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Veröffentlicht am 21.02.2018

Die Grauen des Nationalsozialismus

Die Vergessenen
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Manolis Lefteris, Mitte 40 und Autohändler in München, ist ein Mann für besondere Aufträge. In seinem aktuellen Fall soll er einer alten Frau, Kathrin Mändler, Akten wegnehmen. Die Seniorin, eine ehemalige ...

Manolis Lefteris, Mitte 40 und Autohändler in München, ist ein Mann für besondere Aufträge. In seinem aktuellen Fall soll er einer alten Frau, Kathrin Mändler, Akten wegnehmen. Die Seniorin, eine ehemalige Krankenschwester, befindet sich wegen eines Schlaganfalls gerade im Krankenhaus. Doch ihre Nichte, die Journalistin Vera Mändler, wird ebenfalls auf die Unterlagen aufmerksam und wittert eine gute Story. Manolis ahnt nicht, dass er im Begriff ist, ein Verbrechen aufzudecken, das Generationen überdauert hat ...

„Die Vergessenen“ ist ein Familienroman von Inge Löhnig, veröffentlicht unter dem Pseudonym Ellen Sandberg.

Meine Meinung:
Erzählt wird die Geschichte aus unterschiedlichen Perspektiven. Dabei hat das Buch drei Erzählstränge. Der Roman spielt außerdem auf zwei Zeitebenen: In der einen geht es um das Jahr 2013 in München, in der anderen um das Jahr 1944 in Winkelberg. Dieser Aufbau hat mir gut gefallen.

Der Schreibstil ist flüssig und gleichzeitig anschaulich. Trotz der eher hohen Seitenanzahl ließ sich das Buch daher schnell lesen.

Ich hatte ein wenig Probleme, in die Geschichte hineinzukommen. Nach dem packenden Prolog ist der Anfang des Romans eher schleppend, die ersten Kapitel dümpeln dahin. Bis richtige Spannung aufkommt, dauert es ungewöhnlich lange. Daher hatte die Geschichte für mich einige Längen. Erst relativ spät nimmt die Handlung richtig an Fahrt auf, deshalb konnte mich der Roman nicht sofort fesseln.

Die Figuren sind vielschichtig angelegt. Ich habe mich allerdings etwas schwer damit getan, mich mit den Hauptprotagonisten zu identifizieren oder Sympathie für sie zu entwickeln. Weder zu Manolis noch zu Vera konnte ich sofort einen Zugang finden. Das besserte sich aber im Verlauf des Romans.

Das Thema des Romans dagegen hat mich sofort angesprochen. Ich finde es wichtig, dass die Euthanasie während der Zeit der Nationalsozialisten auch literarisch verarbeitet wird, weil diese bisher nur wenig Berücksichtigung fand. Die Heil- und Pflegeanstalt Winkelberg in einem Roman aufzugreifen, das war in meinen Augen eine gute Entscheidung. Das Buch ist dadurch erschütternd und regt zum Nachdenken an. Generell mag ich Geschichten sehr gerne, die auf wahren Begebenheiten basieren. Man merkt dem Roman zudem an, dass viel Recherche darin steckt.

Der Titel ist angesichts des Themas sehr treffend gewählt. Das Cover finde ich ansprechend.

Mein Fazit:
„Die Vergessenen“ von Ellen Sandberg ist trotz kleiner Schwächen in der Umsetzung ein lesenswerter Roman zu einem wichtigen Thema. Es ist keine leichte Kost.

Veröffentlicht am 20.02.2018

Eine Hommage an die Welt der Sprache

Der Wortschatz
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„Wir dürfen die Menschen nicht nur verteufeln. Wir brauchen sie, sie lesen und schreiben uns. Sie lassen uns existieren.“ Diese Aussagen des Vaters kann ein Wort nicht glauben und auch nicht verstehen ...

„Wir dürfen die Menschen nicht nur verteufeln. Wir brauchen sie, sie lesen und schreiben uns. Sie lassen uns existieren.“ Diese Aussagen des Vaters kann ein Wort nicht glauben und auch nicht verstehen – bis es auf einmal durch ein traumatisches Erlebnis seinen Sinn verliert. Ganz allein muss sich das Wort auf eine abenteuerliche Reise durch die Welt der Sprache machen. Auf der Suche nach sich selbst gilt es, einige Herausforderungen zu meistern.

„Der Wortschatz“ ist der ungewöhnliche Debütroman von Elias Vorpahl.

