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Veröffentlicht am 22.03.2022

Überdeutliche Verbesserung

The Reason of Love
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„The Dream of Us“ war meine erste Begegnung mit Ivy Kazi und während ich mir stilistisch sofort sicher war, hier eine gute Autorin zwischen zu haben, gab es leider auf inhaltlicher Ebene einige Enttäuschungen, ...

„The Dream of Us“ war meine erste Begegnung mit Ivy Kazi und während ich mir stilistisch sofort sicher war, hier eine gute Autorin zwischen zu haben, gab es leider auf inhaltlicher Ebene einige Enttäuschungen, die eine bessere Bewertung verhindert haben. Mir war aber gleich klar, dass ich die Reihe vom St. Clair Campus weiterverfolgen würde, denn falsche inhaltliche Entscheidungen zu treffen, den Zirkel kann man durchaus durchbrechen. Und was soll ich sagen? Der zweite Band, „The Reason of Love“ ist definitiv eine deutliche Verbesserung.

Gerade in Bezug auf Haley hatte ich bereits Großes erwartet, weil sie mit ihren Eigenarten und ihrer Klappe, die vor allem gerne dann aufgeht, wenn es nicht passend ist, mir sofort im Gedächtnis geblieben ist und ich wollte sie unbedingt näher kennenlernen und dadurch verstehen können. Mateo war mir noch etwas zu sehr Player im ersten Band, wobei man dennoch gemerkt hat, dass er etwas Gutes an sich hat und das wird hier im zweiten Band auch voll ausgespielt, weswegen ich absolut nichts dagegen machen konnte, ich habe mich in Haley und Mateo als Paar einfach verliebt. Ich kann es auch gar nicht so genau erklären, aber es sind mir eh immer die liebsten Paarungen in NA, bei der mir einfach das Gefühl sagt, es passt und wo es weniger rationale Argumente für gibt. Und dennoch habe ich natürlich auch ein paar Begründungen parat.

Haley ist wirklich ein herzensguter Mensch. Ich konnte im ganzen Buch wirklich keine Stelle finden, wo mir konkret ihr Verhalten als seltsam ins Auge gefallen wäre. Ich mag es auch, dass sie aufgrund der Tatsache, dass sie immer schon eine Außenseiterin war, sich einen optischen Panzer angelegt hat, um alten Vorurteilen zu ergehen, weil ich es echt gut nachvollziehen kann. Am meisten mag ich aber, dass sie trotz der Traumata ihrer Jugend nicht verschüchtert ist. Sie sagt, was sie denkt, sie steht für Meinungsschwache ein und generell ist sie eine Kämpferin für das Gute. Es ist daher leicht gewesen, ihr ihr Happy End zu wünschen. Ich fand es auch gut, dass Haley nicht von einer überdramatischen Geschichte begleitet wurde. Ihr Vater ist lieber in der Weltgeschichte als bei der Familie unterwegs, aber daraus musste kein Geheimnis gemacht waren. Bei Mateo war es etwas anders, weil wir auch seine Perspektive nicht miterleben und deswegen gleich klar war, dass wir über seine Vergangenheit definitiv erst noch etwas erfahren müssen. Aber auch das wurde nicht ewig hinausgezögert, auch das wurde nicht dramatisiert, sondern es wurde damit gearbeitet und das hat mir wirklich gefallen. Zudem ist Mateo trotz seines Rufs als Frauenheld definitiv Feminist. Es war spannend zu begreifen, wie er über die Frauen in seinem Leben denkt. Er spielt mit keiner, alle kennen vorher die Wahrheit und auch wenn er für sein Leben gerne flirtet, es ist immer ehrlich. Deswegen war sein Werben um Haley auch einfach das Beste an dem ganzen Buch, weil es wirklich um sie als Mensch ging und das hat mich sehr berührt.

