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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 24.04.2017

einfach nur perfekt

Eine treue Frau
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Die Vorhänge aus Licht und Feuerwerk, Lärm und Luxus, Glanz und Schmutz von Hongkong lagen hinter ihnen. Die Sonne ging weniger hektisch auf und unter, weniger spektakulär, aber es sangen mehr Vögel. ... ...

Die Vorhänge aus Licht und Feuerwerk, Lärm und Luxus, Glanz und Schmutz von Hongkong lagen hinter ihnen. Die Sonne ging weniger hektisch auf und unter, weniger spektakulär, aber es sangen mehr Vögel. ... Die Vögel - wahrscheinlich immer noch dieselben, sagte Filth - diskutierten immer noch und widersprachen einander und verhandelten und verurteilten und richteten und sammelten weitere und bessere Beweise. Filth sagte, solange sie da seien, werde er seine Arbeit nicht vermissen.

Betty McIntosh gibt dem jungen und attraktiven Anwalt Edward Feathers in einer Epoche das Ja-Wort, in der es noch nicht unbedingt üblich war, dem ganz großen Gefühl zu folgen. Und das ganz große Gefühl, das ist es nicht. Obwohl - es gibt immer wieder anrührende, liebevolle Momente zwischen den beiden. Aber als sie Edwards Rivalen Terry Veneering kennenlernt, fühlt sich das völlig anders an. Man weiß also von vornherein, dass die Liebesbeziehung zwischen Betty und Edward nur halbwegs romantisch werden wird (und auch Betty weiß das). Und doch schafft es Jane Gardam auf märchenhafte Weise, dass man beide Charaktere liebgewinnt und darauf hofft, dass ihre Ehe sich doch noch irgendwie harmonisch entwickeln wird. Beiden Eheleuten hat die Autorin die Fähigkeit verliehen, aus einer trüben Ausgangsposition etwas Charmantes zu machen. Dabei hilft Betty immer wieder ihre Fähigkeit, nach vorne zu schauen und sich nicht unterkriegen zu lassen... Filth scheint tatsächlich insofern ein guter Partner für Betty zu sein, als er ihre Eigenständigkeit toleriert. Das ist nicht selbstverständlich für Männer seiner Generation. Trotz einer gewissen Ich-Bezogenheit ist er ein wirklicher Gentleman, eben "Ein untadeliger Mann". Aber so leicht, wie sie nach außen hin wirkt, ist diese Art Ehe nicht. Und immer wieder kippt das Gefühl des Betrachters: War es nun am Ende alles richtig so? Oder war alles falsch?

Die Geschichte nimmt im zweiten Teil ordentlich an Fahrt auf; es wird heftig. Und verworren. Und in all dem Chaos scheint Albert Ross, der Zwerg, zu stehen und die Fäden in der Hand zu halten. Er ist die undurchsichtigste Figur in diesem Drama. Obwohl man sogar für ihn Verständnis aufbringen kann. Und das ist wieder eine Qualität der Autorin, die ich schon im ersten Band bewundert habe: trotz der manchmal kargen Zeichnung versteht sie es, dem Leser jeden Charakter verständnisvoll ans Herz zu legen.

Am Schluss gibt es dann doch mehr Überraschungen, als man dieser ruhig eingefädelten Geschichte zugetraut hatte.

Es ist ein Buch über eine distanzvolle, respektvolle und doch auch liebevolle Beziehung. Manchmal kalt, manchmal warm. Dazu passt die unaufdringlich schöne Sprache. Alles ist wieder perfekt platziert. Kein Wort zu viel. Aber auch keins zu wenig.

Veröffentlicht am 24.04.2017

interessant, aber zwiespältig

Zwei Herren am Strand
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Ich hatte mich schon vor langem in dieses wunderschöne Cover verliebt und freute mich nun sehr darauf, diesen als genial angepriesenen Roman endlich auch zu lesen.

Etwas unglücklich, wenn nicht gar aufdringlich, ...

Ich hatte mich schon vor langem in dieses wunderschöne Cover verliebt und freute mich nun sehr darauf, diesen als genial angepriesenen Roman endlich auch zu lesen.

Etwas unglücklich, wenn nicht gar aufdringlich, finde ich aber direkt schon den Anfang. Da steht also Charlie Chaplin mit dem Knie in der Tür des Aufenthaltsortes Churchils und brüllt: "Winston, Winston, ich bin es, Charlie. ...". Kann es eine plattere Einführung der beiden großen Männer geben? Zu deutsch: der Autor muss im Folgenden ganz schon punkten, wenn er mich noch kriegen will.

