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Veröffentlicht am 06.12.2017

Ein mysteriöser Tod im mittelalterlichen Köln

Das Gold des Lombarden
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Köln im Jahr 1423: Erst seit sechs Monaten ist die 20-jährige Aleydis de Bruinker mit dem wohlhabenden 56-jährigen Geldverleiher Nicolai Golatti verheiratet, als man diesen an einem Baum erhängt findet. ...

Köln im Jahr 1423: Erst seit sechs Monaten ist die 20-jährige Aleydis de Bruinker mit dem wohlhabenden 56-jährigen Geldverleiher Nicolai Golatti verheiratet, als man diesen an einem Baum erhängt findet. Dass sich der liebevolle Ehemann selbst umgebracht haben soll, will die junge Frau nicht glauben. Aleydis findet nicht nur Hinweise auf einen Mord, sondern erfährt auch, dass der Lombarde viele Feinde hatte. Zusammen mit Gewaltrichter Vinzenz van Cleve, dessen Vater der größte Konkurrent Golattis war, stellt sie Nachforschungen an. Auf der Suche nach der Wahrheit beginnt sie, van Cleve zu vertrauen. Doch dieser hegt selbst ein düsteres Geheimnis…

Mit „Das Gold des Lombarden“ ist Petra Schier ein unterhaltsamer historischer Roman gelungen, der im mittelalterlichen Köln spielt. Der Auftaktband der neuen Reihe der Autorin vereint in einer interessanten Mischung Spannung und viel Gefühl.

Meine Meinung:
Der anschauliche Erzählstil hat mir sehr gefallen. Ich bin sofort gut in die Geschichte reingekommen, war gleich vom Geschehen gefesselt und habe das Buch nur ungerne zur Seite gelegt. Diese Spannung konnte die Autorin über die gesamte Länge halten. Trotz der fast 450 Seiten wurde die Geschichte nicht langatmig. Darüber hinaus gab es einige humorvolle Elemente.

Im Roman wechseln sich die Perspektive von Aleydis und Vinzenz van Cleve ab. Dadurch ließ sich das Innenleben der beiden sehr gut nachvollziehen. Mit Aleydis steht eine reizvolle Protagonistin im Vordergrund, die mir durch ihre emanzipierte und gleichsam gefühlvolle Art schnell sympathisch war. Als Charakter reizvoll beschrieben ist auch die Person des Vinzenz van Cleve. Die Figuren des Buches haben Ecken und Kanten, was sie glaubhaft und interessant macht.

Authentisch wirken auch die Darstellungen. Sie zeugen von der Recherchearbeit, die die Autorin in das Buch gesteckt hat. Auch die Handlung - inklusive der überraschenden Auflösung - war für mich stimmig. Der Roman ist in sich abgeschlossen. Leider blieben zum Ende hin allerdings noch einige Fragen offen, was der Tatsache geschuldet ist, dass es noch weitere Bände geben soll.

Auf gelungene Weise werden historische Begebenheiten und fiktionale Elemente miteinander verwebt. Jede Menge interessante Informationen über das Leben zu dieser Zeit sind so in die Geschichte eingebaut worden. Durch diese Details wird das Buch zu einer lehrreichen Lektüre.

Weitere Pluspunkte sind für mich die Übersicht über die Personen und die Karte der historischen Innenstadt von Köln. Auch das Cover mit der goldenen Prägung trifft meinen Geschmack.

Mein Fazit:
Mit „Das Gold des Lombarden“ ist Petra Schier ein lesenswerter Roman gelungen, der Lust auf die Fortsetzungen macht.

Veröffentlicht am 28.11.2017

Ein „Püppchen“ auf der Suche nach dem Glück

Kukolka
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Ukraine in den 1990er-Jahren: Aus einem Heim, wo sie als „Zigeunerkind“ gemobbt und schikaniert wird, haut die siebenjährige Samira eines Nachts ab. Sie wünscht sich Freiheit und Wohlstand. Doch ihr Weg, ...