All diese Punkte haben mich lange glauben lassen, dass wir auf eine überzeugte 5-Sterne-Bewertung hinsteuern, aber letztlich haben sich in der zweiten Hälfte dann doch wieder ein paar inhaltliche Schwächen ergeben. Manchmal war der Aufbau der Beziehung der beiden nicht ganz konsequent, oder vielleicht hätte ich nur einfach eine andere Konsequenz gesehen, aber nach Küssen hätte ich es definitiv normal gefunden, da mal tiefer einzutauchen. Spätestens dann aber die Fake-Beziehung war leider ein Punkt, den ich nicht mittragen konnte. Argumentativ habe ich das alles nachvollziehen können, aber das war kein Hindernis, das ich mir vorher so hätte ausgemalt, zumal es eben auch viele prickelnde Aspekte verhindert. Da nun alles ‚verboten‘ war, war nicht mehr viel Unbeschwertheit da und deswegen wurde nach hinten heraus einiges etwas ausgebremst. Auch die Nachhilfe war plötzlich überhaupt kein Thema mehr. Ich bin zwar froh, dass Bo nun auch sein Glück gefunden hat, aber nee, das war nicht ganz so passend. Dennoch gab es durch diese Aspekte noch tolle Momente, wie das Coming-Out und auch sonst viele beschützende Momente. Das war dann auch nötig, denn ich wollte doch mit einem guten Gefühl aus der Geschichte gehen und das wurde erfüllt: Haley und Mateo haben definitiv mein Herz erobert und werden da auch bleiben.

Fazit: Ivy Kazi verbessert sich mit „The Reason of Love“ deutlich, denn gerade die Paarung Haley und Mateo ist für mich völlig durch die Decke gegangen. In der zweiten Hälfte schleichen sich wieder inhaltliche Schwäche ein, aber das ist deutlich weniger und für mich bleibt im Gedächtnis, dass es einfach Liebe auf den ersten Blick mit dem Protagonistenpärchen war.

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Veröffentlicht am 21.03.2022

Bleibt für langatmigen Mittelteil in Erinnerung

Ein Teil von ihr
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Karin Slaughter ist eine sehr erfolgreiche Thrillerautorin, weswegen man diesen Namen einfach kennt, wenn man in der Bücherwelt zuhause ist. Dennoch hatte ich vor „Ein Teil von ihr“ nur ein einziges Buch ...

Karin Slaughter ist eine sehr erfolgreiche Thrillerautorin, weswegen man diesen Namen einfach kennt, wenn man in der Bücherwelt zuhause ist. Dennoch hatte ich vor „Ein Teil von ihr“ nur ein einziges Buch von ihr gelesen, was mir selbst schon ein wenig unangenehm ist. Das Interesse an „Ein Teil von ihr“ ist natürlich wegen der Serienadaption durch Netflix entstanden, weswegen ich den Roman unbedingt vorher noch lesen wollte, um anschließend mir ein vergleichendes Bild machen zu können.

Der Einstieg von „Ein Teil von ihr“ ist sehr vielversprechend gelungen. Zwar ist es etwas schwierig, durch Andys Perspektive gleich einen kompakten Überblick zu bekommen, aber da gleich eine Highlightszene so früh gesetzt wird, verschwinden diese Gedanken auch schnell wieder, weil man erstmal mit offenem Mund die Seiten weiterblättert. Die Szene in dem Diner war wirklich sehr spannend inszeniert und hat natürlich gleich offenbart, dass mit Laura etwas ganz anders ist, als uns in den Szenen davor weiß gemacht werden sollte. Doch bei dieser Heldentat im Diner bleibt es nicht, relativ schnell wird noch eine zweite Szene hinterhergeschoben, bei der es ordentlich zur Sache geht. Natürlich lässt so ein Auftakt dann Erwartungen entstehen, weil so die ersten 100 Seiten wirklich ein wilder Ritt waren, doch leider kommt es hiernach zu einem Bruch im Buch, der mich doch sehr frustriert hat.

