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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 05.05.2017

eine tolle autobiografie

Dschungelkind
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Anfangs habe ich den Eindruck, diese Autobiographie ist noch nicht fertiggeschrieben. Die Autorin befindet sich noch mitten in dem schmerzvollen Prozess der Selbstfindung, schreibt das Buch, um diesem ...

Anfangs habe ich den Eindruck, diese Autobiographie ist noch nicht fertiggeschrieben. Die Autorin befindet sich noch mitten in dem schmerzvollen Prozess der Selbstfindung, schreibt das Buch, um diesem Ziel näherzukommen. Auch das macht es so ehrlich.

Sabine Kuegler wuchs im Dschungel von West-Papua auf. Der Vater brachte den Kindern als Abendgebet den 91. Psalm bei. "Wer unter dem Schirm des Höchsten sitzt..." Diesen Schutz hatten sie auch nötig. Und doch schreibt sie: "Für mich birgt diese Zivilisation mehr Risiken als das Leben im Dschungel."

Spannend wie ein Piratenroman liest sich der Expeditionsbericht über die Suche ihres Vaters nach dem neuentdeckten und gefährlichen Stamm der Fayu. Nachdem diese erlaubt haben, dass er bei ihnen lebt, um ihre Sprache zu lernen, holt er die Familie nach. Die Kinder wachsen nun in einer faszinierenden Paradieswelt auf und lernen den Urwald mit all seinen Gefahren und Schönheiten kennen. Wie selbstverständlich steht das kleine Mädchen eines Tages völlig furchtlos mitten im heftigsten Gewitterregen, weil sie sich so über die beginnende Regenzeit freut. Und doch ist die heile Urwald-Welt nicht wirklich heil. Es gibt Kannibalismus und, was noch schlimmer ist, eine gnadenlose Blutrachetradition. Und mittendrin eine weiße Familie, auf neutralem Boden zwischen den verfeindeten Stämmen, die mit all dem nichts zu tun hat und vielleicht gerade deswegen von den Eingeborenen willkommen geheißen wird. Und hier scheint den Deutschen episch zu gelingen, was so oft von Missionaren versucht wurde und so oft nach hinten losging: ein Segen zu sein. Die traumatisierten, verängstigten Fayu-Kinder lernen von den weißen Kindern Spielen, Lachen.

"Wenn du mithilfst, einen Iyarike zu töten, um meinen Sohn zu rächen, werde ich dir meine Tochter zur Frau geben." Doch zum Erstaunen aller Anwesenden lehnte Nakire ab. Er sagte zum Häuptling, dass er nicht mehr töten wolle, sondern nach der guten Botschaft des weißen Mannes handeln.

Dieser weiße Mann ist Sabine Kueglers Vater. Nach all dem, was verfehlte Missionierung unter den Naturvölkern unserer Welt schon angerichtet hat, liest sich das hier wie ein Märchen. Das Märchen ist wahr. Wenn die Familie Kuegler im West-Papuanesischen Busch irgendetwas konsequent goldrichtig gemacht hat, dann dieses: "Wir haben den Fayu nie gesagt, was sie tun oder lassen sollten und welches Verhalten uns richtig erschien. Denn unsere Eltern hatten uns beigebracht, dass das beste Zeugnis unser eigenes Leben und unser Verhalten war, und nicht Worte, die aus unserem Mund kamen."

Als Sabines Vater eines Tages in Stil und Sprache der Fayu ein Trauerlied improvisiert, weil er seine Frau vermisst, die mit dem kranken Sohn in der Stadt ist, kommen die Fayu aus ihren Hütten und trösten ihn, indem sie mitsingen. Ich habe selten etwas Anrührenderes gelesen.

Es gibt eine Menge Gänsehautmomente in diesem Buch. Und auch der Nervenkitzel kommt nicht zu kurz. Denn ungefährlich ist er nicht, dieser Urwald. Man bekommt einen einmaligen Einblick in das Leben und die Gebräuche der Fayu. Und dann wieder diese Momentaufnahmen einer durchgeknallten deutschen Familie, die im Kanu über den Klihi-Fluss schippert und singt "Wer hat die Kokusnuss, wer hat die Kokusnuss geklaut..." Und mittendrin im Outdoor-survival-kit: die Bibel. Die plötzlich frappierend präzise Ratschläge bereithält. Wunder passieren mehr als einmal. So zum Beispiel im Kapitel "Vergeben lernen". Wappnet euch schon mal mit Taschentüchern, Freunde. Wenn ich nicht schon gläubig wär, dieses Buch hätte es garantiert geschafft... Aber keine Sorge, auch die Lachtränen kommen keinesfalls zu kurz.

