Profilbild von milkysilvermoon

milkysilvermoon

Lesejury Star
offline

milkysilvermoon ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit milkysilvermoon über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 17.01.2019

Was in der Nacht vor 20 Jahren passiert ist

Der Verrat
0

Nach 20 Jahren Haft wird die 46-jährige Nane Rauch aus dem Gefängnis entlassen. Nun steht ihre Bewährungszeit an. Ihre Schwester Birgit sorgt dafür, dass sie eine Wohnung und einen Arbeitsplatz in Frankfurt ...

Nach 20 Jahren Haft wird die 46-jährige Nane Rauch aus dem Gefängnis entlassen. Nun steht ihre Bewährungszeit an. Ihre Schwester Birgit sorgt dafür, dass sie eine Wohnung und einen Arbeitsplatz in Frankfurt hat. Vieles hat sich geändert, doch die Schuld lastet nach wie vor schwer auf Nane. Das Verhältnis zu ihrer anderen Schwester, Pia, hat schwer gelitten. Diese lebt mit ihrem Mann auf einem Weingut an der Saar und arbeitet als Restauratorin. Plötzlich tritt Nane wieder in ihr Leben. Damit ist die Zeit der Wahrheit, aber auch der Rache gekommen…

„Der Verrat“ ist der zweite Spannungsroman von Ellen Sandberg.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus 17 Kapiteln. Davon spielen einige in den Jahren 1997/1998 und einige in der Gegenwart, also im Jahr 2018. Somit entstehen zwei Erzählstränge. Erzählt wird dabei aus der Sicht mehrerer Personen. Zudem beginnt der Roman mit einem spannenden Prolog. Dieser Aufbau funktioniert ganz gut.

Der Schreibstil ist angenehm, anschaulich und flüssig. Der Einstieg in die Geschichte fiel mir leicht. Ich habe das Buch nur ungern zur Seite gelegt.

Mit Nane und ihren Schwester Birgit und Pia stehen vor allem drei Frauen im Vordergrund der Geschichte. Sie werden wie die übrigen Personen überwiegend realitätsnah und vielschichtig dargestellt. Allerdings blieben mir die Protagonistinnen auch recht fern.

Schon ab den ersten Seiten ist die Handlung spannend. Darüber hinaus hat der Roman auch im weiteren Verlauf einige Überraschungen und falsche Fährten zu bieten. Durch die rückblickenden Kapitel wird die ganze Geschichte Stück für Stück aufgedeckt. Bis zum Ende bleibt der Roman dadurch trotz der eher hohen Seitenzahl und einiger Längen unterhaltsam und fesselnd. Die Auflösung erscheint plausibel.

Gut gefallen hat mir, dass es in dem Roman um eine Vielzahl an emotional belegten Themen wie Liebe, Eifersucht, Schuld, Geheimnisse, Lügen, Hass und Rache geht. Alles zusammen ergibt ein komplexes Familiendrama und bietet Einblicke in die Abgründe der menschlichen Seele.

Das atmosphärische Cover trifft meinen Geschmack und passt gut zum Inhalt der Geschichte. Das gilt auch für den kurzen, aber prägnanten Buchtitel.

Mein Fazit:
„Der Verrat“ von Ellen Sandberg ist eine fesselnde Lektüre, die für schöne Lesestunden sorgt. Empfehlenswert ist der Roman vor allem für Fans von Spannungsliteratur.

Veröffentlicht am 14.01.2019

Ein neues Leben im Zirkus

Töchter der Lüfte
0

Europa zu der Zeit des Zweiten Weltkriegs: Die junge Holländerin Isa hat alles verloren. Ihr Vater verstößt sie von Zuhause, nachdem sie von einem deutschen Soldaten schwanger wurde. Ihr leibliches Kind ...