Mit Andy auf der Flucht beginnt nämlich ein unheimlich langatmiger Teil. Wir sind oft in ellenlangen Gedankenspiralen mit ihr gefangen, die zwar durchaus verständlich sind, wenn das Leben von heute auf morgen auf den Kopf gestellt wird, aber sie waren anstrengend mitzuverfolgen. Zumal Andy dann auch oft eher unvernünftig handelt, so dass es mir schwer gemacht wurde, nicht ständig die Augen zu verdrehen. Parallel haben wir dann immer Rückblenden in die 80er, aber die setzen so urplötzlich ein und konfrontieren uns mit zig Namen, die bis dato gar nicht gefallen sind, so dass ich große Probleme mit der Erstorientierung hatte. Nachdem dann einmal klar war, dass wir nun die Wahrheit über Laura erfahren, hat es zwar besser geklappt, aber leider bin ich auch hier inhaltlich nicht überzeugt worden. Denn sie steckt in einer toxischen Beziehung, ihre Organisation, die sich eine neue Welt ausmalt, ist voll von Fanatikern und auch sonst sind nur Figuren um sie herum, die dunkle Geheimnisse haben oder aus sonstigen Gründen völlig unberechenbar sind. Dadurch war es schwer für mich, einen Anker in der Handlung zu werfen. Zudem ist mein Eindruck auch, dass die Geschichte der Vergangenheit auf Lücke gestaltet ist. Ich hatte immer wieder zig Fragezeichen im Kopf, Antworten habe ich nie bekommen. Zudem sind die Kapitel auch viel zu lang. Wenn die Handlung schon so langatmig ist, dann ist es immer gut, wenn die Erzählstilistik die benötigten Pausen bietet. Da dem aber nicht so war, ist der Eindruck noch verschärft worden, dass sich alles wie ein Kaugummi zieht.

Erst am Ende wieder hat die Geschichte ihren Bogen gefunden, weil Andy auf einen großen Showdown zugeht, wo viele Wahrheiten auf den Tisch kommen, wenn auch weiterhin nicht alle. Auch der Epilog, wenn auch erneut viel zu lang, bildet den passenden Abschluss, weil sich so deutlich ein Kreis schließt. Alles in allem ist es aber vielleicht gar nicht selbstverständlich, es überhaupt bis zum Ende zu schaffen.

Fazit: „Ein Teil von ihr“ ist für mich persönlich eher ein frustrierendes Leseerlebnis gewesen, denn nach einem atemraubenden Einstieg war schnell alle Luft weg und beide große Teilhandlungen waren viel zu langatmig und haben mich kaum fesseln können. Zwar ist das Ende wieder okay, aber insgesamt hätte mich das Buch gewiss nicht zu einer Serie inspiriert. Dennoch bin ich nun gespannt auf das Ergebnis von Netflix, denn gerade den Teil mit Andy kann man so gar nicht transportieren, er muss also anders gelöst werden, was ja durchaus vielversprechend werden könnte.

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Veröffentlicht am 21.03.2022

Autorinnenstimme wird weiter geschärft

Worlds Collide
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Nachdem es bei mir schon große Begeisterung heraufbeschworen hat, als von Anabelle Stehl, die ich bereits seit ihren Blogger-Zeiten kenne, die „Away“-Reihe erschienen ist, ist natürlich die zweite Reihe ...

Nachdem es bei mir schon große Begeisterung heraufbeschworen hat, als von Anabelle Stehl, die ich bereits seit ihren Blogger-Zeiten kenne, die „Away“-Reihe erschienen ist, ist natürlich die zweite Reihe immer noch besonderer, denn da heißt es endgültig zu beweisen, dass man keine Eintagsfliege ist. Schon in der ersten Reihe ist deutlich aufgefallen, dass Stehl sich eine ganz eigene Autorinnenstimme angeeignet hat und diese schärft sich mit „Worlds Collide“ noch einmal mehr und dennoch sind die Reihen nicht miteinander zu vergleichen und das ist das zweite geforderte Talent, dass man eine Stimme hat, sich aber dennoch ständig neu erfindet.

Die „World“-Reihe spielt in der Welt der Influencer. Nun wahrlich nicht meine eigene Lebenswelt und wahrscheinlich muss ich zugeben, dass ich tendenziell eher vorurteilbehaftet bin, weil ich richtig ehrliche Stimmen da viel zu selten entdecken. Mit Anne Pätzold habe ich aber auch K-Pop entdecken dürfen und habe mich darauf einfach eingelassen und wurde belohnt. So ist es mir jetzt auch bei „Worlds Collide“ gegangen, denn es war schon faszinierend, mit Fiona und Demian hinter die Kulissen zu blicken. Zumal sie beide auch völlig unterschiedliche Teile dieser Welt darstellen, weswegen der Buchtitel auch so perfekt gewählt ist, denn es treffen wirklich zwei Menschen aufeinander, die auf einem Portal gemeinsam unterwegs sind, aber dennoch nicht unterschiedlicher darüber denken könnten. Für Fiona war Social Media eine Möglichkeit, aus ihrem Leben auszubrechen und das zu finden, worauf es im Leben wirklich ankommt. Für Demian ist es nur Mittel zum Zweck, denn eigentlich will er nur auf seinen Traum hinarbeiten, an einer besonderen Akademie für Astronomie angenommen zu werden, denn das ist, wofür er brennt. Hiermit werden dann auch die persönlichen Unterschiede zwischen Demian und Fiona verdeutlicht, denn er ist Wissenschaftler, er zerdenkt alles, Fiona ist der kreative Kopf, sie entscheidet aus dem Bauch heraus, immer ihren Instinkten folgend. Dennoch ist es keine „Frenemies“-Geschichte, denn man merkt deutlich, dass Demian dafür auch gar nicht der Typ ist. Er hat das Herz auf dem rechten Fleck und als er erstmals etwas bei Fiona etwas erahnt, was er ihr aberkannt hat, da will er das wiedergutmachen.

