Profilbild von milkysilvermoon

milkysilvermoon

Lesejury Star
offline

milkysilvermoon ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit milkysilvermoon über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 23.07.2019

Ein Spion im Auftrag des Preußenkönigs

Die Zarin und der Philosoph (Sankt-Petersburg-Roman 2)
0

Sankt Petersburg im Jahr 1762: Mit nur 14 Jahren kommt Katharina, geboren als Sophie von Anhalt-Zerbst, als künftige Frau des Thronfolgers an den Hof in Sankt Petersburg. Nach einem Staatsstreich krönt ...

Sankt Petersburg im Jahr 1762: Mit nur 14 Jahren kommt Katharina, geboren als Sophie von Anhalt-Zerbst, als künftige Frau des Thronfolgers an den Hof in Sankt Petersburg. Nach einem Staatsstreich krönt sie sich selbst zur Zarin und will Russland nach Westen öffnen, aber kann man einer Deutschen trauen? Preußens König Friedrich II. schickt einen Philosophen nach Petersburg, um die Pläne der neuen Zarin auszuspionieren. Stephan Mervier ist beeindruckt von Katharinas Klugheit und Charisma, aber die Zustände im Land machen ihn wütend und die Widerstände im Palast wachsen. Eine enge Vertraute Katharinas kämpft mit den Unterdrückten. Stephan verliebt sich in die Rebellin, die in großer Gefahr schwebt. Denn die Zarin setzt ihre Macht mit äußerster Härte durch…

„Die Zarin und der Philosoph“ ist der zweite Band der Sankt-Petersburg-Reihe von Martina Sahler, der unabhängig vom ersten Teil gelesen werden kann.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus drei Büchern, die wiederum in insgesamt 32 Kapitel aufgeteilt sind. Zudem gibt es einen Prolog und einen Epilog. Die Handlung umfasst die Jahre 1761 bis 1775. Erzählt wird aus wechselnden Perspektiven. Dieser Aufbau funktioniert gut.

Der Schreibstil ist keinesfalls seicht oder anspruchslos, aber dennoch anschaulich, lebhaft und leicht verständlich. Das Verhältnis zwischen wörtlicher Rede und treffenden Beschreibungen empfinde ich als sehr ausgewogen. Der Einstieg in die Geschichte fiel mir nicht schwer.

Mit Katharina steht eine bekannte historische Persönlichkeit im Fokus der Geschichte. Sie wird authentisch dargestellt. Ein anderer interessanter Charakter ist Stephan Mervier, der Philosoph. Er wirkt ebenfalls realitätsnah. Leider ist der Roman mit einer Vielzahl an weiteren Figuren überfrachtet, sodass man beim Lesen immer wieder den roten Faden aus den Augen verliert. Eine Personenübersicht hilft jedoch bei der Orientierung und gibt Auskunft, welche Charaktere tatsächlich existiert haben.

Auch inhaltlich ist die Geschichte recht komplex und vielschichtig. Der Leser erfährt viel über die russische Geschichte und die Umstände im 18. Jahrhundert in Sankt Petersburg. Sehr gerne habe ich außerdem etwas über Katharina gelernt, wobei sie leider im Roman des Öfteren von anderen Figuren in den Hintergrund gedrängt wird und ich mir eine etwas intensivere Beschäftigung mit ihrer Persönlichkeit gewünscht hätte. Davon abgesehen, werden historische Charaktere und Gegebenheiten im Roman auf gelungene Weise mit fiktiven Ereignissen und Personen verknüpft. Die Zeittafel ergänzt die Informationen der Geschichte. Hilfreich sind drüber hinaus zwei Karten, wovon eine die Stadt um das Jahr 1765 zeigt, die andere Russland um das Jahr 1762. Interessant ist auch das Nachwort, das die fundierte Recherche der Autorin belegt. Somit wird der Roman zur lehrreichen Lektüre.

Die Handlung ist abwechslungsreich. Die Geschichte hat aber auch einige Längen, was bei knapp 500 Seiten allerdings zu verschmerzen ist.

Das ansprechend gestaltete Cover passt nicht nur zum ersten Sankt-Petersburg-Band, sondern auch zum Genre. Der Titel ist eingängig, prägnant und treffend gewählt.