Europa zu der Zeit des Zweiten Weltkriegs: Die junge Holländerin Isa hat alles verloren. Ihr Vater verstößt sie von Zuhause, nachdem sie von einem deutschen Soldaten schwanger wurde. Ihr leibliches Kind wird ihr kurz nach der Geburt entrissen. Doch kurze Zeit später rettet sie ein anderes, jüdisches Baby vor dem Abtransport in ein KZ. Bei einem Zirkus finden die beiden Zuflucht und bleiben unerkannt. Dort trifft sie auf die einige Jahre ältere Artistin Astrid, den Spross einer Zirkusfamilie, die selbst jedoch ein Geheimnis bewahren muss. Beim riskanten und anstrengenden Training am Trapez müssen sie zusammenarbeiten und nähern sich einander an. Die Freundschaft wird allerdings auf eine harte Probe gestellt…

„Töchter der Lüfte“ ist ein historischer Roman von Pam Jenoff.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus 27 Kapiteln mit einer angenehmen Länge, die von einem Prolog und einem Epilog umschlossen werden. Erzählt wird im Präsens in der Ich-Perspektive – und zwar abwechselnd aus der Sicht von Isa und Astrid. Dieser Aufbau funktioniert sehr gut und schafft durch mehrere Cliffhanger Spannung.

Der Schreibstil ist anschaulich, flüssig und lebhaft. Der Einstieg in die Geschichte fiel mir sehr leicht.

Im Mittelpunkt stehen zwei recht unterschiedliche Frauen: Isa und Astrid, die eigentlich Johanna heißt. Beide Schicksale konnten mich sehr berühren. Vor allem Isa hatte schnell mein Mitgefühl, wobei ich Astrid aber ebenfalls nicht unsympathisch fand. Auch die anderen Charaktere werden authentisch dargestellt.

Ein Pluspunkt des Romans ist es, dass er auf wahren historischen Begebenheiten basiert. Die interessante Anmerkung der Autorin beleuchtet die Hintergründe und belegt ihre fundierte Recherche. Gut gefallen hat mir auch, dass in der Geschichte weniger bekannte Aspekte des Zweiten Weltkriegs wie die Verfolgung von jüdischen Zirkusleuten in den Fokus rücken.

Inhaltlich geht es nicht nur um die Schicksale der Juden und die sonstigen Grausamkeiten im Dritten Reich – innerhalb und außerhalb der damaligen Landesgrenzen. Auch die Themen Liebe, Freundschaft und Zusammenhalt spielen eine wichtige Rolle. Dabei driftet die Autorin nicht zu sehr ins Kitschige ab und schafft es dennoch, mit der Geschichte zu bewegen.

Trotz der eher hohen Seitenzahl gibt es kaum Längen. Die Handlung wirkt schlüssig. Durch einige Wendungen bleibt die Geschichte größtenteils kurzweilig.

Das Cover der deutschen Taschenbuchausgabe mutet nostalgisch an und trifft meinen Geschmack. Der deutsche Titel weicht zwar stark vom Original („The orphan’s tale“) ab, passt aber gut zum Inhalt.

Mein Fazit:
„Töchter der Lüfte“ ist eine gefühlvoll erzählte Geschichte von Pam Jenoff. Eine emotional bewegende Lektüre, die nicht nur eingefleischten Fans von historischen Romanen schöne Lesestunden bereitet.

Veröffentlicht am 11.01.2019

Die verschollene Halbschwester

Zwischen uns ein ganzes Leben
0

Kanada im Jahr 1982: Jacobina Grunberg, kurz Jackie, gibt ihrem 82-jährigen Vater Lica auf seinem Sterbebett ein Versprechen. Sie soll ihre Halbschwester Judith Goldemberg, von der sie bis dato nichts ...

Kanada im Jahr 1982: Jacobina Grunberg, kurz Jackie, gibt ihrem 82-jährigen Vater Lica auf seinem Sterbebett ein Versprechen. Sie soll ihre Halbschwester Judith Goldemberg, von der sie bis dato nichts wusste, finden. Diese hat mit ihrer Mutter in Paris gelebt. In den Wirren des Zweiten Weltkriegs brach der Kontakt ab. Lange schiebt Jacobina das Einlösen des Versprechens auf, doch dann wird auch ihre eigene Zeit knapp. Mit der Hilfe der jungen Französin Béatrice will die inzwischen 71-Jährige endlich ihre Halbschwester ausfindig machen…

„Zwischen uns ein ganzes Leben“ ist der Debütroman von Melanie Levensohn.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus zwölf Kapiteln, die etwas zu lang geraten sind. Immer wieder wird in der Zeit hin- und hergesprungen. Zum Teil spielt die Geschichte im Paris der 1940er-Jahre, zum Teil in den USA in der jüngeren Vergangenheit. Darüber hinaus ist das erste Kapitel im Jahr 1982 in Kanada verortet. Manchen Kapiteln und Abschnitten ist eine Zeit- und Ortsangabe vorangestellt, anderen nicht. Erzählt wird aus der Sicht unterschiedlicher Personen, unter anderem aus der Ich-Perspektive aus der Sicht von Judith. Diese Uneinheitlichkeit hat in Verbindung mit den Sprüngen dazu geführt, dass es nicht leicht war, sich in der Geschichte zu orientieren.

