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Veröffentlicht am 08.10.2019

Märchen brauchen keine Fortsetzung

Cinder & Ella
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„Cinder & Ella“ von Kelly Oram wurde von Anfang als Neuinterpretation eines Märchenklassikers beworben. Dieser Eindruck hat sich bei der Lektüre des ersten Teils auch absolut aufgedrängt, denn die Geschichte ...

„Cinder & Ella“ von Kelly Oram wurde von Anfang als Neuinterpretation eines Märchenklassikers beworben. Dieser Eindruck hat sich bei der Lektüre des ersten Teils auch absolut aufgedrängt, denn die Geschichte ist märchenhaft und hat viele Elemente, die auch das klassische Cinderella-Märchen zu bieten hatte. Daher gab es am Ende auch ein Happy End, ein zufriedenstellendes. Dennoch ist relativ schnell bekannt geworden, dass es noch einen zweiten Band geben wird, der sich der Zeit nach dem Happy End widmet. Die Skepsis war von Anfang groß bei mir, denn Märchen brauchen keine Fortsetzungen. Sie leben davon, dass die Geschehnisse nach dem „Und wenn sie nicht gestorben sind…“ für immer ein Geheimnis bleiben werden. Daher sind auch die weiteren Teile von einigen Disney-Verfilmungen, die teilweise auf Märchen beruhen, meist qualitativ zurückstehend. Kann Oram mit dem zweiten Teil nun das Gegenteil beweisen?

Ich habe gut in den zweiten Band hineingefunden, da er nahtlos an den ersten anknüpft. Wir sind also mitten dabei, wie sich Ella und Brian erst jetzt so richtig kennenlernen, von Angesicht zu Angesicht, aber halt nein?! Das passiert ja gar nicht! Relativ schnell driftet die Geschichte nämlich in das neue Starleben von Ella ab, das nur so von Absurdität und übertriebenen Entwicklungen geprägt ist. Was eigentlich so schön anfing mit Paarmomenten, Schwesternmomenten, einem besinnlichen Weihnachtsfest, wird leider zu einer oberflächlichen Betrachtung des Lebens eines Stars, was überhaupt nicht zu der süßen Liebesgeschichte passt, die wir im ersten Band so gefeiert haben.

Mit Ellas Selbstzweifeln bezüglich ihrer Narben haben wir wenigstens noch ein Thema, das konsequent an ihre Situation erinnert, aber ansonsten werden die therapeutischen Sitzung, die Physiotherapie und weitere medizinische Eingriffe einfach unter den Tisch gekehrt. Genau das waren aber die Stärken von Band 1, wo Oram vor einer einfühlsamen Geschichte noch keine Distanz gewahrt hat. Zwar haben wir noch das Thema der Narben, aber dieses wird durch Dessous- und schließlich sogar Nacktshootings in Bahnen gelenkt, wo ich nur noch den Kopf schütteln konnte. Die Botschaft, die Ella damit nach außen tragen sollte, finde ich zwar wichtig und nachvollziehbar, aber in ihrem ganzen Entwicklungsprozess, der auch daraus besteht, dass sie Brian körperlich kaum an sich heranlässt, wirkt es überstürzt und unlogisch. Als authentisch empfinde ich all das nicht mehr.

Auch die übrigen Entwicklungen sind von extremem Drama geprägt, so dass die dargebotenen Szenen (aufdringliche Fans, ein als Passant getarnter Gossip-Reporter und ein großer Streit mit Ellas Vater) aufgesetzt und unnatürlich wirken. Sie sollen Botschaften vermitteln, das ist klar, aber Band 1 ist auch ohne diese übertriebene Dramatik ausgekommen und konnte dennoch überzeugen. Es ist auch einfach nur lächerlich, wenn Ella, nur weil sie die Freundin eines bekannteren Mannes ist, selbst zum größten Star der Welt wird und nur so kann man all die Erzählungen und die Werbung um sie als Klientin interpretieren. In all diesem Wirrwarr gefällt mir wenigstens, dass Ella als Person stabil bleibt. Sie ist immer noch die intelligente junge Frau, die eine klare Meinung vertritt, die aber auf ihr Äußeres ihre Selbstzweifel aufbaut. Sie bleibt in all dieser Oberflächlichkeit auf dem Boden und sorgt für die ein oder andere starke Retourkutsche. Ansonsten kann ich in dieser überhastet erzählten Geschichte, in der auch viele heimliche Helden des ersten Bandes zu kurz kommen, nicht viel abgewinnen.