Dann geht es aber erst einmal um den Vater des Romanerzählers. Weil er das wichtige Verbindungsglied ist, durch das uns die geheimen Informationen über die ungewöhnliche Freundschaft zugetragen werden. Welche Rolle er dabei aber ganz genau spielt, soll der geneigte Leser erst gegen Ende erfahren, ein häufig verwendeter Erzählkniff, der mich hier allerdings gewaltig nervt.

Noch bevor ich richtig in der Erzählung Fuß fassen kann, erfahre ich, dass (der fiktive) Chaplin und (der fiktive) Churchill sich immer wieder treffen werden, um sich ausschließlich über das Thema Freitod zu unterhalten und um sich gegenseitig genau von diesem abzuhalten. Spoilere ich etwa, wenn ich das hier schreibe? Ich würde eher sagen, es ist der Autor selbst, der seinen eigenen Roman verspoilert, indem er mir die Informationen auf diese unattraktiive Weise bereits auf Seite zwanzig ins Gesicht klatscht. Oder ist das auch nur wieder so ein genialer Autorenkniff?

Aber dann wird es besser. Und faszinierender. Und irgendwie echter. Und wenn geschildert wird, wie (der fiktive) Chaplin, tief enttäuscht von der plötzlichen Ich-Bezogenheit seines Gegenübers, diesen allmählich wieder schätzen lernt, indem er dessen Kommunikation mit seiner Tochter beobachtet, dann lerne auch ich allmählich den Autor schätzen. Schreiben kann er. Und hat zudem ein unglaublich feines Gespür für komplizierte menschliche Befindlichkeiten. Vielleicht lohnt es ja doch noch, das Buch zu Ende zu lesen.

Der Roman versucht, beim Leser die Illusion einer sauber recherchierten Dokumentation zu erzeugen. Ich finde dieses Vorgehen in Bezug auf zwei reale historische Personen problematisch, ja manipulativ, bringt es doch die Gefahr mit sich, dass in meinem Bewusstsein persönliche Phantasievorstellungen des Autors als fixe Vorurteile hängen bleiben. Ich bekomme lauter biographische Informationen und weiß nicht, welchen ich trauen darf und welchen nicht. Haben sich Chaplin und Churchill überhaupt gekannt? Wenn ja, wie tief ging dieser Kontakt wirklich? Glücklicherweise fand ich ein paar Ideen des Autors so abwegig, dass es mir nicht schwerfiel, beim Lesen Distanz zu bewahren.

Und dann habe ich doch noch angefangen, das Buch gern zu lesen. Auch wenn mir nach wie vor die Fußnoten fehlten, Auskunft gebend, ob dieser oder jener Teil der Geschichte auf Fakten beruht oder auf Erfindung. Der Autor setzt offenbar voraus, dass der erlauchte Leser sowohl mit der Biographie Chaplins wie auch mit der Churchills aufs Trefflichste vertraut ist. Zumal die (Schein-)Doppel-Biographie immer mehr ausufert. Handelte es sich wirklich um die Biographie der beiden Berühmtheiten, dann würde ich nun wahrscheinlich fasziniert und geduldig an den Lettern kleben - so aber habe ich es mit einer genialen Fälschung zu tun und weiß doch nicht sicher, welcher Teil echt ist und welcher nicht; das ist auf Dauer zermürbend. Und wenn zum Beispiel Churchills schriftstellerisches Werk über seinen Urahnen John Churchill aufs Genaueste analysiert wird, dann fragt man sich schon, warum in aller Welt schreibt Herr Köhlmeier einen Roman und keine Biographie? Vielleicht ist eine Antwort am ehesten in seinen eigenen Worten zu finden:

"Sir Winston, schreibt [William Knott] in einem Brief, hätte es gefallen, wenn sein Buch als Roman bezeichnet worden wäre - allerdings, fügt er hinzu, hätte ihm vorher erst einer erklären müssen, welche Erweiterung der Begriff Roman im 20. Jahrhundert erfahren habe." Aha, so liest sich also die Rechtfertigung für einen geschickten Betrug am Leser.

Der Schillersche Abschluss des insgesamt sehr gewagten Kapitels über Churchill und Hitler gerät leider so platt, dass ich glaube, im falschen Film zu sein. Dann landen wir ganz unvermutet bei Adorno und seiner bierernsten "Theorie des Komischen"... und schließlich beim "Großen Diktator". Da wird es wieder höchst spannend, und ich nehme mir vor, unbedingt diesen Film noch einmal anzuschauen und zudem möglichst zeitnah eine richtige Chaplin-Biographie zu lesen, damit ich der ganzen weißen Fiktion-oder-nicht-Flecken in meinem Hirn Herr werde.

