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Veröffentlicht am 24.01.2020

Zu besessen

Follow Me Back
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„Follow me back” sah von der Covergestaltung tatsächlich wie ein klassisches Lyx-Buch aus. Auch aufgrund des Klappentexts kann ich es sehr gut nachvollziehen, dass viele auf die Lektüre reingefallen sind, ...

„Follow me back” sah von der Covergestaltung tatsächlich wie ein klassisches Lyx-Buch aus. Auch aufgrund des Klappentexts kann ich es sehr gut nachvollziehen, dass viele auf die Lektüre reingefallen sind, aber da ich nun sehr spät mit dem Buch dran bin, war ich natürlich gewarnt. An einigen Stellen bekam man ja auch zu lesen, dass es eher einem Thriller gleiche. Okay, habe ich mir gedacht, ein Genre, das du ja gerne liest, also warum nicht? Das, was ich bekommen habe, fand ich aber aus ganz anderen Gründen problematisch.

Dank Netflix hat „You“ von Caroline Kepnes einen riesigen Erfolg gefeiert. Auch hier geht es um Besessenheit und Stalking und einige waren besorgt, wie ein Publikum von der Hauptfigur fasziniert sein kann, die sämtliche Grenzen überschreitet. Ich habe die Serie nicht unter diesen Aspekten geschaut, gehöre also nicht zu dieser „gefährdeten“ Gruppe. Ich finde aber auch, dass es jetzt hier an „Follow me back“ nichts geben kann, was einen ansonsten begeistern kann, auch wenn ich natürlich mitbekommen habe, dass es begeisterte Stimmen gegeben hat. Die Thrillerelemente sind ganz okay. Die Auszüge aus dem Verhör und die Erzählung sind geschickt gegeneinandergesetzt, um Spannung zu erzeugen. Gerade am Ende will man natürlich in einer Tour weiterlesen und diesen Vorteil will ich der Geschichte auch gar nicht absprechen.

Aber im Grunde ist es doch eine Liebesgeschichte und wenn man nach einem Cliffhanger liest, dass Lyx damit wirbt, dass man im zweiten Band erfährt, wie es mit Tessa und Eric weitergeht, dann wird das auch durch das Marketing unterstrichen. Aber es ist keine Liebesgeschichte, die ich empfehlen würde, da vor allem die Charakterarbeit der beiden Protagonisten in meinen Augen eine Katastrophe ist. Tessas traumatisches Erlebnis hin oder her ich fand sie als Person unerträglich. Sie hatte immer mal wieder kurze gute Momente, wo ich dachte, „Jetzt ja!, nur damit doch wieder alles den Berg hinunterging. Zwar wurde mit vielen Begriffen des Psychologie um sich geschmissen, ich hatte aber dennoch nicht den Eindruck, dass eine tatsächlich authentische Darstellung geboten wurde. Dafür ging der Blick hinter ihre Fassade nicht tief genug.

Bei Eric wiederum musste ich die ganze Zeit an Justin Bieber denken. Ob die Autorin ihn vielleicht auch im Hinterkopf hatte, ich weiß es nicht, jedenfalls fand ich die Parallelen schon extrem. Auch ihn sieht man ja regelmäßig vollkommen fertig abgelichtet, da könnte ich mir oft vorstellen, dass es ihm einfach zu viel ist. Diesen Teil fand ich bei Eric sehr gut nachvollziehbar, aber alles andere war auch hier oberflächlich noch und nöcher. Wie impulsiv er in den Medien agiert hat, wie unfair er sich Tessa gegenüber verhalten hat, um dann den oberflächlichen Macker raushängen zu lassen, der unbedingt wissen will, wie sie aussieht. Der dann auch schnell zweideutige Nachrichten schickt und schwupps die große Liebe in ihr gefunden hat. Als die beiden dann erstmals aufeinandertreffen, war er so unsensibel, dass er definitiv eine Lektion verdient hätte. An dieser Stelle merke ich, dass ich mich in Rage reden könnte, was ich hier aber abbrechen will. Eine Liebesgeschichte war das der beiden für mich einfach nicht.