Fazit: Leider bestätigt die Fortsetzung von „Cinder & Ella“, warum man von Fortsetzungen oftmals lieber die Finger lassen sollte. Vor allem Märchen sind in sich abgeschlossen perfekt, hier an Dingen zu rütteln, kann nur schlechter werden. Daher kann ich nur allen unentschlossenen LeserInnen raten, dass sie lieber die Finger von Band 2 lassen sollte, denn er wird zwangsweise eine Ernüchterung folgen, denn die Geschichten haben qualitativ nichts gemein.

  • Einzelne Kategorien
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  • Geschichte
  • Atmosphäre
  • Figuren
  • Gefühl
Veröffentlicht am 20.09.2019

Samantha Young at her best

Boston Nights - Wahres Verlangen
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Ich erinnere mich gerne an die Veröffentlichung von „On Dublin Street“ zurück, weil es der Beginn einer tollen Reihe war, von der ich jeden einzelnen Band verschlungen habe. Leider ist sie anschließend ...

Ich erinnere mich gerne an die Veröffentlichung von „On Dublin Street“ zurück, weil es der Beginn einer tollen Reihe war, von der ich jeden einzelnen Band verschlungen habe. Leider ist sie anschließend etwas in der Versenkung verschwunden, was ich nicht richtig nachvollziehen kann, weil sie eine ganz wunderbare Erzählerin ist, der man Oberflächlichkeit nun wahrlich nicht vorwerfen kann, höchstens überdramatisierte Entwicklungen. Ich habe sie aber nie losgelassen, weswegen ich ihre Bücher nun auf Englisch lese, so auch „Fight or Flight“, das in diesem Jahr auch auf Deutsch unter „Boston Nights“ veröffentlicht wird.

Ich habe wunderbar in die Geschichte hineingefunden und mich insgesamt sehr an die Atmosphäre und an den Stil von „On Dublin Street“ erinnert gefühlt. Es war zwar gänzlich eine andere Geschichte, aber diese wunderbar kreierte sexuelle Spannung, dazu freche Wortgefechte und eine schöne Entwicklung, das waren eben die Elemente, mit denen mich Young von Anfang an begeistern konnte. Auch hier spielt sie ihre Stärken wieder gnadenlos aus, weswegen sich eine sehr kurzweilige Unterhaltung entwickelt hat, von der ich jede Seite mehr als gerne verschlungen habe.

Es ist wirklich keine leichte Aufgabe, die Chemie zwischen zwei Figuren so auf die Spitze zu treiben, dass man in jeder Szene mitfühlt. Oftmals kann man sich mit einem von beiden nicht so recht identifizieren, so dass sich auch manchmal Unverständnis unter den Eindruck mischt. Auch wenn Caleb nun wahrlich als liebster Schwiegersohn eingeführt wird, waren seine Szenen mit der deutlich sympathischer wirkenden Ava von Anfang an von einem gewissen Prickeln begleitet, dem man sich zu keinem Zeitpunkt entziehen konnte. Man ahnte, dass da etwas hinter Calebs Fassade ist und es war wunderbar, Schicht für Schicht seine Persönlichkeit aufzudecken. Und selbst im dunkelsten Moment dieser Geschichte hatte man noch Verständnis für ihn und wenn das geschafft wird, dann spricht das für eine überzeugende Charakterzeichnung.

Selbiges gilt für Ava, bei der auch nicht von Anfang an alle Karten auf dem Tisch liegen. Auch ihre Vergangenheit hat sie maßgeblich beeinflusst und uns wird durch Rückblenden auf spannende Art und Weise ein Mysterium geboten, das sich letztlich auflöst und das einige überraschende Entwicklungen mit sich bringt. Aber auch bei den Nebenfiguren wird viel gute Arbeit geleistet. Hier merkt man, dass Young möglicherweise schon wieder eine weitere Reihe im Sinn hat, auch wenn offiziell noch nichts verkündet ist, aber möglich wäre es mit den Nebenfiguren, von denen einige schon ein sehr scharfes Profil erhalten haben. Mir ist auf jeden Fall klar, dass ich gerne in dieses Buchuniversum zurückkehren würde.

Fazit: Wenn der deutsche Buchmarkt bei Samantha Young etwas schläft, dann hole ich sie mir eben auf Englisch zu mir und davon habe ich auch keine Sekunde bereut. „Fight or Flight“ aka „Boston Nights“ ist eine herrliche kurzweilige Unterhaltung, bei der die Chemie zwischen dem Paar die ganze Geschichte wunderbar trägt. Young at her best eben.

