Profilbild von milkysilvermoon

milkysilvermoon

Lesejury Star
offline

milkysilvermoon ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit milkysilvermoon über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.02.2021

Wenn Liebe manchmal nicht reicht

Die Jahre ohne uns
0

Sie ist Ende 60, einsam und genießt die Gartenarbeit. Er ist in seinen Siebzigern und ein ehemaliger Schauspieler. In einer englischen Hotelbar treffen die beiden zufällig aufeinander. Der Mann erzählt ...

Sie ist Ende 60, einsam und genießt die Gartenarbeit. Er ist in seinen Siebzigern und ein ehemaliger Schauspieler. In einer englischen Hotelbar treffen die beiden zufällig aufeinander. Der Mann erzählt ihr dort die Geschichte einer langen Suche.

„Die Jahre ohne uns“ ist ein Roman von Barney Norris.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus drei Teilen, denen jeweils ein Zitat aus der Literatur vorangestellt ist. Der erste und der dritte Teil werden aus der Sicht der Frau, der zweite aus der Sicht des Mannes erzählt - immer in der Ich-Perspektive. Dieser Aufbau funktioniert gut.

Der unaufgeregte Schreibstil ist teilweise etwas verschachtelt und erfordert viel Aufmerksamkeit beim Lesen. Er ist aber auch bildstark und atmosphärisch. Darüber hinaus zeugt er von Sprachgewandtheit und einem besonderen Ausdrucksvermögen. Einige Abschnitte sind wie Einträge einer Enzyklopädie formuliert, was ich für eine schöne Idee halte.

Die beiden Protagonisten sind durchaus interessante und authentisch dargestellte Charaktere. Ein wenig gestört hat mich, dass sie namenlos bleiben. Weitere Figuren treten nur indirekt in Erscheinung.

Die Geschichte kommt im ersten Teil nur langsam in Gang und ist recht handlungsarm. Der zweite Teil gefällt mir schon besser. Die Wendung zum Schluss war für mich leider bereits ab der Mitte recht vorhersehbar. Insgesamt ist der Roman aufgrund von einigen Ausschweifungen zudem stellenweise etwas langatmig.

Inhaltlich ist die Geschichte anders als von mir gemäß des etwas irreführenden deutschen Klappentextes erwartet. Allerdings ist sie stark philosophisch angehaucht und regt immer wieder zum Nachdenken an - auch über das eigene Leben. Darin liegt eine Stärke des Romans. Es geht unter anderem um wichtige Entscheidungen, verpasste Chancen und Reue. Außerdem konnte mich die Geschichte immer wieder berühren.

Das Cover ist erfrischend anders und passt gut zum Inhalt. Der deutsche Titel weicht vom englischsprachigen Original („The Vanishing Hours“) ab und verrät leider recht viel.

Mein Fazit:
Auch wenn „Die Jahre ohne uns“ von Barney Norris in meinen Augen mehrere Schwächen aufweist und meine Erwartungen nicht ganz erfüllt hat, ist der Roman durchaus eine besondere Lektüre.

Veröffentlicht am 02.02.2021

Die „Füchsin“ und das geheimnisvolle Buch

Die Arglist des Teufels
0

In den Jahren 1546 und 1547: In Mähren lernt Sophia, genannt „die Füchsin“, den Dialekt eines einsamen Tales in den Alpen. Sie glaubt, damit ein geheimnisvolles Buch, das ein Heilmittel gegen die Pest ...

In den Jahren 1546 und 1547: In Mähren lernt Sophia, genannt „die Füchsin“, den Dialekt eines einsamen Tales in den Alpen. Sie glaubt, damit ein geheimnisvolles Buch, das ein Heilmittel gegen die Pest enthalten soll, lesen zu können. Tatsächlich kann sie das Manuskript entschlüsseln. Doch es ist nicht das erhoffte. Und dann erfährt Sophia auch noch, dass ihr Mann, Magister Heinrich Fuchs, schwer erkrankt ist. Mit der Schrift reist sie zurück nach Pirna. Darauf hat der intrigante Stadtschreiber Wolf Schumann nur gewartet. Er nutzt die Kriegswirren für einen persönlichen Rachefeldzug...

