Profilbild von melange

melange

Lesejury Star
online

melange ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit melange über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 16.01.2021

Fluchtpläne

Der Tausch – Zwei Frauen. Zwei Tickets. Und nur ein Ausweg.
0

Zum Inhalt:
Claire leidet unter ihrem Gatten: Der einflussreiche und beliebte Politiker schlägt und kontrolliert seine Frau. Sie fasst den Plan, ihn zu verlassen und der Zufall spielt ihr in die Hände: ...

Zum Inhalt:
Claire leidet unter ihrem Gatten: Der einflussreiche und beliebte Politiker schlägt und kontrolliert seine Frau. Sie fasst den Plan, ihn zu verlassen und der Zufall spielt ihr in die Hände: Als Claire auf den Flieger nach Puerto Rico wartet, bietet Eva ihr einen Rollentausch an. Die beiden wechseln Pässe und Flugzeug, welches Eva nicht zu besteigen gedenkt. Denn auch sie hütet ein Geheimnis. Als der Flieger abstürzt und alle Insassen sterben zieht sich Claire in Evas Haus zurück, - nicht ahnend, wie lebensgefährlich diese Tat sein könnte.

Mein Eindruck:
Julie Clark erzählt ihre Geschichte für die beiden Haupt-Personen auf unterschiedlichen Zeitebenen: Während Claires Taten in der Gegenwart spielen und höchstens Gedanken an die Vergangenheit einfließen, beginnt Evas Part etwa ein halbes Jahr vor dem Tausch. Ein absolut eingängiger und bildhafter Schreibstil fesselt die Leser/innen an die Story, die durch diese Konstruktion der Zeiten in jedem Teilstück mit den Figuren fiebern. Es gelingt der Autorin dabei, für beide Protagonistinnen Sympathien aufzubauen, obwohl weder Vita noch Verhalten Evas es für die Leserschaft leicht machen. Allerdings stört ein bisschen die geschlechtsspezifische Eindimensionalität: Die Frauenfiguren sind alle zielgerichtet, intelligent, zumeist integer und – wenn sie Schwächen zeigen – ziehen sich selbst und höchstens mit weiblicher Hilfe aus dem Sumpf. Die männlichen Charaktere lügen, betrügen, manipulieren und misshandeln Frauen.
Doch „Der Tausch“ ist spannend, lässt hoffen und bangen und spielt mit den Erwartungen an die Auflösung. Das diese sich gewaschen hat, verschafft der Bewertung der Geschichte einen Extra-Pluspunkt.

Mein Fazit:
Eine gute Story, brillant und gewitzt erzählt, jedoch mit einem Hang zum Männer-Bashing

Veröffentlicht am 10.01.2021

Ein Goldkäfer im Insekteneinerlei

Miss Bensons Reise
0

Zum Inhalt:
Miss Benson beschließt nach einem einschneidenden Erlebnis, dass es an der Zeit ist, endlich in Neukaledonien nach dem Käfer zu forschen, über den ihr Vater am Tage seines Selbstmordes geredet ...

Zum Inhalt:
Miss Benson beschließt nach einem einschneidenden Erlebnis, dass es an der Zeit ist, endlich in Neukaledonien nach dem Käfer zu forschen, über den ihr Vater am Tage seines Selbstmordes geredet hat. Sie sucht nach einer Begleitung – Miss Benson spricht kein Französisch – und findet Enid Pretty, mysteriöse Sexbombe mit Köfferchen, aber ohne Ausweis. Gemeinsam gehen die Damen auf ein großes Abenteuer, um ihre Berufung zu finden.

