Profilbild von marcello

marcello

Lesejury Star
offline

marcello ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit marcello über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 27.05.2020

Welt, die mehr Geschichten verdient hätte

Das Flüstern der Magie
0

Ich kann mich noch gut erinnern, als ich vor ein paar Jahren „Herz aus Schatten“ von Laura Kneidl las, das damals bei Carlsen veröffentlicht wurde. Es war ein gutes Buch mit einer faszinierenden Welt, ...

Ich kann mich noch gut erinnern, als ich vor ein paar Jahren „Herz aus Schatten“ von Laura Kneidl las, das damals bei Carlsen veröffentlicht wurde. Es war ein gutes Buch mit einer faszinierenden Welt, in die ich weiterhin eintauchen wollte, doch zu meiner Überraschung gab es kein mehr. „Herz aus Schatten“ war ein Einzelband, der für sich ganz alleine stehen sollte und ich habe es ehrlich nicht verstanden. Andere Autoren ziehen Reihen auf, wo es eigentlich nach zwei Bänden schon hätte genug sein müssen und Laura Kneidl erschafft Geniales, macht aber zu wenig daraus. Warum wundert es mich also, dass es bei „Das Flüstern der Magie“ ganz genauso ist?

Magische Welten erfordern immer eine gewisse Komplexität, die sich Kneidl hier ein wenig spart. Es ist nicht zu wenig, aber sie stellt definitiv einiges als selbstverständlich dar, ohne sich in langen, ausschweifenden Erinnerungen zu verlieren. Für dieses Buch würde ich das als genau passend einstufen, denn wir gesagt, nach dem einen Band ist schon wieder Schluss. Es muss also keine Welt präsentiert werden, die einen lange begleitet, man muss sich also nicht zuhause fühlen, sondern sich einfach unterhalten lassen. Hätte sie sich nun in Erklärungen verloren, dann hätte dieses Buch am Ende keinen Inhalt gehabt und dann wäre es definitiv für die Tonne gewesen. Aber Kneidl hat sich nicht aufhalten lassen, aber warum man eine so spannende Welt erfährt, um diese dann aber schon nach 300 Seiten wieder loszulassen, wundert mich doch extrem.

Ich hake diese Enttäuschung aber nun ab und konzentriere mich nur auf den Inhalt. Gerade am Anfang hatte ich etwas Probleme, den Gedanken abzuschütteln, dass diese präsentierte magische Welt, die auch in bestimmten Gegenständen repräsentiert war, so gegensätzlich zu unserer modernen Welt wirkte, in die Handlung eigentlich stattfindet. Wenn von Schreibfedern, großen Standspiegeln und Dolchen die Rede ist, dann fühle ich mich in der Welt zurückgesetzt, aber auf der anderen Seite laufen die Hits aus dem Radio. Dieser Eindruck hat sich später verloren, weil es nur noch um die Geschichte ging und auch Schottland ist für mich eine Landschaft, die einen gut in die Zeit zurückversetzt. Das Setting war also stimmig und das war am Ende entscheidend.

Die eigentliche Handlung fand ich sehr rund. Anfangs hatte ich ein paar mal die Überlegung, wohin diese Geschichte nun will und ob sie sich nicht in Kurzgeschichten verliert, aber am Ende hat sich ein absolut rundes Ende ergeben, das in jeder Faser durchdacht war und mich auch überraschen konnte. Die Lösungen lagen zwar alle auf der Hand, aber dennoch hat es mich begeistert, wie die losen Enden perfekt miteinander verknüpft wurden. Es gab auch viel Spannung, die immer gekonnt durch ruhige Abschnitte unterbrochen und damit angeheizt wurde. Ebenso begeistert äußere ich mich zu den Charakteren. Natürlich konnte die Autorin nicht in die Tiefe gehen, weil die Handlung ebenso wichtig war, aber Fallon als Protagonistin und Reed und Jess als ihre Ergänzungen war ein sehr stimmiges Trio. Das mit Fallon und Reed ging insgesamt etwas zu schnell, aber auch hier wieder scheint es sinnvoll zu Gunsten des Rests. Es war eben vorrangig keine Liebesgeschichte, sondern eine Abenteuer- und Fantasygeschichte und dafür wurden die Anforderungen erfüllt.

