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Veröffentlicht am 24.03.2021

Ein Neubeginn auf Hirta

Sehnsucht nach St. Kilda
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Großbritannien im Jahr 2005: Nach dem Tod ihres Mannes Josh ist die Londonerin Rachel Morrison alleinerziehende Mutter eines siebenjährigen Sohnes, Sam. Mehrere Schicksalsschläge hat sie hinter sich und ...

Großbritannien im Jahr 2005: Nach dem Tod ihres Mannes Josh ist die Londonerin Rachel Morrison alleinerziehende Mutter eines siebenjährigen Sohnes, Sam. Mehrere Schicksalsschläge hat sie hinter sich und sucht nun eine Zuflucht auf der Hebriden-Insel St. Kilda. Dort hat früher ihre Großmutter Annie gelebt. Vor rund 90 Jahren haben die letzten Einwohner jedoch das schöne Fleckchen Erde verlassen und sind aufs Festland gegangen. Mit anderen Helfern soll Rachel Gebäude für den National Trust instand setzen. Wird sie dort ihre Wurzeln und ein neues Glück finden?

„Sehnsucht nach St. Kilda“ ist der dritte Teil einer Romanreihe von Isabel Morland zu den Äußeren Hebriden.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus 40 Kapiteln mit einer angenehmen Länge. Vorangestellt ist ein Prolog. Es gibt zwei Erzählebenen: Einmal begleiten wir Rachel in der jüngeren Vergangenheit, ein anderes Mal Annie vor mehr als 90 Jahren. Dieser Aufbau funktioniert sehr gut.

Der Schreibstil ist gewohnt anschaulich, einfühlsam, atmosphärisch und warmherzig. Gelungene Beschreibungen lassen das tolle Setting der Geschichte lebhaft vor dem geistigen Auge erscheinen und lösen Fernweh aus. Zwar gehört das Buch zu einer Romanreihe. Allerdings lassen sich die drei Geschichten völlig unabhängig voneinander lesen und ohne Vorkenntnisse verstehen.

Rachel habe ich als sehr sympathische Protagonistin empfunden. Sie wirkt authentisch. In ihre Gedanken und Emotionen konnte ich mich gut einfühlen. Auch die übrigen Charaktere sind interessant.

Inhaltlich geht es einerseits um eine Liebesgeschichte, die gefühlvoll, aber ohne Kitsch erzählt wird. Darüber hinaus spielen andererseits einige weitere Themen eine Rolle, die die Geschichte facettenreich und tiefgründig machen.

Auf fast 400 Seiten konnte mich der Roman nicht nur immer wieder unterhalten und berühren, sondern mir auch allerhand Wissenswertes über die abgeschiedene Inselgruppe vor Schottland vermitteln. Dass die Autorin dort selbst einmal war und darüber umfassend recherchiert hat, zeigt sich anhand der beigefügten Bibliographie, der Erläuterungen im Nachwort und natürlich auch der Schilderungen im Roman selbst.

Das Cover fügt sich prima in die Reihe ein und ist erneut sehr hübsch geworden. Der Titel lädt zum Träumen ein.

Mein Fazit:
Zum wiederholten Mal bin ich mit Isabel Morland äußerst gerne auf die Äußeren Hebriden gereist. Mit „Sehnsucht nach St.Kilda“ ist ihr ein empfehlenswerten Abschluss der dreiteiligen Reihe gelungen, der mich in mehrfacher Hinsicht überzeugt hat.

Veröffentlicht am 21.02.2021

Ein neues Abenteuer für Aleydis

Die Rache des Lombarden
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Köln im Jahre 1424: Für Aleydis de Bruinker, die Witwe des ermordeten Lombarden Nicolai Golatti, geht es turbulent weiter. Sie hat es zu tun mit Betrugsversuchen in ihrer Wechselstube, übermütigen Verehrern ...

Köln im Jahre 1424: Für Aleydis de Bruinker, die Witwe des ermordeten Lombarden Nicolai Golatti, geht es turbulent weiter. Sie hat es zu tun mit Betrugsversuchen in ihrer Wechselstube, übermütigen Verehrern und dem kriminellen Erbe ihres verstorbenen Mannes. Obwohl sie auch ohne Gewaltrichter Vinzenz van Cleve gut zurechtkommt, ist dieser der jungen Frau durchaus hilfreich. Dann aber werden auch noch ihre Mündel Marlein und Ursel entführt. Aleydis möchte die Mädchen um jeden Preis zurückbekommen…

„Die Rache des Lombarden“ ist der finale Band der Lombarden-Trilogie.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus 24 Kapiteln mit einer angenehmen Länge. Eingeleitet wird die Geschichte mit einem Prolog. Erzählt wird vorwiegend aus der Perspektive von Aleydis und Vinzenz. Dieser Aufbau funktioniert prima.

Der Schreibstil ist gewohnt anschaulich. Gelungene Beschreibungen und viel wörtliche Rede machen das Geschehen lebendig. Der Einstieg in die Geschichte fällt leicht. Etwas unglücklich ist das Marketing des Verlags, das Buch nicht als dritten Band einer Reihe auszuweisen. Der Roman ist zwar auch als Einzelband verständlich. Es lohnt sich allerdings, zuerst die beiden ersten Teile zu lesen.

Wieder einmal stehen Aleydis und Vinzenz im Vordergrund. Zwei Protagonisten, die zugleich sympathisch sind, aber durch ihre Ecken und Kanten authentisch wirken. Ihre Gedanken lassen sich sehr gut nachvollziehen. Auch die Nebenfiguren sind interessant ausgestaltet. Ein Personenverzeichnis hilft bei der Orientierung.

