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Veröffentlicht am 01.01.2021

Zwischen Bath und Borneo

Die innersten Geheimnisse der Welt
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England und Borneo in den 1860er-Jahren: Als „Engel der Bäder“ wird die 25-jährige Jane Adeane für ihre Künste als Krankenschwester verehrt. Sie arbeitet zusammen mit ihrem Vater William, einem angesehenen ...

England und Borneo in den 1860er-Jahren: Als „Engel der Bäder“ wird die 25-jährige Jane Adeane für ihre Künste als Krankenschwester verehrt. Sie arbeitet zusammen mit ihrem Vater William, einem angesehenen Lungenarzt. Auch dessen jüngerer Kollege, der 35-jährige Valentine Ross, ist mit der jungen Frau in Bath tätig. Gerne würde der junge Mediziner sie zu seiner Ehefrau machen. Doch Jane fühlt sich vielmehr zu der in London lebenden Julietta Sims, einer verheirateten Mutter, hingezogen. Währenddessen hat sich Valentines Bruder Edmund, ein Naturforscher, auf ein gefährliches Abenteuer im Dschungel Borneos begeben...

„Die innersten Geheimnisse der Welt“ ist ein Roman von Rose Tremain.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus vier Teilen, die wiederum aus mehreren kurzen Kapiteln zusammengesetzt sind. Erzählt wird in chronologischer Reihenfolge aus einer Art auktorialer Perspektive. Dabei gibt es verschiedene Erzählstränge, in denen der Leser an wechselnden Schauplätzen die Ereignisse um Jane, Valentine, Edmund und Clorinda verfolgt.

Auffällig ist der detaillierte, antiquiert und etwas prätentiös anmutende Schreibstil mit seinen verschachtelten Sätzen, viel indirekter Rede und ausschweifenden Beschreibungen. Er macht das Lesen zum Teil ein wenig anstrengend und sorgt dafür, dass sich die Geschichte nur langsam entrollt.

Im Fokus des Romans stehen die vorgenannten vier Protagonisten, für die ich mit Ausnahme von Clorinda keine Sympathie aufbringen konnte. Insgesamt fiel es mir schwer, einen Zugang zu den Personen der Geschichte zu finden, weil ein Großteil der Charaktere zwar ungewöhnlich, aber auch ein wenig schablonenhaft wirkt. Gestört habe ich mich auch daran, dass Figuren wie Jane, Valentine und Leon als egoistisch und eingebildet ausgestaltet sind. So gelang es mir nicht, mit den Charakteren mitzufühlen.

Ein Plus sind dagegen das schöne Setting und die thematischen Schwerpunkte der Geschichte. Einerseits geht es um die weibliche Emanzipation und sexuelle Selbstbestimmung in einer Zeit, in der beides nicht vorgesehen war. Darin liegt eine der großen Stärken des Romans. Homosexualität bei Frauen und bei Männern zieht sich durch das gesamte Buch. Andererseits wird der Leser in die viktorianische Epoche im exotischen Borneo versetzt, wo sich eine völlig andere Welt als in England auftut. Beides bietet inhaltlich eine Menge Abwechslung und Unterhaltungswert. Leider hat mich die Umsetzung dieser Themen jedoch nicht ganz überzeugen können. Unter anderem sind die Schilderungen der sexuellen Eskapaden für mein Empfinden zu sehr ausgeufert und die Darstellungen dabei oft eher abstoßend geraten. Darüber hinaus ist der Borneo betreffende Erzählstrang immer wieder etwas langatmig und schöpft sein Potenzial nicht aus.

Das Cover der gebundenen Ausgabe macht optisch etwas her und trifft meinen Geschmack. Der deutsche Titel weicht stark vom Original („Islands of Mercy“) ab, ist aber ebenso ein wenig zu nebulös.

Mein Fazit:
Mit „Die innersten Geheimnisse der Welt“ hat Rose Tremain einen ungewöhnlichen und thematisch reizvollen Roman verfasst, der meinen Erwartungen nicht in Gänze entspricht, aber dennoch unterhalten kann.

Veröffentlicht am 11.12.2020

Eine äußerst schwere Entscheidung

Goldkind
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In einer kleinen Stadt auf der Karibikinsel Trinidad in den 1980er-Jahren: Als Clyde Deyalsingh von seiner Schicht nach Hause kommt, findet er nur seine Frau Joy und seinen Sohn Peter (13) vor. Von dessen ...