Mein Eindruck:
Klappentext und farbenfroher Einband suggerieren, dass Miss Bensons Reise vor allen Dingen humorvolle Begebenheiten beinhaltet; dieser Eindruck stellt sich jedoch schnell als falsch heraus. Zwar gibt es – vor allen Dingen durch die unterschiedlichen Persönlichkeiten, die aufeinanderprallen (und dabei sind nicht nur Miss Benson und Enid gemeint) – durchaus komische Passagen, zumeist bleibt einem jedoch an vielen Stellen das Lachen im Halse stecken. Denn die Ereignisse sind oft dramatisch und teilweise lebensgefährlich. Verzweiflung ist ebenso ein Begleiter wie Todesangst, Scham und Wahnsinn.
Trotzdem ist das Buch Unterhaltung und diese von einem sehr hohen Niveau. Joyce besitzt die Fähigkeit, eine Geschichte zu erzählen, die einen packt, schüttelt und nicht wieder loslässt. Denn seiner Berufung muss man folgen, - ob man will oder nicht. Und manchmal ist diese Berufung, ein sehr kurzweiliges Buch zu lesen, unter Tränen zu lachen und ein Ende gleichzeitig herbeizusehnen und zu fürchten.

Mein Fazit:
Literatur, wie sie sein sollte

Veröffentlicht am 30.12.2020

Die Geister mögen das nicht

Hinter diesen Türen
0

Zum Inhalt:
Eine junge Frau schreibt an einen Rechtsanwalt, weil sie zu Unrecht des Mordes an einem Kind beschuldigt wird. Sie wurde als Kindermädchen von einem reichen Architektenpaar für deren vier Töchter ...

Zum Inhalt:
Eine junge Frau schreibt an einen Rechtsanwalt, weil sie zu Unrecht des Mordes an einem Kind beschuldigt wird. Sie wurde als Kindermädchen von einem reichen Architektenpaar für deren vier Töchter engagiert, welches sich in der schottischen Einöde ein Traumhaus mit Smart-Steuerung gebaut hat. Ein wunderbarer Job mit einem exorbitanten Gehalt. Seltsam nur, dass die Vorgängerinnen so schnell das Handtuch geworfen haben. Und dann passieren auch ihr unerklärliche Dinge und die Kinder verhalten sich äußerst merkwürdig und teilen ihr mit „Die Geister mögen das nicht“.

Mein Eindruck:
Ruth Ware hat bis ein paar Seiten vor Schluss eine wunderbar spannende Geschichte entwickelt, die man nicht aus der Hand zu nehmen vermag. Sie baut interessante Wendungen ein, die Angst der Protagonistin ist spürbar, die Leser/innen wünschen sich, dass der angeschriebene Star-Anwalt der Delinquentin zu ihrem Recht verhilft.
Doch dann überrascht die Autorin mit einem Schluss, der einen absolut sprachlos vor diesem Ende sitzen lässt. Und dadurch setzt das Gehirn wieder ein und man denkt sich: Warum verhalten sich sämtliche Erwachsenen entweder selten dämlich oder so undurchsichtig wie in einem Daphne du Maurier Thriller? Und ist es wirklich möglich, in einem so ausdifferenziert überwachten Haus die Taten auszuführen, die zu den dauernden Kindermädchen-Wechseln, zur Traumatisierung der Kinder und letztendlich zum Tod des Mädchens geführt haben? Nein, ist es nicht und das führt die ganze, konstruierte Geschichte letztendlich ad Absurdum. Wohlgemerkt, - wäre das Ende nicht so hanebüchen und unbefriedigend, würde man einfach über diese Umstände hinwegsehen, denn Ruth Ware schreibt eindringlich und nimmt einen dadurch gefangen. Aber so bleiben nur 3 von 5 Sternen für eine grandiose Enttäuschung zum Schluss.

Mein Fazit:
Als Tiger gesprungen, um als Bettvorleger zu enden

Veröffentlicht am 27.12.2020

Packend

Böses Blut
0

Zum Inhalt:
Cormoran Strike bekommt es mit einem Fall zu tun, der 40 Jahre alt ist. Damals verschwand die Mutter seiner Klientin und er hat ein Jahr Zeit, dieses Verschwinden aufzuklären. Währenddessen ...

Zum Inhalt:
Cormoran Strike bekommt es mit einem Fall zu tun, der 40 Jahre alt ist. Damals verschwand die Mutter seiner Klientin und er hat ein Jahr Zeit, dieses Verschwinden aufzuklären. Währenddessen läuft die Detektei, die er gemeinsam mit seiner Partnerin Robin betreibt, so gut, dass es eine Warteliste gibt. Einzig sein Verhältnis zu Robin bleibt kompliziert, denn beide fühlen sich zueinander hingezogen, befürchten jedoch, ihre Freundschaft über ein mögliches Verhältnis zu verlieren.