Fazit: Was soll „Follow me back” eigentlich sein? Wirklich eine Liebesgeschichte, doch ein Thriller? Die Thrillerelemente sind zwar halbswegs okay, aber für die Verbindung von Tessa und Eric das Wort Liebe in den Mund zu nehmen, wäre eine Beleidigung. Der zweite Teil wird mir definitiv nicht ins Regal kommen.

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Veröffentlicht am 19.01.2020

Sci-Fi-Entdeckung

Neon Birds
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In der Regel benenne ich immer nur Fantasy als das Genre, bei dem es für mich wirklich passen muss, dass ich es lese. Aber eigentlich müsste ich Sci-Fi immer mitnennen. In diesem Genre ist so unwahrscheinlich ...

In der Regel benenne ich immer nur Fantasy als das Genre, bei dem es für mich wirklich passen muss, dass ich es lese. Aber eigentlich müsste ich Sci-Fi immer mitnennen. In diesem Genre ist so unwahrscheinlich viel möglich, was meine Vorstellungskraft übersteigt, oft auch, weil es sehr technologisierte Themen, da fühle ich mich dann einfach nicht so zu Hause, weil mir nicht alles logisch erscheint. Daher war der Griff zu Marie Grasshoffs „Neon Birds“ schon ein großes Risiko für mich. Aber die Leserstimmen waren alle so durchweg positiv, dass ich einfach ins kalte Wasser gesprungen bin.

Ins kalte Wasser springt man auch gleich mit dem Einstieg in den Roman, denn es geht gleich kräftig zur Sache. Für mich wie gesagt oftmals gefährlich, weil ich mich dann überhaupt nicht zurechtfinden kann. Aber hier war es auch der Anfang, für alle Mitleser galt also das gleiche, sie wissen ebenso wenig über das Geschehen wie ich. Das hat mich dann erst recht motiviert weiterzulesen und es hat sich gelohnt. Die Informationen über die Welt, die weit in der Zukunft liegt, werden nach und nach bereit gestellt und das geschieht so im Fluss, dass man weiterlesen will, da man ja ständig Neues erfährt.

Sehr gelungen sind dabei auch die Zwischenkapitel, die entweder militärische Akten, Dokumente oder Charakterporträts oder Infos zu ihnen sind. Da habe ich ehrlich gesagt irgendwann regelrecht drauf hingefiebert, denn diese haben prägnant alles Wichtige Preis gegeben. Klar, manche Sachen wie die Recherchen zum Impfstoff gegen KAMI kamen erst sehr spät vor, aber vorher konnte man sich zumindest Einzelheiten denken, die dann nur noch wissenschaftlich oder wie in einem Lexikon aufgeführt wurden

Die Charakterporträts waren ein wirkliches Highlight, aber auch ohne sie haben die vier Hauptcharaktere wunderbar funktioniert. Mit Luke und Flower und Andra und Okijen gibt es jeweils Zweiergrüppchen, die auch nicht wirklich etwas miteinander zu tun haben, die aber von zwei Seiten die Welt retten wollen. Auch jeder für sich funktioniert wunderbar, da sie höchst unterschiedliche Personen sind, aber sehr scharf gezeichnet und dadurch authentisch. Das ist sogar so gelungen, dass es schwer ist, Lieblinge herauszupicken. Alle haben traurige Schicksale hinter sich, alle haben dem Bösen ins Auge geguckt und trotzdem machen sie alle für etwas Besseres weiter. Vor allem sind sie alle empathische Menschen, was mir erst recht entgegenkommt und ich würde ihnen alle mein Leben anvertrauen, wodurch ich dann mit ihnen auch emotional verbunden bin.

Inhaltlich wird uns ebenfalls ein rasantes Erlebnis beschert. Durch die vier Perspektiven erleben wir das Geschehen jeweils durch andere Augen. Sie sind auch so geschickt aneinandergesetzt, dass sich Inhalte nicht immer doppeln, sondern dass sie einfach weitergehen und ständig etwas Neues passiert. Es passieren immer wieder spannende, neue Dinge, die ergründet werden wollen, es gibt Überraschungen, es gibt unerwartete Details, es ist wirklich ein Leseerlebnis ohne Atempause. All das ist dann auch noch angereichert durch einen wunderbaren Erzählstil, er ist weder zu einfach, noch zu schnörkelig. Er hält sich nicht an unwichtigem auf, sondern geht stetig in die Vollen. Das ist für eine Autorin, die zwar viel schreibt, aber noch recht wenig veröffentlicht hat, schon ungewöhnlich, sollte ihr aber Motivation sein, genauso weiterzumachen, denn dann ist sie auf einem meisterlichen Weg!