Und doch ist es auch ein trauriges Buch, das von einem verlorenen Paradies handelt. Aber es ist auch ein hoffnungsvolles Buch, in dem es um wirkliches Friedenstiften geht. Am Ende ist es dann auch ein Selbstfindungsbuch einer Reisenden zwischen zwei Welten.

Abgrundtief traurig ist Sabines Abschied vom Urwald. Aber sie versteht es meisterhaft, sich und ihre Leser wirkungsvoll mit herrlichen humorvollen Alltagsschilderungen aus ihrem Schweizer Internatsleben zu trösten, unterbrochen und angereichert durch herzerwärmende Briefe ihrer Mutter, die regelmäßig aus dem Urwald berichtet. Doch dann kommt es kurz vor Ende des Buches nochmal knüppeldick. Unerwartet und heftig. Aber lest selbst...

Ein sehr, sehr starkes Buch, das starke Gefühle auslöst. Dringende Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 05.05.2017

spannend

5 Geschwister: Im mysteriösen Leuchtturm
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Die 5 Geschwister Marianne, Esther, Hans-Georg, Alexander und Petra haben bereits einen guten Ruf als kombinierstarke Juniordetektive. Daher werden sie zu einem einsamen Leuchtturm an der englischen Ostküste ...

Die 5 Geschwister Marianne, Esther, Hans-Georg, Alexander und Petra haben bereits einen guten Ruf als kombinierstarke Juniordetektive. Daher werden sie zu einem einsamen Leuchtturm an der englischen Ostküste gebeten, um die unheimlichen Vorgänge aufzuklären, die dort stattfinden. Bald nach ihrer Ankunft teilt sich die Gruppe auf; die einen versuchen, Recherchen an Land anzustellen, die anderen sollen mit dem Besitzer in dem spukenden Leuchtturm übernachten. Ob das so eine gute Idee war? Und wer ist die unheimliche Frau, die den Mädchen auf den Klippen begegnet? Es wird spannend.

Die fünf Detektive haben hohe ethische Grundsätze. Und lesen in der Bibel. Und das kommt gar nicht belehrend daher, sondern gehört bei ihnen einfach ganz natürlich zum Tagesablauf, wie die Butter aufs Brot. Dies ist jedenfalls die erste Detektivgeschichte, die ich lese, in der die Protagonisten einen Fall mit Gottes Hilfe lösen. Und das ganz unverblümt und ohne mit der Wimper zu zucken. Ich finde das gut. Es kommt sehr natürlich rüber. Und spannend ist es trotzdem.

Was den Erzählstil angeht, muss das Autorenduo zunächst noch ein bisschen warm werden. Anfangs findet sich gelegentlich zu viel Dramatik in der Ausdrucksweise, wo doch noch gar nichts passiert ("Sie zwang sich, die Kontrolle zurückzugewinnen", "Seine Träume wurden von Marianne jäh unterbrochen." etc.). Das gibt sich aber, sobald die Handlung spannend wird, und bald hat man die anfängliche Verlegenheitssteifheit vergessen. Wobei die Dialoge der Jugendlichen in wörtlicher Rede von Anfang an prima sind; sie wirken auf mich gut beobachtet und authentisch. Aber auch sonst sind die Autoren sprachlich in ihrem Element, sobald es im Leuchtturm drunter und drüber geht.

Ein kleines bisschen zu spoilernd waren für meinen Geschmack die Illustrationen - es hätte nicht geschadet, diese ein oder zwei Seiten weiter hinten abzudrucken, dann hätte man die Auflösung der Situation erst gelsesen, bevor man sie durch das Bild bestätigt bekommen hätte. Im Großen und Ganzen bin ich aber begeistert. Hier habe ich endlich mal ein spannendes Kinderbuch gefunden, das ich uneingeschränkt zum Verschenken empfehlen kann - und das werde ich sicher auch selber tun. Und - gut zu wissen, dass es noch mehr Bände der Reihe gibt...gelungen.

Veröffentlicht am 05.05.2017

bewegend

Wie man Riesen besiegt
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Jeder kennt die Geschichte von David und Goliath aus der Bibel. Oder hat zumindest schon mal dem Namen nach davon gehört. David ist ein Hirtenjunge, der nur mit einer einzigen Waffe richtig gut umgehen ...