Mein Fazit:
Mit „Die Zarin und der Philosoph“ ist Martina Sahler ein solider historischer Roman gelungen, der sowohl unterhaltsam als auch lehrreich ist. Trotz kleinerer Schwächen hat er mir schöne Lesestunden bereitet.

Veröffentlicht am 22.07.2019

Geheimnisse, die man (nicht) vergessen will

Die verborgenen Stimmen der Bücher
0

Emmett Farmer führt ein bescheidenes, aber recht zufriedenes Leben. Der junge Mann arbeitet – wie seine Schwester Alta – auf dem Bauernhof seiner Eltern Robert und Hilda, als die Familie einen Brief ...

Emmett Farmer führt ein bescheidenes, aber recht zufriedenes Leben. Der junge Mann arbeitet – wie seine Schwester Alta – auf dem Bauernhof seiner Eltern Robert und Hilda, als die Familie einen Brief erhält. Emmett soll bei der alten Buchbinderin Seredith in die Lehre gehen. Seine Eltern sind zunächst entsetzt, da sie schlecht über Bücher denken. Doch sie schicken ihn schließlich doch zu der Frau – auch weil sie glauben, dass er nach einer schweren Krankheit seine Aufgaben auf dem Hof nicht mehr erfüllen kann. Zwar erfährt er bei ihr zunächst nur wenig über das Handwerk und darf auch nicht in das Gewölbe mit den kostbaren Büchern. Dennoch schließt Emmett seine Meisterin nach einer Weile in sein Herz. Doch je länger er bei der alten Frau ist, desto mehr wird ihm bewusst, dass etwas ganz Besonderes hinter dem Buchbinden steckt. Und allmählich wächst in ihm zudem die Erkenntnis, dass er selbst Teil eines Geheimnisses ist, das er eigentlich vergessen sollte…

„Die verborgenen Stimmen der Bücher“ ist das Romandebüt von Bridget Collins.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus drei Teilen und insgesamt 28 Kapiteln. Erzählt wird zuerst in der Ich-Perspektive aus der Sicht von Emmett. Im dritten Teil bleibt es bei der Ich-Perspektive, aber die Sichtweise ändert sich. Der Aufbau ist durchdacht und funktioniert gut.

Der Schreibstil des Romans ist ungewöhnlich und hat mir sehr gefallen. Er ist detailreich und voll von intensiven Beschreibungen und Sprachbildern. Dennoch wird das Lesen beziehungsweise Zuhören nicht anstrengend. Der Einstieg in die Geschichte fiel mir leicht, obgleich der Roman in den ersten Kapiteln recht mysteriös daherkommt und nur langsam an Fahrt aufnimmt. Die Geschichte spielt in einer fantasievollen, aber rückständigen Welt, wobei sich die Autorin für das Worldbuilding jedoch nicht viel Zeit nimmt.

Im Vordergrund stehen Emmett und eine andere Person, auf die ich nicht weiter eingehen werde, um nicht zu viel vorwegzunehmen. Die zwei Hauptcharaktere waren mir nicht gänzlich unsympathisch, dennoch wurden ich mit beiden nicht so richtig warm, da ich eine Person (Emmett) oft als zu naiv, die andere als arrogant empfunden habe. Ihre Gedanken- und Gefühlswelt wird sehr gut deutlich. Mit deren Verhaltensweisen und Reaktionen war ich jedoch nicht immer einverstanden. Einige der Nebenfiguren, allen voran Emmetts Schwester Alta und die Buchbinderin, waren mir sympathischer, andere hingegen wirken ein wenig eindimensional, weil sie als durchweg böse dargestellt werden. Alles in allem wird dem Leser jedoch ein breites und reizvolles Personenspektrum präsentiert.

Inhaltlich steckt in dem Roman sehr viel. Die kreative Idee des Buchbindens und der Magie, die damit verbunden ist, hat eine Menge Charme. Leider werden die Hintergründe und Details dazu nicht so vertieft, wie ich es mir gewünscht hätte. So wird bis zum Ende nicht ganz deutlich, wie genau das Ganze funktioniert. Zudem nimmt diese Idee nicht sehr viel Raum ein, wodurch der Roman einen Teil seines Potenzials nicht nutzt. Stattdessen fokussiert die Handlung nach dem ersten Drittel sehr auf eine ungewöhnliche Liebesgeschichte. Ich fand sie zwar sehr interessant, aber sie hätte durchaus kürzer abgehandelt werden können. So wird die Geschichte zum Teil etwas langatmig.