Der Schreibstil wiederum war genau nach meinem Geschmack. Er ist sehr angenehm, anschaulich, lebhaft und zugleich einfühlsam.

Im Mittelpunkt des Romans stehen drei Frauen. Die Charaktere finde ich sehr interessant. Ich habe ihre Entwicklung gerne verfolgt. Die Protagonisten wirken authentisch, hätten jedoch noch eine Spur detaillierter dargestellt werden können.

Die Geschichte nimmt nur langsam Fahrt auf. Der Roman hat jedoch einige Wendungen zu bieten, sodass es trotz der recht hohen Seitenzahl kaum zu Längen kommt.

Durch die Thematik – der Krieg, die Judenverfolgung und die weiteren grausamen Umstände – ist der Roman keine leichte Kost, aber eine emotionale Lektüre. Auch die Aspekte Liebe und Freundschaft spielen eine große Rolle. Insgesamt konnte mich das Buch sehr bewegen.

Gut gefallen hat mir, dass die Geschichte auf einer wahren Begebenheit basiert: Die Autorin schreibt über ihre Namensvetterin Melanie Levensohn. Die junge französische Studentin, eine Jüdin, ist in den 1940er-Jahren nach Auschwitz deportiert worden. Nach ihrer Hochzeit hat die Autorin von deren traurigem Schicksal erfahren. An mehreren Stellen im Buch wird die fundierte Recherche deutlich. Gekonnt verwebt die Schriftstellerin Fiktion und historische Fakten.

Sehr hübsch finde ich das nostalgisch anmutende Cover, das in eine andere Zeit entführt. Der Titel ist treffend gewählt.

Mein Fazit:
„Zwischen uns ein ganzes Leben“ von Melanie Levensohn ist ein berührender Roman, mit dem ich schöne Lesestunden zugebracht habe. Eine unterhaltsame Lektüre für alle, die Familiengeschichten und historische Romane mögen.

Veröffentlicht am 10.01.2019

Eine Spurensuche in Süditalien

Mein italienischer Vater
0

Als ihre Mutter Magdalena an Krebs stirbt, stürzt die 29-jährige Laura Wind in ein tiefes Loch. Auch nach einer Reha geht es ihr nicht viel besser. Doch dann lernt sie in einem Café in München den Arzt ...

Als ihre Mutter Magdalena an Krebs stirbt, stürzt die 29-jährige Laura Wind in ein tiefes Loch. Auch nach einer Reha geht es ihr nicht viel besser. Doch dann lernt sie in einem Café in München den Arzt David kennen. Er hilft ihr, mit dem Verlust besser klarzukommen. Aber die frische Verliebtheit erhält schnell einen Dämpfer, denn der scheinbar perfekte Mann erwartet mit seiner Exfreundin ein Kind. Nach der Trennung entscheidet sich Laura spontan, nach Süditalien zu ihrem Vater zu fahren. Es ist Jahre her, seit sie ihn zuletzt gesehen hat. Emilio sitzt im Rollstuhl. An seiner Seite ist Gianna, die ihn schon immer geliebt hat. Das Auftauchen der Tochter könnte ihr Glück zerstören. Und schon bald muss Laura feststellen, dass sie die Wahrheit über ihre Familie nicht kennt…

„Mein italienischer Vater“ ist der Debütroman von Anika Landsteiner.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus 45 Kapiteln mit einer angenehmen Länge. Eingeflochten sind immer wieder Erinnerungen, zum Beispiel an den Urlaub oder den Geburtstag. Der Roman beginnt mit einem Prolog. Erzählt wird vorwiegend, aber nicht nur aus der Perspektive von Laura. Dieser Aufbau funktioniert gut.

Der Schreibstil ist angenehm, flüssig, anschaulich und einfühlsam. Gut gefallen haben mir unter anderem die Beschreibungen der schönen Landschaft, die für Fernweh sorgen. Die Geschichte nimmt nur langsam Fahrt auf, was mich allerdings nicht gestört hat. Der Einstieg fiel mir sehr leicht.

