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Veröffentlicht am 24.07.2018

Three in a Row

Der Schatten
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Auf dem deutschen Thrillerbuchmarkt stelle ich immer wieder fest, dass sich selten ein heimatsprachlicher Autor oder eine heimatsprachliche Autorin dauerhaft und auf konstant hohem Niveau festsetzt. Den ...

Auf dem deutschen Thrillerbuchmarkt stelle ich immer wieder fest, dass sich selten ein heimatsprachlicher Autor oder eine heimatsprachliche Autorin dauerhaft und auf konstant hohem Niveau festsetzt. Den Einzigen, den man davon vielleicht ausnehmen kann, ist Sebastian Fitzek und selbst dessen Werke sind allgemein und vor allem auch bei mir nicht unumstritten. Jedoch fällt mir immer wieder ein Name ein: Melanie Raabe. „Die Falle“ und „Die Wahrheit“ waren in meinen Augen beide großartig, da sie wirklich ein Katz-und-Maus-Spiel mit mir veranstaltet haben. Aber nach zwei Büchern fällt es mir trotzdem noch schwer, von Konstanz zu sprechen. Nun ist mit „Der Schatten“ ihre dritte Veröffentlichung auf den Markt gekommen und ich habe mir gesagt, wenn das Buch jetzt gut ist, dann sind eben aller guter Dingen drei!

Der Einstieg in die Geschichte ist wie immer verwirrend. Man wird bewusst mitten in die Geschichte reingeworfen und hat es daher schwer, sich richtig zu orientieren. Es werden viele Andeutungen gemacht, die dann wieder abgebrochen werden. Diese Taktiken haben wieder einmal unheimlich früh dafür gesorgt, dass sich für mich bereits ein großartiger Spannungsbogen aufbaute, den ich unbedingt weiterverfolgen wollte. Zudem entsteht in meinen Augen auch nicht der Eindruck, dass es sich um eine Alltagsgeschichte mit psychologischem Schwerpunkt handelt. Ganz im Gegenteil: man hat Psychospielchen, die tatsächlich durch Thrill-Elemente gefüttert werden. Diese Mischung wird immer weiter angeheizt und gipfelt am Ende in einem richtig spannenden Finale, das sich in gleich drei Etappen aufdröseln lässt. Dennoch entstand bei mir nicht der Eindruck, dass verzweifelt immer noch etwas draufgesetzt werden musste, es wirkte stattdessen alles sauber aufgelöst und damit einfach so, wie es sein sollte.

Natürlich ist ganz klar wieder ein deutliches Schema zu erkennen, das ich inzwischen ganz einwandfrei Raabe zuordnen könnte. Das ist zum einen die Protagonistin. Wir haben es meist mit einer eher labilen Persönlichkeit zu tun, die absichtlich so inszeniert wird, dass man sich nicht sicher sein kann, ob man ihr glauben und vertrauen kann. Damit einher geht, dass ich Norah auch nicht direkt ins Herz schließen kann, weil sie absichtlich auch mal distanziert und abweisend wirkt. Zum anderen sind das Zwischenkapitel, wo immer erst am Ende klar wird, aus wessen Sicht diese geschrieben sind. Und am Ende kommt es dann eben immer zum großen Showdown, wo Überraschendes offenbart wird und doch alles so logisch ist. Und obwohl diese drei Aspekte charakteristisch für Melanie Raabe sind und man argumentieren könnte, dass etwas Abwechslung fehlt, stört mich das gar nicht, denn die Grundgeschichten sind doch immer anders, denn erneut hätte ich diese Auflösung nie und nimmer so vorhersehen können. Also vorhersehbar ist die Autorin nach nun drei Werken gewiss nicht.

Fazit: Three in a Row würde ich sagen! Dreimal grandios abgeliefert und daher verdientermaßen fünf Sterne für „Der Schatten“, der mich wirklich erbärmlich wie ein Schatten verfolgt hat, bis ich endlich die letzte Seite gelesen hatte. Hut ab!

Veröffentlicht am 20.07.2018

Feministisches Jugendbuch zur rechten Zeit

Spinster Girls – Was ist schon normal?
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Gerade nach der hochschwappenden „Me Too“-Debatte ist Feminismus en vogue. Immer mehr Frauen erzählen ihre Geschichten, immer mehr Frauen dürfen sich in der Filmbranche als Autorinnen, Regisseurinnen und ...