In einer kleinen Stadt auf der Karibikinsel Trinidad in den 1980er-Jahren: Als Clyde Deyalsingh von seiner Schicht nach Hause kommt, findet er nur seine Frau Joy und seinen Sohn Peter (13) vor. Von dessen Zwillingsbruder Paul fehlt jedoch jede Spur. Erst zwei Wochen vorher ist die Familie von Einbrechern überfallen worden. Der Vater macht sich nun umso mehr Sorgen um sein Kind, aber die Suche bleibt erfolglos. Schließlich muss sich Clyde jedoch einer äußerst schweren Entscheidung stellen...

„Goldkind“ ist der Debütroman von Claire Adam.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus drei Teilen, die wiederum in mehrere Kapitel mit einer angenehmen Länge unterteilt sind. Erzählt wird im Präsens aus der Sicht von Clyde. Die Geschichte ist zwar größtenteils chronologisch aufgebaut. Allerdings gibt es einige Rückblenden.

Der Schreibstil ist schnörkellos und klar, aber gleichzeitig sehr eindringlich und atmosphärisch. Schon zu Beginn entsteht eine düstere, spannungsvolle Stimmung, die sich durch die ganze Geschichte zieht.

Die Protagonisten kommen nicht besonders sympathisch rüber, wirken jedoch authentisch und konsistent. Zwar konnte ich das Verhalten des Vaters nicht in Gänze nachvollziehen. Dennoch werden seine Gedanken recht deutlich.

Obwohl der Roman nicht als Thriller angelegt ist, ist er durchweg fesselnd und spannend. Das liegt nicht nur daran, dass er weniger als 270 Seiten umfasst, sondern auch daran, dass die Geschichte stellenweise sehr nervenaufreibend ist.

Eine Stärke des Buches sind sicherlich auch die ethischen und moralischen Fragen, die aufgeworfen werden. Inhaltlich rüttelt der Roman auf, schockiert, regt zum Nachdenken an, berührt - und hallt eine ganze Weile nach.

Ich habe die Geschichte als ungekürzte Lesung angehört. Die Stimme von Sprecherin Franziska Grün ist angenehm, war nach meinem Empfinden für den Inhalt der Geschichte aber eine Spur zu fröhlich und zu stürmisch.

Das düstere, geschmackvoll gestaltete Cover passt dagegen ganz hervorragend zum Roman. Der prägnante, deutsche Titel ist nicht nur treffend, sondern erfreulicherweise auch nahe am englischsprachigen Original ("Golden Child").

Mein Fazit:
„Goldkind“ von Claire Adam ist kein Roman für sanfte Gemüter, aber eine empfehlenswerte, sehr eindrückliche Lektüre.

Veröffentlicht am 09.12.2020

Die Verschwundenen des Bürgerkriegs

Ein Lied für die Vermissten
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Mit seiner Großmutter Yara kehrt Amin Elmaalouf 1994 als Jugendlicher zurück in den Libanon - zwölf Jahre, nachdem er nach dem Tod seiner Eltern nach Deutschland gegangen ist. Wieder in Beirut verbringt ...

Mit seiner Großmutter Yara kehrt Amin Elmaalouf 1994 als Jugendlicher zurück in den Libanon - zwölf Jahre, nachdem er nach dem Tod seiner Eltern nach Deutschland gegangen ist. Wieder in Beirut verbringt er viel Zeit mit dem gleichaltrigen Jafar, der ihm ein guter Freund wird. Dann aber passieren mysteriöse Dinge: Menschen verschwinden, das Café der Großmutter muss schließen, er wird verleugnet. Eine Spurensuche beginnt...

„Ein Lied für die Vermissten“ ist ein Roman von Pierre Jarawan.

Meine Meinung:
Der Roman beginnt mit einer Art Vorwort oder Prolog („Yeki Bud. Yeki Nabud“). Daran schließen sich drei Teile an, „Strophen“ genannt, die wiederum aus 30 Kapiteln bestehen. Zum Schluss folgt eine Art Gesprächsprotokoll. Erzählt wird in der Ich-Perspektive aus der Sicht von Amin - allerdings nicht chronologisch, sondern mit Zeitsprüngen und zum Teil etwas bruchstückhaft, was beim Leser Konzentration erfordert, die sich jedoch lohnt.