Jeder kennt die Geschichte von David und Goliath aus der Bibel. Oder hat zumindest schon mal dem Namen nach davon gehört. David ist ein Hirtenjunge, der nur mit einer einzigen Waffe richtig gut umgehen kann: der Steinschleuder. Goliath ist eine beeindruckende Kampfmaschine, perfekt ausgebildet und trainiert, um zu töten. Das gesamte israelische Heer wird von ihm in Angst und Schrecken versetzt. Außer David; er tritt dem Riesen mutig entgegen und besiegt Goliath mit einem einzigen Stein aus seiner primitiven Schleuder.

Dass diese uralte Geschichte auch uns heute noch etwas zu sagen hat, und nicht nur das, sondern auch ganz praktisch bei der Bewältigung von Problemen helfen kann, zeigt Max Lucado eindrücklich in diesem Buch. Gleich im ersten Kapitel wird anschaulich geschildert, wie man Davids einfache Kampftaktik anwenden kann, wenn sich ein großes Problem wie ein Goliath vor einem aufbaut. Ich finde dieses Kapitel wunderbar ermutigend, sehr hilfreich, sehr konkret. Klar, dass es natürlich nicht um eine Bauanleitung für Steinschleudern geht, sondern um Gebet. Wirksames Gebet. David sagt mir hier eigentlich: es ist eine unverschämte Anmaßung, dass dieses Problem, dieser Schicksalsschlag, diese Ungerechtigkeit... behauptet, stärker als Gott zu sein. Ein toller Ansatz. Einfach mal widersprechen. Nicht alle meine Probleme als gottgegeben ansehen. Das macht Mut.

In den folgenden Kapiteln wird die Geschichte Davids erzählt. Mit allen Höhen und Tiefen. Seine Freundschaft mit dem Königssohn Jonathan. Seine Flucht vor Saul. Seine Helden- und nicht so heldenhaften Taten. Sein Ehebruch und dessen unehrenhafter Vertuschungsversuch... der Autor lässt nichts aus, unseren soeben erstandenen Helden wieder ganz schön zu demontieren. Manchmal, finde ich, geht er ziemlich unbarmherzig mit dem großen König um. Umso beeindruckender, wie nah mir Lucado diesen David dann wieder bringt, und was für überraschende Lehren man für den Alltag aus jeder neuen Episode ziehen kann.

Im letzten Kapitel wird noch einmal der Bogen zu dem anfänglichen Kampf gegen Goliath geschlagen. Die fünf Steine, die David zuvor im Bach sammelte, bekommen eine konkrete Bedeutung und werden uns als Werkzeuge zum Riesen-besiegen an die Hand gegeben. Im hinteren Teil des Buches findet der Leser einen Anhang mit Studienhilfen zum tieferen Einstieg in die Bibel- und Gebetsarbeit. Man kann diese parallel zu den einzelnen Kapiteln lesen oder hinterher.

Hin und wieder - habe ich das Gefühl - verzettelt sich der Autor ein wenig in dem Bemühen, jede David-Episode gründlich auf ihre Parallelen zum Heute abzuklopfen. Obwohl er das immer anschaulich und sehr sympathisch tut. Aber ich war ja schließlich als Leser angetreten, um gegen den Riesen zu kämpfen und habe eigentlich die entscheidenden Hinweise bereits im ersten Kapitel bekommen. Aber es gibt zwischendurch auch wieder so viel Spannendes und Unerwartetes zu entdecken, dass sich die Lektüre doch auf jeden Fall gelohnt hat. Und vielleicht ist einfach nicht jedes Kapitel für jeden Leser relevant.

Insgesamt bin ich dankbar für dieses Buch, das viel in mir bewegt und mir viele neue Blickwinkel eröffnet hat.

Veröffentlicht am 05.05.2017

hatte mir mehr erhofft

Nähe und Freiheit
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Ich habe mir dieses kleine Büchlein spontan gekauft, weil ich den Titel einfach umwerfend finde. Ich bin selber nicht katholisch und auch kein Anhänger des Papsttums, aber diese kurze Überschrift sagt ...

Ich habe mir dieses kleine Büchlein spontan gekauft, weil ich den Titel einfach umwerfend finde. Ich bin selber nicht katholisch und auch kein Anhänger des Papsttums, aber diese kurze Überschrift sagt mir, dass Jorge Mario Bergoglio, der spätere Papst Franziskus, messerscharf die Herausforderung und die Chance verstanden hat, vor der Glaubensgemeinschaften heute allgemein stehen: nämlich die Mitte zwischen kollektiver Unterordnung und egoistischem Individualismus zu finden, positiv formuliert also zwischen Nähe und Freiheit.