Fazit: „Neon Birds“ ist für mich eine absolut positive Überraschung. Es ist wirklich kaum mein Genre, aber hiernach sehe ich das einfach gänzlich anders. Denn, wenn Sci-Fi immer so ist, dann habe ich wirklich etwas verpasst. Eine faszinierende Welt, extrem sympathische Figuren und ein Rausch an Lesestunden. Top!

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Veröffentlicht am 16.01.2020

Historisch bedrückend, aber spannend

Heimat ist ein Sehnsuchtsort
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Historische Romane habe ich in meiner Jugendzeit durchaus öfters gelesen, aber die große Liebe war es selten, weswegen das Genre bei mir wohl irgendwann eingeschlafen ist. Schade eigentlich, denn wenn ...

Historische Romane habe ich in meiner Jugendzeit durchaus öfters gelesen, aber die große Liebe war es selten, weswegen das Genre bei mir wohl irgendwann eingeschlafen ist. Schade eigentlich, denn wenn man Autoren erwischt, die sich intensive Recherche auf die Fahne geschrieben haben, dann ist der Lerneffekt extrem groß. Das hat mir jetzt auch wieder „Heimat ist ein Sehnsuchtsort“ von Hanni Münzer bestätigt.

Den Einstieg in den Roman fand ich schwierig. Die Gründe sind vermutlich noch nicht mal mit dem Genre verbunden, sondern entsprechen eher dem Stil der Autorin. Der erste Teil hatte nämlich nichts Zusammenhängendes, sondern es waren viele kleine Kapitel, die nicht so recht zusammenpassten, aber alle Gegebenheiten und Charaktere einführen sollten. Das war so problematisch, weil so kein Lesefluss aufkommen wollte.

Relativ schnell ist mir auch aufgefallen, dass der Schreibstil doch sehr einfach gehalten ist. Zudem gibt es sehr viele Dialoge, so dass man weit weg von ellenlangen Beschreibungen ist. Das finde ich für einen historischen Roman doch eher ungewöhnlich, für mich persönlich ist es aber angenehmer. Zudem muss man betonen, dass der einfache Schreibstil dafür absolut in der damaligen Sprache gehalten ist, hier hat sich die Autorin um sehr viel Authentizität bemüht.

Authentisch ist aber auch nicht nur der Stil, sondern auch die Handlung. Als es nämlich einmal so richtig losgegangen ist, da entsteht eine sehr packende Handlung, die mit unheimlich vielen Wendungen, spannenden Momenten und tiefsinnigen Gedanken zu überzeugen weiß. All das ist an eine Geschichte verknüpft, die genau so hätte passieren können zur Zeit des 2. Weltkriegs. Es reiht sich eine erschreckende Entwicklung an die andere und wenn man im Hinterkopf hat, dass das nicht nur fiktiv ist, dann entsteht auch eine bedrückende Atmosphäre. Aber so bedrückend waren die Kriegszeiten und es ist wichtig, dass solche Themen immer wieder literarisch bearbeitet und damit auch verarbeitet wird.

Fazit: Mit „Heimat ist ein Sehnsuchtsort“ habe ich eine gute Rückkehr zum Genre des historischen Romans gehabt. Der Einstieg ist zwar zu bruchstückhaft, aber nachdem die Handlung einmal richtig im Gang war, ergab sich eine mitreißende, bedrückende und spannende Lektüre. Da ist man gespannt, wie es mit den Schicksalen der Figuren im abschließenden Band weitergehen.

