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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.05.2022

Nebel im Watt

Der Holländer
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Als Geeske Dobbenga zu ihrer letzten Patrouillenfahrt im Wattenmeer vor der Pensionierung aufbricht, ahnt sie noch nicht, dass diese ganz anders verläuft als gedacht. Statt einer entspannten Fahrt finden ...

Als Geeske Dobbenga zu ihrer letzten Patrouillenfahrt im Wattenmeer vor der Pensionierung aufbricht, ahnt sie noch nicht, dass diese ganz anders verläuft als gedacht. Statt einer entspannten Fahrt finden sie und ihre Crew einen Toten, den sie vor der Flut bergen. Zurück im Hafen beginnt ein Zuständigkeitskampf zwischen niederländischen und deutschen Behörden. Der geborgene Mann wurde genau auf der Grenze gefunden und war ein deutscher Extremwattwanderer. Von deutscher Seite wird ein Beamter geschickt, der an der Klärung des Falls arbeiten soll: Liewe Cupido, deutscher Bundespolizist, aufgewachsen auf der niederländischen Insel Texel. Er nutzt die Zeit während des Gerangels um Zuständigkeiten zum Ermitteln.

Mich haben an diesem in sehr ruhigem Ton geschriebenen Kriminalroman in erster Linie die Landschaftsbeschreibungen überzeugt. Obwohl ich mich mit detailreichen Ausschweifungen über Landschaft, Licht und Atmosphäre oftmals eher schwertue, haben mir diese in „Der Holländer“ gut gefallen. Ich konnte mir vor allem die zum Teil unbehagliche Stimmung im Watt sehr gut vorstellen.

Der Plot ist nachvollziehbar aufgebaut und das Thema des Wattwanderns und der Faszination daran ist gut rüberkommen. Die Personen habe ich alle als auf unterschiedliche Weise interessant empfunden. Mich hat der Roman von Mathijs Deen positiv überrascht und vollends überzeugt. Ich habe sicherlich schon spannendere Kriminalromane gelesen, dies ist für mich in diesem Fall aber kein negativer Kritikpunkt. Einen weiteren Fall mit Liewe Cupido würde ich mit Sicherheit auch lesen.

Der Roman ist allen zu empfehlen, die sich auf einen eher bedächtigen Kriminalroman mit detaillierten Landschaftsbeschreibungen einlassen wollen und können. Dann ist „Der Holländer“ meiner Meinung nach eine sehr lohnende Lektüre.

Veröffentlicht am 15.05.2022

Spannende Fortsetzung

Ein Präsident verschwindet
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Philipp Gerber ist Teil der Sicherungsgruppe Bonn und wird mitten in der Nacht zu einem geheimen Treffen mit Vertretern der nachkriegsdeutschen Sicherheitsbehörden und Bundeskanzler Konrad Adenauer geholt. ...

Philipp Gerber ist Teil der Sicherungsgruppe Bonn und wird mitten in der Nacht zu einem geheimen Treffen mit Vertretern der nachkriegsdeutschen Sicherheitsbehörden und Bundeskanzler Konrad Adenauer geholt. Der Verfassungsschutzpräsident Otto John ist verschwunden und in Ost-Berlin wieder aufgetaucht. Besonders brisant für Philipp: Seine Freundin Eva, ebenfalls verschwunden, wurde mit Otto John in Ost-Berlin gesichtet. Nun soll Philipp gemeinsam mit der Organisation Gehlen und der West-Berliner Polizei herausfinden, was es mit dem Verschwinden Otto Johns auf sich hat und ob es Möglichkeiten gibt, ihn zurückzuholen. Dazu begibt er sich nach West-Berlin, auch angetrieben von vielen Fragen bezüglich Evas Rolle in der Affäre.

Ich habe schon den ersten Teil um Philipp Gerber sehr gern gelesen. Auch im zweiten Fall habe ich sehr viel über den westdeutschen Sicherheitsapparat der 50-er Jahre erfahren und gelernt. Besonders interessant ist die Tatsache, dass Otto Johns Verschwinden tatsächlich passiert ist und zu einem der ersten Skandale der BRD gehört.