Immerhin also schafft es das Buch, mich neugierig zu machen, sowohl auf den realen Chaplin wie auch auf den realen Churchill. Nicht durchgehend konnte mich der Autor überzeugen - und das ist ein Glück, denn wie ich schon schrieb, erfüllt mich die manipulative Schreibart eines Autors, der begeistert Wohlrecherchiertes und eigene Phantasie mischt, mit Skepsis. Oft verzettelt er sich in biographischen Windungen, und die Beziehung der beiden Giganten Chaplin und Churchill zueinander tritt zu lange in den Hintergrund. Dabei gibt es eine Menge schöner, überraschender Stellen. Wenn sich der Autor nicht gerade in irgendwelchen biographischen Details verheddert, ist sein Erzählstil flüssig, neugierig machend, raffiniert. Und sogar der plakative Anfang macht, aus der Entfernung betrachtet, Sinn. Trotzdem frage ich mich, ob der Autor, Gideon-gleich, mit der an sich unsinnigen Methode eines banalen Anfangs den Leserkreis auf eine kleine Elite der ganz Harten reduzieren wollte... und bin fast ein bisschen stolz, am Ende nicht zu den Abgeschüttelten zu gehören.

Insgesamt ein interessantes, aber zwiespältiges Lesevergnügen.

Veröffentlicht am 24.04.2017

toller krimi

Kühn hat zu tun
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Ein toller Krimi. Wenn es so etwas wie einen tollen Krimi überhaupt gibt. Ich mag nämlich keine Krimis. Und wenn ich gewusst hätte, dass es einer ist, hätte ich ihn schön in der Buchhandlung im Regal stehen ...

Ein toller Krimi. Wenn es so etwas wie einen tollen Krimi überhaupt gibt. Ich mag nämlich keine Krimis. Und wenn ich gewusst hätte, dass es einer ist, hätte ich ihn schön in der Buchhandlung im Regal stehen gelassen. Das schöne bunte Cover und der kantige, griffige Titel haben mich verführt, oder sollte ich sagen: betrogen? Aber dann war das Buch so spannend, dass ich in zwei Tagen damit durch war. Was mich noch lange nicht zum begeisterten Krimileser macht. Keine Sorge!

Martin Kühn ist Kommissar, und zwar einer, dessen Menschenkenntnis und ermittlerischer Scharfblick mir grenzenlose Bewunderung abtrotzt. Trotzdem kommt bei ihm irgendwann der Punkt, an dem der Kopf immer voller wird und die Gedanken Achterbahn fahren, ohne dass er wüsste, warum. Dazu kommt, dass das Polizistengehalt gerade so zum Nötigsten für die Familie reicht. Und dann ist da noch der Schatten dieses zwielichtigen Nazis, der dort, wo Kühn wohnt, früher eine Munitionsfabrik betrieben hat - der Leser ist seinem Protagonisten nicht nur hier an Wissen um eine Nasenlänge voraus, was aber der Spannung keinen Abbruch tut.

Die Geschichte ist schön geschrieben, mühelos zu lesen und so spannend, dass man das Buch ab einem gewissen Punkt eigentlich nicht mehr weglegen kann. Ich finde gut, dass der Roman den Leser für das Dilemma sensibilisiert, in dem sich Polizisten in Deutschland tagtäglich befinden. Weder am Stil noch an der Dichte der Erzählung habe ich irgend etwas auszusetzen, zudem ist mir der Hauptakteur sehr sympathisch und am Ende wirklich ans Herz gewachsen. Trotzdem vergebe ich von den eigentlich verdienten fünf Sternen nur vier, weil ich Romane, die das Morden so blutig zelebrieren, prinzipiell ablehne. Ich bin mir bewusst, dass dieses Urteil sehr subjektiv ist und dass hartgesottene Leser kriminalistischer Literatur verächtlich die Nase rümpfen werden, aber ich habe schon subjektivere Rezensionen gelesen, und mein schlechtes Gewissen hält sich in Grenzen.

Veröffentlicht am 24.04.2017

spannend

Harry Potter und der Feuerkelch (Harry Potter 4)
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Mit dem vierten Band verabschiedet sich die Harry-Potter-Reihe endgültig vom Kinderbuch. Es wird hart, und es wird düster. Harry ist jetzt 14 Jahre alt und so richtig angekommen in der faszinierenden Welt ...