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Veröffentlicht am 05.01.2020

Etwas Potenzial verschenkt

The Ivy Years - Bis wir uns finden
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Erst vor kurzem habe ich den vierten Band der „Ivy Years“-Reihe von Sarina Bowen beendet und war daher froh, dass ich den fünften Band nahezu nahtlos anschließen konnte. Denn die Liebesgeschichte von Lianne ...

Erst vor kurzem habe ich den vierten Band der „Ivy Years“-Reihe von Sarina Bowen beendet und war daher froh, dass ich den fünften Band nahezu nahtlos anschließen konnte. Denn die Liebesgeschichte von Lianne und DJ wurde dort bereits angedeutet.

Ich war vor allem auf das Leben von Lianne gespannt, denn sie war durchaus die heimliche Heldin des Vorbandes. Als Berühmtheit angelegt hat sie sich als Hackerin, Spötterin und letztlich treue Freundin erwiesen und war daher durchaus ungewöhnlich. Sie nun mal richtig kennenlernen zu dürfen, war daher meine große Hoffnung für den fünften Band. Daher war ich sehr überrascht, dass mich letztlich doch DJ mehr begeistert hat. Über ihn wussten wir noch weniger, aber der Fokus lag unerwartet mehr auf ihm und der Thematik einer falschen Anschuldigung von Missbrauch. Dieses Thema ist wirklich topaktuell und daher kann ich auch absolut nachvollziehen, warum ihm so viel Zeit eingeräumt wurde, aber dadurch hat Liannes Geschichte doch arg gelitten, so dass mein Urteil auch über den fünften Band sehr gemischt ausfällt.

Wenn ich die Charaktere einzeln betrachte, dann muss ich wieder ein Lob aussprechen. Beide haben ein klares Profil und sind in ihrem Denken und Handeln stets nachvollziehbar. Auch zusammen haben sie eindeutig eine süße Chemie, auch wenn diese knisternde Erotik schon im zweiten Mal in Folge nicht so recht entstehen wollte. Es ist eher Marke bieder. Aber wie gesagt, der Fokus lag ganz eindeutig auf DJ, was man schon daran gemerkt hat, dass all seine Familienmitglieder einen Auftritt hatten, während bei Lianne eher alles unter den Tisch gekehrt wurde und sie ihre übliche Interaktion mit Bella hatte. Diesen Band hätte man inhaltlich locker um 100 Seiten mehr ausarbeiten können, denn das Schauspielleben von ihr kam leider viel zu kurz. Ein wichtiger Teil von Liannes Essenz wurde nicht so in den Fokus genommen, wie ich es mir erhofft habe.

Da bei DJ keine Erwartungen waren, war es für ihn natürlich auch leichteres Spiel, mich auf seine Seite zu ziehen, aber man merkte von Anfang an, dass er ein seltenes Exemplar ist. Ein aufmerksamer Zuhörer, ein Gentleman, voller Loyalität und Treue und den inneren Kampf, den er wegen der Anschuldigungen ausfechten musste, konnte ich sehr gut nachvollziehen. Es war relativ schnell deutlich, was sein großes Geheimnis ist, aber das war egal, denn die Thematik war es wert, so ausführlich besprochen zu werden. Es wurde schließlich auch anschaulich dargestellt, welcher juristischer Prozess in Gang gesetzt wird und was es bei den Betroffenen verursacht. Lustigerweise war auch die Eishockeythematik endlich mal wieder richtig präsent und diese wurde gnadenlos ausgenutzt.

Fazit: Der fünfte Band der „Ivy Years“-Reihe hat wunderbare Einzelelemente, sowohl thematisch als auch von den Charakteren her, aber in der Gesamtkomposition passt nicht alles aufeinander, weil für ein wichtiges Thema eine erhoffte Charakterstudie zu kurz kam. Es war also ein Lesevergnügen, aber trotzdem bleibt das Gefühl zurück, dass man hier mehr hätte draus machen müssen.

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Veröffentlicht am 26.12.2019

Genial, aber auch oberflächlich

Cassardim 1: Jenseits der Goldenen Brücke
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Ehrlich gesagt habe ich Julia Dippel als Autorin noch gar nicht richtig auf dem Schirm gehabt. Natürlich sind mir die Cover zu „Izara“ schon das ein oder andere Mal ins Auge gesprungen, aber oftmals muss ...