Fazit: Ich bin immer noch erstaunt, dass eine so talentierte Autorin wie Laura Kneidl potenzialreiche Ideen nach einem Einzelband schon wieder loslassen kann, denn es wirkt so vergeudet. „Das Flüstern der Magie“ wirkt wie der Auftakt einer abenteuerlichen Reihe, aus der man noch so viel mehr machen könnte. Wir haben einen Einzelband, der auch funktioniert, weil sich nicht an Details aufgehalten wird, sondern eine spannende Geschichte stetig vorangetrieben wird, dazu sympathische, mutige und aufgeweckte Figuren und fertig ist eine gute Unterhaltung.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 23.05.2020

Im Gesamten zu technisch und daher nicht gefühlvoll genug

When Katie met Cassidy
0

Ich habe von bold bisher vier Bücher gelesen, wovon zugegebenermaßen gleich drei von Colleen Hoover waren, die ohnehin einen festen Platz in meinem Herzen hat, aber trotzdem merke ich, dass dieser Verlag ...

Ich habe von bold bisher vier Bücher gelesen, wovon zugegebenermaßen gleich drei von Colleen Hoover waren, die ohnehin einen festen Platz in meinem Herzen hat, aber trotzdem merke ich, dass dieser Verlag sich den Geschichten annimmt, die eher ungewöhnlich sind, die nicht den Mainstream bedienen und ja, auch Hoover hat sich zuletzt sehr experimentierfreudig gezeigt. Nun also „When Katie Met Cassidy“, das wegen der Gleichberechtigung von gleichgeschlechtlicher Liebe ohnehin vom Genre her viel öfters vertreten sein sollte.

Gerade nach den ersten Kapiteln hatte ich den Eindruck, es mit einer Kurzgeschichte zu tun zu haben. Das Erzähltempo war sehr hoch, die entscheidenden Elemente wurden schnell angetrieben, um so zum Kern der eigentlichen Geschichte zu kommen. Mir ist zwar bewusst, dass es letztlich definitiv keine Kurzgeschichte war, aber dennoch ist dieser Eindruck bis zum Ende präsent geblieben. Auch weil mit der Lesbenbar eine Metapher für diese Geschichte gefunden wurde, um die sich alles herum entwickelt hat. Es waren viele gute Bilder in der Geschichte und ich habe die ganze Zeit gedacht, wie sehr sich „When Katie Met Cassidy“ doch für eine Literaturanalyse eignen würde, da man wirklich gemerkt hat, dass hier viele einzelne Elemente perfekt aneinandergesetzt wurden, um ein stimmiges Bild zu ergeben.

Da die Umsetzung der Handlung aber so technisch wirkte, ist mir leider insgesamt zu sehr das Gefühl auf der Strecke geblieben. Katie und Cassidy sind jede für sich unheimlich authentisch und nachvollziehbar gestaltet worden. Sie sind eindeutig Gegenpole, die diese Geschichte auch brauchte, aber zusammen hat es für mich leider nicht klick gemacht. Ab und zu konnte eine gewisse Spannung aufgebaut werden, in der man richtig in der Handlung mitgefiebert hat, bis es dann aber doch wieder verpuffte. Das lag leider auch daran, dass die Geschichte an einigen Stellen sehr explizit sein will, es aber nicht bis zum Ende durchzieht. Ich muss wahrlich nicht ständig Sexszenen haben, aber hier wurde so konsequent vor der Schlafzimmertür verharrt, während Katie aber dennoch fasziniert und scheu gleichermaßen in den Sexshop laufen darf, um dort alles auszuprobieren. Durch diesen Gegensatz hatte ich leider den Eindruck, dass die Autorin die letzten Schritte nicht gehen wollte, was dann aber leider eher feige wirkt.

An sich ist es aber wirklich eine interessante Darstellung einer lesbischen Beziehung, in der die eine schon lange völlig mit sich im Reinen ist, während die andere sich selbst erst kennenlernen muss. Die Gedankengänge beider waren stets transparent und für mich als Leserin völlig logisch. Aber wie gesagt, so richtig überzeugt hat es mich nur in der Einzelbetrachtung, aber nicht in der Beziehung zueinander.

Fazit: „When Katie Met Cassidy“ ist auf der einen Seite sehr minimalistisch gehalten, auf der anderen aber ein Kunstwerk, in dem vor allem metaphorisch schöne Zusammenhänge entstehen. Dieser Zwiespalt lässt sich auf die anderen beiden Bereiche ebenfalls ausweiten, weswegen am Ende auch ein gemischtes Endergebnis bleibt. Unterhaltsam, aber leider kein absolutes Must-Read.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 17.05.2020

Willkommen bei K-Pop

When We Dream
0

Ich muss ehrlich eingestehen, dass ich bei dem Klappentext zu „When We Dream“ etwas ungläubig geschaut habe. K-Pop ist mir natürlich ein Begriff, da ich nicht völlig abseits des Mainstreams lebe, aber ...