Mein Eindruck:
„Böses Blut“ ist bereits der fünfte Band um Cormoran Strike und seine Detektei und auch wenn es - wegen der Entwicklung der Charaktere und ihrer Beziehung zueinander – geschickter wäre, die Bände in der richtigen Reihenfolge zu lesen, ist dieser Krimi ein eigenständiges Buch mit abgeschlossener Geschichte.
Die Autorin hat schon mit ihrer Saga um einen jungen Zauberer bewiesen, dass sie erzählen kann, - auch die reale Welt mit erwachsenen Charakteren bespielt sie mit ihrer Kunst aus dem Effeff. Und noch etwas gelingt ihr mühelos: Die Zeit der 70er Jahre im Rückblick lebendig werden zu lassen und den Bogen in die heutige Zeit zu spannen. Trotz vieler Buchseiten wird die Geschichte nie langweilig, denn um den Cold Case herum läuft die Detektei mit anderen Fällen und auch das Privatleben der beiden Hauptpersonen entwickelt sich weiter. Dabei verleitet insbesondere eine Sache durch eine gewisse Pikanterie zum schelmischen Grinsen nach Art von Monty Python: Während momentan viele Künstler ihre politische Korrektheit fast wie eine Monstranz vor sich her tragen, ist ausgerechnet die gerade arg zerzauste Rowling in der Lage, einen MeToo-Moment absolut glaubhaft, lebensecht und mit Verve einzubauen, ohne dass es belehrend und künstlich wirkt.
Die Aufklärung des Hauptfalls bietet wie gewohnt gute Detektivarbeit mit alten Bekannten und neuen Gesichtern. Den Täter könnte der gewiefte Leser überführen, sein Motiv ist dafür unüblich und gefällt damit umso mehr.
„Böses Blut“ erhält damit eine uneingeschränkte Leseempfehlung.

Mein Fazit:
Krimiunterhaltung auf ganz hohem Niveau

Veröffentlicht am 23.12.2020

Intelligent und spannend

Mädchengrab
0

Zum Inhalt:
Nach vielen Jahren wird das Skelett von Jasmine entdeckt. Deren Großmutter engagiert die Ex-Polizistin Angie Pallorino, damit diese offene Fragen zum Tod der jungen Frau klärt. Dabei stößt ...

Zum Inhalt:
Nach vielen Jahren wird das Skelett von Jasmine entdeckt. Deren Großmutter engagiert die Ex-Polizistin Angie Pallorino, damit diese offene Fragen zum Tod der jungen Frau klärt. Dabei stößt Angie in ein Wespennest und gerät bald selbst in große Gefahr.

Mein Eindruck:
"Mädchengrab" ist der dritte Band um Angie Pallorino, kann aber ohne Probleme als alleinstehender Thriller gelesen werden. Die Autorin gibt nicht nur Rückblicke auf die Geschichte ihrer Protagonistin, sie bettet diese so geschickt in das neue Buch, dass keine Frage offen bleibt. Zudem hat zwar auch diese Ermittlerin die von vielen Schriftstellern gern genommenen Probleme; Angies Erfinderin rüstet sie jedoch mit genügend Willensstärke und Charakter aus, so dass die Hoffnung auf Überwindung derselben auf fruchtbaren Boden fällt.
Überhaupt die Figuren: Wunderbar beschrieben, mit Tiefe und Background selbst für Nebencharaktere. Dadurch wirken sie lebensecht und man kann sich gut in sie einfühlen. Zwar zitiert White ein wenig oft Filme und es gibt ein paar doch sehr unrealistische und übermenschliche Sequenzen, aber bei einer fiktionalen Geschichte darf das dann auch einmal sein.
White hat ein Händchen für die Beschreibung von Gefühlen und Stimmungen und verwebt in den laufenden Fall eine übergreifende Klammer, - so füttert sie ihre Leserschaft subtil auf das nächste Buch an, ohne mit einem boshaften Cliffhanger zu verärgern.

Mein Fazit:
Man zittert gerne mit