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Veröffentlicht am 06.03.2019

Ein Junge, ein Mädchen und ein geheimnisvoller Arzt

Das verschenkte Weinen
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Der blinde Flüchtlingsjunge Hondez und das sehende Mädchen Aristid freunden sich an und verbringen viele, viele unbeschwerte Stunden miteinander. Die Verbindung zwischen beiden wird immer stärker und mit ...

Der blinde Flüchtlingsjunge Hondez und das sehende Mädchen Aristid freunden sich an und verbringen viele, viele unbeschwerte Stunden miteinander. Die Verbindung zwischen beiden wird immer stärker und mit zunehmendem Alter wird aus der Freundschaft eine tiefempfundene Liebe. Als Aristids Vater merkt, dass er die zwei nicht trennen kann, will er Hondez von seiner Blindheit befreien. Er findet in Dr. Pretorius einen geheimnisvollen Arzt, der Hondez das Augenlicht wiedergeben will. Doch der Preis, den Aristid dafür zahlen soll, ist sehr hoch…

„Das verschenkte Weinen“ ist ein Märchen für jedes Alter von Werner Heiduczek.

Meine Meinung:
Erzählt wird eine Geschichte in der Geschichte: Auf einer Bootsfahrt unterhalten sich drei Männer, von denen einer vom Schicksal von Hondez und Aristid berichtet. Die Geschichte der beiden Liebenden wird daher immer wieder von Passagen unterbrochen, in denen es um die Männer auf dem Boot geht. Diese Struktur trifft nicht ganz meinen Geschmack.

Die beiden Protagonisten Hondez und Aristid sind sehr sympathische Charaktere. Sie wirken wie die übrigen Figuren ziemlich eindimensional. Das ist jedoch dem Genre geschuldet und hat mich deshalb nicht gestört.

Das Hörbuch ist mit einer Spieldauer von weniger als zwei Stunden recht kurz, was ich aber für ein Märchen passend finde. Beim Zuhören kommt keine Langeweile auf.

Gut gefallen hat mir die Botschaft der Geschichte: Akzeptiere, dass das Leben unvollkommen ist. Diese Aussage hat bis heute nicht an Aktualität und Gültigkeit verloren. Dabei hat der Autor das Märchen bereits zu der Zeit des DDR-Sozialismus, also vor mehr als 40 Jahren, geschrieben.

Ein Highlight des Hörbuches ist die Musik, die Marion von Tilzer eigens für die Geschichte komponiert hat. Sie selbst spielt Klavier. Zu hören sind außerdem Geige, Singende Säge und Cello. Der Soundtrack ergänzt die Geschichte auf ganz hervorragende Weise und verleiht ihr das besondere Etwas. Die Stücke werden zwischendurch eingestreut. Zudem hat der Zuhörer am Ende noch einmal die Gelegenheit, die zehn einzelnen Werke zu genießen.

Das Hörbuch wird gelesen von Alexander Pensel. Der Sprecher macht einen guten Job.

Das hübsch gestaltete Cover passt zur Geschichte und gefällt mir sehr gut. Der Titel verrät leider – ebenso wie der Klappentext – schon sehr viel.

Mein Fazit:
„Das verschenkte Weinen“ von Werner Heiduczek ist eine anrührende Geschichte. Das Hörbuch lohnt nicht nur wegen des Inhalts des Märchens, sondern vor allem auch wegen der gelungenen Musik.

Veröffentlicht am 04.03.2019

Wenn das Leben neu erblüht

Orangenblütenjahr
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Nelly Leonhardt (52) möchte noch einmal den Neustart wagen. Nach dem Tod ihres Mannes Martin hat sich ihr Leben schlagartig geändert. Sie ist jetzt nicht nur Witwe, sondern musste auch herausfinden, dass ...

Nelly Leonhardt (52) möchte noch einmal den Neustart wagen. Nach dem Tod ihres Mannes Martin hat sich ihr Leben schlagartig geändert. Sie ist jetzt nicht nur Witwe, sondern musste auch herausfinden, dass der Verstorbene eine Geliebte hatte: ausgerechnet ihre bis dato beste Freundin Viola. Und die beiden haben sogar einen gemeinsamen Sohn. Geschockt von dieser Enthüllung, beschließt Nelly, vom Odenwald nach München zu ziehen, dort einen Job anzunehmen und einen Neubeginn anzugehen. Ihre Kinder Elena (23) und Severin (19) sind davon weniger begeistert, doch sie lässt sich nicht beirren. In der Großstadt werben schon nach kurzer Zeit gleich drei Männer um sie…

„Orangenblütenjahr“ von Ulrike Sosnitza ist ein unterhaltsamer Roman.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus 32 Kapiteln mit einer angenehmen Länge. Darüber hinaus ist das Buch in fünf Teile untergliedert, die nach den Phasen eines Orangenbaums benannt sind (Knospen, Blüten, Fruchtstände, Grüne und Reife Früchte) – eine schöne Idee. Erzählt wird in der Ich-Perspektive aus der Sicht von Nelly. Dieser Aufbau gefällt mir gut.

