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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 03.04.2024

Lesenswerter Roman

Annas Lied
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Der Roman erzählt die Geschichte von Hannah, die Anfang der 1920-er Jahre in eine jüdische Familie in Dänemark hineingeboren wird. Als Leser*in begleitet man sie ab dem Jahr 1929, als sie acht Jahre alt ...

Der Roman erzählt die Geschichte von Hannah, die Anfang der 1920-er Jahre in eine jüdische Familie in Dänemark hineingeboren wird. Als Leser*in begleitet man sie ab dem Jahr 1929, als sie acht Jahre alt ist, bis ins Jahr 2019. Der Roman schildert Hannahs Jugend aus ihrer Perspektive: ihre Kindheit mit den vier Brüdern und ihrer Familie, viel Musik, die Veränderungen in den 30-er Jahren durch den deutschen Nationalsozialismus, der auch Auswirkungen auf die dänischen Juden hatte, und den 2. Weltkrieg. Nach dem zweiten Weltkrieg werden die Veränderungen deutlich und Hannah muss sich mit der bevorstehenden arrangierten Hochzeit und ihrem damit verbundenen Umzug nach Paris auseinandersetzen…

Der Roman zeigt eindrücklich die Diskrepanz zwischen den Träumen und der Liebe einer jungen Frau und den glaubensbedingten Anforderungen der Familie an sie. Dem Autor ist es sehr gut gelungen, Hannas schwierige Situation greifbar zu machen. Hannas ganzes Leben durchzieht die große Liebe zur klassischen Musik und ihrer Liebe zum Klavierspielen. Auch wenn zum Teil detailliert Klavierstücke und das Klavierspielen beschrieben werden, hatte ich als eher unmusikalische Person weder Probleme dem Inhalt zu folgen noch das Gefühl der Langeweile. Im Gegenteil, mich hat Hannas große Liebe zum Klavierspiel sehr beeindruckt.

Ich mag den Schreibstil des Autors, der Roman hat sich sehr gut lesen lassen. An einigen Stellen hätte ich mir gewünscht, dass er noch weiter in die Tiefe geht. Manchmal waren mir die Zeitsprünge auch etwas zu groß. Trotz der über 500 Seiten hatte der Roman meinem Empfinden nach keine Längen.
Hannas Geschichte verdeutlicht beispielhaft, wie Vertreibung, Flucht und Umbrüche die Geschichten und Leben vieler jüdischer Familien geprägt haben. Mir ist einiges noch klarer als zuvor geworden, auch weil Benjamin Koppel sehr eindrücklich schreibt.

Mir hat „Annas Lied“ sehr gut gefallen. Ich würde es allen empfehlen, die sich auf einen Roman über ein fast hundertjähriges Leben einlassen mögen.

Veröffentlicht am 24.03.2024

Highlight-Buch: Absolut lesenswerter Roman

Demon Copperhead
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Demon Copperhead hat es von klein auf nicht leicht. Seine Mutter ist drogensüchtig, er muss sich schon sehr früh um sich und letztlich auch seine Mutter kümmern. Lichtblick ist die Nachbarsfamilie, die ...

Demon Copperhead hat es von klein auf nicht leicht. Seine Mutter ist drogensüchtig, er muss sich schon sehr früh um sich und letztlich auch seine Mutter kümmern. Lichtblick ist die Nachbarsfamilie, die ihn fast wie einen weiteren Sohn behandelt. Armut und Perspektivlosigkeit ziehen sich durch seine Kindheit. Dennoch hat er Humor, liebt das Zeichnen und beobachtet genau. Er ist ein liebenswerter Protagonist und trifft in seinem Leben glücklicherweise auch immer wieder auf Menschen, die ihm wohlgesonnen sind.

Der Roman erzählt die Geschichte des Demon Copperhead, von seinem Aufwachsen bis hinein ins Erwachsenenleben. Er befasst sich thematisch mit dem US-amerikanischen Sozialsystem, der Schere zwischen Stadt und Land und „abgehängten“ Regionen und der Opioidkrise in den USA. Bei all den schweren Themen und den vielen Tiefschlägen, die Demon durchaus erleiden muss, hat der Roman meinem Empfinden nach wenig Schweres an sich. Es gibt immer wieder Passagen, die mich haben durchatmen lassen.