Veröffentlicht am 19.09.2019

Halb-befriedigendes Wiedersehen mit Erebos

Erebos 2
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Als „Erebos“ vor zehn Jahren erschienen ist, war ich bereits eine fleißige Leserin, aber in diesem speziellen Genre des Jugendbuchs war ich ein gänzlicher Neuling. So gesehen hat mir „Erebos“ das Tor zu ...

Als „Erebos“ vor zehn Jahren erschienen ist, war ich bereits eine fleißige Leserin, aber in diesem speziellen Genre des Jugendbuchs war ich ein gänzlicher Neuling. So gesehen hat mir „Erebos“ das Tor zu einer neuen Welt geöffnet, da ich von nun an gerne Bücher gelesen haben, die die Vor- und Nachteile unserer technologisierten Welt in den Fokus rücken. Zehn Jahre später ist nun die Autorin, Ursula Poznanski, selbst in diese Welt zurückgekehrt und beschert uns ein Wiedersehen mit dem Computerspiel Erebos und der ein oder anderen altbekannten Figur.

Die Faszination von Erebos war mit dem neuen Buch sofort wieder da, zumal die Autorin clevererweise auch mit der Zeit gegangen ist, so dass sich das Computerspiel bzw. die KI nun auch auf dem Smartphone mit GPS und Mikrofon breitmacht und somit immer und überall präsent ist, es scheint kein Entkommen mehr zu geben. Es gibt ein Wiedersehen mit Nick Dunmore, aber wir bekommen eine weitere Perspektive eines neuen Nick, der nun ab Derek heißt und das Spiel zum ersten Mal kennenlernt. Ich fand diese Ergänzung von altem Spieler und Gegner mit neuem Spieler und Faszination sehr gelungen, da man die Kontraste so gut präsentiert bekommen hat. Zudem wurden die Kapitel immer so geschickt gegeneinander gesetzt, dass ein toller Spannungsbogen aufgebaut wurde. Es war also fast unmöglich, das Buch zuzuklappen, da das Bedürfnis weiterzulesen einfach zu groß war.

Durch immer mal wieder auftauchende Zwischenkapitel dürfen wir auch in den Kopf der Person schauen, die Erebos reaktiviert hat, so dass man natürlich auch fleißig rätselt, wer das wohl sein könnte. Das gibt der Geschichte einen weiteren interessanten Kick. Je mehr es aber gegen Ende des Buchs geht, desto mehr hat sich bei mir aber auch eine gewisse Ernüchterung breitgemacht. Die Spannung ist etwas abgeflaut, so dass bei mir das Denken eingesetzt hat. Dabei ist doch deutlich geworden, dass die Charakterarbeit in diesem Buch etwas zu wünschen übriglässt. Nick ist noch wie eh und je, aber seine Freunde verkommen alle zu Schatten von sich selbst, das gilt vor allem für Emily. Bei Derek wiederum wäre viel Gelegenheit gewesen, für ihn ein ausgiebiges Profil zu entwickeln. Aber seine Familiengeschichte, die immer wieder angedeutet wird, wird unter den Tisch gekehrt, genauso wie die Tatsache, dass er zu Jähzorn neigt. Auch seine besten Freunde werden immer nur so nebenbei erwähnt. Dafür, dass das Buch sehr dick ist, ist es doch etwas verwunderlich, dass die Action so weit über der Charakterbildung stand.

Prinzipiell hat mir die Endlösung, dass Erebos aus einem positiven Grund reaktiviert wurde, gut gefallen, denn so hat man einen weiteren Kontrast zum ersten Band aufgezogen. Aber insgesamt ist mir die Motivation dahinter und die Folgen viel zu wenig erklärt werden. Vor allem hat man zum Ende hinaus auch gemerkt, dass etwas vermeintlich Großes aufgebaut wird und dann gibt es einen Peng und alles fällt wie ein Kartenhaus in sich zusammen. Hier war also viel heiße Luft um nichts. Das letzte Drittel ist definitiv viel zu überhastet abgeschlossen worden, hier hätten weitere 50 bis 100 Seiten sehr gut getan.

Fazit: „Erebos 2“ ist von der Grundidee her erneut absolut gelungen, zumal es auch an die Jetztzeit angepasst wurde und so sehr authentisch wirkt. Wo das Handwerk also stimmt, lässt es leider der Inhalt dann an manchen Stellen fehlen. Etwas mehr Charakterarbeit hätte ich mir gewünscht und das letzte Drittel ist viel zu überhastet beendet worden. Dennoch fand ich es großartig, dass Poznanski sich noch einmal zurückgewagt hat!