Ich muss ehrlich eingestehen, dass ich bei dem Klappentext zu „When We Dream“ etwas ungläubig geschaut habe. K-Pop ist mir natürlich ein Begriff, da ich nicht völlig abseits des Mainstreams lebe, aber es ist überhaupt nicht meine Musikrichtung und die Kultur, die mich interessiert. Andererseits sucht man bei New Adult immer wieder nach neuen Impulsen, nach neuen Trends etc. Was wäre da besser als K-Pop und eine Welt, die mir völlig fremd ist? Daher habe ich zu dem Debüt von Anne Pätzold gerne gegriffen und es nicht eine Sekunde bereut.

Was ich zunächst mit wahren Begeisterungsstürmen loswerden möchte, ist der wunderbare Schreibstil. Ich kann es gar nicht richtig in Worte fassen, da Pätzold deutsch schreibt wie so viele andere Autoren aus unserem Heimatland auch, aber ich habe mich speziell von ihrer Wortwahl, ihrer Rhythmik und ihrer Mischung aus Dialog und tiefgehenden Gedanken wie auf Wolken getragen gefühlt. Es war wie in einem Schwebezustand, dass sich jedes Wort richtig platziert anfühlte, wie aus einem Guss eben. So ein Gefühl habe ich wirklich selten und dann auch noch bei einem Debüt, das ist schon sehr bemerkenswert.

Was mir dagegen etwas Sorgenfalten auf die Stirn getrieben hat, ist die Tatsache, dass aus der Liebesgeschichte von Ella und Jae-yong ein Dreiteiler gemacht wird. Schon Mona Kasten hatte eine solche Geschichte vor zwei Jahren in drei Bänden verpackt. Die Bücher waren zwar nicht für die Tonne, weil sie auch eine Autorin ist, die immer erzählen kann, aber dennoch ist wohl nahezu jeder am Ende zum Fazit gekommen, dass es höchstens zwei Bände auch getan hätten. Sie hat die vielen Seiten mit Nebengeschichten gefüllt, die fast so viel Platz wie die eigentliche Hauptgeschichte bekommen haben, hier bei Pätzold wiederum wirkt die Geschichte wie ein Tagebuch, da man in nahezu alle Momente aus Ellas Leben mitgenommen wird. Es gibt immer wieder kleine Höhepunkte und eben diesen Schreibstil, die den Leser vorantreiben, aber dennoch lässt sich auch hier ablesen, dass es drei Bände wahrscheinlich nicht sein muss. Dennoch fände ich es fatal aufgrund dieser Tatsache Band 1 direkt zu verurteilen, denn neben dem tollen Schreibstil gab es auch noch andere positive Aspekte.

Zum einen ist es extrem hilfreich, dass Hauptfigur Ella in der Welt von K-Pop ebenfalls ein Neuling ist. Mit ihr entdeckt man diese Welt, die nicht nur in goldenen Farben gezeichnet wird, sondern mit all ihren Stärken und Schwächen abgebildet ist. Mit Jae-yong hat man zudem einen Gegenpart gefunden, der herzallerliebst ist. Er ist einfach von Grund auf gut, hier muss man als Leser nichts hinterfragen, aber es wird schnell klar, dass er Teil einer Welt mit extrem vielen Regeln ist, die beflügeln, aber einsperren gleichermaßen kann. Auch wenn wir in seinen Kopf nicht gucken dürfen, ist durch seine Worte und seine Taten sehr viel von ihm ein offenes Buch und dieses Gegenwicht zu Ella ist sehr gut gelungen. Zudem hat man für den Keil, der für die Dramatik zwischen sie getrieben wird, ein starkes Argument. Es wirkt nicht absurd am Ende, wenn das Happy End nicht sofort auf dem Serviertablett geliefert wird. Die Welt des K-Pops ist bis zum bitteren Ende durchgestrickt, nicht flexibel und das bringt Herausforderungen mit sich, die der Kultur geschuldet ist, nicht aber den dramatischen Launen einer Autorin. Daher bin ich sehr gespannt, wie es hier weitergehen wird.