Absolut herausragend finde ich, wie die Autorin Demons Weg beschreibt. Mit vielen Tiefen, aber auch einigen Lichtblicken. Die Sprache lässt sich sehr gut lesen und es gab einige Passagen, die inhaltlich und sprachlich so berührend waren, dass ich sie mehrmals gelesen habe.

Auch wenn der Roman über 850 Seiten stark ist, ich fand ihn keine Seite zu lang. Auch wenn der Mittelteil mit der Beschreibung einer Generation, die in die Sucht rutscht, schwer zu ertragen war, habe ich das Buch wirklich gern gelesen. Der Autorin ist es gelungen, sehr ernste und bedrückende Themen in dem Roman so zu verpacken, dass es mich zwar berührt und mitgenommen, mich aber nicht komplett runtergezogen hat und ich gerne weitergelesen habe. Obwohl ich teilweise nur darauf gewartet habe, was als nächstes Furchtbares passiert und gehofft, dass es anders kommt…

Veröffentlicht am 16.03.2024

Anspruchsvoller, lesenswerter Roman

Der Stich der Biene
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„Der Stich der Biene“ erzählt die Geschichte einer Familie in einer kleinen Stadt in Irland, die bisher sehr gut situiert war. Als es dann mit dem Autohaus des Vaters, Dickie, abwärts geht, bekommen die ...

„Der Stich der Biene“ erzählt die Geschichte einer Familie in einer kleinen Stadt in Irland, die bisher sehr gut situiert war. Als es dann mit dem Autohaus des Vaters, Dickie, abwärts geht, bekommen die Auswirkungen auch seine Frau Imelda, die sich in den Schulabschlussprüfungen befindende Tochter Cass und ihr jüngerer Bruder PJ zu spüren. Sie alle haben unterschiedliche Sorgen und Sichten auf das, was passiert. Der Roman beleuchtet die verschiedenen Perspektiven und Hintergründe.

Mit fast 700 Seiten ist das Buch relativ lang, ich habe es aber bis auf wenige Ausnahmen überhaupt nicht als langatmig wahrgenommen. Lediglich der Teil, in dem es um die Perspektive von Imelda ging, fand ich etwas zu ausufernd. Andererseits habe ich diesen Abschnitt als besonders wichtig für das Verständnis der Beziehung zwischen Imelda und Dickie empfunden.

Insgesamt finde ich die Beschreibung der verschiedenen Charaktere überaus gelungen. Dem Autor gelingt es sehr gut, die verschiedenen Perspektiven authentisch darzustellen, auch weil er den Sprachstil entsprechend der Protagonist:innen anpasst. Durch das Erzählen aus den verschiedenen Perspektiven bekommt man als Leser:in einen umfassenden Eindruck von den Geschehnissen und der Dynamik in der Familie.

Ich habe die Sprache als anspruchsvoll empfunden, aber nicht als anstrengend. Mir hat sie sehr gefallen. Insgesamt würde ich empfehlen, keine allzu langen Lesepausen einzulegen, da ich den Inhalt im positiven Sinne komplex finde.

Vielleicht ist es vor dem Lesen wichtig zu wissen, dass der Autor auf Anführungszeichen etc. zur Verdeutlichung von wörtlicher Rede verzichtet. Zusätzlich gibt es in den Kapiteln aus der Sicht von Imelda keine Interpunktion mit Ausnahme von Fragezeichen. Satzanfänge werden in diesen Kapiteln aber selbstverständlich großgeschrieben, sodass ich keinerlei Probleme in Imeldas Abschnitten und auch generell mit dem Erkennen von Dialogen hatte.

Insgesamt hat mir der Roman sehr gut gefallen. Ich würde ihn allen empfehlen, die Lust auf detaillierte Charaktere haben und auch bei einem dickeren Buch gerne dranbleiben.

Veröffentlicht am 16.03.2024

Sehr überzeugendes und informatives Sachbuch zu einem bisher viel zu wenig besprochenen Thema

Mutter ohne Kind
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Mich hat Eva Lindners Sachbuch sehr überzeugt. Ich habe viel Neues erfahren und besonders die vielen wissenschaftlichen Quellen fand ich spannend. Auch die Einordnung von Begriffen und Zahlen insbesondere ...

