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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 28.03.2021

Fragmente

Genug
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In dem Roman „Genug“ geht es um eine junge Frau, die unter der psychischen Störung Anorexia nervosa leidet. Beschrieben wird ihre Entwicklung, vom Hineingleiten in die Störung bis zu den unterschiedlichen ...

In dem Roman „Genug“ geht es um eine junge Frau, die unter der psychischen Störung Anorexia nervosa leidet. Beschrieben wird ihre Entwicklung, vom Hineingleiten in die Störung bis zu den unterschiedlichen Therapien.

Aufgebaut ist der Roman sehr ungewöhnlich. Die Abschnitte scheinen nicht immer inhaltlich zusammenzuhängen, es sind manchmal nur kurze Gedanken oder schriftlich festgehaltene Fragmente und Erinnerungen an die Kindheit. Zwischendurch gibt es Arztberichte oder -protokolle, die sehr nüchtern den Zustand und die Kämpfe der Patientin mit sich und der Behandlung beschreiben. Zusammengehalten werden die Abschnitte durch die Sprache, die je nach Inhalt angepasst ist. Mal etwas derber, dann wieder philosophisch intellektuell oder sachlich in den Berichten des Sozialdienstes oder der Ärzte und Therapeuten. Viele Abschnitte lassen sich flüssig herunterlesen, bei anderen bin ich hängengeblieben und habe sie mehrmals gelesen. Manchmal aufgrund des berührenden Inhalts, manchmal aufgrund der sprachlichen Mittel.

Das Werk, das Louise Juhl Dalsgaard geschaffen hat, ist voll von Poesie. Es ist absolut ungewöhnlich und hat mich zugegebenermaßen etwas ratlos zurückgelassen. Ich habe es als ein Lesen zwischen den Extremen empfunden. Manchmal konnte ich mich sehr gut in die Protagonistin hineinversetzen und habe ihre Gedanken als sehr nachvollziehbar wahrgenommen, in anderen Abschnitten war sie mir ein einziges Rätsel. Auch sprachlich habe ich einige Abschnitte als großartig empfunden, mit anderen bin ich überhaupt nicht zurechtgekommen. Generell würde ich mein Empfinden beim Lesen als ambivalent beschreiben, meistens aber als positiv ambivalent. Einige Fragen sind für mich am Ende offen geblieben, ob das schlimm oder ein negativer Kritikpunkt ist, kann ich gar nicht wirklich sagen.

Abschließend möchte ich festhalten, dass „Genug“ ein ungewöhnlicher Roman ist, dessen Inhalt auch nach Zuklappen des Buches lange nachhallt.

Veröffentlicht am 06.03.2021

Spannender Auftakt der Trilogie

Trauma – Kein Entkommen
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In München wird ein ertrunkener Mann in einem See gefunden. Weder die Rechtsmedizin noch die kriminaltechnische Untersuchung kommt zu dem Schluss, dass der Tod durch Fremdeinwirkung eingetreten ist. Die ...

In München wird ein ertrunkener Mann in einem See gefunden. Weder die Rechtsmedizin noch die kriminaltechnische Untersuchung kommt zu dem Schluss, dass der Tod durch Fremdeinwirkung eingetreten ist. Die ermittelnde Beamtin Katja Sand und ihr Kollege Dorfmüller gehen trotzdem von einem Mord aus. Als es einen zweiten Todesfall gibt und die Ermittlungen voranschreiten, werden sie von höherer Stelle ausgebremst. Besonders Katja beißt sich an dem Fall fest und ist durch Argumente kaum aufzuhalten.

Neben den Ermittlungen geht es auch zu einem nicht geringen Anteil um die Protagonistin Katja Sand, insbesondere liegt der Fokus auf ihrer Beziehung zu ihrer Tochter und Mutter und dem Trauma, das sie erlebt hat. Auch nach Abschluss des Buches ist nicht klar, was Katja Sand vor der Geburt ihrer Tochter widerfahren ist, das ihr Leben und ihre Lebensentscheidungen so stark beeinflusst hat. Allein deshalb werde ich die beiden kommen Bände der Trilogie sicher lesen. Trotzdem war mir der Anteil rund um das Privatleben der Kommissarin etwas zu groß und dramatisch, ohne dass ich den Charakter wirklich fassen konnte.

Generell beschäftigt sich der Roman viel mit psychologischen Traumata, mit denen der Opfer, des Täters und eben auch dem der Ermittlerin. Christoph Wortberg gelingt es geschickt, viele Informationen zu der Thematik in die Handlung einfließen zu lassen, sodass dies nicht etwa der Spannung Abbruch getan, sondern im Gegenteil sogar Spannung erzeugt hat.
Sprachlich lässt sich der Thriller sehr gut lesen, mich hat er durchgängig gefesselt. Ganz überraschend kamen einige Wendungen für mich jedoch leider nicht. Die Protagonisten bekommen viel Raum. Besonders intensiv sind die Einschübe aus der frühen Kindheit des Täters, die sehr eindrücklich die Traumatisierungen eines Kleinkindes schildern.