Der Schreibstil ist flüssig, anschaulich und einfühlsam. Er wirkt durch viel wörtliche Rede sehr lebhaft. Der Einstieg in die Geschichte fiel mir leicht.

Mit Nelly steht eine sympathische Frau im Vordergrund, deren Gefühls- und Gedankenwelt ich sehr gut nachvollziehen konnte. Mir hat es gefallen, dass die Protagonistin bereits in einem etwas reiferen Alter ist, weil das in vielen Büchern dieses Genres anders ist. Nelly wird vielschichtig und detailliert dargestellt. Auch die Nebencharaktere, die gut ausgearbeitet sind, wirken insgesamt realitätsnah.

Die Handlung ist unterhaltsam und abwechslungsreich. Zwar wird inhaltlich der Schwerpunkt auf die Liebe gelegt. Dennoch kommt die Geschichte nicht zu kitschig daher, da auch einige andere Themen wie Verluste und Familienkonflikte eine wichtige Rolle spielen. Sowohl humorvolle als auch ernstere Passagen wechseln sich ab. Das sorgt zwar für eine emotional bewegende, aber nicht zu seichte Lektüre.

Ein Pluspunkt des Romans ist es, dass er viel Wert auf Beschreibungen und die Auswahl von Schauplätzen legt. Dank einer fundierten Recherche konnte ich zum Beispiel einiges über München lernen.

Das Cover ist liebevoll gestaltet. Der prägnante Titel passt gut zur Geschichte.

Mein Fazit:
„Orangenblütenjahr“ von Ulrike Sosnitza ist ein gelungener Roman, der meine Erwartungen erfüllen konnte und mir schöne Lesestunden bereitet hat.

Veröffentlicht am 25.02.2019

Zwei Hunde auf einer gefährlichen Reise

Die Ballade von Max und Amelie
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Die Hündin Narbe lebt auf einer Müllkippe und schlägt sich dort durch, nachdem ihr Bruder ihr in einem Kampf ein Auge herausgerissen hat. Sie hat viel von ihrem Lebensmut verloren, als plötzlich der Hund ...

Die Hündin Narbe lebt auf einer Müllkippe und schlägt sich dort durch, nachdem ihr Bruder ihr in einem Kampf ein Auge herausgerissen hat. Sie hat viel von ihrem Lebensmut verloren, als plötzlich der Hund Max bei der Müllkippe aufgetaucht. Sie bewahrt ihn davor, von Menschenkindern erschlagen zu werden. Er wiederum überzeugt sie, ihn auf der Suche nach seiner Menschenfamilie zu begleiten. Zusammen begeben sich die beiden auf eine gefährliche Reise…

„Die Ballade von Max und Amelie“ ist ein fantasievoller Roman von David Safier.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus 72 Kapiteln mit einer angenehmen Länge. Erzählt wird in der Ich-Perspektive aus der Sicht von Hündin Narbe, die später Amelie heißt. Der Aufbau funktioniert gut.

Der Schreibstil ist flüssig und anschaulich. Sprachlich ist der Roman an eine Ausdrucksweise angepasst, die auch von Hunden verwendet werden könnte, falls sie tatsächlich ähnlich wie Menschen denken würden. Das gefällt mir gut, obgleich dieser Versuch nicht immer ganz konsequent durchgehalten wird. Als etwas störend habe ich empfunden, dass es mehrere Vorausdeutungen gibt, die gewisse Aspekte vorwegnehmen. Der Einstieg in die Geschichte fiel mir leicht.

Die Idee, einen Erwachsenenroman zu schreiben, bei dem Hunde die Protagonisten sind, finde ich schön. Als Hauptcharaktere sind mir Narbe und Max schnell sympathisch gewesen. Beide sind recht unterschiedlich, haben aber positive Eigenschaften: Bei Narbe sind es Mut und Kampfgeist, bei Max ist es seine sanfte, liebevolle Art. Wie in einer Fabel sprechen die Hunde nicht nur innerhalb ihrer Art, sondern auch mit anderen Tieren.