Der historische Roman „Die Arglist des Teufels“ ist das Finale der Trilogie um das Buch des Teufels von Heike Stöhr.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus 57 angenehm kurzen Kapiteln und endet mit einem Epilog. Erzählt wird aus mehreren Perspektiven. Die Handlung spielt an unterschiedlichen Schauplätzen. Hilfreich wären daher Orts- und Zeitangaben zu Beginn der Kapitel gewesen. Insgesamt funktioniert der Aufbau jedoch ganz gut.

Der Schreibstil ist für mich leider ein kleines Manko. Er ist gut verständlich, wirkt aber auch unspektakulär und zum Teil recht hölzern. Positiv werte ich dagegen die Tatsache, dass der finale Band auch ohne Vorkenntnisse der Reihe nachzuvollziehen ist. Es empfiehlt sich allerdings, die Vorgängerbände zuerst zu lesen.

Im Mittelpunkt des Romans steht mit Sophia eine mutige junge Frau, die mir schnell sympathisch war. Zudem gibt es eine Vielzahl an weiteren Charakteren. Eine Personenübersicht hilft allerdings dabei, den Überblick zu behalten.

Die Handlung erstreckt sich über fast 700 Seiten. Trotzdem wird die Geschichte nicht langatmig, denn mehrere Wendungen und Verwicklungen erhalten die Spannung aufrecht. Dabei gelingt es der Autorin nicht nur zu unterhalten, sondern nebenbei das damalige Leben und einen Teil der Historie anschaulich zu vermitteln.

Im interessanten Nachwort, das mit „Dichtung und Wahrheit“ überschrieben ist, klärt die Autorin darüber auf, was auf Fakten und was auf Fiktion beruht. Darin zeigt sich die fundierte Recherche. Ein Pluspunkt sind zudem die weiteren Extras: ein Glossar, eine Stadtkarte von Pirna und eine Landkarte.

Das Cover passt gut zum Genre und fügt sich perfekt in die Reihe ein. Das trifft auch auf den Titel zu.

Mein Fazit:
Mit „Die Arglist des Teufels“ hat Heike Stöhr einen lesenswerten Roman für alle Fans historischer Literatur und ein gelungenes Finale ihrer Trilogie geschrieben.

Veröffentlicht am 28.01.2021

Unendlich viele Leben

Die Mitternachtsbibliothek
0

Für Nora Seed, Mitte 30, läuft das Leben ganz und gar nicht rund. Sie ist Single, kinderlos und seit Neuestem ohne Job. Ihr Bruder will sie nicht sehen, ihre Katze wurde gerade überfahren und sie fühlt ...

Für Nora Seed, Mitte 30, läuft das Leben ganz und gar nicht rund. Sie ist Single, kinderlos und seit Neuestem ohne Job. Ihr Bruder will sie nicht sehen, ihre Katze wurde gerade überfahren und sie fühlt sich von niemandem gebraucht. Ein Selbstmord erscheint ihr da als der richtige Ausweg. Doch womit sie nicht gerechnet hat: Auf dem Weg ins Jenseits kommt sie in eine riesige Bibliothek mit all den Leben, die sie hätte führen können. Dort hat Nora die Möglichkeit herauszufinden, was passiert wäre, wenn sie sich anders entschieden hätte. Jedes Buch bringt sie in eine veränderte Welt. Aber kann man in einem anderen Leben glücklich werden, wenn man weiß, dass es nicht das eigene ist?

„Die Mitternachtsbibliothek“ ist ein Roman von Matt Haig.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus mehr als 70 angenehm kurzen Kapiteln. Erzählt wird aus der Perspektive von Nora. Dieser Aufbau funktioniert prima.

Der Schreibstil ist anschaulich, lebendig und voller Bilder. Dem Autor gelingt es, seine Fantasie so zu schildern, dass man sie sich als Leser gut vor dem inneren Auge vorstellen kann.

Nora steht als Protagonistin ganz klar im Fokus der Geschichte. Sie ist ein durchaus sympathischer Charakter, obwohl sie für ihr Alter ein wenig unreif wirkt. Obwohl ich mich nicht mit ihr identifizieren kann, konnte ich ihre Gedanken gut nachvollziehen. Darüber hinaus tauchen etliche Nebenfiguren auf.

Besonders gereizt hat mich an dem Roman die kreative Idee der Bücher mit den unterschiedlichen Leben, die schlüssig dargestellt wird. Die verschiedenen Welten machen die Lektüre unterhaltsam und kurzweilig. An der einen oder anderen Stelle hätte die Geschichte sogar durchaus etwas ausführlicher sein dürfen und sollen.