Meine Meinung:
Neben einem Pro- und einem Epilog besteht das Buch aus elf kurzen Kapiteln. Erzählt wird die Geschichte aus der Sicht des Wortes.

Nicht nur der Inhalt des Romans bildet die unterschiedlichen Facetten der Sprache ab, sondern auch sein Stil: Tolle Wortspiele, Sprachbilder, Metaphern und andere rhetorische Figuren konnten mich begeistern. Das erfordert zwar ein aufmerksames Lesen. Der Schreibstil hat mir aber gerade deswegen sehr gut gefallen. Er lässt auch etwas großzügiger darüber hinwegsehen, dass kein großer Verlag an dem Werk beteiligt ist und so einige Orthografie- beziehungsweise Tippfehler vor dem Druck unentdeckt blieben.

Die Grundidee des Romans, Worte lebendig werden zu lassen, finde ich außerordentlich kreativ und ungewöhnlich. Die Handlung, die mehrere Wendungen zu bieten hat, ist stimmig und bis zur letzten Seite schlüssig. Anrührende Szenen wechseln sich mit spannenden Passagen ab. Dabei wird die Geschichte zu keiner Zeit langatmig, sondern bleibt abwechslungsreich.

Neben den sprachlichen Aspekten, die auf mein persönliches Interesse stießen, werden auch philosophische Gedanken ausgesprochen. Das Buch regt zum Nachdenken an und liefert wichtige Denkanstöße. Ein weiterer Pluspunkt für mich.

Das Wort war mir schnell sympathisch, so dass ich mit dem Hauptprotagonisten mitgefiebert und die Geschichte sehr gerne verfolgt habe. Allerdings hatte ich aufgrund der Abstraktheit der Charaktere zeitweise etwas Probleme, mir die Figuren des Romans genau vorzustellen. Auch nach dem letzten Kapitel blieben für mich mehrere Fragen offen. Zum Beispiel: Warum haben einige Worte eine Tiergestalt und welche Gestalt haben die übrigen Worte? Gibt es jedes Wort und jedes Wörtchen nur einmal oder mehrfach? Zu diesen Fragen hätte ich mir weitere Details gewünscht. In diesem Punkt schwächelt die Umsetzung ein wenig. Einige Seiten mehr hätten dem Roman daher nicht geschadet.

Hilfreich sind beim Verständnis allerdings die allesamt geschmack- und liebevollen Illustrationen, die den Roman inhaltlich und optisch bereichern. Sie sind besonders und passen – wie auch das gelungene Cover – sehr gut zur Geschichte. Auch der Titel ist treffend gewählt und ganz nach meinem Geschmack.

Mein Fazit:
„Der Wortschatz“ von Elias Vorpahl ist ein einzigartiger und sehr kreativer Roman, in dem viel Liebe steckt. Es ist eine lesenswerte Geschichte – nicht nur für Sprachliebhaber und Fans des Genres Fantasy.

Veröffentlicht am 14.02.2018

Mysteriöse Ereignisse auf hoher See

Woman in Cabin 10
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Die Londoner Reisejournalistin Laura Blackwood, kurz Lo, ist Passagierin bei der Jungfernfahrt des exklusiven Luxuskreuzfahrtschiffs „Aurora Borealis“ durch die norwegischen Fjorde. Für sie ist die Fahrt ...

Die Londoner Reisejournalistin Laura Blackwood, kurz Lo, ist Passagierin bei der Jungfernfahrt des exklusiven Luxuskreuzfahrtschiffs „Aurora Borealis“ durch die norwegischen Fjorde. Für sie ist die Fahrt eine gute Gelegenheit, ihrer Karriere bei einem Magazin auf die Sprünge zu helfen. Doch schon in der ersten Nacht auf See weckt sie ein Schrei aus der Nachbarkabine, der Nummer 10. Lo hört, wie etwas Schweres ins Wasser geworfen wird. Und plötzlich ist die junge Frau aus der anderen Kabine weg, mit der sie am Vortag gesprochen hat. Lo alarmiert den Sicherheitsoffizier. Doch dann sind alle Hinweise verschwunden, dass die andere Frau jemals an Bord war. Hat sich Lo etwa alles nur eingebildet? Oder ist tatsächlich etwas Schlimmes passiert?

„Woman in Cabin 10“ ist ein spannender Thriller der Autorin Ruth Ware.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus mehreren Teilen, die wiederum in Kapitel untergliedert sind. Außerdem werden immer wieder kurze Einschübe zwischen den Kapiteln eingestreut, zum Beispiel Mails. Erzählt wird überwiegend aus der Ich-Perspektive aus der Sicht von Lo. Dieser Aufbau hat mir sehr gut gefallen.
Den flüssigen Schreibstil finde ich ebenfalls angenehm. Die Sprache ist klar und anschaulich. Gleichzeitig gelingt es gut, die Gedanken- und Gefühlswelt von Lo zu schildern.