Von Beginn an verspricht die Geschichte Abwechslung und Spannung. Sie nimmt gleich Fahrt auf und bleibt trotz eines eher ruhigen Mittelteils kurzweilig.

Ein Pluspunkt des Romans ist es auch, dass er sowohl traurige als auch lustige Passagen beinhaltet. Mehrfach konnte mich die Geschichte bewegen. Das liegt auch daran, dass es um universelle Themen wie Liebe, Freundschaft, Krankheit und Leid geht. Somit regt das Buch durchaus zum Nachdenken und Mitfühlen an. Leider spielt der Reinkarnationsaspekt eine zu große Rolle. Während der Autor das Thema in „Mieses Karma“ noch eher augenzwinkernd und sehr humorvoll behandelt, driftet „Die Ballade von Max und Amelie“ stark ins Spirituelle und zum Teil auch ins Kitschige ab. Vor allem gegen Ende wirkt die Geschichte damit übertrieben.

Das Cover ist stimmig. Die hübsche Gestaltung wird im Inneren des Hardcovers aufgegriffen, denn zu Beginn der Kapitel ist jeweils eine Hundesilhouette abgebildet ist. Der Titel ist durchaus passend.

Mein Fazit:
Mit „Die Ballade von Max und Amelie“ konnte mich David Safier nicht restlos begeistern. Eine kurzweilige, unterhaltsame Geschichte ist es dennoch – vor allem für Tierfreunde.

Veröffentlicht am 25.02.2019

Wenn Shakespeares „Hamlet“ doch eine andere Wendung genommen hätte

Ich, Ophelia
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Dänemark in der Zeit des 16. und 17. Jahrhunderts: Im Alter von acht Jahren kommt Ophelia an den Hof von König Hamlet, nachdem ihr Vater Polonius dort ein Ministeramt ergattern konnte. Das ungestüme Mädchen ...

Dänemark in der Zeit des 16. und 17. Jahrhunderts: Im Alter von acht Jahren kommt Ophelia an den Hof von König Hamlet, nachdem ihr Vater Polonius dort ein Ministeramt ergattern konnte. Das ungestüme Mädchen wächst nach dem Tod der Mutter mit ihrem Bruder Laertes auf. Sie ist hübsch und gebildet. Ophelia wird die Lieblingszofe von Königin Gertrud. Auch deren Sohn, der junge Prinz Hamlet, wird auf sie aufmerksam. Zwischen beiden entsteht eine heimliche Liebe, die allerdings Folgen hat…

„Ich, Ophelia“ von Lisa Klein ist eine Romanadaption von William Shakespeares „Hamlet“, die recht frei mit ihrer literarischen Vorlage umgeht.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus drei Teilen, die wiederum in 48 Kapitel mit einer angenehmen Länge untergliedert werden. Sie werden von einem Prolog und einem Epilog umrahmt. Die Handlung spielt im Zeitraum 1585 bis 1605. Erzählt wird in der Ich-Perspektive aus der Sicht von Ophelia. Dieser Aufbau funktioniert sehr gut.

Der Schreibstil ist flüssig und verständlich. Sprachlich versucht die Autorin bisweilen, sich an Shakespeare anzulehnen. Das finde ich grundsätzlich gut, aber leider wird dieser Stil nicht durchgehend durchgehalten. Erschwerend kommt hinzu, dass die deutsche Übersetzung an einigen Stellen etwas holprig ist. Der Einstieg in die Geschichte fiel mir allerdings nicht schwer.

Anders als bei Shakespeare steht in diesem Roman – wie es der Titel bereits vermuten lässt – Ophelia im Vordergrund, eine interessante Figur. Die Persönlichkeit wird detaillierter und vielschichtiger dargestellt. Wie schon im Original bleibt ihr Verhalten an einigen Stellen trotzdem etwas undurchsichtig. Im Großen und Ganzen erscheint sie mir dennoch – ebenso wie die übrigen Charaktere - recht authentisch beschrieben.

Die Grundidee, den bekannten Shakespeare-Stoff völlig neu zu interpretieren, hat mir gut gefallen. Die Prämisse, dass Ophelia überleben wird, weckt die Neugier und bietet viel Potenzial. Die zentrale Frage lautet: Wie würde die Geschichte um Hamlet enden, wenn nur Hamlet, aber nicht Ophelia sterben würde? Tatsächlich kommt der Roman mit einigen neuen Wendungen und Überraschungen daher, die ihn zu einer unterhaltsamen Lektüre machen. Dabei ist die Handlung für meinen Geschmack an einigen Stellen jedoch etwas zu übertrieben dramatisch.