„Trauma – Kein Entkommen“ ist der solide Auftakt zu einer Trilogie um eine Protagonistin mit Ecken und Kanten.

Veröffentlicht am 31.01.2021

Sehr bedrohliches Zukunftsszenario

2,5 Grad - Morgen stirbt die Welt
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Leela ist von ihrem Freund Jakob schwanger, der als Glaziologe auf einer Forschungsstation in der Arktis arbeitet. Kurz bevor er bei der Havarie der Forschungsstation ums Leben kommt, schickt er Leela ...

Leela ist von ihrem Freund Jakob schwanger, der als Glaziologe auf einer Forschungsstation in der Arktis arbeitet. Kurz bevor er bei der Havarie der Forschungsstation ums Leben kommt, schickt er Leela geheime und hochbrisante Dokumente, die den Einfluss von Großkonzernen auf politische Entscheidungen beweisen. Sie beschließt, Jakobs Kampf gegen die voranschreitende Klimakatastrophe und den Einfluss der übermächtigen Wirtschaftsunternehmen fortzuführen.

In „2,5 Grad“ werden die Auswirkungen der Klimakatastrophe in einer sehr nahen Zukunft sehr eindrücklich und auch bedrohlich beschrieben. Norddeutschland ist überflutet, die Permafrostböden in der Arktis und in Sibirien schmelzen in einem rasanten Tempo und riesige Gebiete in Australien stehen in Flammen. Viele Regionen der Welt sind nicht mehr zu retten, Millionen Menschen obdachlos und auf der Flucht vor den Naturgewalten.

Noah Richters flüssiger Schreibstil hat mir gut gefallen. Der 450-Seiten umfassende Roman entwickelt sich langsam, zum Ende hin nimmt er deutlich an Fahrt auf. Es gibt einige Handlungsstränge, die für mich lange Zeit noch nicht recht zusammenzuführen waren. Vielleicht sind es ein bis zwei Handlungsstränge zu viel, obwohl diese für sich durchaus interessant waren. Trotzdem habe ich es zwischenzeitlich als etwas zu viel und der Spannung abträglich empfunden. Auch sind mir leider einige Szenen unlogisch vorgekommen, auch die Entwicklung der Protagonistin Leela war für mich nicht immer ganz nachvollziehbar. Die Verflechtungen der vielen Akteure sind auf der einen Seite komplex, auf der anderen Seite wirken sie als etwas zu stark vereinfacht.

Insgesamt hat „2,5 Grad“ bei mir ein sehr ungutes Gefühl hinterlassen. In diesem Fall ist das aber wohl eher positiv zu sehen, da es dem Autor gelungen ist, die (auch unmittelbare) Bedrohlichkeit der Klimakatastrophe intensiv darzustellen. Nach einigen Längen zu Beginn hat der Roman durchaus Spannung und Fahrt entwickelt. Dennoch glaube ich, dass in und mit dem Roman zu viel Inhalt verpackt und dadurch ein bisschen Tiefe verschenkt wurde.

Veröffentlicht am 31.01.2021

Sam ist Sam

Sprich mit mir
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Die Studentin Aimee sieht in einer Fernsehshow den Schimpansen Sam, der mittels Gebärdensprache mit dem an ihrer Universität arbeitenden Professor Guy Schemerhorn kommunizieren kann. Kurz darauf stößt ...

Die Studentin Aimee sieht in einer Fernsehshow den Schimpansen Sam, der mittels Gebärdensprache mit dem an ihrer Universität arbeitenden Professor Guy Schemerhorn kommunizieren kann. Kurz darauf stößt sie auf eine Stellenanzeige von Guy Schemerhorn, der eine Betreuungsperson für Sam sucht. Die sehr zurückhaltende Aimee bekommt den Job und entwickelt eine innige Beziehung zu dem Schimpansen. Als das Projekt gestoppt und Sam auf eine Schimpansenfarm verfrachtet wird, beschließt Aimee zu handeln.

Ich habe Aimee als sehr spannenden Charakter empfunden, die sich im Laufe des Buches in meinen Augen stark entwickelt. Obwohl die Veränderung doch deutlich und radikal war, habe ich sie als nachvollziehbar und authentisch empfunden. Die Geschichte wird aus drei Perspektiven erzählt, der von Aimee, von Guy und von Sam. Der Wechsel der Perspektiven und auch die Überschneidungen, die die unterschiedlichen Sichtweisen verdeutlichen, sind ein wirksames Stilmittel. Auch die kurzen Kapitel aus Sams Sicht sind gut gemacht, da sich die Sprache stark abhebt und Sams Individualität deutlich wird.