Eine Stärke des Romans ist es, dass er zum Nachdenken anregt. Es geht um Lebensentscheidungen, um Reue und vertane Chancen, um Möglichkeiten und bedeutsame Wendepunkte. Philosophische Fragen werden aufgeworfen. Außerdem wird hier das wichtige Thema Depression näher beleuchtet. Das alles trägt dazu bei, dass der Roman erstaunlich tiefgründig ist.

Gut gefallen hat mir zudem, dass sich nicht nur das Cover an der Originalausgabe orientiert, sondern auch der prägnante englische Titel wortgetreu ins Deutsche übersetzt wurde.

Mein Fazit:
Auch wenn man sicherlich aus der Idee noch mehr hätte rausholen können, hat mich Matt Haig abermals nicht enttäuscht. Sein Roman „Die Mitternachtsbibliothek“ bereitet schöne Lesestunden und liefert nebenbei interessante Denkanstöße.

Veröffentlicht am 16.01.2021

Eine Sattlerin, ein Dichter, ein Herzog und viele Räuber

Die Gabe der Sattlerin
0

Vorderösterreich im Jahr 1781: Um einer Ehe mit dem Witwer und Amtsmann Julius Lenscheider (38) zu entgehen, verschwindet die Sattlerstochter Charlotte (19) in der Nacht vor der geplanten Hochzeit überhastet ...

Vorderösterreich im Jahr 1781: Um einer Ehe mit dem Witwer und Amtsmann Julius Lenscheider (38) zu entgehen, verschwindet die Sattlerstochter Charlotte (19) in der Nacht vor der geplanten Hochzeit überhastet aus ihrem Heimatdorf Märgen. Mit ihrem Pferd flieht sie in Richtung Norden, als die junge Frau einer Räuberbande in die Hände fällt. Für die Kriminellen soll sie im Hofgestüt Marbach spionieren, wo sie auf den noch unbekannten Dichter Friedrich Schiller trifft. Beide erwarten so einige Gefahren und Verwicklungen...

„Die Gabe der Sattlerin“ ist ein historischer Roman von Ralf H. Dorweiler.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus 36 Kapiteln mit einer angenehmen Länge, die mit treffenden Zitaten eingeleitet werden. Er endet mit einem Epilog. Die Handlung spielt an verschiedenen Schauplätzen, vor allem in Württemberg, und umfasst mehrere Wochen. Einheitliche Orts- und Zeitangaben machen die Orientierung leicht. Erzählt wird fast ausschließlich abwechselnd aus der Sicht von Charlotte und der von Friedrich. Dieser Aufbau funktioniert gut.

Der Schreibstil ist anschaulich, bildhaft und lebhaft. Leider sind in der Originalausgabe noch auffällig viele Fehler durchgerutscht.

Charlotte ist eine interessante und sympathische Protagonistin. Ihre Gedanken und Gefühle werden sehr gut deutlich. Sie wirkt ein wenig naiv, was jedoch nicht ungewöhnlich für ihr Alter ist. Im Großen und Ganzen ist ihr Charakter authentisch ausgestaltet. Spannend ist es, dass auch Friedrich Schiller eine wichtige Rolle spielt. Etwas gestört hat mich allerdings, dass seine Biografie für den Roman nicht wenig zurechtgebogen wird, um zur Geschichte zu passen. Eine hilfreiche Personenübersicht erleichtert das Verständnis und weist historische Persönlichkeiten aus.

Das Setting des Romans und das Handwerk eines Sattlers haben meine Neugier an der Story geweckt. Gut gefallen hat mir, dass man auf unterhaltsame Weise einiges lernen kann, zum Beispiel über die Entstehung des Stückes „Die Räuber“ und die Eigenarten von Herzog Carl Eugen. Was dabei auf Fakten und was auf Fiktion basiert, ist dem aufschlussreichen Nachwort zu entnehmen.

Auf mehr als 400 Seiten hat der Roman kaum Längen. Zwischenfälle und Überraschungen machen die Geschichte kurzweilig und turbulent. Allerdings wird an mehreren Stellen etwas zu dick aufgetragen, so dass die Handlung bisweilen ein wenig realitätsfern wirkt.

Das Cover passt prima zum Genre und trifft meinen Geschmack. Der Titel erschließt sich mir dagegen nicht so recht.