Veröffentlicht am 10.09.2019

Bleibt weit hinter den Erwartungen zurück

Die letzte Königin - Das Feuer erwacht
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„Die letzte Königin – Das schlafende Feuer“ war für mich Anfang des Jahres eine echte Überraschung, da ich im Fantasy-Genre nicht zuhause bin und mich eher vom orientalischen Setting angezogen gefühlt ...

„Die letzte Königin – Das schlafende Feuer“ war für mich Anfang des Jahres eine echte Überraschung, da ich im Fantasy-Genre nicht zuhause bin und mich eher vom orientalischen Setting angezogen gefühlt habe, was ich selten in meinen bevorzugten Genres finde. Erfreulicherweise hat sich die Lektüre fast schon eher dystopisch herausgestellt, da die Fantasy-Elemente doch sehr unter der Oberfläche geblieben sind. Der erste Band endete sehr spannend, so dass ich den zweiten Band sehr herbeigesehnt habe.

Obwohl die Lektüre von Band 1 nun wahrlich nicht ewig her ist, war ich doch überrascht, wie sehr ich mich erst wieder zurechtfinden musste. Zum Glück gibt es noch einmal eine knappe Zusammenfassung nach einigen Seiten, was für mich bitter nötig war, offenbar war die Welt doch komplexer, als ich es in Erinnerung hatte. Anschließend war ich aber sofort wieder mitten in der Geschichte und der Atmosphäre, die eben so anders ist als das, was man sonst so vorgesetzt bekommt. Wir lernen in dieser orientalischen Welt nun neue Gebiete, neue Figuren kennen, aber im Herzen bleibt die Geschichte gleich und erinnert mich daher sehr an die ersten beiden Bände von „Die Tribute von Panem“, die auch dasselbe Schema mit den Hungerspielen, nur in unterschiedlicher Konstellationen, hatten. Bei „Die letzte Königin“ wiederum steht das Turnier wieder im Fokus.

Leider ist mir bei der Gesamtlektüre jedoch schnell klargeworden, dass der Funke einfach nicht überspringen wollte. Einerseits wirkte alles so vertraut und vielversprechend wie in Band 1, aber gleichzeitig hat sich mir auch das Gefühl aufgedrängt, dass die Autorin selbst die neuen Aspekte der Geschichte nicht mit der Leidenschaft angegangen ist, über die sie zuvor verfügt hat. Alle neuen Charaktere bleiben komplett hinter den Erwartungen zurück. Der neue Sultan und sein erster Gehilfe mitsamt Tochter bleiben als „Fieslinge“ ebenso blass, wie es die beiden Windwesen Opal und Rohan tun, die für die gute Seite kämpfen. Die zentrale neue Figur ist aber Prinz Ashwin, Tareks Sohn, bei dem man zunächst hofft, dass er so undurchdringlich wirkt, weil er möglicherweise nur den Guten spielt. Später stellt sich jedoch heraus, dass er wirklich eher ein Waschlappen ist, der keinen aussagekräftigen Charakter zu haben scheint.

Das Turnier wartet mit spannenden Aufgaben auf, aber vom Prinzip her sind diese eher langatmig und unspektakulär erzählt. Zudem besteht Kalinda aus unterschiedlichen Gründen nie die Prüfung, kommt aber trotzdem weiter. Hier zeigt sich nur ein geringer Einfallsreichtum. Kritisch sehe ich auch ihre Entfesslung der Feuerkräfte. Zwar übt Brac mit ihr daran am Anfang des Buches, aber da sie räumlich getrennt werden, verliert sie ihren Lehrmeister, kann die Kräfte aber doch problemlos schließlich beherrschen. Hier hat keine logische Entwicklung stattgefunden.

Schon im ersten Band haben viele Leserinnen die Liebesbeziehung zwischen Kalinda und Deven kritisiert, die ihnen zu oberflächlich geblieben ist. Das habe ich nicht so stark empfunden, zumal ich es gut fand, dass die Liebesgeschichte nicht zu viel Raum eingenommen hat. Das tut sie auch nicht in Band 2, da sie sehr wenige Szenen nur miteinander haben. Mir ist dann aber übel aufgestoßen, dass sogleich ein Liebesdreieck mit Ashwin aufgezogen werden musste. Dass er Gefühle für sie entwickelt hat, okay, aber dass sie so schnell seinen Oberkörper bewundert hat, passte nicht in die Geschichte und wirkte extrem gekünstelt.