Alleine an diesem Abschnitt dürfte man schon gemerkt haben, dass mich die Figuren an sich schon vollkommen fasziniert haben. Ich habe weder bei Fiona noch bei Demian alles mittragen können, was sie tun und was sie denken, aber das ist auch gar nicht die Aufgabe. Es ist einfach die Aufgabe, dass ich die Charaktere verstehe, mich in sie hineinversetzen will, um dann mit ihnen zu leiden. Das ist definitiv gelungen. Bei Fiona ist es natürlich vor allem ihre schwere Kindheit und besonders das Verhältnis zu ihrer Mutter, was mich als Leserin sehr mitgenommen hat. Ich fand es gut, dass hier konsequent eine toxische Beziehung inszeniert wurde, ohne am Ende ein unrealistisches Happy End zu erzwingen, denn das hätte zu dieser Geschichte nicht gepasst. Es war verdammt hart mitzuerleben, wie Fionas Mutter denkt und handelt, aber es war in sich konsequent und es war der entscheidende Teil, der Fionas Reise zu sich selbst ausgelöst hat. Bei Demian sieht es so düster gar nicht aus, weil er eine herzensgute Familie hat und dennoch hat auch er seine Dämonen, weil er den einen großen Traum hat, der ihm bislang verwehr wurde und weil er sich deswegen nicht gut genug fühlt, vor allem für seine Familie nicht. Das Schöne bei Demian ist aber, er ist jemand, der zu seinen Fehlern steht und das erkennt man sofort. Durch Fionas Perspektive wird anfangs ein feindliches Bild gezeichnet, doch das kann er mit seiner eigenen Perspektive schnell aufheben, denn es ist klar, dieser Kerl kann nichts Böses wollen. Er handelt nicht immer geschickt, vermutlich auch, weil er immer erst alles genau bedenken muss und dann die Abfahrt verpasst, aber es sind eben die Gegensätze, die hier spannend sind, weil die beiden einen Weg finden, daraus Gemeinsamkeiten zu machen und das ist es doch eigentlich, was Beziehungen zentral ausmachen sollte.

Fiona und Demian haben wahrlich keine Wirbelwind-Romanze und auch extreme Erotik wird hier nicht geboten, aber das ist auch Teil von Stehls Stil. Ihr geht es mehr um das Zwischenmenschliche, um die emotionale Ebene und das respektiere ich sehr, weil es auch Raum für die Themen schafft. Neben dem Einblick in die Welt der Influencer geht es auch um Cancel Culture, eben auch um toxische Themen und diese müssen ja erstmal so transportiert werden, damit sie mit mir als Leserin etwas machen und das ist geschafft worden. Gerade Fiona ist auch eine Figur bei Social Media, die ich mir da immer wünsche, weil man ihre ehrlichen Absichten wirklich gut nachvollziehen können. Aber es ist dennoch eine komplizierte Welt und ich bin gespannt, welche Höhen und Tiefen uns noch geboten werden. Letztlich hatte ich auch noch ein paar Fragezeichen zu einigen Kleinigkeiten, aber alles in allem hat mich das beim Lesen nicht wirklich gestört, weil die Geschichte an sich dennoch rund war.

Fazit: „Worlds Collide“ ist bislang definitiv das beste Buch von Anabelle Stehl und auch ohne Vergleiche ist es eine wirkliche Hausnummer. Hier hat es sich gelohnt, dass es so viele Seiten geworden sind, denn es wird alles schön rund und zufriedenstellend erzählt. Die Themen bekommen den Raum, den sie verdient haben und dabei bleibt es dennoch stets kurzweilig. Das Buch kann ich also wirklich nur von Herzen empfehlen, auch weil es in dem Genre New Adult sich deutlich positioniert bekommt.