Mein Fazit:
„Die Gabe der Sattlerin“ von Ralf H. Dorweiler ist ein Roman, der zwar manchmal etwas übers Ziel hinausschießt, aber dennoch für unterhaltsame Lesestunden sorgt.

Veröffentlicht am 01.01.2021

Zwischen Bath und Borneo

Die innersten Geheimnisse der Welt
0

England und Borneo in den 1860er-Jahren: Als „Engel der Bäder“ wird die 25-jährige Jane Adeane für ihre Künste als Krankenschwester verehrt. Sie arbeitet zusammen mit ihrem Vater William, einem angesehenen ...

England und Borneo in den 1860er-Jahren: Als „Engel der Bäder“ wird die 25-jährige Jane Adeane für ihre Künste als Krankenschwester verehrt. Sie arbeitet zusammen mit ihrem Vater William, einem angesehenen Lungenarzt. Auch dessen jüngerer Kollege, der 35-jährige Valentine Ross, ist mit der jungen Frau in Bath tätig. Gerne würde der junge Mediziner sie zu seiner Ehefrau machen. Doch Jane fühlt sich vielmehr zu der in London lebenden Julietta Sims, einer verheirateten Mutter, hingezogen. Währenddessen hat sich Valentines Bruder Edmund, ein Naturforscher, auf ein gefährliches Abenteuer im Dschungel Borneos begeben...

„Die innersten Geheimnisse der Welt“ ist ein Roman von Rose Tremain.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus vier Teilen, die wiederum aus mehreren kurzen Kapiteln zusammengesetzt sind. Erzählt wird in chronologischer Reihenfolge aus einer Art auktorialer Perspektive. Dabei gibt es verschiedene Erzählstränge, in denen der Leser an wechselnden Schauplätzen die Ereignisse um Jane, Valentine, Edmund und Clorinda verfolgt.

Auffällig ist der detaillierte, antiquiert und etwas prätentiös anmutende Schreibstil mit seinen verschachtelten Sätzen, viel indirekter Rede und ausschweifenden Beschreibungen. Er macht das Lesen zum Teil ein wenig anstrengend und sorgt dafür, dass sich die Geschichte nur langsam entrollt.

Im Fokus des Romans stehen die vorgenannten vier Protagonisten, für die ich mit Ausnahme von Clorinda keine Sympathie aufbringen konnte. Insgesamt fiel es mir schwer, einen Zugang zu den Personen der Geschichte zu finden, weil ein Großteil der Charaktere zwar ungewöhnlich, aber auch ein wenig schablonenhaft wirkt. Gestört habe ich mich auch daran, dass Figuren wie Jane, Valentine und Leon als egoistisch und eingebildet ausgestaltet sind. So gelang es mir nicht, mit den Charakteren mitzufühlen.

Ein Plus sind dagegen das schöne Setting und die thematischen Schwerpunkte der Geschichte. Einerseits geht es um die weibliche Emanzipation und sexuelle Selbstbestimmung in einer Zeit, in der beides nicht vorgesehen war. Darin liegt eine der großen Stärken des Romans. Homosexualität bei Frauen und bei Männern zieht sich durch das gesamte Buch. Andererseits wird der Leser in die viktorianische Epoche im exotischen Borneo versetzt, wo sich eine völlig andere Welt als in England auftut. Beides bietet inhaltlich eine Menge Abwechslung und Unterhaltungswert. Leider hat mich die Umsetzung dieser Themen jedoch nicht ganz überzeugen können. Unter anderem sind die Schilderungen der sexuellen Eskapaden für mein Empfinden zu sehr ausgeufert und die Darstellungen dabei oft eher abstoßend geraten. Darüber hinaus ist der Borneo betreffende Erzählstrang immer wieder etwas langatmig und schöpft sein Potenzial nicht aus.

Das Cover der gebundenen Ausgabe macht optisch etwas her und trifft meinen Geschmack. Der deutsche Titel weicht stark vom Original („Islands of Mercy“) ab, ist aber ebenso ein wenig zu nebulös.

Mein Fazit:
Mit „Die innersten Geheimnisse der Welt“ hat Rose Tremain einen ungewöhnlichen und thematisch reizvollen Roman verfasst, der meinen Erwartungen nicht in Gänze entspricht, aber dennoch unterhalten kann.