spielball war? Und was wird Nina entscheiden und was bleibt dann für Daphne? Dieser Teil hier ist Gossip-lastig der spannendste für mich im dritten Band.

Fazit: „American Crown – Samantha & Marshall“ entwickelt wieder einen mitreißenden Sog für mich, weil ich die Geschichten einfach gut abgestimmt und spannend finde. Zwar sieht zwischendurch viel nach einem endgültigen Happy End aus und es gibt einige neue überraschende Paare, aber es ist McGee gut gelungen, direkt wieder neue tolle Liebesgeschichten zu erzählen. Zudem scheint für Band 3 noch genug Potenzial da zu sein, vor allem gesellschaftskritisch, weswegen ich deswegen dran bleiben werden.

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Veröffentlicht am 20.07.2022

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Was niemand von uns weiß - Burlington University
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Von Sarina Bowen hat mich nach True North keine Reihe mehr so durchgängig berührt. Größere Probleme hatte ich auch mit Ivy Years-Reihe sowie mit den Brooklyn Years, es gab immer die Highlight-Bände, aber ...

Von Sarina Bowen hat mich nach True North keine Reihe mehr so durchgängig berührt. Größere Probleme hatte ich auch mit Ivy Years-Reihe sowie mit den Brooklyn Years, es gab immer die Highlight-Bände, aber ansonsten waren die Schwächen für mich oft zu deutlich. Bei der Reihe an der Burlington University wiederum war ich etwas besorgt, dass wir im Alter wieder etwas zurückgehen, weil Bowen auch gerade bei den intimen Szenen eine eher ‚versautere‘ Gangart bevorzugt, die ich dann eher bei älteren Figuren deutlich passender finde. Der erste Band war dann leider auch sehr oberflächlich, der zweite war aber schon deutlich besser, weil auch wieder genau das Maß an persönlichem Drama geboten wurde, was ich bei Bowen liebe und was sie definitiv immer drauf hat. Beim dritten Band nun wiederum fragt man sich, warum es überhaupt unter Burlington University läuft, da es erst ganz am Ende an die Uni geht, aber sei es drum, denn es war zum Glück wieder ein gutes Buch der Reihe.

Ich finde es löblich, dass sich etablierte NA-Autorinnen inzwischen auch immer mehr homosexuellen Liebesgeschichten in ihren Reihen widmen. Während das für die einen vielleicht ein Diskussionspotenzial ist, ob nur die diverse Liebesgeschichten erzählen sollten, die sich auch selbst der LGBTQ+ Community zugehörig fühlen, sehe ich das stellvertretend für die anderen etwas entspannter, denn zum einen hat es der Buchmarkt – auch international – nicht zugelassen und zum anderen haben möglicherweise deswegen genau die entsprechenden Autorinnen deswegen jahrelang nur strikt heterosexuelle Liebesgeschichten erzählt und höchstens im Nebenplot gleichgeschlechtliche Liebe eingebaut. Aber im Grunde ist all das völlig egal, es ist wichtig, dass wir in allen Ländern viel mehr damit konfrontiert werden, denn Liebe ist Liebe und jede Möglichkeit, diese Botschaft in die Welt hinauszutragen, sollte gerne gesehen sein. Gerade in diese Reihe passt es sehr gut hinein, denn das Geschehen spielt sich im ländlichen Vermont ab, wo die Vorurteile definitiv viel größer sind als in Großstädten wie New York, Los Angeles oder hierzulande Berlin und da ist es gut möglich, den Finger in die Wunde zu legen.

Mit Roderick und Kieran haben wir zwei Figuren, die zwar von der Karriere, dem Alter und anderen oberflächlichen Faktoren her an einem ganz ähnlichen Punkt in ihrem Leben zu sein scheinen, aber gerade was ihre Sexualität und dem Platz im Leben finden, sind sie an völlig verschiedenen Stellen und das macht sie in der Kombination natürlich reizvoll, weil sie sich so gegenseitig beistehen und sich herausfordern können. Mit Kieran konnte ich als Figur mehr anfangen, denn auch abseits seiner anfänglichen Weigerung, sich zu outen konnte ich seine ganzen Sorgen um die Familie, die Verantwortung für den Betrieb und dabei sich selbst irgendwie treu zu bleiben, sehr gut nachvollziehen. Spätestens als spät herauskommt, was er immer mit sich geschleppt hat, erklärt er sich noch besser, aber auch so fand ich ihn gut von Bowen gezeichnet. Er ist damit zwar kein Charmebolzen, weil er sehr zurückhaltend ist und generell immer andere die Führung in die Hand nehmen müssen, aber er ist so wenigstens authentisch. Roderick dagegen ist laut, frech, aber so liebesdürftig, dass er sich oft in gefährliche Abhängigkeiten begibt. Ich fand es gut, dass er so im Einklang mit seiner Sexualität aber auch so einen Unsicherheitsfaktor bekommen hat, denn so war eben das Gleichgewicht hergestellt.