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Veröffentlicht am 08.03.2022

Vielversprechend, aber mit Hinhaltetaktiken?

A River of Royal Blood – Rivalinnen
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Bei „A River of Royal Blood” ist mein Interesse entstanden, weil es mich vom Klappentext her an die Dilogie „Iron Flowers“ erinnert hat, die von Tracy Banghart geschrieben wurde, und mich sehr unterhalten ...

Bei „A River of Royal Blood” ist mein Interesse entstanden, weil es mich vom Klappentext her an die Dilogie „Iron Flowers“ erinnert hat, die von Tracy Banghart geschrieben wurde, und mich sehr unterhalten hat. Deswegen habe ich mich einfach mal auf Amanda Joy eingelassen, die auf dem deutschen Buchmarkt auch noch ganz neu ist. Ich war dann doch überrascht, wie viel Fantasy-Elemente die Reihe beinhaltet, da der Klappentext das in diesem Ausmaß nicht angedeutet hat. Schlimm fand ich das aber wahrlich nicht, denn es war dennoch eine geschaffene fiktive Welt, in der ich mich gut zurechtfinden konnte und das ist in dem Genre für mich nicht selbstverständlich.

So habe ich im letzten Jahr den ersten Band von „Das Reich der Asche“ von Victoria Aveyard gelesen, der mich von vorne bis hinten völlig überfordert hat. Auch wenn „A River of Royal Blood“ deswegen wahrlich nicht kinderleicht gestaltet ist, so war das hier ein wahrer Genuss. Es war komplex, aber man hat gemerkt, dass Joy einen Weg gesucht und meiner Meinung nach auch gefunden hat, um nach und nach die Welt mit Informationen anzureichern. Natürlich hatte ich nach dem Prolog und dem ersten Kapitel noch viel zu viele Fragezeichen im Kopf, aber eher Fragen, die mich zum Weiterlesen angeregt haben und nicht solche, die mich demotiviert haben. In diesem Sinne glaube ich auch, dass ich die von Joy konstruierte Welt sehr gut verstanden habe. Dennoch hätte ich gerne die Serienform gleich mit dabei gehabt, denn leider reicht meine Vorstellungskraft einfach nicht aus, um für die unterschiedlichen Wesen wie Fey etc. sofort ein Bild bei mir entstehen zu lassen, aber ich bin überzeugt, dass es wirklich sehr abwechslungsreich und reizvoll gelungen ist.

Kommen wir aber nun zum Inhalt und den Figuren selbst. Eva als Protagonistin ist absolut gelungen, weil man gleich merkt, dass sie gegen das System ist, in dem sie steckt. Dennoch ist sie deswegen noch lange keine klassische Rebellin. Sie hat zwar Vorstellungen, wie es besser laufen könnte, aber gleichzeitig ist sie auch zu sehr voll von Angst, weil sie von ihrer Blut-und-Knochen-Magie das Schlimmste befürchtet, weil sie diese mit der schrecklichen Reina teilt, die die Tradition eingeführt hat, dass Schwestern um den Thron bis auf den Tod kämpfen müssen. Und diese Angst und gleichzeitig auf Demut vor ihren eigenen möglichen Fähigkeiten, das macht sie zu einer wirklich liebenswerten Person. Denn sie will nicht ihre Schwester töten, sie strebt nicht nach Macht, sie strebt eigentlich nur nach Normalität, nach Loyalität, nach Freundschaft untereinander. Und sie stellt sich immer und überall vor die Leute, die ihr wichtig sind. Sie ist für so eine Handlung dann wirklich großartig, weil es erstmal menschlich passt und weil sie gleich als eine von uns inszeniert wird, die erst mit ihren Aufgaben wachsen muss.