Positiv anzumerken sind die vielen Wendungen und Einfälle, mit denen der Roman überraschen kann. Sie sorgen dafür, dass immer wieder Spannung aufkommt. Ein Pluspunkt ist für mich auch, dass in der Geschichte moralische Fragen aufgeworfen werden.

Ich habe die Geschichte als ungekürzte Lesung gehört. Sprecher Frank Stieren hat seinen Job dabei sehr gut gemacht.

Das Cover gefällt mir sehr gut, auch wenn sich der inhaltliche Bezug nicht sofort erschließt. Der deutsche Titel weicht vom englischsprachigen Original („The Binding“) deutlich ab und ist nach meiner Ansicht etwas irreführend, da es nicht um Stimmen geht.

Mein Fazit:
„Die verborgenen Stimmen der Bücher“ von Bridget Collins ist ein Roman, der sein Fantasy-Potenzial leider nicht ausschöpft. Doch trotz kleinerer Schwächen hat mich die Geschichte aufgrund ihrer Ungewöhnlichkeit gut unterhalten.

Veröffentlicht am 09.07.2019

Sommer der Geheimnisse

Das Leuchten jenes Sommers
0

Cornwall im Jahr 2009: Chloe MacAllister (28) ist seit zwei Jahren mit Aidan, einem Arzt, verheiratet. Gerade erst hat sie herausgefunden, dass sie schwanger ist. Trotz der eigentlich freudigen Nachricht ...

Cornwall im Jahr 2009: Chloe MacAllister (28) ist seit zwei Jahren mit Aidan, einem Arzt, verheiratet. Gerade erst hat sie herausgefunden, dass sie schwanger ist. Trotz der eigentlich freudigen Nachricht sind die Gefühle der Fotografin gespalten. Da erhält sie den Auftrag, mit der bekannten Kinderbuchillustratorin Madeleine Hamilton, genannt Maddy, zu arbeiten und ihr bei einem Buchprojekt zu helfen. Was Chloe auf Summerhill erfährt, lässt ihr eigenes Leben in einem neuen Licht erscheinen…

„Das Leuchten jenes Sommers“ ist ein Roman von Nikola Scott.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus 62 Kapiteln mit einer angenehmen Länge. Dabei gibt es zwei Zeitebenen. Abwechselnd wird aus der Sicht von Chloe im Jahr 2009 und in der Ich-Perspektive aus der Sicht von Maddy rund 70 Jahre früher erzählt. Der Roman endet mit einem Epilog. Dieser Aufbau wirkt durchdacht und funktioniert gut.

Der Schreibstil ist gleichsam anschaulich wie einfühlsam. Tolle Beschreibungen und viele sprachliche Bilder lassen das Geschehen vor dem inneren Auge lebendig werden. Der Einstieg in die Geschichte fiel mir sehr leicht.

Im Vordergrund stehen drei Frauen. Sowohl Chloe als auch Maddy sind interessante Protagonistinnen. Sie hatten schnell mein Mitgefühl. Auch Georgiana, Madeleines Schwester, ist ein reizvoller Charakter. Die Frauen sind recht unterschiedlich, doch vor allem Chloe und Maddys Gedanken- und Gefühlswelt ist gut nachvollziehbar. Auch die übrigen Personen wirken lebensnah.

Das Setting gefällt mir außergewöhnlich gut. Immer wieder schafft es die Autorin, Fernweh zu erzeugen.

Auch thematisch gefällt mir die Geschichte sehr. In den Anmerkungen zum Schluss verrät die Autorin, dass sie einen Roman über die Facetten der Liebe, aber keinen Liebesroman schreiben wollte. Dies ist ihr nach meiner Ansicht absolut gelungen, denn das Buch kommt ohne Kitsch aus und beleuchtet auch die dunklen Seiten der Liebe. Dennoch kann die Geschichte immer wieder emotional bewegen und bringt zum Nachdenken.