Gerade nach der hochschwappenden „Me Too“-Debatte ist Feminismus en vogue. Immer mehr Frauen erzählen ihre Geschichten, immer mehr Frauen dürfen sich in der Filmbranche als Autorinnen, Regisseurinnen und Darstellerinnen verwirklichen und Projekte anpacken, die zuvor noch verpönt waren. Ich selbst würde mich seit gefühlten Ewigkeiten schon als Feministin bezeichnen und dennoch hat es in meiner Jugend, die jetzt etwas über 10 Jahren zurückliegt, keine Bücher wie „Spinster Girls“ gegeben. Natürlich hat es tolle Bücher gegeben, aber keine Bücher, die so ehrlich anpacken, was es bedeutet Frau zu sein in einem Alter, wo man seinen Platz in der Welt gerade erst finden muss. Als ich daher von den „Spinster Girls“ gehört habe, war ich Feuer und Flamme und habe dann festgestellt, dass dieses Jugendbuch nicht nur Feminismus in den Vordergrund rückt, sondern noch ein weiteres sensibles Thema anpackt.

Den Feminismus-Aspekt von „Spinster Girls“ finde ich richtig gut umgesetzt. Evie, Amber und Lottie sind ein Dreiergrüppchen von Charakteren, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Was sie aber eint, ist die Erkenntnis, dass sie nicht zu den Frauen gehören wollen, die ihr Leben komplett auf einen Mann ausrichten, sondern sie wollen in erster Linie sie selbst sein und in einem zweiten Schritt den Mann finden, der sie so akzeptiert ist, wie sie sind. Diese Einstellung wird jedoch nicht rosarot verziert und als kinderleicht umzusetzen erzählt, sondern die Autorin hat schon ein sehr gutes Händchen dafür darzustellen, dass die Welt eben so stereotypisiert ist, dass es nicht selbstverständlich ist, diesen Weg gehen zu können.

Es werden unheimlich viele Themen angesprochen, die Frauen zu Frauen machen, die aber dennoch immer eher ausgeklammert werden, weil sie in der Gesellschaft angeblich unter den Teppich gekehrt werden müssen. Natürlich wirken die Erklärungen der einzelnen Phänomene manchmal wie Lexikonartikel, nur etwas spannender verpackt, aber ich fand es unheimlich interessant, diese einmal so schonungslos aufgezeigt zu bekommen. Zudem ist es erfrischend, wie selbstbewusst die drei jungen Frauen in der Öffentlichkeit zu diesen Überzeugungen stehen, denn sie wissen, dass sie immerhin sich haben. Auch wenn dieses Buch hochfeministisch ist, ist es trotzdem nicht ein „Hau drauf“ auf das männliche Geschlecht. Auch dieser Zwiespalt wird hochinteressant verarbeitet und zeigt schonungslos auf, wie schnell Feminismus auch in die falsche Richtung gehen kann. Denn am Ende ist nur eins wichtig: Jeder Mensch ist einzigartig, aber von der Bedeutung für die Welt sind wir alle gleich.

Der erste Band ist aus der Sicht von Evie erzählt und ich war sehr überrascht, als ich feststellte, dass sie an einer Zwangsstörung leidet und sich gerade auf dem Weg der Besserung befindet, nachdem sie eine Zeit lang sogar in der Psychiatrie aufgenommen werden musste. Natürlich gibt es in vielen Jugendbüchern Protagonisten und Protagonistinnen, die Krankheiten oder Ängste haben, die sie prägen. Doch meist geht es inhaltlich anschließend darum, diese Krankheiten oder Ängste zu überwinden und zu einem starken Ich zu werden. Das ist fraglos auch eine ungeheuer wichtige Botschaft, aber zur Abwechslung war es auch einfach mal großartig zu lesen, dass solche Krankheiten einen auch maßgeblich ausmachen und prägen. Evie war so unheimlich realistisch in ihren Zwängen dargestellt, dass ich mich selbst schon dabei erwischte, mich in ihrem Denken einzufinden. An ihr wird nichts beschönigt, sondern sie wird wirklich so dargestellt, wie es ist, mit allen Hoch und Tiefs. Damit hat Holly Bourne mich so richtig packen können und nun bin ich so richtig gespannt, was sie noch für Lottie und Amber bereithält!