Fazit: Band 2 von „Die letzte Königin“ lässt mich leider enttäuscht zurück. Die Voraussetzungen waren genial, aber leider wirkt das weitere Wordbuilding und die neuen Charaktere sehr lieblos. Auch potenziell spannende Szenen wirken eher langatmig, so dass es insgesamt um ein zähes Lesen handelt. Nun bin ich aber so weit mit der Geschichte fortgeschritten, dass ich den finalen Band auch nach dieser Enttäuschung unbedingt lesen muss.

Veröffentlicht am 02.09.2019

Scott ist auch in ihren Anfängen gut

The Light in Us
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Das „All In“-Duett von Emma Scott konnte eine überwältigende Menge der Leserschaft intensiv berühren, so dass es nur logisch ist, dass Lyx auch sofort weitere Werke der Autorin für sein Verlagsprogramm ...

Das „All In“-Duett von Emma Scott konnte eine überwältigende Menge der Leserschaft intensiv berühren, so dass es nur logisch ist, dass Lyx auch sofort weitere Werke der Autorin für sein Verlagsprogramm vorgesehen hat. Mit „The Light In Us“ kommt nun eine Liebesgeschichte auf den Markt, die tatsächlich zeitlich vor „All In“ liegt. Kann also die frühe Scott überzeugen?

Von der Grundidee hat mich „The Light In Us“ sehr an Bücher wie „Ziemlich beste Freunde“ oder „Ein ganzes halbes Jahr“ erinnert. Aber trotzdem habe ich diese Geschichte an keiner Stelle als Kopie empfunden, da sie sofort ihren ganz eigenen Charme, ihren ganz eigenen Charakter entfalten konnte. Dies liegt vorderhand definitiv an den Figuren. Zwar erinnert mich Charlotte sehr an Kaycee, wobei Erstere dann ja das Original ist, aber ihre Persönlichkeit wird von der ersten Seite an sehr transparent offengelegt und es fällt leicht, mit ihr zu fühlen. Noah wiederum wirkt eher unausstehlich und da seine Perspektiven rarer gesät sind braucht es bei ihm etwas, bis sich Schutzschicht um Schutzschicht auflöst und den wahren Noah zeigt. Aber gerade auch die Gegensätze der beiden zu Beginn fand ich gut, weil es die Entwicklung nachher nur besonderer macht.

Die Liebesgeschichte der beiden ist insgesamt sehr anrührend, süß und echt. An manchen Stellen ist sie vielleicht etwas überhastet erzählt, zumal es stellenweise so wirkt, als hätte sich Charlotte zuerst in Noahs Aussehen verliebt, um dann später festzustellen, dass auch sein Inneres ganz okay ist. Ich habe es einfach nicht so damit, wenn Geschichten so oberflächlich wirken. Aber an keiner anderen Stelle in diesem Buch würde ich der Geschichte Oberflächlichkeit vorwerfen, denn alle Emotionen fließen durch jede Seite, durch jedes Wort. Erneut zeigt sich beeindruckend, dass Scott definitiv jemand ist, der mit Wörtern umgehen kann. Genial war es natürlich auch, dass die Musik ein so wichtiges Thema dieses Romans war, denn sie konnte die Emotionen noch einmal auf einer ganz anderen Ebene übertragen. Die Sequenzen, wo beschrieben wird, wie Charlotte das Spiel der Geige ideal empfindet, fand ich toll geschrieben.

Wo man also am ehesten merkt, dass „The Light In Us“ ein früheres Werk ist, ist das Ende bzw. der Teil kurz vor dem Ende. Während das tatsächliche Ende wirklich gelungen ist, weil es auch so erwachsen und realistisch geschrieben ist, trieft der unmittelbare Teil davor nur so von Klischees. Die Momente auf dem Ball von Noahs ehemaligem Arbeitgeber waren in dieser Geschichte null passend. Ich habe wirklich nur die Augen verdreht, weil so eine Geschichte solcher Qualität solche stümperhaften Inszenierungen nicht nötig hat.

Fazit: Auch die frühe Emma Scott muss sich mit ihrem erzählerischen Handwerk nun wahrlich nicht verstecken, da sie bereits mit „The Light In Us“ eine sehr berührende Geschichte geschaffen hat, die vor allem auch über die Thematik der Musik getragen wird. Dennoch merkt man gerade an einem Teil im letzten Drittel, der nur so von Klischees trieft, dass Scott zu diesem Zeitpunkt noch nicht ganz das Niveau vom späteren „All In“ hatte. Aber das schmälert das Lesevergnügen nur gering und schürt eher die Vorfreude auf weitere Werke der Autorin.