Der Roman bleibt trotz der annähernd 500 Seiten kurzweilig und unterhaltsam. Dies liegt auch daran, dass durch einige Geheimnisse ein Spannungsbogen entsteht und die Handlung überraschen kann.

Das Cover ist optisch ansprechend gestaltet. Der deutsche Titel klingt poetisch, weicht allerdings vom englischsprachigen Original („Summer of secrets“) ab, das ich inhaltlich passender finde.

Mein Fazit:
„Das Leuchten jenes Sommers“ von Nikola Scott ist sowohl berührend als auch fesselnd. Der Roman konnte mich in mehrfacher Hinsicht begeistern. Es wird sicherlich nicht das letzte Buch der Autorin bleiben, das ich gelesen habe.

Veröffentlicht am 09.07.2019

Das Geheimnis des Glücks

Die Angehörigen
0

Der plötzliche Tod seiner Frau Maida stürzt Gene Ashe in tiefe Trauer. Fast 50 Jahre waren die beiden verheiratet. Nun kommt der 70-Jährige ins Grübeln: War seine Gattin in ihrem Leben glücklich? Kannte ...

Der plötzliche Tod seiner Frau Maida stürzt Gene Ashe in tiefe Trauer. Fast 50 Jahre waren die beiden verheiratet. Nun kommt der 70-Jährige ins Grübeln: War seine Gattin in ihrem Leben glücklich? Kannte er sie eigentlich wirklich? Hatte sie Geheimnisse? Unangenehme Gedanken, Gefühle und Ängste plagen Gene. Bei der gemeinsamen Zeit mit seiner Tochter Dary, seiner Enkelin Annie und seinen langjährigen Freunden Gayle und Ed kommen ihm einige Erinnerungen in den Sinn. Doch es sind nicht nur glückliche Momente, die sie erlebt haben.

„Die Angehörigen“ ist der Debütroman von Katharine Dion.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus drei Teilen, die in 25 Kapitel mit einer angenehmen Länge untergliedert wird. Erzählt wird aus der Sicht von Gene. Immer wieder eingeflochten sind Rückblicke in die Vergangenheit. Dieser Aufbau funktioniert sehr gut.

Der Schreibstil ist besonders. Er ist einfühlsam und bildstark, gleichzeitig jedoch schnörkellos und unaufgeregt. Der Einstieg in die Geschichte fiel mir nicht schwer.

Im Vordergrund steht eindeutig Gene, dessen Gedanken- und Gefühlswelt ich gut nachvollziehen konnte. Er wirkt ebenso wie die übrigen Personen realitätsnah dargestellt. Allerdings kann ich für die Charaktere nur wenig Sympathie empfinden. Am ehesten ist dies noch beim Protagonisten der Fall. Zudem bleiben gerade die Nebenfiguren etwas blass.

Inhaltlich sind es die großen Themen, die in der Geschichte eine Rolle spielen: Verlust, Trauer, Einsamkeit, Liebe, Freundschaft, Vertrauen, Verletzungen, Betrug und einiges mehr. Der Protagonist stellt sich die existenziellen Fragen des Lebens. Dadurch gibt der Roman Anstöße zum Nachdenken und regt dazu an, sich auch über sich selbst und das eigene Leben Gedanken zu machen. Gut gefallen hat mir zudem, dass immer wieder kluge oder tiefsinnige Sätze eingestreut sind. Zwar hat mich die Geschichte emotional nicht so stark berührt, wie ich mir das erhofft hatte. Anderseits ist aber positiv anzumerken, dass sie gänzlich ohne Kitsch und übermäßige Dramatik auskommt.

Das Cover ist bunt und abstrakt gestaltet, was wenig Bezug zum Inhalt des Romans hat, aber durchaus ansprechend ist. Schön ist, dass sich der deutsche Titel am englischsprachigen Original („The dependents“) orientiert, der meiner Ansicht nach gut zur Geschichte passt.

Mein Fazit:
„Die Angehörigen“ von Katharine Dion ist ein Roman der leisen Töne, der nachdenklich macht. Eine Lektüre für ruhige Stunden, die eine Weile nachklingt.