Ansonsten möchte ich auch noch hervorheben, dass hier eine höchst authentische Liebesgeschichte erzählt wird. Auch wenn die Ausgangssituation durchaus klischeehaft ist, ist es die Umsetzung überhaupt nicht. Hier wird ein langsames Kennenlernen erzählt, das zu keinem Zeitpunkt überhastet wird. Es geht nicht nur um körperliche Anziehung, es geht von Anfang an um mehr und zu keinem Zeitpunkt wird von Liebe gesprochen, wo es auch noch keine sein kann. Das macht mir das Buch ebenfalls extrem sympathisch.

Fazit: „When We Dream“ ist für mich eine wirkliche Überraschung im New Adult-Genre. Auf die nahezu beste Art und Weise wurde ich in die Welt des K-Pops eingeführt, ohne dass diese aber nur positiv dargestellt wurde, sondern einfach realistisch. Zudem ist auch die Liebesgeschichte so sanft, so zart, dass sie einen tief innen drin trifft. Einzig die Tatsache, dass diese Idee zu einem Dreiteiler ausgebaut werden muss, hinterfrage ich kritisch, denn es gibt definitiv Längen. Aber für was noch kommt, will ich diesen zufriedenstellenden Auftakt nicht verurteilen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 09.05.2020

Recht brutale, aber spannende Neuinterpretation der Artussage

Cursed - Die Auserwählte
0

Als Germanistikstudentin war die Artussage Teil meines Studiums, da diese in der Mediävistik in der mittelhochdeutschen Fassung eine große Rolle gespielt hat. Zwar habe ich mich immer um die ältere deutsche ...

Als Germanistikstudentin war die Artussage Teil meines Studiums, da diese in der Mediävistik in der mittelhochdeutschen Fassung eine große Rolle gespielt hat. Zwar habe ich mich immer um die ältere deutsche Sprache gedrückt, um lieber die neuhochdeutsche Fassung zu lesen, aber so oder so, die Artussage mit all ihren Facetten, unterschiedlichen Rittern und sonstigen Figuren war immer schon eine gewisse Faszination, die sich auch daran zeigt, wie oft dieser Stoff bis heute adaptiert wurde. Sei es für Bücher, Film und Fernsehen, aber natürlich auch in der Kunst. Eine weitere Neuinterpretation kommt nun mit "Cursed" hinzu, die in Buchform aber auch in Serienform (Start im Sommer bei Netflix) mehr oder weniger parallel entstand. Autor Tom Wheeler hatte die Idee hierzu, die sofort begeisterte Anhänger gefunden hat, so dass der Deal mit Netflix schon sehr früh abgeschlossen werden konnte. Comiczeichner Frank Miller, der eine große Reputation genießt, hat die Zeichnungen beigesteuert.

Buch und Serie "Cursed" haben ihren Schwerpunkt auf der Sagengestalt Nimue, die hier eine Hauptrolle zugeteilt bekommt. Sie bekommt von ihrer Mutter ein besonders Schwert übergeben, das sie Merlin bringen soll und das schnell als Excalibur zu erkennen ist. Von dieser Ausgangslage aus entwickelt sich eine Geschichte, die noch recht wenig mit der eigentlichen Artussage gemein hat, aber doch zig daraus bekannte Figuren in ihren vermeintlichen Anfängen begleitet. Zudem steht dahinter die Idee, dass es "Kirche gegen Fey" heißt. Fey sind hier als mythologische Wesen gemeint, die menschenähnlich sind, aber doch ganz anders sind und sich noch einmal in verschiedene Gattungen aufteilen. Hiermit steht das fantastische Grundkorsett, das man sich vorher durchaus bewusst machen sollte, denn die Geschichte hält sich nicht wirklich damit auf, den Leser behutsam in die Gegebenheiten einzuführen.

Die Geschichte beginnt mittendrin und das auch wahrlich nicht zimperlich. Man hat sich noch gar nicht richtig an alles gewöhnt, da stapeln sich bereits die Leichen, deren Tötung in aller epischer Breite ausgeführt wird. Auch im weiteren Verlauf wird deutlich, dass brutale Darstellungen Teil des Stils sind. Möglicherweise ist das auch der Tatsache geschuldet, dass Serie und Buch nahezu parallel entstanden sind, denn das sind eben die Momente, die auf dem Bildschirm ihre größte Wirkungskraft entfalten werden. Ein solcher Einstieg ist sicherlich ein Paukenschlag, andererseits macht es das doch schwierig, sich in die Geschichte wirklich hineinzubegeben und ein Gefühl für die Charaktere zu bekommen. Anfangs war ich somit als Leserin ganz schön aufgeschmissen.