Fazit: „Spinster Girls – Was ist schon normal?“ ist wirklich ein feministisches Jugendbuch zu genau der richtigen Zeit. Gerade wenn man in diesem Alter merkt, dass man anders ist und sich nicht dem inszenierten Mainstream auf Instagram oder anderen sozialen Medien unterordnen will, dann ist dieses Buch eigentlich die entsprechende Bibel, denn es zeigt schonungslos Wahrheiten auf, die nichts beschönigen. Aber am Ende bleibt die Botschaft, dass man nie alleine ist und dass jeder seinen eigenen Weg finden und gehen muss. Daher eine fette Lektüreempfehlung von mir!!!

Veröffentlicht am 18.07.2018

Ausrufezeichen beim Thriller-Debüt

Der Alphabetmörder (Ein Grall-und-Wyler-Thriller 1)
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„Der Alphabetmörder“ von Lars Schütz hat mich zugegebenermaßen angesprochen, weil mich die Gestaltung des Covers und die Formulierung des Klappentexts sehr an meinen favorisierten Thriller-Autor Chris ...

„Der Alphabetmörder“ von Lars Schütz hat mich zugegebenermaßen angesprochen, weil mich die Gestaltung des Covers und die Formulierung des Klappentexts sehr an meinen favorisierten Thriller-Autor Chris Carter erinnert hat. Lustigerweise – natürlich demselben Verlag Ullstein geschuldet – ist auch das Layout, Schriftart etc. haargenau gleich, was den Effekt des Vergleichs natürlich noch erhöht. Trotzdem bin ich vollkommen unbedarft an dieses Buch gegangen und habe mir verboten, auch inhaltlich ständig Vergleiche zu ziehen. Zum einen ist das dem Autor gegenüber unfair, zum anderen bin ich auch von Chris Carter nicht immer restlos begeistert.

Die beiden Profiler, um die sich das Geschehen dreht und die jeweils eine Perspektive zugewiesen bekommen, sind mir direkt zu Anfang als sehr vielversprechend aufgefallen. Jan und Rabea sind beide sehr eigenwillige Persönlichkeiten, die beide eine interessante Vergangenheit zu bieten haben, die viel Potenzial birgt. Ihre professionelle Arbeit wird immer wieder anschaulich ins Geschehen eingebunden. Entweder durch konkrete Anschauung ihrer Arbeitsweise oder durch Erklärung von typischen Phänomenen, denen Profiler begegnen können. Insgesamt könnte man die Arbeitsmethoden noch etwas intensiver einbinden, da sie eben in einer Thriller-Reihe rund um Profiler in meinen Augen das Herzstück bilden. Bei Jan und Rabea hat mir aber auch vor allem gefallen, dass sie nicht für sich beanspruchen allwissen oder genial zu sein. Sie haben beide ihre Dämonen, beide ihre Fehler und das macht das Erleben mit ihnen sehr, sehr realistisch.

Der Fall ist wunderbar konstruiert. Die Mordserie ist interessant gestaltet, dadurch dass der Täter seine Opfer mit Buchstaben versieht und um das ganze Alphabet durchzubekommen, eine klare Mission hat. Das bringt mich sich, dass es relativ schnell viele Opfer gibt und sich dadurch der Spannungsbogen wirklich von Anfang an wunderbar aufbaut und auch bis zum bitteren Ende durchzieht. Es gibt gleich mehrere Höhepunkte in der Handlung, die strategisch gut gesetzt sind, so dass das Gefühl einer Achterbahnfahrt erzeugt wird. Zudem gelingt dem Autor ein raffiniertes Verwirrspiel rund um den Täter, da immer wieder falsche Fährten gelegt werden, man so wild spekuliert und eigene Theorien ständig über den Haufen wirft. Am Ende ist die Lösung vielleicht nicht unerwartet gewesen, aber eben doch eine Überraschung, weil es zu viele Anzeichen in zu viele unterschiedliche Richtungen gab.

Neben der etwas zu kurz kommenden Profilerarbeit muss ich auch noch kritisch einige logische Lücken anmerken. Man muss nicht immer alles bis ins kleinste Detail beantwortet haben, aber gerade bei solchen Thrillern liebe ich es, wenn am Ende jede kleine Spur, die im Laufe gelegt wurde, sich am Ende sauber ins große Ganze einfügt. Auch hier werden einige Details angesprochen, die aber am Ende leider offenbleiben. Aber für ein Debüt in dem Genre finde ich das normal, weil es eben auf die Kleinigkeiten ankommt und wenn man so viele anbietet, bleiben am Ende eben ein paar lose Fäden übrig.