Mich hat Eva Lindners Sachbuch sehr überzeugt. Ich habe viel Neues erfahren und besonders die vielen wissenschaftlichen Quellen fand ich spannend. Auch die Einordnung von Begriffen und Zahlen insbesondere zu Beginn war sehr hilfreich und eindrücklich.

Mir hat die Mischung an persönlichen Erfahrungen von Betroffenen, die wissenschaftlichen Fakten und die Erfahrungen und Erkenntnisse von Personen, die sich schon lange mit der Thematik intensiv befassen (z.B. Hebammen, Psycholog:innen) gut gefallen. Es wird genau der richtige Ton getroffen, um über die persönliche Betroffenheit und Erschütterung auf die systematischen Missstände hinzuweisen.

Eva Lindner verfolgt mit ihrem Buch eine klare Agenda und argumentiert schlüssig, weshalb sich unser aller Umgang mit dem Thema „Fehlgeburt“ ändern muss. Angefangen bei Begriffen, über Leitlinienänderungen und Anerkennung von Trauer und Verlust bis zu politischen Veränderungen und mehr Budget und Anreize für Beratung bei Ärzt:innen.

Immer wieder habe ich es als schockierend empfunden, wie mit betroffenen Frauen und auch Männern umgegangen wird, wie wenig Aufklärung es gibt und welche Hürden es zu bewältigen gilt.

Insgesamt hat mich das Buch sehr berührt, ich habe viel Neues erfahren und mein Denken hat sich verändert. Ich denke, dass ich nach dem Lesen behaupten kann, für die Thematik sensibilisiert zu sein. Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung, gerne auch für alle Entscheidungsträger*innen im Gesundheitswesen und der Politik.

Veröffentlicht am 11.02.2024

Sehr eindrücklich, gut geschrieben

Notizen zu einer Hinrichtung
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Ansel Packer hat die letzten Stunden seines Lebens vor sich. Als zum Tode verurteilter Serienmörder wartet er auf seine Hinrichtung. Aus Sicht seiner Mutter, seiner Schwägerin und der Polizistin, die ihn ...

Ansel Packer hat die letzten Stunden seines Lebens vor sich. Als zum Tode verurteilter Serienmörder wartet er auf seine Hinrichtung. Aus Sicht seiner Mutter, seiner Schwägerin und der Polizistin, die ihn schlussendlich überführt, werden Ansels Leben, mögliche Motive und die Auswirkungen seiner Taten erzählt. Der Roman beginnt mit Ansels frühester Kindheit und endet mit seiner Hinrichtung. Zwischendurch gibt es kurze Kapitel, in denen Ansels Perspektive in den letzten Stunden seines Lebens dargestellt wird.

In diesem Buch geht es nicht darum, wer die Verbrechen begangen hat. Die Idee, das Leben des Mörders aus der Perspektive von drei Frauen, die unterschiedliche Arten von Beziehungen zu ihm hatten, zu erzählen, finde ich sehr spannend. Chronologisch ergibt sich ein Bild von Ansel, seinem Umfeld und Erklärungsansätzen, weshalb aus Ansel ein Mörder wurde und er lange unbehelligt in Freiheit leben konnte. Obwohl es nicht wie in einem Krimi um die Tätersuche geht, entwickelt Danya Kukafka viel Spannung, die bis zur letzten Seite anhält.

Die Charaktere sind sehr detailliert beschrieben und werden dabei nicht glorifiziert. Jede der Protagonistinnen hat Momente, in denen sie nicht alles richtig macht. Und das Leben jeder der Frauen wurde von Ansel beeinflusst. Das Zusammenspiel vieler Faktoren wird in diesem Roman sehr deutlich sowohl in Bezug auf die Entwicklung von einem kleinen Kind zu einem erwachsenen Serienmörder als auch darauf, wie eine einzelne Person die Leben von so vielen Menschen (negativ) beeinflussen bzw. zerstören kann.

Ich habe „Notizen zu einer Hinrichtung“ sehr gerne gelesen und kann die vielen positiven Stimmen zu dem Buch gut nachvollziehen. Absolut positiv finde ich die Rolle, die den getöteten Frauen zukommt. Sie bleiben nicht gesichtslos, sondern ihnen wird Raum gegeben. Es wird aufgezeigt, wie sie leben könnten, wenn sie ihrem Mörder nicht zufällig begegnet wären.