Im Mittelpunkt steht Laura. Ich konnte mich zwar nicht mit ihr identifizieren, ihre Gedanken und Gefühle jedoch sehr gut nachvollziehen. Ich habe ihre Entwicklung gerne verfolgt. Sie wird – wie die übrigen Charaktere – sehr detailliert und authentisch gezeichnet.

Die Grundthemen des Romans finde ich sehr ansprechend: Verlust und Trauer, Identitätssuche und die Reise zu den eigenen Wurzeln. Sie machen das Buch zu einer emotional bewegenden, aber nicht kitschigen Lektüre. Immer wieder dreht sich die Geschichte zudem um eine Frage: „Was will ich wirklich?“

Obwohl die Geschichte meist ruhig daherkommt und erst zum Ende hin die Dramatik zunimmt, wird das Lesen nicht ermüdend. Der Autorin gelingt es, trotz der recht hohen Seitenzahl keine Langeweile aufkommen zu lassen. Das mag vielleicht auch daran liegen, dass viel Atmosphäre transportiert wird. Jedenfalls habe ich das Buch nur ungerne zur Seite gelegt.

Das moderne Cover lässt mich etwas zwiespältig zurück. Es zieht zwar Blicke auf sich, erschließt sich mir aber nicht so ganz. Wunderbar treffend finde ich den prägnanten Titel, der in seiner Farbgebung an die italienische Flagge erinnert.

Mein Fazit:
„Mein italienischer Vater“ von Anika Landsteiner ist ein berührender Roman, der mir schöne Lesestunden bereitet hat. Empfehlenswert vor allem für diejenigen, die vor einer ruhigen Geschichte mit melancholischen Tönen nicht zurückschrecken.

Veröffentlicht am 08.01.2019

Blondes Gift?

Stella
0

Berlin im Kriegsjahr 1942: Friedrich, ein stiller junger Mann aus wohlhabendem Haus, kommt nach Nazi-Deutschland. In einer Kunstschule trifft der Schweizer, dessen Mutter sich als Künstlerin definiert, ...

Berlin im Kriegsjahr 1942: Friedrich, ein stiller junger Mann aus wohlhabendem Haus, kommt nach Nazi-Deutschland. In einer Kunstschule trifft der Schweizer, dessen Mutter sich als Künstlerin definiert, die attraktive Kristin. Die Blondine nimmt Friedrich mit in die verbotenen Jazzclubs. Sie singt. Beide trinken und feiern zusammen. Bei ihr kann er sich einbilden, der Krieg sei weit weg. Die beiden werden zu einem Paar. Doch eines Morgens klopft Kristin an seine Tür, verletzt, mit Striemen im Gesicht. Sie gesteht: „Ich habe dir nicht die Wahrheit gesagt." Sie heißt Stella, ist Jüdin und hat ein furchtbares Geheimnis…

„Stella“ von Takis Würger ist ein sehr besonderer historischer Roman.

Meine Meinung:
Erzählt wird in der Ich-Perspektive aus der Sicht von Friedrich. Jedes Kapitel beginnt mit einer Aufzählung von historischen Ereignissen in diesem Monat. Eingebettet sind Briefe und die protokollierten Zeugenaussagen aus einem Prozess. Darüber hinaus endet der Roman mit einem Epilog. Dieser Aufbau funktioniert gut.

Der Schreibstil wirkt recht reduziert und schnörkellos, aber dennoch intensiv und fesselnd. Mit nur wenigen Worten und Sätzen entfaltet sich immer wieder eine Sprachgewalt, die das Können des Autors eindrucksvoll demonstriert. Viel wörtliche Rede, eine dichte Atmosphäre und pointierte Formulierungen kennzeichnen den Roman.

Mit Friedrich und Stella stehen zwei reizvolle, recht unterschiedliche Charaktere im Mittelpunkt. Beide habe ich als interessant empfunden. Auch die übrigen Personen wirken authentisch.

Fakten und Fiktion werden auf gekonnte Weise miteinander verwoben. Gut gefallen hat mir, dass der Roman mit Stella Goldschlag eine historische Persönlichkeit in den Fokus nimmt: die jüdische Gestapo-Kollaborateurin, die während des Zweiten Weltkriegs versteckte Juden in Berlin aufspürte und sie denunzierte. Der Roman hat mich dazu inspiriert, mehr über diese Frau erfahren zu wollen.