Je mehr die Geschichte aber voranschreitet, je mehr bekannte Figuren auftauchen, je mehr verschiedene Erzählperspektiven vorangetrieben werden, umso mehr kristallisieren sich die tatsächlichen Charakteristika von "Cursed" heraus. Es ist kein Fantasyepos, der in die Tiefe gehen will, der Charakterstudien anbieten will, stattdessen ist es eben eine richtige Unterhaltung, in der sich eine spannende Szene und Enthüllung an die andere reiht, denn man soll als Leser und als der Zuschauer den Mund offen stehen haben. Zudem wird auffällig auf starke, weibliche Figuren gesetzt. Sei es Nimue selbst, aber auch ihre treuste Anhängerin Morgan, eine Kämpferin namens Kaze, die bekannte Guinevere, aber auch die weibliche Antagonistin Ines. Da sich hier nicht an der Vorlage entlanggehangelt wird, ist das sicherlich ein Ansatz, der dem Trend der heutigen Zeit nachgeht und der in dieser Version auch funktioniert, weil alles in sich schlüssig ist.

Die Frage ist nur, wie es mit "Cursed" weitergehen wird. Es ist klar, dass es bei diesem einen Buch nicht bleiben wird, vor allem der Serie wird man bei einem Erfolg möglichst viele Staffeln mitgeben. Irgendwann wird man dann aber an der eigentlichen Artussage ankommen, die eben männlich durch und durch ist. Ob hier die Grenzen der weiblichen Perspektive unendlich ausgeweitet werden können, wird sich dann erst noch zeigen müssen, aber für diese Geschichte ist es ein wahrer Hit und ich habe mich wirklich gut unterhalten gefühlt. Es war spannend, wenn nach und nach die bekannten Figuren auftauchen und andere Geschichten bekommen, die aber dennoch an den Ursprung erinnern und kreativ zum Bekannten zusammengeführt werden können.

Fazit: Vom Beginn mal abgesehen hat sich "Cursed" als eine extreme spannende und brutale Geschichte herausgestellt, die durch ein brachiales Erzähltempo vorangetrieben wird. Die weibliche Perspektive passt hier hervorragend, weil es die Geschichte, die zur bekannten Artussage erst noch hinsteuert, flexibel, aber auch wirklich neu macht. Dann als Vertraute der Artussage so viel Bekanntes in doch anderem Gewand zu entdecken, ist ein großer Spaß. Zudem ist das Buch insgesamt so geschrieben, dass man die gleichnamige produzierte Netflix-Serie bereits vor Augen sehen kann.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 04.05.2020

Stilistische Entscheidungen besiegeln Schicksal

Forever Free - San Teresa University
0

Kara Atkin hat bereits unter K. C. Atkin bei Lyx veröffentlicht, nämlich die „New York Bastards“-Reihe, die erwachsener und düsterer war. Die „San Teresa“-Reihe ist dagegen klassisch dem NA-Genre zuzuordnen, ...

Kara Atkin hat bereits unter K. C. Atkin bei Lyx veröffentlicht, nämlich die „New York Bastards“-Reihe, die erwachsener und düsterer war. Die „San Teresa“-Reihe ist dagegen klassisch dem NA-Genre zuzuordnen, denn es geht um Collegeabsolventen, die die Liebe finden. In diesem Genre bin ich seit einigen Jahren zuhause und auch wenn hier kaum noch jemand das Rad neu erfindet, entdecke ich immer wieder gerne neue Autoren, denn niemand ist wie der andere, auch wenn es ähnlich ist. Es gibt immer wieder unterschiedliche Schwerpunkte, sei es in der Thematik oder in der Stilistik und manchmal macht es klick, manchmal eben nicht.