Das Cover, das an ein altes Gemälde erinnert, ist stimmungsvoll und passt gut zum Roman. Mir erschließt sich nicht, warum man den prägnanten amerikanischen Originaltitel „Ophelia“ in der deutschen Version ergänzen musste. Beide Varianten sind aber natürlich inhaltlich korrekt.

Mein Fazit:
„Ich, Ophelia“ von Lisa Klein ist eine recht freie, aber unterhaltsame Interpretation des Shakespeare-Stücks. Trotz kleinerer Schwächen bietet der Roman vor allem Liebhabern klassischer Literatur eine interessante Lektüre.

Veröffentlicht am 22.02.2019

Eines Tages sind sie einfach da

Ein wirklich erstaunliches Ding
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Übermüdet macht sich April May nachts um 3 Uhr auf den Nachhauseweg. Die 23-jährige Grafikdesignerin hat noch lange gearbeitet und sehnt sich nach ihrem Bett, als sie mitten in Manhattan eine überlebensgroße ...

Übermüdet macht sich April May nachts um 3 Uhr auf den Nachhauseweg. Die 23-jährige Grafikdesignerin hat noch lange gearbeitet und sehnt sich nach ihrem Bett, als sie mitten in Manhattan eine überlebensgroße Roboterskulptur entdeckt. Schnell ist ihr Kumpel Andy Skampt zur Stelle, um ein Video fürs Netz zu drehen von dieser Art Kunstprojekt – so jedenfalls interpretiert es die junge Frau, die das Ding kurzerhand Carl tauft. Als April am nächsten Tag aufwacht, ist das Video über YouTube viral gegangen und wurde überall angeschaut. Mehr noch: Plötzlich sind auch in Dutzenden anderen Städten der Welt solche Carls aufgetaucht. Was hat es bloß mit ihnen auf sich? Unverhofft wird April May zur Expertin für die riesigen Skulpturen deklariert und steht im Zentrum des internationalen Interesses, was nicht nur positive Folgen hat…

„Ein wirklich erstaunliches Ding“ ist der Debütroman von Hank Green.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus 25 Kapiteln mit einer angenehmen Länge. Erzählt wird in der Ich-Perspektive aus der Sicht von April May. Dieser Aufbau funktioniert prima.

Der Schreibstil ist flott, locker, flüssig und anschaulich. Die Sprache ist zum Teil ziemlich flapsig und frech, definitiv recht umgangssprachlich, was aber ganz gut zu dieser Generation passt. Hilfreich für die Lektüre ist die Kenntnis der modernen Jugendsprache. Normalerweise mag ich es nicht, wenn sich der Erzähler an den Leser richtet. In diesem Fall hat mich die direkte Ansprache aber nicht gestört, weil es gut mit dem restlichen Schreibstil harmoniert. Der Einstieg in die Geschichte fiel mir leicht.

April May, deren Name ich übrigens nicht besonders originell finde, ist ein interessanter Charakter. Mir hat gut gefallen, dass sie als bisexuelle, etwas chaotische, aber durchaus selbstbewusste und aufgeweckte Person beschrieben wird. Auch wenn ich mich nicht in allen Punkten mit ihr identifizieren konnte, habe ich ihre Geschichte ganz gerne verfolgt. Sie wird etwas überspitzt und weniger realitätsnah dargestellt, ist aber eine unterhaltsame Protagonistin.

Auch inhaltlich wirkt die kreative Geschichte stellenweise übertrieben und abgedreht. Aber im Großen und Ganzen habe ich mich dennoch gut unterhalten gefühlt. Trotz der eher umfangreichen Seitenzahl wird das Lesen nicht langweilig. Es gibt mehrere Überraschungen. Zudem kommt der Humor nicht zu kurz.

Der wohl größte Pluspunkt des Romans ist seine sehr aktuelle Thematik. Es geht um das Internet, YouTube, die sozialen Medien und alles, was damit zusammenhängt. Dabei wird eine gesellschaftskritische Komponente deutlich: Die Gier nach Klicks, die negativen Folgen, die mit der Berühmtheit im Internet einhergehen können, und die Schnelligkeit, mit der sich Beiträge übers Netz verselbstständigen können, werden dargestellt.

Das Cover entspricht nicht ganz meinem Geschmack, aber passt zur Geschichte. Positiv hervorzuheben ist, dass sich der Titel stark am amerikanischen Original orientiert.

Mein Fazit:
Seinem Bruder John kann Hank Green in schriftstellerischer Hinsicht (noch) nicht das Wasser reichen. Dennoch hat „Ein wirklich erstaunliches Ding“ mir unterhaltsame Lesestunden bereitet.