Der Roman befasst sich mit den großen Fragen, was Bewusstsein, Persönlichkeit, Sprache und Individualität ist und inwieweit bzw. ob nicht menschliche Primaten über entsprechende Fähigkeiten und Eigenschaften verfügen können. Neben diesen philosophisch und psychologisch geprägten Fragen geht es in dem Roman aber auch darum, wie der wissenschaftliche und universitäre Betrieb läuft und welche Prozesse bestimmte Handlungsweisen fördern.

Als schwer zu ertragen habe ich die Passagen empfunden, in denen die Bedingungen auf der Schimpansenfarm und der Umgang mit den Menschenaffen dort geschildert wurden. Auch der Verweis darauf, auf welche Art und Weise Lebewesen für Experimente und Medikamentenversuche benutzt werden, hat mich betroffen gemacht.

Insgesamt habe ich „Sprich mit mir“ sehr gerne gelesen. Der Roman regt zum Nachdenken an und behandelt ein spannendes, aber auch komplexes Thema. T.C. Boyle ist es gelungen, sich diesem Thema mit einer interessanten Protagonistin zu nähern und hat so einen schönen Roman geschaffen. Auch der Schluss ist realistisch und authentisch geblieben und nicht in ein, zu dem Roman eigentlich nicht passenden, Happy End gedriftet.

Veröffentlicht am 08.01.2021

Spannender und gut geschriebener Roman mit für mich zu starkem Bibelbezug

Erinnerungen aus Glas
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Ich finde es schwierig diesen Roman zu rezensieren, da ich mich persönlich ab der Hälfte des Buches sehr schwergetan habe, obwohl mir die Geschichte und auch der Schreibstil gefallen haben.

In „Erinnerungen ...

Ich finde es schwierig diesen Roman zu rezensieren, da ich mich persönlich ab der Hälfte des Buches sehr schwergetan habe, obwohl mir die Geschichte und auch der Schreibstil gefallen haben.

In „Erinnerungen aus Glas“ gibt es zwei Zeitstränge, der eine spielt in der heutigen Zeit und wird aus der Sicht der jungen US-Amerikanerin Ava erzählt und dann gibt es Kapitel, die sich mit den Erlebnissen der beiden Frauen Josie und Eliese während des zweiten Weltkrieges in den Niederlanden befassen.

Ava wurde von der sehr reichen Familie ihrer Mutter nach deren Tod aufgenommen und so arbeitet sie nach dem Studium für die Familienstiftung, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, wohltätige Projekte und Organisationen finanziell zu unterstützen. Um Förderanträge zu prüfen, fliegt Ava nach Uganda und lernt dort Landon kennen, der gemeinsam mit seiner Schwester eine Kaffeeplantage und ein Waisenhaus aufgebaut hat und den Kaffee in Cafes in den USA vertreibt. Zeitgleich stößt Ava auf Ungereimtheiten im Lebenslauf ihres Urgroßvaters, auf dessen Geschäften das heutige Vermögen der Familie beruht.

In den historischen Kapiteln wird die Geschichte von Eliese, einer jüdischen Frau, die als Registrierungskraft für die Nazis in Amsterdam arbeiten muss und Josie, die für ihren Bruder im Widerstand Briefe von A nach B bringt, erzählt. Josie arbeitet in der Kinderkrippe gegenüber dem Theater, in dem viele niederländische Juden registriert und dann in Lager gebracht werden. So kreuzen sich die Wege der beiden Jugendfreundinnen wieder und gemeinsam versuchen sie viele der Kinder, die registriert werden sollen, zu retten.

Ich habe den Beginn des Romans sehr gerne gelesen, der Schreibstil ist schön und die Geschichte fesselnd und lehrreich. Stück für Stück wurde es mir aber leider zu viel Bezugnahme auf die Bibel, Gott und Jesus. Das ist für mich persönlich schwierig, mag aber für andere LeserInnen überhaupt kein Kriterium sein. Mir ist dies vielleicht etwas zu fremd, wodurch ich zeitweise auch einige Charaktere als weniger überzeugend und authentisch empfunden habe. Vielleicht ist es mir mit der Zeit auch etwas zu viel an zufälligen Begegnungen und Verflechtungen geworden. Am Rande taucht noch der Begriff „Missionsarbeit“ auf, die von Landons Organisation betrieben wird. Leider wurde dieser Bereich nicht weiter ausgeführt und blieb für mich unspezifisch. Entsprechend hatte ich, was diese Passagen anbelangt, nach der Lektüre einige ungeklärte Fragen.

Für alle, die Romane mit religiöser Prägung mögen, ist „Erinnerungen aus Glas“ ein schöner, sehr spannender und fesselnder Roman. Ich empfinde es als schade, dass ich den Roman nicht mehr so gerne weiterlesen mochte wie auf den ersten 150 Seiten. Dennoch möchte ich festhalten, dass die Geschichte nachvollziehbar aufgebaut und sehr schön lesbar und spannend geschrieben ist. Der Schreibstil der Autorin zieht durchaus in den Bann. Ich vergebe aufgrund meiner persönlichen Vorbehalte 3,5 Sterne.