Ralf Langroth schreibt ruhig und erzeugt auf diese Weise Spannung ab der ersten Seite. Ich finde Philipp Gerber als Protagonisten sehr spannend und interessant. Erneut beeindruckt hat mich, wie Ralf Langroth die politischen, gesellschaftlichen und sicherheitsrelevanten Prozesse der BRD und diesmal auch zum Teil der DDR den Lesenden näherbringt, ohne das Gefühl einer Geschichtsstunde zu vermitteln. Ihm gelingt es, historische Fakten und Entwicklungen mit dem spannenden Plot und den interessanten Personen des Romans zu verbinden.

Auf den dritten Teil der Reihe bin ich schon sehr gespannt und kann den Thriller allen empfehlen, die sich auf Zeitreise in die 50er-Jahre begeben und gleichzeitig spannend unterhalten werden mögen.

Veröffentlicht am 02.05.2022

Guter dritter Teil

Nordwestnacht
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In St. Peter – Ording finden Dreharbeiten zu einer Krimiserie statt. Der junge Polizist Nils darf dem Filmteam als Berater zur Seite stehen. Dabei verknallt er sich in die junge Hauptdarstellerin Julia. ...

In St. Peter – Ording finden Dreharbeiten zu einer Krimiserie statt. Der junge Polizist Nils darf dem Filmteam als Berater zur Seite stehen. Dabei verknallt er sich in die junge Hauptdarstellerin Julia. Als Nils zufällig ein Blatt Papier mit einer Drohung in Julias Ferienhaus entdeckt, beginnt er, sich Sorgen zu machen. Dann wird am Strand ein Mitglied der Filmcrew ermordet aufgefunden und da Julia auch nach dem Wochenende nicht wieder aufgetaucht ist, müssen Anna Wagner und Hendrik Norberg tätig werden… Nils stürzt sich mit besonderem Ehrgeiz in die Ermittlungen.

Während ich bei anderen Krimis oft finde, dass das Privatleben der ErmittlerInnen zu viel Raum einnimmt, ging mir das bei diesem Krimi überhaupt nicht so. Die ProtagonistInnen werden über die drei bisher erschienenen Krimis realistisch weiterentwickelt und ich werde sicherlich auch einen vierten Teil der Reihe um Anna und Hendrik lesen. Ganz nebenbei habe ich bei den Krimis immer das Bedürfnis, der Nordsee bald wieder einen Besuch abzustatten.

Der Plot ist interessant und hat mich im Nachhinein weiter beschäftigt und zum Nachdenken gebracht. Der Spannungsaufbau hat mir ebenfalls gut gefallen. Ich fand allerdings etwas schade, dass schon recht früh klar war, wer vermutlich der Täter sein könnte.

Insgesamt ist „Nordwestnacht“ ein solider Regionalkrimi, der sich sehr gut lesen lässt und spannend ist. Für Regionalkrimifans ist der dritte Teil der Reihe auf jeden Fall zu empfehlen.

Veröffentlicht am 29.03.2022

Interessanter Roman

Butter
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Rika ist Journalistin und hat sich in den Kopf gesetzt, ein Interview mit der auf ihren Prozess wartenden mutmaßlichen Mörderin Manako Kajii zu führen. Die Frau wird beschuldigt, Männer, mit denen sie ...

Rika ist Journalistin und hat sich in den Kopf gesetzt, ein Interview mit der auf ihren Prozess wartenden mutmaßlichen Mörderin Manako Kajii zu führen. Die Frau wird beschuldigt, Männer, mit denen sie eine Beziehung eingegangen war, umgebracht zu haben. Manako als Person und ihr Prozess erregen große mediale und gesellschaftliche Aufmerksamkeit, u.a. weil Manako als Genussmensch und leidenschaftliche Köchin polarisiert. Manako Kajii hat bisher jedoch jede Interviewanfrage abgelehnt. Erst als sich Rika mit einer Frage nach einem Kochrezept an sie wendet, erklärt sich Manako bereit, Rika zu empfangen. Es entspinnt sich ein psychologisches Vabanquespiel zwischen Manako und Rika, die Manakos Koch- und Genussleidenschaft nachempfinden zu versucht. Rika beginnt sich und ihr Leben zu hinterfragen und verändert auch in ihrem Umfeld die Denkweisen.