Ich mochte die beiden zusammen auch sehr gerne, auch weil durch die gemeinsame Geschichte in der Schule die sexuelle Anziehung von Anfang an als gegeben da war und sich das ganz langsam steigern konnte. Auch dass Kieran zunächst alles abgeblockt hat, um dann nach und nach sich zu öffnen, auch weil er einfach ein guter Mensch ist, hat gut gepasst. Bei Roderick fand ich die Gedankengänge zwischendurch etwas herausfordernd. Dass er sich nach Kierans offensichtlicher Weigerung mit dem Coming-Out zurückgezogen hat, das war einwandfrei verständlich, weil das genau die Selbstachtung war, die ihm gut gestanden hat, aber dazwischen war er für mich nicht immer klar zu verstehen. Insgesamt hatte ich auch eher den Eindruck, dass es eher Kierans Geschichte war. Wir hatten bei Roderick zwar auch die Eltern und den Ex-Freund, aber die Themen sind nicht besonders intensiviert worden. Es mag daran liegen, dass Kieran der Shipley ist, aber es war dennoch auffällig. Es ist im Grunde auch nicht völlig schlimm, aber vielleicht ist das auch der Grund, dass es mit Roderick etwas schwieriger mit dem Verständnis war. Da es möglicherweise nun tatsächlich der letzte Ausflug in die Welt von Vermont ist, kann ich auch sagen, dass es ein runder Abschluss ist. Wir sind wieder sehr, sehr vielen Figuren aus der geliebten Reihe begegnet und es ist immer wie nach Hause kommen und das gelingt Bowen wirklich immer gut.

Fazit: Der (wohl vorläufige) Abschied aus True North und Burlington University ist noch einmal gut gelungen, weil die gleichgeschlechtliche Liebesgeschichte zwischen Kieran und Roderick charakterlich individuell aber auch mit ihnen zusammen zu überzeugen weiß. Wichtige Themen werden angesprochen und ich habe dem gerne beigewohnt. Generell mehr davon in der Buchwelt!

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Veröffentlicht am 17.07.2022

Gut, aber mit Luft nach oben aus der Startbox gekommen

Westwell - Heavy & Light
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Lena Kiefer ist schon länger sehr erfolgreich im Buchgeschäft unterwegs und ich habe durchaus einige Bücher von ihr und die Begeisterung darüber wahrgenommen, aber so richtig Klick hatte es noch nicht ...

Lena Kiefer ist schon länger sehr erfolgreich im Buchgeschäft unterwegs und ich habe durchaus einige Bücher von ihr und die Begeisterung darüber wahrgenommen, aber so richtig Klick hatte es noch nicht gemacht, was bei der Breite des Angebots oft auch einfach nur Glückssache ist. Bei ihrer ersten Reihe bei Lyx, Westwell, habe ich nun aber gerade zugegriffen, denn Lyx ist der Verlag, auf den ich mich bei New Adult immer verlassen kann und natürlich haben auch die Cover wieder etwas Besonderes ausgestrahlt.