Die Hauptprotagonistin wird authentisch dargestellt. Allerdings kommt sie unsympathisch rüber und sie hat mich teilweise etwas genervt. Mit einigen anderen Charakteren dagegen wurde ich schneller warm, obwohl diese größtenteils eher blass bleiben.

Durch den spannenden Einstieg bin ich gut in die Geschichte reingekommen und habe gespannt gelesen. Dann plätschert die Geschichte längere Zeit vor sich hin und hat einige Längen, bevor sie im weiteren Verlauf wieder fesselnder wird. Zum Ende hin konnte ich das Buch kaum noch aus der Hand legen.

Die Handlung ist stimmig. Dabei erwarten den Leser einige Wendungen. Auch die Auflösung wirkt auf mich glaubwürdig.

Cover und Titel sind nahezu identisch zum englischen Original und sagen mir beide zu. Sie sind ansprechend und passen gut zum Inhalt.

Mein Fazit:
„Woman in Cabin 10“ von Ruth Ware ist ein gelungener Thriller mit nur kleineren Schwächen, der mich gut unterhalten und für spannende Lesestunden gesorgt hat.

Veröffentlicht am 06.02.2018

Was man an Regentagen machen kann

Das Glück an Regentagen
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Seit Generationen lebt die Familie Summers am Ufer des St. Lorenz-Stroms. Mae Summers und Gabriel Broadbent sind zusammen im Summers‘ Inn in Alexandria Bay aufwachsen. Ein schwerer Schicksalsschlag verbindet ...

Seit Generationen lebt die Familie Summers am Ufer des St. Lorenz-Stroms. Mae Summers und Gabriel Broadbent sind zusammen im Summers‘ Inn in Alexandria Bay aufwachsen. Ein schwerer Schicksalsschlag verbindet die beiden. Am Fluss haben sie gemeinsam ihre erste Liebe erlebt. Doch eines Tages ist Gabe weg. Mae ist am Boden zerstört. Sie zieht nach New York City und beginnt ein neues Leben. Zehn Jahre später, kurz nach der Trennung von ihrem Verlobten, einem Betrüger, kehrt Mae zurück nach Alexandria Bay. Aber dort ist nicht so wie früher: Ihre Großeltern haben sich verändert.

„Das Glück an Regentagen“ von Marissa Stapley ist ein bewegender Roman, der von der Liebe, von Schicksalsschlägen und Geheimnissen erzählt.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus drei Teilen, die wiederum in mehrere Kapitel untergliedert sind. Zudem gibt es drei Rückblenden und einen Epilog. Erzählt wird die Geschichte aus unterschiedlichen Perspektiven – zum Beispiel die von Mae und ihrer Großmutter. Dieser Aufbau spricht mich an, erforderte aber auch etwas Aufmerksamkeit beim Lesen. Letzteres gilt besonders auch im Hinblick auf die Zeitsprünge im Roman. Kreativ fand ich ebenfalls die Idee, Vorschläge für Regentage an den Anfang der Kapitel zu stellen.

Der Schreibstil ist angenehm, flüssig und einfühlsam. Er gefällt mir sehr gut.

Auch inhaltlich konnte mich die Geschichte überzeugen. Die Hauptprotagonisten des Romans, Mae und Gabe, waren mir schnell sympathisch. Aber auch die Nebenfiguren fand ich super. Die Auswahl der Charaktere ist abwechslungsreich, denn es werden Personen aus unterschiedlichen Generationen in den Vordergrund gerückt.

Positiv finde ich auch, dass der Roman dadurch nicht nur eine, sondern gleich mehrere Schicksale erzählt. Es geht um Krankheit und Verlust, um Enttäuschungen und Missverständnisse, um Schuld und sonstige Schwierigkeiten in menschlichen Beziehungen, aber auch um die wahre Liebe. Diese unterschiedlichen Facetten machen das Buch vielschichtig und verleihen ihm Tiefe. Dabei ist der Roman emotional und gefühlvoll, ohne jedoch zu kitschig zu werden.

Das Cover ist sehr hübsch gestaltet und hat sofort meine Aufmerksamkeit erregt. Auch der deutsche Titel, der etwas vom amerikanischen Original abweicht („Things to do when it’s raining“), ist passend gewählt und trifft meinen Geschmack.