Ich bin etwas zwiegespalten, was Spannungsaufbau und Schreibstil betrifft. Ich habe mich bis etwa Mitte des Romans eher schwergetan und die Geschichte zum Teil als abschweifend und verwirrend empfunden, z.B. wenn es um den Geschmack und das Erleben von Butter geht. Ab ca. der Hälfte hat mich der Roman dann deutlich mehr überzeugt, auf einmal fand ich die Geschichte deutlich spannender und habe mich auf die weiteren Kapitel gefreut. Möglicherweise haben auch die verhältnismäßig langen Kapitel zu den Brüchen im Buch beigetragen, da ich es zu einer Zeit begonnen habe, in der ich nur für ein Kapitel am Stück Zeit hatte. Den Sprachstil finde ich schön, wenn auch etwas anspruchsvoller.

Interessant sind vor allem auch die Beschreibungen und auch die Kritik einiger Protagonist:innen bezogen auf das Rollenbild der Frau, die Definition von Schönheit und generell den Ansprüchen der Gesellschaft an jedes Individuum. Generell hat der Roman eine kritische Perspektive auf das Geschehen und die Frage, wie Beziehungen von Frauen zu Männern aussehen sollten, sodass das Geschriebene zum Nachdenken anregt.

Insgesamt würde ich „Butter“ allen empfehlen, die sich auf den Roman einlassen mögen und etwas sprunghafte Wechsel aushalten können. Ich würde allerdings dazu raten, den Roman dann zu lesen, wenn Zeit für mehrere Kapitel am Stück vorhanden ist.

Veröffentlicht am 28.03.2022

Lesehighlight

Chopinhof-Blues
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Katja lebt in Berlin und arbeitet im Bereich Recruiting in einer Bank. Sie ist immer gestresst und hat kaum Zeit für sich. Immer wieder fährt sie aber zu ihrem Bruder nach Wien, um ihn nach den vielen ...

Katja lebt in Berlin und arbeitet im Bereich Recruiting in einer Bank. Sie ist immer gestresst und hat kaum Zeit für sich. Immer wieder fährt sie aber zu ihrem Bruder nach Wien, um ihn nach den vielen Trennungen von verheirateten Frauen zu trösten. Ihre schwierige Kindheit schweißt sie zusammen.
Adam ist vor einigen Jahren mit seiner Frau Aniko von Budapest nach Wien gezogen und ist nun Maler. Er wünscht sich, mit Aniko eine Familie zu gründen, während sie noch nicht sicher ist. Seine Freizeit verbringt Adam mit seinem besten Freund Daniel und dessen kleinem Sohn, um den sich Adam gerne kümmert.
Esra kehrt verletzt und traumatisiert von ihrer Recherche für eine Reportage aus San Pedro Sula in Honduras zurück nach Wien. Dort trifft sie auf ihre Untermieterin Magda und versucht, sich von den Albträumen, Sorgen und kreisenden Gedanken abzulenken.

Anna Silber gelingt es auf ruhige Art und Weise die Geschichten, Wünsche und Verletzungen der Protagonist:innen lebendig werden zu lassen. Sie schreibt mit einer ungewöhnlichen Intensität, die ich gar nicht richtig beschreiben kann. Ihre Schreibweise hat mich von der ersten Seite an gefesselt und ich konnte mir die Charaktere sehr gut vorstellen und ihr Denken, Fühlen und Handeln nachvollziehen. Außerdem schafft es die Autorin, die Protagonist:innen langsam aufeinander zu zuführen, sodass die Zusammenhänge und Verquickungen der drei Erzählstränge mit der Zeit klarer werden. Besonders die Geschichten der beiden jungen Frauen Katja und Esra habe ich verschlungen. Die zwischen den Protagonist:innen wechselnden Kapitel haben die Spannung weiter erhöht.

Der Roman „Chopinhof-Blues“ von Anna Silber hat mich überrascht und in jeder Hinsicht sehr überzeugt. Ich werde mir den Namen der Autorin auf jeden Fall merken. Den Roman kann ich allen empfehlen, die sich auf eine ruhige, beschreibende Geschichte mit interessanten Charakteren einlassen mögen.