Ukraine in den 1990er-Jahren: Aus einem Heim, wo sie als „Zigeunerkind“ gemobbt und schikaniert wird, haut die siebenjährige Samira eines Nachts ab. Sie wünscht sich Freiheit und Wohlstand. Doch ihr Weg, dessen Ziel Deutschland ist, endet schon nach wenigen Kilometern vorerst bei Rocky, der seine „Kukolka“, das „Püppchen“, ganz entzückend findet und das hübsche Mädchen bei sich aufnimmt. Mit einigen Straßenkindern lebt sie in einem heruntergekommenen Haus, in dem es weder Strom noch warmes Wasser und noch eine Toilette gibt. Mit den anderen muss Samira für Rocky betteln und stehlen. Zwar geht es ihr gut, doch sie hält an ihrem Traum von Deutschland fest, obwohl das Ende der Ausbeutung und Gewalt noch lange nicht erreicht ist...

„Kukolka“ ist der beeindruckende Debütroman von Lana Lux.

Meine Meinung:
Die Geschichte umfasst mehrere Jahre und ist in drei Teile untergliedert. Erzählt wird aus der Ich-Perspektive aus der Sicht von Samira. Entsprechend des Alters der Hauptprotagonistin ist der Ton kindlich-naiv. Klar und nüchtern, fast schon sachlich ist der Erzählstil. Die eindrücklichen Schilderungen kommen ohne Kitsch und Übertreibungen aus und konnten mich von den ersten Seiten an bereits fesseln. Schon ab dem ersten Kapitel fiel es mir schwer, das Buch zur Seite zu legen, weil ich die Handlung gebannt verfolgt habe.

Das hat vor allem mit dem Inhalt des Romans zu tun, denn die Geschichte von Samira ist aufrüttelnd und schockierend. Schonungslos wird das Leid erzählt, das dem armen Mädchen widerfährt. Ihre Erlebnisse sind tragisch, traurig und aufwühlend. Die beschriebene Gewalt in ihren unterschiedlichen Formen hat mich nachdenklich gemacht. Bewegen konnte mich auch, dass Samira dennoch ihre Hoffnung nicht verliert. Neben Missbrauch und Gewalt gibt der Roman auch Einblicke in politische und gesellschaftliche Umstände, was mir sehr gut gefallen hat.

Die Gestaltung des Covers ist ungewöhnlich und macht das Buch zu einem Blickfang. Auch der Titel ist treffend gewählt.

Mein Fazit:
Mit „Kukolka“ hat Autorin Lana Lux einen schonungslosen und schockierenden Roman geschrieben, der mich fesseln konnte. Keine leichte Kost, sondern ein Buch, das noch eine Weile bei mir nachhallen wird und das ich deshalb empfehlen kann.

Veröffentlicht am 27.11.2017

Irrungen und Wirrungen im Leben von Frank Stremmer

Das Jahr der Frauen
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Eigentlich hatte PR-Mann Frank Stremmer, Anfang 40, keine Vorsätze für das neue Jahr 2013 gefasst. Doch was soll man antworten, wenn der Psychotherapeut, Dr. Yves Niederegger, trotzdem welche hören möchte? ...

Eigentlich hatte PR-Mann Frank Stremmer, Anfang 40, keine Vorsätze für das neue Jahr 2013 gefasst. Doch was soll man antworten, wenn der Psychotherapeut, Dr. Yves Niederegger, trotzdem welche hören möchte? Zwölf Frauen in zwölf Monaten: Wenn dies gelingt, will Stremmer die Legitimation zum Selbstmord. Die provokant formulierte Wette wird schnell zur fixen Idee.

Mit „Das Jahr der Frauen“ ist Christoph Höhtker auf der Longlist zum Deutschen Buchpreis 2017 gelandet.

Meine Meinung:
Erzählt wird die Geschichte aus der Ich-Perspektive aus der Sicht von Frank Stremmer. Unterteilt ist sie – passend zur Anzahl der Monate - in zwölf Abschnitte.