Die ganzen Nebenfiguren sind auch alle sehr vielversprechend und interessant, nur hier fällt deutlich auf, dass kaum eine Figur neben Eva wirklich so einen tiefen Einblick und Detailliebe bekommt. Einzig Bakkha ist ebenfalls sehr intensiv ausgearbeitet worden und dort wird dann einiges absichtlich verheimlicht, weil die Entdeckungen rund um ihn wohl erst Teil der nächsten Bände werden sollen. Bei den anderen Figuren scheint es aber gar nicht so viel zu verbergen zu geben, weswegen es dann doch schade ist, dass Figuren wie Aketo oder auch alle aus der Leibwache nicht auch mal ihre Geschichte erzählen dürfen. Gerade da viele davon aus dem unterdrückten Volk kommen, wäre hier sehr viel Potenzial gewesen, aber insgesamt klebt die Geschichte zu sehr an Eva. Auch ihre Mutter und die ältere Schwester Isa, die ‚Rivalin‘, sind somit nicht wirklich greifbar. Dazu ist auch auffällig, dass die richtig interessanten Gespräche immer ausgespart wurden. Beispielsweise wollte Aketo Eva etwas zu ihrem Vater erzählen, doch sie hat einfach nicht zugehört. Auch sonst passiert das öfters. Einzig Bakkha kommt ausführlich zu Wort und darf zudem die ganzen Geschichten erzählen, die auch wirklich wichtig sind, weil sie wie weiter oben dann beim World Building helfen. Dennoch ist hier ein deutliches Ungleichgewicht zu merken und ich weiß nicht, ob es eine Hinauszögerungstaktik für weitere Bände ist oder einfach nur schlampiges Arbeiten?

Dennoch kann ich mich über den Spannungsbogen des ersten Bandes eigentlich nicht beschweren, denn es gibt immer wieder Höhepunkte in der Handlung, die zwar in sich nicht abwechslungsreich sind, weil es immer Anschläge auf Evas Leben sind und dennoch gelingt immer eine andere Konstruktion, denn manchmal sind es richtige Attentäter, dann wieder Eva liebe Menschen, die verflucht wurden oder es trifft doch die, die sie liebt. Hier gibt es also genug mitzuleiden und man gleitet dadurch gut durch die Geschichte. Am Ende kommt es dann zum Kampf der Rivalinnen und dieser verläuft praktisch antiklimatisch, weil es nicht DER Höhepunkt des Buchs ist. Andererseits finde ich das gar nicht so schlimm, denn das Ende hat zu Eva gepasst und eröffnet ja auch weiterhin genug Möglichkeiten. Dennoch hätte man diesem Kampf intuitiv natürlich mehr Bedeutung zugewiesen.

Fazit: „A River of Royal Blood” ist definitiv ein unterhaltsamer Reihenauftakt, weil der Aufbau der fiktiven Welt zwar komplex ist, aber dennoch Stück um Stück einfühlsam aufgebaut wird, so dass man irgendwann wirklich mittendrin ist. Die Idee hinter dem Buch ist vielversprechend und mit Eva gibt es eine überzeugende Protagonistin. Neben ihr verkommt einiges etwas, was doch schade ist, aber vielleicht kommt da noch was? Insgesamt aber auch sehr spannend und mitreißend.

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Veröffentlicht am 03.03.2022

Inhaltliche Delle

Bridgerton - In Liebe, Ihre Eloise
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„In Liebe, Ihre Eloise“ läutet als fünfter Band nun die zweite Hälfte der Bridgerton-Reihe von Julia Quinn ein, die durch die Netflix-Adaption große Bekanntheit erlangt hat. Während ich beim vorherigen ...

„In Liebe, Ihre Eloise“ läutet als fünfter Band nun die zweite Hälfte der Bridgerton-Reihe von Julia Quinn ein, die durch die Netflix-Adaption große Bekanntheit erlangt hat. Während ich beim vorherigen Band, der sich um Colin und Penelope dreht, sehr große Vorfreude hatte, dann aber enttäuscht war, habe ich dem fünften Band rund um Eloise und Phillip eher skeptisch entgegensehen. Beide Figuren sind natürlich auch schon aus der Serie bekannt. Auch wenn ich dir dort dargestellte Eloise wirklich großartig finde, so war Phillip nur kurz zu sehen und irgendwie ist noch so gar kein Funke übergesprungen, an dem ich mich hätte auf dieses Buch freuen können. Dieses Gefühl hat mich beim Lesen dann auch dauerhaft begleitet, wobei ich zugeben muss, dass mich dieser Band nicht so schlecht unterhalten hat, wie ich anfangs gedacht habe.