Bei New Adult habe ich mich vor allem an Reihen mit wechselnden Paaren gewöhnt, weswegen ich es durchaus interessiert aufgenommen haben, dass Kiefer hier offenbar die Geschichte eines Paares über drei Bände verteilt erzählen wird. Auch wenn das nicht grundlegend falsch ist, so habe ich in diesem Genre bislang noch leider keine Trilogie gelesen, bei der ich die Geschichte durchgehend stark bis zum Ende empfunden hätte, weswegen gewisse Sorgenfalten nicht zu verheimlichen sind. Dennoch gilt es nun nicht, für die Zukunft zu prophezeien, stattdessen geht es eindeutig vor allem um den ersten Band, der nun erschienen ist und uns mit Helena und Jess vertraut macht. Was in meinen Augen definitiv sehr gut gelingt, das ist die besondere prickelnde Chemie zwischen den beiden Figuren. Es hat sich schnell etwas aufgebaut, wobei ich gerne mitgefiebert habe und ich fand die ganzen intimen Szenen und das Hinarbeiten darauf wirklich gut gemacht. Deswegen ist im Grunde vieles vom Rest egal gewesen, weil für mich einfach klar wurde, ich will das Happy End der beiden miterleben, auch wenn es noch über zwei weitere Bände hinweg erst geschehen wird. Das ist auf jeden Fall schon einmal ein großes Kompliment, weil die unfassbare Chemie zwischen zwei Figuren definitiv die Königsklasse in diesem Genre ist.

Etwas schwerer haben es mir aber das Setting und auch Helena als Figur gemacht. Zunächst habe ich gegen die gehobene Gesellschaft als Setting nichts, denn auch „Gossip Girl“ habe ich immer gerne gesehen, das ist also kein No-Go, aber es ist natürlich auch die Frage, wie man es einbindet und was daraus gemacht wird. Die Welt der Westons und Coldwells wird sehr kalt dargestellt und es ist wirklich schwer, sympathische Figuren auszumachen, denn gerade bei den Familien finden sich viele Stolperstellen und ich bin als Leserin schon darauf angewiesen, dass ich vor allem ein solides Set an Sympathieträgern habe, so dass sich die Antagonisten leichter ertragen lassen. Hier kommt aber auch hinzu, dass auch Helena alleine es mir manchmal verdammt schwer macht. Man merkt zwar deutlich, dass sie im Grunde ein sehr sympathischer Mensch ist und auch ihr Bedürfnis, den Ruf ihrer Schwester Valerie wiederherzustellen, kann ich gut nachempfinden, aber wie unverantwortlich und rücksichtslos sie dabei vorgeht, das hat mich schon erschreckt, auch weil es zu ihrem restlichen Charakter nicht zu passen scheint. Wenn es um die Nachforschungen geht, wirkt sie unfassbar mutig mit einem Hang zum Wahnsinn, aber wenn es um die Familie geht, ist sie sehr klein mit Hut. Auch sonst sind mir einige inkonsequente Vorgehensweisen aufgefallen, denn der Boxclub schien zunächst eine große Rolle zu spielen, sowohl für Helena als auch für Jess, ist dann aber einfach unter den Tisch fallen gelassen worden.

Auch wenn mir in diesem ersten Band wahrlich nicht langweilig wurde, auch weil ich das Mysterium um den Tod von Valerie und Adam spannend finde, so befürchte ich dennoch, dass dieses künstliche Erzeugen von Drama, weil die Eltern im Hintergrund immer intrigieren, über drei Bände anstrengend werden könnte. Deswegen hoffe ich einfach, dass sich die Ansätze von Helena und Jess als Paar und vor allem auch von ihm als Einzelfigur durchsetzen werden. Denn bei ihm merkt man schon deutlich seine Abscheu, seine innere Rebellion, die er nur für seinen kleinen Bruder zurückstellt. Bei Helena ist es leider noch so, dass sie Loyalität gegenüber etwas zu empfinden scheint, was nur wie Schall und Rauch wirkt. Das ist etwas schade, weil ich mir wünschen würde, dass sie gemeinsam auf einer Seite stehen und das System so richtig auseinandernehmen. Zudem wäre es definitiv hilfreich, noch ein wenig mehr auf die Nebenfiguren zu setzen, dass hier noch mehr sympathisch werden dürfen.

Fazit: Lena Kiefer schafft mit dem Auftakt zu „Westwell“ gleich das Kunststück, mich für das Hauptpärchen einzunehmen, weil eine besondere Chemie geschaffen wird. Abseits davon ergeben sich aber auch Schwächen wie inkonsequente Entscheidungen bei Helena oder in der Handlung und es droht auch, mit drei Bänden zu sehr in die Länge gezogen zu werden. Dennoch war der Auftakt spannend und ebnet den Weg, wo noch durchgehend Gutes leicht möglich wäre. Ob das von der Autorin auch umgesetzt wird, muss sich erst noch zeigen.

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