Veröffentlicht am 09.07.2019

Last Woman Standing

Wie du mir
0

In ihrer alten Heimatstadt Austin (Texas) versucht Dana Diaz (28), als Komikerin Fuß zu fassen. Doch der Funke will beim Publikum nicht überspringen. Nach einem Auftritt, der ziemlich in die Hose gegangen ...

In ihrer alten Heimatstadt Austin (Texas) versucht Dana Diaz (28), als Komikerin Fuß zu fassen. Doch der Funke will beim Publikum nicht überspringen. Nach einem Auftritt, der ziemlich in die Hose gegangen ist, wird sie von der IT-Spezialistin Amanda Dorn angesprochen. Als Frauen in typischen Männerberufen klagen sich die Comedian mit lateinamerikanischen Wurzeln und die Programmiererin gegenseitig ihr Leid. Beide waren in der Vergangenheit Opfer von sexuellen Belästigungen und Übergriffen. Das haben sie sich lange gefallen lassen, doch das soll sich ändern. Dana und Amanda schließen einen Pakt: Jede soll sich an den Gewalttätern der jeweils anderen rächen. Damit allerdings beginnt ein Spiel, das noch weitaus gefährlicher ist, als Dana zunächst vermutet…

„Wie du mir: So ich dir“ ist ein Thriller von Amy Gentry.

Meine Meinung:
Der Thriller besteht aus 26 Kapiteln mit einer angenehmen Länge. Erzählt wird in der Ich-Perspektive aus der Sicht von Dana. Der Aufbau wirkt gut durchdacht.

Der Schreibstil ist anschaulich und – dank viel wörtlicher Rede – recht lebhaft. Der Einstieg in die Geschichte fiel mir nicht schwer. Die Handlung nimmt allerdings nur sehr langsam Fahrt auf und konnte mich in den ersten Kapiteln noch nicht fesseln.

Mit den Protagonisten kann ich mich nicht identifizieren. Nicht immer ist das Verhalten für mich nachvollziehbar. Allerdings finde ich besonders Dana nicht unsympathisch. Ihre Gedanken- und Gefühlswelt werden sehr gut deutlich. Der Autorin gelingt es, die wahren Beweggründe und Ziele der Hauptcharaktere lange im Verborgenen zu lassen, was den Reiz der Geschichte steigert und für eine etwas unheimliche Grundstimmung sorgt.

In dem mehr als 400 Seiten umfassenden Thriller wird erst Stück für Stück Spannung aufgebaut, was den ersten Teil des Buches etwas langatmig macht. Das ändert sich im weiteren Verlauf. Später kann die Geschichte mit Wendungen und unerwarteten Ereignissen überraschen.

Eine Stärke des Thrillers ist seine besondere Thematik. Gut gefallen hat mir, dass die Autorin die aktuelle „Me too“-Debatte aufgreift und literarisch verarbeitet. Sexuelle Belästigung, körperliche und verbale Übergriffe, Sexismus, Diskriminierung und ähnliche Dinge werden nicht verharmlost, sondern in den Mittelpunkt gerückt. Die Botschaft ist klar: Keine Frau sollte so etwas einfach hinnehmen (müssen). Zwar sind die im Buch beschriebenen Reaktionen darauf sicherlich extrem und nicht zur Nachahmung empfohlen. Dennoch bietet der Thriller neben dem Unterhaltungswert wichtige Denkimpulse und liefert einen Beitrag zur gesellschaftlichen Auseinandersetzung mit diesen Themen.

Die reduzierte, aber auch raffinierte Gestaltung der broschierten Ausgabe, bei der sich der Titel auf Vorder- und Rückseite des Buches erstreckt, empfinde ich als sehr gelungen. Der deutsche Titel weicht zwar stark vom amerikanischen Original („Last Woman Standing“) ab, ist aber ebenfalls treffend gewählt.

Mein Fazit:
Meinen hohen Erwartungen wurde „Wie du mir: So ich dir“ von Amy Gentry wegen des zu gemächlichen Starts zwar nicht in Gänze gerecht. Fans von Spannungsliteratur kann der Thriller dennoch unterhaltsame Lesestunden bereiten.