Mit dem vierten Band verabschiedet sich die Harry-Potter-Reihe endgültig vom Kinderbuch. Es wird hart, und es wird düster. Harry ist jetzt 14 Jahre alt und so richtig angekommen in der faszinierenden Welt der Zauberer; er darf mit der Weasley-Familie zur Quidditch-Weltmeisterschaft und könnte glücklicher gar nicht sein, auch wenn die Weltmeisterschaft von einem merkwürdigen Ereignis überschattet wird. Zurück in der Zaubereischule Hogwarts, wo in diesem Jahr das Trimagische Turnier ausgetragen werden soll, fühlt sich Harry auch dort wieder pudelwohl unter seinesgleichen, bis zu dem Augenblick, wo sein Name fatalerweise im Feuerkelch auftaucht, der die Kandidaten für das Trimagische Turnier bestimmt. Von nun an wird es verdammt eng für Harry, und er muss all seine Charakterstärke aufbieten, um die vor ihm liegenden Aufgaben zu lösen. Auch die Freundschaft zu Ron wird unerwartet hart auf die Probe gestellt. Nur gut, dass Hermine noch da ist mit ihrem psychologischen Scharfblick und ihrer unverwüstlichen Recherchefreudigkeit. Und noch ein Faktor wirkt sich als sehr hilfreich aus: der neue Lehrer für Verteidigung gegen die dunklen Künste bewirkt mit umstrittenen, aber durchaus spektakulären Unterrichtsmethoden nicht nur, dass die Schüler begeistert in seinen Unterricht strömen, sondern auch, dass Harry gut für die vor ihm liegenden Herausforderungen gerüstet ist. Vielleicht zu gut.

Auch in diesem Band wartet J.K. Rowling wieder mit einigen verblüffenden Wendungen auf. Neben all der gesteigerten düsteren Bedrohlichkeit kommt auch ihr wunderbarer skurriler Humor nie zu kurz, der die ernste Stimmung oft angenehm durchbricht, wie zum Beispiel, wenn Molly Weasley versucht, einen Brief mit der Muggelpost an Harrys Verwandte zu schicken, wenn Rons ältere Brüder Charly und Bill die Gartentische, die sie eigentlich auf Anweisung ihrer Mutter zum Abendbrot aufstellen sollen, stattdessen zum Luftduell antreten lassen, wenn Ron dem Hauselfen Dobby seinen braunen Strickpullover schenkt oder wenn die Ritterrüstungen in den Schulgängen anfangen, Weihnachtslieder zu singen...

Ganz nebenbei rechnet die Autorin schonungslos mit der Boulevardpresse ab, herrlich karikiert in der Person der Tagespropheten-Reporterin Rita Kimmkorn, die mit ihren schmutzigen Verleumndungskampagnen ganze Mobbing-Fluten gegen Harry und seine Freunde auslöst. Am schlimmsten ist ausgerechnet Hermine davon betroffen, die am Ende zu ihrem ganz eigenen, sehr verblüffenden Befreiungsschlag ausholt. Es lohnt sich wirklich in jeder Hinsicht, dieses Buch zu lesen - auch wer den Inhalt schon vom Film her zu kennen scheint, wird eine ganze Reihe überraschender Aha-Erlebnisse haben.

Veröffentlicht am 24.04.2017

mal was komplett anderes

Harry Potter und das verwunschene Kind. Teil eins und zwei (Special Rehearsal Edition Script) (Harry Potter)
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Im ersten Augenblick ist man schon etwas enttäuscht, dass es sich wirklich um das Skript des Theaterstücks handelt und nicht um einen neuen Roman. Aber als Mensch der Bühne fand ich schnell meinen Zugang ...

Im ersten Augenblick ist man schon etwas enttäuscht, dass es sich wirklich um das Skript des Theaterstücks handelt und nicht um einen neuen Roman. Aber als Mensch der Bühne fand ich schnell meinen Zugang und hatte den Text in drei Tagen verschlungen. Wenn man sich darauf einlässt, werden die Szenen schnell lebendig. Das Stück ist dicht, spannend, ergreifend, witzig, phantastisch, obwohl wohl ziemlich schwierig aufzuführen mit all den Expelliarmi, Leviacorpi, Fulgari etc. (ich weiß, es klingt bescheuert, aber findet Ihr "Expelliarmusse" etwa besser?").

Mir gefällt unheimlich gut diese Freundschaft zwischen... aber ich spoilere. Und herrlich, dass Hermine jetzt - da spoilere ich doch schon wieder. Also, eigentlich kann man überhaupt keine brauchbaren Andeutungen über den Inhalt machen, ohne den ahnungslosen Leser um das voller Überraschungen steckende Ersterlebnis zu bringen.

Vielleicht nur soviel: Die Ereignisse in diesem Buch stellen nicht nur alles in den Schatten, was in den vorhergehenden sieben Bänden passiert ist, sie stellen auch alles in Frage. Das ist vielleicht zugleich die Stärke wie auch die Schwäche dieser einmaligen und verrückten Kreation des extrem experimentierfreudigen Autorentrios. Aber es hilft alles nichts, Leute: Ihr müsst es schon selber lesen, um mehr zu erfahren.