Ich habe sehr gut in die Geschichte hineingefunden, da Protagonistin Raelyn gerade zu Beginn sehr viel Raum bekommen hat, wo man ein sehr gutes Gefühl für ihre schüchterne, sozial isolierte Persönlichkeit bekommen hat. Da ich selbst ganz eindeutig eher introvertiert bin, konnte ich viele ihrer inneren Kämpfe gut nachvollziehen können und habe mich dementsprechend mit ihr identifiziert. Aufgrund dieser sehr gemächlichen Einführung hat die Geschichte aber an anderer Stelle wenig anbieten können. Die erste Begegnung zwischen dem Protagonistenpärchen ist in der Regel einer der wichtigsten Schlüsselstellen im gesamten Buch, daher war ich doch sehr überrascht, wie lange es tatsächlich bis zu diesem Moment gedauert hat. Da man eben auf diese Stelle hinfiebert, hat sich vieles davor wie ein Vorgeplänkel angefühlt, das abseits der Charakterstudie nicht zielführend wirkte.

Zudem zeigt sich im weiteren Verlauf, dass die authentische Zeitdarstellung über das gesamte Buch hinweg nicht ganz einheitlich ist. Während es zu Beginn eher zäh wie Kaugummi ist, wird es später eher überhastet. Ich würde die Liebesgeschichte zwar nicht als überstürzt bezeichnen, aber viele Zwischenmomente werden schlichtweg ausgelassen. Es wird von Szene zu Szene gesprungen und manchmal habe ich mich gefragt, was ich nun in der Zwischenzeit verpasst habe. Stilistisch gestaltet es sich auch schwierig, dass so viel mit Geheimnissen gearbeitet wird. Die habe ich zwar gerne bei NA, da sie einen gewissen Reiz ausmachen, aber hier werden sie mit aller Verzweiflung verborgen, was dann auf Kosten der Charakterarbeit geht.

Das kann man vor allem an Raelyns Mutter und leider auch an Hauptfigur Hunter sehr gut festmachen. Die Mutter wirkt in sich nicht konsequent. Vom Prolog bis zum Epilog habe ich tausend verschiedene Gesichter von ihr gesehen, was aber der echte ist, das kann ich nicht abschließend beurteilen. Bei Hunter wiederum ist das letztliche Bild absolut klar, aber wie wir an diesen Punkt gekommen sind, war sehr, sehr holprig. Zu Beginn haben wir ein paar Mal seine Perspektive, später nur noch sehr vereinzelt. Das wird bewusst so gewählt, damit wir Leser nicht zu früh hinter sein Geheimnis kommen. Dadurch wirkt Hunter aber auch nicht so, wie er es vermutlich sollte. Zudem ist die endgültige Erklärung für ihn so faszinierend, dass ich mich frage, warum man nicht von Anfang an mit offenen Karten gespielt hat (zumindest für den Leser), um daraus eine wunderbare Charakterarbeit zu machen, die möglicherweise sogar Aufklärungsarbeit hätte leisten können. So war er zwischendurch leider ein paar Mal der Idiot und am Ende die Erklärung angeboten zu bekommen, war dann zu beliebig und schlichtweg zu spät.

All diese Kritik bricht mir tatsächlich das Herz. Ich lese oft genug Bücher, wo es nicht Klick macht, wo ich das Kapitel Verbindung zum Autor dann auch einfach abhake. Aber hier gab es zig Ansätze, die wunderbar geklappt haben. In der Stilistik sind ein paar grundlegende Fehler gemacht worden, die unweigerliche das gesamte Buch beeinflussen, aber die grundsätzliche Erzählkunst, der ermöglichte Schreibfluss, der Wortschatz, hier hat man deutlich gemerkt, dass keine Anfängerin am Werk ist. Deswegen ist für mich jetzt schon klar, dass ich die Serie weiterverfolgen werden. Im Auftakt ist den meisten Figuren der nächsten beiden Bände genug Zeit eingeräumt worden, so dass ich bereits angefixt bin. Wird hier nämlich alles grundlegend richtig gemacht, dann macht es wahrscheinlich explosionsartig klick.

Fazit: Kara Atkin ist ohne Frage eine talentierte Erzählerin, doch „Forever Free“ hat in den Grundlagen Schwächen, die sich zwangsweise auf das Gesamtwerk auswirken. Die Erzählgeschwindigkeit stimmt nicht durchgängig und die Geheimniskrämerei beeinflusst zu sehr eine logische Charakterarbeit. Das sind aber Aspekte, die sich beheben lassen, wenn man sich denn auf die Kritik der Leser einlässt. Daher gehe ich für ein durchschnittliches Buch sogar sehr positiv aus der Lektüre, denn es geht weiter in der Reihe und ich habe meine Hoffnung noch nicht aufgegeben.

  • Einzelne Kategorien
  • Handlung
  • Erzählstil
  • Charaktere
  • Cover
  • Gefühl