Mit dem Einstieg ins Buch habe ich mich schwergetan. Das liegt einerseits am unsympathischen Hauptprotagonisten, ein Antiheld, der einige Widersprüche in sich birgt. Das bietet zwar durchaus ein Potenzial für eine interessante Geschichte, hat mich in diesem Fall aber nicht überzeugt. Denn Stremmer ist ein Mann, der sich nicht gut konzentrieren kann und immer wieder abschweift - auch in seinen Schilderungen. Dies spiegelt sich in der Schreibweise des Romans wider. Seine Gedankensprünge und sein Abdriften sind abrupt, zum Teil verwirrend und für mich nur begrenzt nachzuvollziehen. Dadurch fiel es mir schwer, den Gedanken Stremmers zu folgen. Einige Fragen bleiben auch nach dem Ende offen. Womöglich ist es zum besseren Verständnis nötig, zuerst „Die schreckliche Wirklichkeit des Lebens an meiner Seite“ und „Alles sehen“ von Christoph Höhtker zu lesen, da es dort ebenfalls um Frank Stremmer geht.

Andererseits konnte mich auch die Handlung über weite Teile nicht fesseln, obwohl mir die Grundidee des Romans sehr zusagt. Doch die Umsetzung konnte bei mir leider nicht punkten. Anders als vermutet stehen die Frauen nämlich nicht im Mittelpunkt der Geschichte, denn es geht auch um Franks Arbeitsplatz, erfundene Biografien, den Kontakt zu seinem Therapeuten und sonstige Begegnungen. Dies sorgt zwar zunächst für Abwechslung und Kurzweil. Dadurch ging jedoch im Laufe der Geschichte der rote Faden verloren. Einige Wiederholungen machten es außerdem anstrengend, der Handlung zu folgen. Positiv finde ich dagegen, dass gesellschaftskritische Elemente enthalten sind.

Außergewöhnlich ist die Sprachgewandtheit des Autors. Schöne Bilder werden erzeugt. Fremdsprachliche Passagen werden eingeflochten, was ich als gelungenes Stilmittel empfunden habe. Einige Textstellen sind brillant formuliert. Andere dagegen irritieren und lassen den Leser ratlos zurück: Wie kann man beispielsweise „fast“ an etwas denken?

Ich habe den Roman als Hörbuch, eine ungekürzte Lesung, verfolgt, bei dem Sprecher Erich Wittenberg seine Aufgabe hervorragend gemeistert hat.

Meinen Geschmack getroffen haben auch das kunstvolle Cover und der eingängige Titel des Romans.

Mein Fazit:
„Das Jahr der Frauen“ ist kein durchweg schlechtes, aber ein sehr spezielles Buch, das dem Leser viel abverlangt. Es ist ein Roman, der sicherlich polarisiert, zu dem ich aber leider keinen Zugang finden konnte.

Veröffentlicht am 26.11.2017

Sieben Freunde und ein mysteriöser Todesfall

Das verborgene Spiel
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Dellecher College im US-Bundesstaat Illinois, Ende der 1990er-Jahre: Der junge Schauspieler Oliver Marks wird zwar immer nur mit Nebenrollen abgespeist, ist aber dennoch zufrieden. Er gehört einer Gruppe ...

Dellecher College im US-Bundesstaat Illinois, Ende der 1990er-Jahre: Der junge Schauspieler Oliver Marks wird zwar immer nur mit Nebenrollen abgespeist, ist aber dennoch zufrieden. Er gehört einer Gruppe von insgesamt sieben Studenten seines Jahrgangs an, die die Liebe zu William Shakespeare eint und eine eingeschworene Gemeinschaft bildet. Doch eines Tages treibt einer von ihnen tot im See…

Mit „Das verborgene Spiel“ ist M.L. Rio ein lesenswerter Debütroman gelungen.

Meine Meinung:
Der Roman ist wie ein Theaterstück in fünf Akte mit mehreren Szenen eingeteilt - ein Konzept, das mich angesprochen hat. Erzählt wird aus der Ich-Perspektive. Die Geschichte spielt auf zwei Zeitebenen: in der Gegenwart, in der Oliver nach zehn Jahren aus dem Gefängnis entlassen wird, und in den Jahren 1997/1998.

Nicht nur der Aufbau, sondern auch der Schreibstil des Romans ist besonders, denn immer wieder sind Zitate aus Stücken von William Shakespeare eingeflochten. Diese kreative Idee brachte zwar vor allem anfangs den Leserfluss etwas ins Stocken. Mit der Zeit jedoch habe ich daran Gefallen gefunden.