Besonders begeistert mich der atmosphärische, bildstarke und stellenweise poetische Erzählstil, der den Leser in eine fremde Welt entführt. Immer wieder beweist der Autor, dass er mit Sprache trefflich umgehen kann. Daher hat mich auch keineswegs gestört, dass teilweise ausschweifend erzählt wird und die Handlung manchmal nur langsam voranschreitet.

Amin ist ein Charakter, zu dem ich nicht auf Anhieb einen Zugang gefunden habe. Allerdings wirkt er authentisch und nicht unsympathisch.

Gereizt haben mich an der Geschichte das Setting sowie die politischen und gesellschaftlichen Hintergründe. So geht es um den libanesischen Bürgerkrieg, mit dem ich mich bis dato nicht beschäftigt hatte, und den Arabischen Frühling. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die Nachbemerkung des Autors, der ergänzende Infos zu den damaligen Geschehnissen liefert und darin seine fundierte Recherche belegt.

Auch ansonsten ist der Roman tiefgründig, facettenreich und vielschichtig. Freundschaft, Familie, Krieg, Verlust, Heimat und Identität sind nur einige der weiteren Themen. Dabei regt die Geschichte zum Nachdenken an und berührt.

Ich habe den Roman vorwiegend als ungekürzte Lesung gehört. Bei dem Hörbuch zeigt sich, dass der Autor mit seiner angenehmen Stimme auch als Sprecher einen tollen Job macht.

Das Cover, das prima zur Geschichte passt, gefällt mir ausgesprochen gut. Auch der Titel ist eine gelungene Wahl.

Mein Fazit:
„Ein Lied für die Vermissten“ von Pierre Jarawan ist eine besondere Lektüre, die es dem Leser zwar nicht immer einfach macht, aber nichtsdestotrotz ein empfehlenswerter Roman ist, der mich in mehrfacher Hinsicht überzeugt hat.

Veröffentlicht am 07.12.2020

Die sieben Dinge

Kissing Chloe Brown (Brown Sisters 1)
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Nur knapp entgeht Chloe Brown einem Unfall, der böse hätte enden können. Die 31-Jährige steht unter Schock und realisiert, dass ihr Leben bis dato viel zu langweilig war. Ihre chronische Krankheit hat ...

Nur knapp entgeht Chloe Brown einem Unfall, der böse hätte enden können. Die 31-Jährige steht unter Schock und realisiert, dass ihr Leben bis dato viel zu langweilig war. Ihre chronische Krankheit hat sie als Ausrede für ihre Zurückgezogenheit genutzt. Jetzt aber will sie alles umkrempeln, zieht aus ihrem Elternhaus aus und erstellt eine Liste von sieben Dingen, die ihr Leben erfüllter machen sollen. Das Problem: Sie braucht einen Lehrer. Ob Red Morgan, ihr neuer Nachbar, dabei helfen könnte?

„Kissing Chloe Brown“ ist der Auftakt der Romanreihe von Talia Hibbert zu den Brown-Schwestern.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus 23 angenehm kurzen Kapiteln. Sie werden von einem Pro- und einem Epilog eingerahmt. Erzählt wird aus der Sicht von Chloe und Red.

Der Schreibstil ist anschaulich und lebhaft, jedoch nicht zu platt. Eingestreut sind E-Mails, Aufzählungen und andere Elemente, die den Text auflockern.

Die Protagonistin ist eine der Stärken des Romans. Chloe ist alles andere als klischeehaft: chronisch krank, farbig, übergewichtig und ein wenig eigenwillig. Das macht sie sowohl sympathisch als auch authentisch und bringt Diversität in die Geschichte. Auch Red mochte ich gleich. Die Gefühle und Gedankengänge der beiden lassen sich gut nachvollziehen. Die übrigen Charaktere wirken ebenfalls interessant

Besonders angesprochen hat mich, dass es eine etwas andere Art von romantischer Komödie sein soll. Und in dieser Hinsicht wurde ich keineswegs enttäuscht. Zwar ist die Story, die sich auf fast 400 Seiten erstreckt, recht vorhersehbar. Aber sie ist auch humorvoll und gleichzeitig tiefgründiger als viele andere Bücher des Genres, denn es geht um ernste und wichtige Themen wie Chloes Krankheit und weitere Probleme. Dabei gleitet die Geschichte nicht ins Kitschige ab, sondern berührt auf wohltuende Weise.