Mein Fazit:
„Das Glück an Regentagen“ von Marissa Stapley ist ein Liebes- und Familienroman, der sich in Form und Inhalt positiv von anderen Büchern des Genres abhebt. Er hat für unterhaltsame Lesestunden gesorgt.

Veröffentlicht am 01.02.2018

Einblicke in die männliche Seele

Die Herzen der Männer
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Nelson Doughty ist ein Außenseiter und eine Enttäuschung für seinen Vater. Der 13-Jährige hat scheinbar weder Freunde noch ein Selbstbewusstsein. Doch Clete Doughty irrt, was seinen Sohn angeht: Nelson ...

Nelson Doughty ist ein Außenseiter und eine Enttäuschung für seinen Vater. Der 13-Jährige hat scheinbar weder Freunde noch ein Selbstbewusstsein. Doch Clete Doughty irrt, was seinen Sohn angeht: Nelson ist nicht allein. In dem beliebten Jonathan, den er aus dem Pfadfinderlager in Wisconsin kennt, findet er einen Freund, der ihn vor dem Mobbing der anderen in Schutz nimmt. Doch warum freundet sich Jonathan überhaupt mit dem Einzelgänger an? Und stand er immer so rückhaltlos zu ihm? Das Leben verlangt Nelson, Jonathan und dessen Familie so einige Prüfungen ab, die die Freundschaft der beiden auf eine harte Probe stellen.

„Die Herzen der Männer“ von Nickolas Butler ist ein generationenübergreifender Roman.

Meine Meinung:
Erzählt wird die Geschichte im Präsens in 48 Kapiteln. Unterteilt ist der Roman außerdem in vier Teile: Der erste spielt im Sommer 1962 und zeigt die Perspektive Nelsons, der zweite betrifft den Sommer 1996 und legt den Fokus auf Jonathan und dessen Sohn Trevor, der dritte ist wiederum im Sommer 2019 angesiedelt und stellt Trevors Sohn in den Mittelpunkt. Der vierte Teil, der im Herbst 2019 spielt, ist relativ kurz. Normalerweise mag ich Romane mit mehreren Zeitebenen sehr gerne. In diesem Fall hatte ich etwas anders erwartet und ein Problem mit dem Aufbau des Buches, weil ich die Zeitsprünge als zu extrem empfunden habe. Auch die wechselnden Hauptpersonen haben mich gestört, weil es mir so schwerfiel, eine Nähe zu den Charakteren aufzubauen. Zwar gibt es verbindende Elemente, die nicht nur im ersten, sondern auch in den anderen Teilen immer wieder auftauchen wie Nelson und das Camp der Pfadfinder. Dennoch finde ich die Umsetzung insgesamt weniger gut gelungen.

Sprachlich konnte mich der Roman dagegen vollends überzeugen. Der Schreibstil ist flüssig, detailreich, anschaulich und angenehm zu lesen, aber trotzdem nicht anspruchslos. Viele der Beschreibungen finde ich grandios.

Die Hauptprotagonisten sind reizvoll gewählt. Sie werden authentisch dargestellt. Besonders Nelson konnte mein Mitgefühl wecken und war für mich besonders interessant.

Ein weiteres Plus ist für mich die inhaltliche Vielschichtigkeit des Romans. Es geht um Freundschaft, Familie, Loyalität, Gewalt, Emanzipation und vieles mehr. Beleuchtet werden nicht nur die Herzen der Männer, sondern auch ihre Bedürfnisse, ihre Schwächen und ihre Geheimnisse – und das über mehrere Generationen hinweg. Dadurch ist es keine leichte Kost, konnte aber viele Gefühle vermitteln und mich zum Nachdenken animieren.

Obwohl es eher ein ruhiges Buch ist, bietet die Handlung einige Wendungen und Überraschungen. Trotz der eher hohen Seitenzahl ist der Roman nur an einigen Stellen etwas langatmig geraten und konnte mich im Großen und Ganzen gut unterhalten.

Das unaufgeregte Cover finde ich sehr geschmackvoll. Allerdings erweckt es fälschlicherweise den Eindruck, dass es hierbei nur um den 13-jährigen Nelson geht. Der stark am amerikanischen Original angelehnte Buchtitel ist äußerst treffend formuliert.

Mein Fazit:
Auch wenn der Roman anders ist als erwartet, ist „Die Herzen der Männer“ von Nickolas Butler eine lesenswerte Lektüre, die auch für Frauen interessant ist.