Darüber hinaus bietet die Geschichte viel Stoff zum Diskutieren und Nachdenken. Es geht um Schuld, Verrat, Moral, Liebe und den Kampf ums Überleben in einer grausamen Zeit. Immer wieder wird die Frage aufgeworfen: Wie hätte ich selbst gehandelt? Das macht den Roman zu einer anspruchsvollen und schwer verdaulichen, aber auch lohnenden Lektüre.

Das kontrastreiche Cover und die tolle Aufmachung des Hardcovers sind äußerst gelungen. Auch der prägnante Titel passt gut zum Inhalt und trifft meinen Geschmack.

Mein Fazit:
„Stella“ von Takis Würger ist ein sprachlich herausragender, aufwühlender und berührender Roman. Eine beeindruckende Lektüre, die ich wärmstens empfehlen kann und die noch eine Weile bei mir nachhallen wird.
Berlin im Kriegsjahr 1942: Friedrich, ein stiller junger Mann aus wohlhabendem Haus, kommt nach Nazi-Deutschland. In einer Kunstschule trifft der Schweizer, dessen Mutter sich als Künstlerin definiert, die attraktive Kristin. Die Blondine nimmt Friedrich mit in die verbotenen Jazzclubs. Sie singt. Beide trinken und feiern zusammen. Bei ihr kann er sich einbilden, der Krieg sei weit weg. Die beiden werden zu einem Paar. Doch eines Morgens klopft Kristin an seine Tür, verletzt, mit Striemen im Gesicht. Sie gesteht: „Ich habe dir nicht die Wahrheit gesagt." Sie heißt Stella, ist Jüdin und hat ein furchtbares Geheimnis…

„Stella“ von Takis Würger ist ein sehr besonderer historischer Roman.

Meine Meinung:
Erzählt wird in der Ich-Perspektive aus der Sicht von Friedrich. Jedes Kapitel beginnt mit einer Aufzählung von historischen Ereignissen in diesem Monat. Eingebettet sind Briefe und die protokollierten Zeugenaussagen aus einem Prozess. Darüber hinaus endet der Roman mit einem Epilog. Dieser Aufbau funktioniert gut.

Der Schreibstil wirkt recht reduziert und schnörkellos, aber dennoch intensiv und fesselnd. Mit nur wenigen Worten und Sätzen entfaltet sich immer wieder eine Sprachgewalt, die das Können des Autors eindrucksvoll demonstriert. Viel wörtliche Rede, eine dichte Atmosphäre und pointierte Formulierungen kennzeichnen den Roman.

Mit Friedrich und Stella stehen zwei reizvolle, recht unterschiedliche Charaktere im Mittelpunkt. Beide habe ich als interessant empfunden. Auch die übrigen Personen wirken authentisch.

Fakten und Fiktion werden auf gekonnte Weise miteinander verwoben. Gut gefallen hat mir, dass der Roman mit Stella Goldschlag eine historische Persönlichkeit in den Fokus nimmt: die jüdische Gestapo-Kollaborateurin, die während des Zweiten Weltkriegs versteckte Juden in Berlin aufspürte und sie denunzierte. Der Roman hat mich dazu inspiriert, mehr über diese Frau erfahren zu wollen.

Darüber hinaus bietet die Geschichte viel Stoff zum Diskutieren und Nachdenken. Es geht um Schuld, Verrat, Moral, Liebe und den Kampf ums Überleben in einer grausamen Zeit. Immer wieder wird die Frage aufgeworfen: Wie hätte ich selbst gehandelt? Das macht den Roman zu einer anspruchsvollen und schwer verdaulichen, aber auch lohnenden Lektüre.

Das kontrastreiche Cover und die tolle Aufmachung des Hardcovers sind äußerst gelungen. Auch der prägnante Titel passt gut zum Inhalt und trifft meinen Geschmack.

Mein Fazit:
„Stella“ von Takis Würger ist ein sprachlich herausragender, aufwühlender und berührender Roman. Eine beeindruckende Lektüre, die ich wärmstens empfehlen kann und die noch eine Weile bei mir nachhallen wird.