Fazit: Lars Schütz bietet mit seinem Thriller-Debüt „Der Alphabetmörder“ ein sehr gelungenes Debüt, das eine gut durchdachte Mordserie beinhaltet, unperfekte und dadurch nahbare Profiler bietet und einen tollen Spannungsbogen vom Anfang bis zum Ende hat. Negativ anzumerken sind wirklich nur Kleinigkeiten, so dass für mich klar ist, dass ich bei weiteren Bänden gerne wieder als Leserin dabei sein werde!

Veröffentlicht am 15.07.2018

Im Niveau zweigeteilt

Ein Moment für die Ewigkeit
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Ich habe in den letzten Monaten doch sehr mit Abbi Glines auf Kriegsfuß gestanden. Sie war noch nie die Meistererzählerin schlechthin und trotzdem habe ich sie kennengelernt als eine Autorin, die dramatische ...

Ich habe in den letzten Monaten doch sehr mit Abbi Glines auf Kriegsfuß gestanden. Sie war noch nie die Meistererzählerin schlechthin und trotzdem habe ich sie kennengelernt als eine Autorin, die dramatische Geschichten locker und wendungsreich darstellen kann. Ihre letzten Werke wirkten dagegen eher lieblos und gerade ihre letzten beiden Novellas kann man sogar als Frechheit bezeichnen… Warum also habe ich bei „Ein Moment für die Ewigkeit“ wieder zugegriffen? Zum einen ist mir das Cover ins Auge gestochen, das wirklich wunderschön aussieht und was auch so gar nicht zu dem üblichen Cover-Stil ihrer Bücher im Deutschen passen will. Dadurch dachte ich gleich „Neuanfang!“ Zudem war es auch der Klappentext, der doch eine intensive, gefühlvolle Geschichte versprach, eine Seite, die Glines zuletzt viel zu selten gezeigt hat und die ich unbedingt wieder erleben wollte.

Die Geschichte ging auch tatsächlich gut los. Denn mit der Ausgangslage für Vale war schon bereits ein dramatischer Aspekt gegeben, der natürlich recht früh auf die Tränendrüse gedrückt hat. Dennoch war ich schnell auch wieder enttäuscht, weil Vale und Slate die typischen Charaktere von Glines sind. Vale irgendwie süß und so unheimlich naiv, Slate derjenige, der wirklich alles flachlegt und dabei immer super gechillt durch die Gegend läuft. Dementsprechend war die Geschichte doch eher oberflächlich gehalten. Natürlich gab es eine zentrale Botschaft, wo ich auch richtig merkte, dass sie der Autorin wichtig war, vielleicht weil sie die Botschaft gerade selbst erst verinnerlicht hat, aber leider wurde das nicht so intensiv geboten, wie ich es mir versprochen hatte.

Dann gab es plötzlich einen Break (den ich auf jeden Fall sehr interessant und überraschend fand, den ich aber natürlich nicht spoilern werde) und die Welt sah wieder ganz anders aus. Anders besser. Nur leider hatte die Geschichte nach dieser Wandlung nicht mehr so viele Seiten, so dass diese richtig starke Phase zum Ende hin leider kürzer ausfiel als die eher langweilige und oberflächliche Phase in der ersten Hälfte. Plötzlich wirkten Vale und Slate reifer und durchdachter. Man merkte auch, dass Glines sich nun auch mehr Zeit nahm und auf die eher ruhigen Momente setzte. So gibt es ein wirklich süßes Ende, das wirklich genau richtig wirkt.

Fazit: „Ein Moment für die Ewigkeit“ ist ganz eindeutig wieder deutlich besser, als das, was von Glines im letzten und in diesem Jahr so veröffentlicht wurde. Dennoch ist es eben nicht DAS Werk, was ich mir aufgrund des Klappentextes erhofft hatte. Die erste Hälfte war von den Charakteren und der Handlung her leider zu stereotyp angelegt. Nach einem tollen und überraschenden Twist zeigt sich dann eine neue Sicht, die ich gerne über das gesamte Buch hinweg gehabt hätte. So ordne ich das Buch im guten Mittelmaß ein und hoffe wirklich, dass das der Beginn von Glines ist, die die Kurve bekommen hat!

Veröffentlicht am 13.07.2018

Hat mehr Leerlauf als der Vorgänger

Verliere mich. Nicht.
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Nachdem ich „Berühre mich. Nicht“ endlich auch gelesen hatte, war ich doch etwas besorgt, dass damit der zweite Band „Verliere mich. Nicht“ anstand, der in den Rezensionen vieler LeserInnen doch deutlich ...