Und dann war die Lektüre erst einmal sehr enttäuschend, denn von "Gespräch" kann vorerst gar keine Rede sein, sondern es folgt ein ausführlicher geschichtlicher Abriss des Autors Gianni Valente über die erfolgreiche Evangelisationsarbeit Bergoglios und seiner Kollegen in den Barrios von Caacupé. Das ist zwar nicht uninteressant, aber nicht das, was ich in diesem Buch dank des Titels zu finden hoffte. Schließlich, ich hatte schon fast die Hoffnung aufgegeben, geht der Autor nahtlos in die Interviews mit dem künftigen Papst über. Der in der Tat einiges zu sagen hat. Leider ist keines der Interviews genau abgegrenzt oder bezeichnet. Nur im Vorwort weist der Autor darauf hin, dass sie von 2002 bis 2009 in der Zeitschrift "30 Giorni" veröffentlicht wurden.

Bergoglio spricht als ein Mann der Praxis, dem es mehr darum geht, die Bedürfnisse seiner Herde von Gläubigen zu stillen, als durch zu hohe Anforderungen Hindernisse aufzubauen.
Auch wenn mir als Außenstehendem einige Ereignisse wie z. B. die Konferenz von Aparecida, überhaupt nichts sagen, finde ich seine Aussagen über Einheit und Vielfalt sehr inspirierend.
Oder dieses hier: "...gerade wenn man im Herrn bleibt, geht man aus sich heraus. [...] Man bleibt dem Zeugnis nicht treu, wenn man wie die Traditionalisten oder Fundamentalisten am Buchstaben klebt. Die Treue ist immer eine Veränderung, ein Erblühen, ein Wachsen." Man findet auch markante und scharfsinnige Bemerkungen Bergoglios über verfehlte Finanzpolitik und den Werteverfall.

Das letzte Kapitel bringt kein Gespräch mehr, sondern einen Text Bergoglios über die Aufgaben eines Bischofs. Der Text, der sicherlich wertvolle Ratschläge für angehende Bischöfe beinhaltet, war jedoch für mich eher uninteressant, streifte er doch das eigentliche Thema nur gelegentlich (immerhin verkörpert der Bischof aber für Bergoglio die Nähe der Kirche zu den Menschen).

Die, wie ich finde, nicht immer glückliche Zusammenstellung der Texte durch den Autor hat zur Folge, dass dieses Buch meine Erwartungen nicht erfüllen konnte. Trotzdem fand ich darin aussagekräftige Passagen, die mir den angehenden Papst Franziskus als klugen und menschlichen Bischof näher gebracht haben.

Veröffentlicht am 05.05.2017

ganz großes kino

Happy Birthday, Leonard Peacock
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Es ist Leonards 18. Geburtstag. Da außer ihm selbst niemand von diesem Umstand Notiz zu nehmen scheint, hat er sich für diesen Tag etwas ganz Besonderes ausgedacht. Mit der alten Kriegsknarre seines Großvaters ...

Es ist Leonards 18. Geburtstag. Da außer ihm selbst niemand von diesem Umstand Notiz zu nehmen scheint, hat er sich für diesen Tag etwas ganz Besonderes ausgedacht. Mit der alten Kriegsknarre seines Großvaters wird er zunächst seinen ehemalige Freund Asher und dann sich selbst erschießen. Aber vorher hat er noch ein paar Abschiedsgeschenke zu überbringen, an Freunde, die ihm wirklich etwas bedeutet haben. Oder hat er ihnen etwa auch etwas bedeutet?

Wie Matthew Quick das Innere dieses einsamen und sensiblen Jungen beschreibt, der seine Hilferufe hinter provokantem Zynismus versteckt, das ist atemberaubend. Und irgendwie auch augenöffnend. Wenn es Bücher gibt, die einem eine neue, schärfere Sicht auf die Welt eröffnen, dann Bücher wie dieses hier. Es ist eine wunderschöne, heftige und anrührende Geschichte. Den Schluss kann man nicht gerade als typisches Happy-End bezeichnen, aber wer in diesem Buch Anzeichen von Hoffnung sucht, der findet sie.

Es liest sich hervorragend flüssig, makellos ist jeder Satz platziert. Ich konnte das Buch nicht mehr weglegen. Ganz großes Kino.