Ich habe auch einige Seiten gebraucht, um in die Geschichte einzutauchen. Nach einem langsamen und wegen der Vielzahl der Personen etwas verwirrendem Start konnte mich die Handlung aber zunehmend fesseln. Der Autorin ist es gelungen, eine Geschichte voller Geheimnisse spannend zu erzählen, sodass ich bis zum Schluss gerätselt habe, was es mit dem Unglück genau auf sich hatte. Die Handlung konnte mich mehrfach überraschen, das Ende war stimmig.

Die Charaktere sind ungewöhnlich, aber durchaus reizvoll. Sie sind interessant gezeichnet, was zur Spannung beigetragen hat.

Der Titel weicht zwar stark vom Original ab, ist allerdings treffend gewählt. Ein weiterer Pluspunkt ist für mich das geschmackvolle Cover.

Mein Fazit:
„Das verborgene Spiel“ ist ein kreativer und vielschichtiger Spannungsroman, den ich vor allem Fans von Shakespeare ans Herz legen kann.

Veröffentlicht am 13.11.2017

Eine düstere Zukunftsvision

Leere Herzen
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Braunschweig im Jahr 2025: Die Besorgte-Bürger-Bewegung hat die Wahlen gewonnen und beschließt ein Effizienzpaket nach dem anderen, das zulasten der Grundrechte geht. Das Bedingungslose Grundeinkommen ...

Braunschweig im Jahr 2025: Die Besorgte-Bürger-Bewegung hat die Wahlen gewonnen und beschließt ein Effizienzpaket nach dem anderen, das zulasten der Grundrechte geht. Das Bedingungslose Grundeinkommen wurde eingeführt. Viele haben sich mit den Umständen abgefunden und den Glauben an eine bessere Zukunft verloren. So auch Britta Söldner und ihr Geschäftspartner Babak Hamwi, beide desillusioniert und pragmatisch. In der Zeit der Perspektivenlosigkeit haben die beiden gemeinsam eine kleine Firma, „Die Brücke“, aufgebaut, die sie unter dem Deckmantel einer Heilpraxis betreiben. In Wahrheit floriert in den unscheinbaren Büroräumen aber das Geschäft mit dem Tod. Alles läuft gut, bis unliebsame Konkurrenz auftaucht. Britta und Babak setzen alles daran, die unbekannten Trittbrettfahrer skrupellos auszuschalten…

Juli Zehs dystopischer Roman „Leere Herzen“ ist Polit- und Psychothriller zugleich.

Meine Meinung:
Erzählt wird die Geschichte in 29 Kapiteln, deren Länge ich als angenehm empfunden habe. Sprachlich konnte mich der Roman absolut überzeugen. Der flüssige Schreibstil wirkt zunächst einfach und nüchtern, ist aber auf den zweiten Blick wesentlich detailreicher und raffinierter.

Schon ab dem ersten Kapitel war die Neugier auf die Geschichte geweckt und Spannung erzeugt, die dafür gesorgt hat, dass ich das Buch kaum zur Seite legen konnte. Das Bild, das von der nicht allzu ferner Zukunft gezeichnet wird, ist provokant und etwas überspitzt, aber grundsätzlich durchaus vorstellbar. Dabei geht es um heute schon aktuelle Themen. Immer wieder kommt die Kritik an der Gesellschaft und deren Politikverdrossenheit durch. Dadurch ist der Roman mehr als nur bloße Unterhaltung. Er hat mich sowohl zum Nachdenken angeregt als auch schockiert. Einen Spiegel will uns die Autorin vorhalten, denn schon ganz am Anfang heißt es: „Da. So seid ihr.“

Mit Britta dreht sich die Geschichte um eine interessante Hauptprotagonistin. Authentisch und facettenreich werden auch die Personen der Geschichte beschrieben. Dargestellt wird eine Generation, deren Herzen leer sind und die ihre Überzeugungen verloren. Sie gibt dem Roman den treffenden, ansprechenden Titel. Inhaltlich passend dazu ist auch das reduzierte Cover, das ich sehr gelungen finde.

Mein Fazit:
Mit „Leere Herzen“ ist Juli Zeh in mehrfacher Hinsicht ein sehr lesenswerter Roman gelungen, der mich absolut überzeugen konnte.