Das Cover passt gut zum Genre, gefällt mir aber nicht ganz so gut wie das amerikanische Original. Ähnlich verhält es sich mit dem deutschen Titel, denn die englischsprachige Formulierung(„Get a Life, Chloe Brown“) ist treffender und klingt weniger schnulzig.

Mein Fazit:
Wer einen Liebesroman der etwas anderen Art sucht, wird bei „Kissing Chloe Brown“ von Talia Hibbert fündig. Er bietet intelligente Unterhaltung mit Herz und Humor. Eine empfehlenswerte Lektüre für schöne Lesestunden. Auf die folgenden Bände zu Chloes Schwestern bin ich schon jetzt gespannt.

Veröffentlicht am 05.12.2020

Von Klopapier-Kriegen und Paketboten-Panik

Die große Pause
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Eigentlich sollte er mit seinem Programm durch Deutschland touren. Stattdessen findet sich der Comedian Bastian Bielendorfer in einer Zwangs-WG mit seiner Frau Nadja, dem Mops Otto und seiner Schwiegermutter ...

Eigentlich sollte er mit seinem Programm durch Deutschland touren. Stattdessen findet sich der Comedian Bastian Bielendorfer in einer Zwangs-WG mit seiner Frau Nadja, dem Mops Otto und seiner Schwiegermutter wieder. Wie er den alltäglichen Wahnsinn in den ersten Monaten der Corona-Pandemie erlebt hat, hat der Komiker schriftlich festgehalten.

„Die große Pause - Mein Corona-Tagebuch“ ist ein Buch von Bastian Bielendorfer.

Meine Meinung:
Das Buch beginnt mit einem Prolog. Daran schließen sich die jeweils wenige Seiten umfassenden Tagebuch-Einträge an, zwischen denen zumeist mehrere Tage liegen. Sie sind im Präsens in der Ich-Perspektive verfasst. Der erste Eintrag datiert auf den 14. März 2020, der letzte auf den 27. Juni 2020. Verziert werden die Seiten ab und an mit kleinen Kritzeleien. Das Buch endet mit einem Epilog. Dieser Aufbau funktioniert prima.

Der Schreibstil ist locker und von etlichen Vergleichen geprägt, aber sonst unauffällig. Die Einträge zeugen allerdings von Wortgewandtheit. Leider hat das Korrektorat in der Erstausgabe noch einige Fehler übersehen.

Den Autor kenne ich nicht nur von mehreren Live-Auftritten, sondern auch seinen früheren Büchern, die mich allesamt überzeugen konnten. Entsprechend hoch waren meine Erwartungen an sein neuestes Werk. Im Gegensatz zu seinen sonstigen Büchern ist das „Corona-Tagebuch“ thematisch stärker eingegrenzt. Die meisten der geschilderten Erlebnisse haben sehr direkt mit den Auswirkungen der Pandemie zu tun. In einigen Situationen kann sich der Leser mit seinen Erfahrungen gut wiederfinden. Andere Passagen sind etwas ungewöhnlicher, wirken aber ebenfalls authentisch. Der typische Humor des Komikers scheint immer wieder durch. An etlichen Stellen musste ich schmunzeln oder sogar laut auflachen. So witzig wie seine früheren Bücher ist das Tagebuch für mich dabei nicht. Trotzdem habe ich mich gut unterhalten gefühlt.

Mit rund 230 Seiten mit großer Schrift und einer recht luftigen Gestaltung ist das Buch nicht besonders umfangreich. Zudem gibt es ein paar Wiederholungen. Somit lässt sich die Lektüre nicht nur für Schnellleser an nur einem Abend beenden.

Das Cover ist nicht sehr kreativ, geht aber in Ordnung. Gut gefallen hat mir, dass der Titel auf sein Lehrerkind-Image anspielt.

Mein Fazit:
Mit „Die große Pause - Mein Corona-Tagebuch“ kommt Bastian Bielendorfer zwar nicht an seine früheren Bücher heran, schafft es aber, einem ernsten Thema eine humorvolle Note zu verleihen.