Einen Großteil der Handlung von „In Liebe, Ihre Eloise“ kennen wir bereits aus dem vierten Band, weil es dort schon einige Andeutungen gibt, wie Eloise exzessiv Briefe schreibt, wie sie schließlich heimlich London verlässt und wie sie schließlich heiratet. Das hat sicherlich auch nicht wirklich zur Vorfreude beigetragen, da so schon viel von der Handlung vorweggenommen worden ist. Dennoch ist es natürlich noch einmal anders, das Geschehen aus der Sicht der Figuren dann zu erleben. Was mir über den gesamten Roman hinweg sehr geholfen hat, das war definitiv Eloise. Das Aktive, das Mutige, was man aus der Serie kennt, das wird einwandfrei transportiert. Dennoch gibt es ein paar Aspekte, die für mich nicht so deutlich durchgekommen sind, wie beispielsweise die Wissbegierde und der Wunsch nach weltgewandter Bildung, der in der Serie schon deutlich betont wurde. Es wird zwar deutlich, dass Eloise gut ausgebildet wurde, aber dennoch ist es mehr ihre innere Unruhe und alles auszusprechen, auch wenn es peinlich wird, was sie auszeichnet. Aber das hat auch gereicht, um sie hier absolut zu mögen, weil sie so unter den Frauenfiguren der Reihe auch einen ganz individuellen Platz findet. Zudem ist es herzallerliebst, wie sie auch mit Phillips Kindern völlig unaufgeregt einen Umgang findet, auch weil sie sich selbst nicht so wichtig nimmt und vor Empathie strotzt.

Definitiv ein ganz eigener Kerl ist auch Phillip, wobei das hier schon nicht mehr so positiv gemeint ist. Ich habe Respekt davor, dass er als kauziger, etwas sonderbarer Typus Mann etwas sehr eigenständiges verkörpert, das auch wunderbar zu seinem abgelegenen Landsitz und allem passt und dennoch ist seine Art für eine Liebesgeschichte riskant. Zwar ist in den Briefen seine sensible Seite durchgeschienen, aber insgesamt wurde zu schnell deutlich, dass er eigentlich nur einen Mutterersatz sucht. Sein Umgang mit Eloise, als sie unerwartet eintrifft, das war schon extrem unhöflich. Später wird zwar versucht, mit seiner eigenen Vaterbeziehung Erklärungen für sein Vaterverhalten zu finden, aber insgesamt war es mir einfach zu wenig, um ihn wirklich als Mann und Menschen ins Herz zu schließen. Es hat sicherlich auch nicht geholfen, dass er nach der Eheschließung nur noch das Eine im Kopf hatte und dass er jegliche Unterredungen abgeblockt hat. Eloise hat zwar manchmal seine Grenzen nicht akzeptiert, aber immerhin erkannt, dass eine Ehe auch Ehrlichkeit und Arbeit braucht und das nicht nur im Bett. Als Paar werden die beiden mir so definitiv nicht lange in Erinnerung bleiben. Zudem ist mit Phillip nun gleich der zweite Mann nach Colin nicht so gut rübergekommen, was mich doch sehr wundert.

Was aber wirklich herrlich gelungen ist, das ist das Einbinden der Bridgerton-Familie und speziell das Ehrengehabe der Brüder, das für einige sehr humorvolle Szenen sorgt. Dazu wird auch Sophie, die Frau von Benedict aus dem dritten Band, gut eingebunden. Dennoch wird es für mich spannend, wie dieser Band für die Serie umgesetzt werden soll. Denn die Serie lebt doch von der Darstellung des Ton und abseits auf einem Landschaftssitz ist das wohl kaum unterhaltsam abzubilden. Dementsprechend würde es mich nicht wundern, wenn die Veränderungen hier sehr deutlich werden würden. Wäre wahrscheinlich auch gar nicht so schlecht, denn die allerbeste Vorlage ist der fünfte Band leider nicht.

Fazit: Die Bridgerton-Reihe von Julia Quinn durchlebt für mich gerade eine Delle, denn nach der Enttäuschung rund um Colin und Penelope hat es für mich mit Eloise und Phillip leider auch nicht so gepasst. Das hatte ich im Vorfeld auch ein wenig befürchtet, weswegen ich froh war, dass ich gerade in Bezug auf Eloise und die Bridgertons im Allgemeinen doch noch genug Positives entdecken konnte, was mich unterhalten hat. Aber Phillip ist definitiv der Schwachpunkt dieses Buchs.

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