Nachdem ich „Berühre mich. Nicht“ endlich auch gelesen hatte, war ich doch etwas besorgt, dass damit der zweite Band „Verliere mich. Nicht“ anstand, der in den Rezensionen vieler LeserInnen doch deutlich schlechter weggekommen ist als der erste Band. Mit so einer möglichen Enttäuschung im Kopf ein Buch zu lesen ist immer schwer, vor allem wenn der erste Band eben so großartig war und man einfach nicht will, dass genau derselbe Eindruck wie bei vielen anderen entsteht.

Aber natürlich war es keine Möglichkeit für mich, den zweiten Band nicht zu lesen, so dass ich mir gesagt habe „Augen zu und durch!“ Mir fiel doch recht schnell auf, dass das Buch deutlich mehr Leerlauf aufweist. Zu Beginn will die Geschichte nicht richtig in Fahrt kommen und dann ist Sage vor allem mit ihrer Wohnungssuche beschäftigt. Ja, das ist ein typisches Problem einer Studentin, aber ich fand es dennoch ermüdend, ausführliche Wohnungsbeschreibungen lesen zu müssen, wenn Sage in diesen Wohnungen letztlich aber nicht unterkam. Spätestens mit Silvester kommt aber wieder deutlich mehr Leben in die Bude, so dass es auch wieder zu zahlreichen Szenen kommt, die mich im ersten Band so schön berühren und unterhalten konnten. Gegen Ende hin wiederum entsteht wieder dieser Leerlauf, wo es doch zahlreiche Füllerszenen gibt, um dann am Ende wieder das große Drama aufzubauen. Daher ziehe ich in Bezug auf den Spannungsbogenaufbau das Fazit, dass dieser nicht so gut gelungen ist.

Sage und Luca gefallen mir als Protagonisten weiterhin sehr gut. Ich mag einfach ihr Zusammenspiel, das immer tiefer geht und immer intensiv wirkt. Bei Sage fand ich trotzdem schade, dass der Therapie-Aspekt doch deutlich abgenommen hat. Natürlich hat sie sich schon deutlich verbessert, aber trotzdem ist sie noch lange nicht gesund, wie später ja auch nochmal der Epilog zeigt, daher fand ich es doch sehr schade, dass die Gruppentherapien nicht näher durchleuchtet wurden. Denn im ersten Band schwärmte ich noch, wie realistisch dieser Genesungsprozess dargestellt wurde, um jetzt im zweiten Band festzustellen, dass dieser Weg nicht konsequent zu Ende gegangen wird. Auch die Auflösung am Ende mit der Mutter, Schwester und Alan ist mir viel zu knapp ausgefallen und irgendwie auch zu einfach. Wie Sage sich aber wiederum behauptet hat in die Begegnungen mit ihm, das war einwandfrei gelungen.

Da die Reihe mit diesem Band nun abgeschlossen ist und Laura Kneidl auch keine weiteren Bücher aus diesem Figurenuniversum angekündigt hat, fällt mir überdeutlich ins Auge, dass viele Nebenfiguren gute Ansätze bekommen haben, aber eigentlich vor allem im zweiten Band komplett untergehen. Ich muss es nicht haben, dass jede einzelne Figur ihr Happy End bekommt, aber wenn Möglichkeiten für Storylines angesetzt werden, dann will ich diese auch realisiert sehen. Gerade wenn ich dann feststelle, dass dieser Band viel Leerlauf hatte, wären ja also die Seiten zur Verfügung gewesen. So habe ich festgestellt, dass April zur absoluten Randfigur degradiert wurde, Gavin wurde nur noch erwähnt und auch die angedeuteten Gefühle von ihm ihr gegenüber werden unter den Teppich gekehrt. Ja, Sage und Luca haben ihr Happy End bekommen und das ist auch gelungen, aber die Nebenschauplätze sehe ich auch gerne im Reinen.

Fazit: Ja, auch ich bin enttäuscht von „Verliere mich. Nicht“, nachdem der erste Band so großartig war. Ich konnte aber zum Glück feststellen, dass mir der Abschluss nicht gefiel, weil er anderen nicht gefiel, sondern dass ich tatsächlich zahlreiche Argumente finden konnte, um meinen Eindruck zu untermauern. Die zentrale Liebesgeschichte wird zufriedenstellend zu Ende gebracht und es gibt erneut richtig tolle Szenen, aber insgesamt gab es viel zu viel Leerlauf, der mit den potenzialreichen Nebenfiguren gefüllt hätte werden können. So wirkt der zweite Band im Vergleich leider deutlich banaler.