Ehrlich gesagt habe ich Julia Dippel als Autorin noch gar nicht richtig auf dem Schirm gehabt. Natürlich sind mir die Cover zu „Izara“ schon das ein oder andere Mal ins Auge gesprungen, aber oftmals muss der Funken richtig überspringen, damit ich in der großen Auswahl des Buchmarktes letztlich zugreife. Warum das bei „Cassardim“, aber nicht bei „Izara“ der Fall war, kann ich selbst nicht genau bestimmen, aber da wollte ich auf jeden Fall hinter die Fassade blicken.

Was mich von Anfang begeistern konnte, war die Idee hinter dieser Fantasy-Geschichte. Sie beginnt zwar in unserer Welt, aber bereits hier werden einige entscheidende Aspekte wie die des Willens und der längeren Lebensspanne deutlich. Der Kontrast zu der Welt Cassardims ist letztlich krass, aber dennoch fühlte sich die Geschichte dort angekommen an. Zudem hat die Autorin es geschafft, mit geringen Mitteln die andere Welt fassbar zu machen. Mit den verschiedenen Reichen, mit den verschiedenen Spezialitäten und mit den dazugehörigen Farben. Es ist eine fiktive Welt, die Faszination auslöst und die ich ewig hätte erkunden können. Also etwas mit Potenzial.

Potenzial ist aber auch eine große Menge in der Art und Weise drin, wie Dippel schreibt, aber auch noch mit viel Luft nach oben. So sehr es ihr gelingt, auch einer Leserin wie mir mit geringem Vorstellungsvermögen eine andere Welt nahezubringen, so sehr hätte sie es auf die Spitze treiben können, wenn sie nicht manchmal an der Oberfläche verharrt wäre. Als die sechs „Geschwister“ in das neue Reich kommen, habe ich mich doch gewundert, wie wenig Fragen es gab. Selbst wenn die anderen vom Willen beeinflusst waren, hat auch unsere Protagonistin zu vieles hingenommen. Hier hätte ich mir mehr Neugier, mehr Penetranz gewünscht. Die Oberflächlichkeit zieht sich aber auch durch unsere Themenbereiche. Die Trauer um die vermeintlichen Eltern wird unter den Teppich gekehrt, viele Beziehungen werden nicht näher ergründet. Da es wohl noch weitergehen wird, wünsche ich mir, dass mehr Tiefe erreicht werden kann.

Extrem hin- und hergerissen bin ich auch in Bezug auf die Liebesgeschichte. Amaia ist zwar eigentlich eine Protagonistin ganz nach meinem Geschmack, weil sie auch mal den unbequemen Weg geht, mutig ist, damit aber stets mitfühlend und loyal. Dennoch hat sie in Bezug auf Noár immer einen Persönlichkeitswandel durchgemacht. Plötzlich wurde sie willenslos, naiv und ja fast lächerlich. Ich fand es auch schade, dass die Anziehung zwischen den beiden vor allem auf der körperliche Ebene stattfand, denn Noár hat wirklich lange nicht zeigen dürfen, was seine positiven Eigenschaften sind und dennoch hat Amaia ihm immer hinterher gehechelt. Auf den ersten Band gesehen ist ihre Beziehung auch viel zu schnell erzählt worden. Wo soll die Luft noch nach oben sein für Band 2? Dennoch will ich nicht alles in Bezug auf die beiden verteufeln, denn ihr Geplänkel war immer voller Spannung, im positiven Sinne. Und je mehr sie zusammenarbeiteten und je mehr Noárs engste Leute an Profil gewinnen durften (hier hat es ganz wunderbar geklappt!), desto enger war ich mit allen im Geschehen drin. Auf den letzten 100 Seiten wäre es mir im Traum nicht mehr eingefallen, das Buch zur Seite zu legen.

Fazit: Julia Dippel hat eine faszinierende Welt für „Cassardim“ erschaffen und eine sehr spannende Erzählung geschaffen, die einen zweiten Teil absolut verdient hat. Schwächen gibt es in den Details und in der Tiefe, aber ich bin überzeugt, dass die Autorin das im Prinzip liefern kann.

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