Trotz der mehr als 400 Seiten bleibt der Roman kurzweilig, unterhaltsam und spannend wie ein Krimi. Die Geschichte ist dabei durchweg schlüssig. Dass eine Frage am Ende bewusst noch offen ist, hat mich nicht gestört.

Inhaltlich geht es nicht nur darum, dass ein Fall zu lösen beziehungsweise ein Abenteuer zu bestehen ist, was die Entführung der Mädchen betrifft, sondern es wird auch die persönliche Geschichte von Aleydis und Vinzenz fortgeführt.

Dem Roman ist immer wieder anzumerken, dass die Autorin viel Recherche betrieben hat und sich im mittelalterlichen Köln gut auskennt. Nebenbei konnte ich so erneut Wissenswertes aus der Historie erfahren. Die abgebildete Stadtkarte ist ein hilfreiches Extra.

Das hübsche Cover hat einen hohen Wiedererkennungswert und passt gut in die Reihe, obwohl die Gestaltung der drei Teile leider nicht in jedem Detail einheitlich ist. Der Titel ist auch dieses Mal treffend formuliert.

Mein Fazit:
Mit „Die Rache des Lombarden“ liefert Petra Schier einen gelungenen Abschlussband der Reihe um Aleydis de Bruinker ab, der nicht nur eingefleischten Fans historischer Literatur gefallen dürfte. Der empfehlenswerte Roman hat mich in mehrfacher Hinsicht überzeugt.

Veröffentlicht am 09.12.2020

Die Verschwundenen des Bürgerkriegs

Ein Lied für die Vermissten
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Mit seiner Großmutter Yara kehrt Amin Elmaalouf 1994 als Jugendlicher zurück in den Libanon - zwölf Jahre, nachdem er nach dem Tod seiner Eltern nach Deutschland gegangen ist. Wieder in Beirut verbringt ...

Mit seiner Großmutter Yara kehrt Amin Elmaalouf 1994 als Jugendlicher zurück in den Libanon - zwölf Jahre, nachdem er nach dem Tod seiner Eltern nach Deutschland gegangen ist. Wieder in Beirut verbringt er viel Zeit mit dem gleichaltrigen Jafar, der ihm ein guter Freund wird. Dann aber passieren mysteriöse Dinge: Menschen verschwinden, das Café der Großmutter muss schließen, er wird verleugnet. Eine Spurensuche beginnt...

„Ein Lied für die Vermissten“ ist ein Roman von Pierre Jarawan.

Meine Meinung:
Der Roman beginnt mit einer Art Vorwort oder Prolog („Yeki Bud. Yeki Nabud“). Daran schließen sich drei Teile an, „Strophen“ genannt, die wiederum aus 30 Kapiteln bestehen. Zum Schluss folgt eine Art Gesprächsprotokoll. Erzählt wird in der Ich-Perspektive aus der Sicht von Amin - allerdings nicht chronologisch, sondern mit Zeitsprüngen und zum Teil etwas bruchstückhaft, was beim Leser Konzentration erfordert, die sich jedoch lohnt.

Besonders begeistert mich der atmosphärische, bildstarke und stellenweise poetische Erzählstil, der den Leser in eine fremde Welt entführt. Immer wieder beweist der Autor, dass er mit Sprache trefflich umgehen kann. Daher hat mich auch keineswegs gestört, dass teilweise ausschweifend erzählt wird und die Handlung manchmal nur langsam voranschreitet.

Amin ist ein Charakter, zu dem ich nicht auf Anhieb einen Zugang gefunden habe. Allerdings wirkt er authentisch und nicht unsympathisch.

Gereizt haben mich an der Geschichte das Setting sowie die politischen und gesellschaftlichen Hintergründe. So geht es um den libanesischen Bürgerkrieg, mit dem ich mich bis dato nicht beschäftigt hatte, und den Arabischen Frühling. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die Nachbemerkung des Autors, der ergänzende Infos zu den damaligen Geschehnissen liefert und darin seine fundierte Recherche belegt.

Auch ansonsten ist der Roman tiefgründig, facettenreich und vielschichtig. Freundschaft, Familie, Krieg, Verlust, Heimat und Identität sind nur einige der weiteren Themen. Dabei regt die Geschichte zum Nachdenken an und berührt.

Ich habe den Roman vorwiegend als ungekürzte Lesung gehört. Bei dem Hörbuch zeigt sich, dass der Autor mit seiner angenehmen Stimme auch als Sprecher einen tollen Job macht.

Das Cover, das prima zur Geschichte passt, gefällt mir ausgesprochen gut. Auch der Titel ist eine gelungene Wahl.

Mein Fazit:
„Ein Lied für die Vermissten“ von Pierre Jarawan ist eine besondere Lektüre, die es dem Leser zwar nicht immer einfach macht, aber nichtsdestotrotz ein empfehlenswerter Roman ist, der mich in mehrfacher Hinsicht überzeugt hat.

Veröffentlicht am 29.11.2020

Üble Geheimnisse

All das Ungesagte zwischen uns
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Morgan Grant ist bereits sehr früh Mutter geworden. Nun ist sie 34 Jahre alt und führt mit ihrer Tochter Clara (16) und Ehemann Chris (35) ein Leben als Hausfrau in einer osttexanischen Kleinstadt. Obwohl ...

Morgan Grant ist bereits sehr früh Mutter geworden. Nun ist sie 34 Jahre alt und führt mit ihrer Tochter Clara (16) und Ehemann Chris (35) ein Leben als Hausfrau in einer osttexanischen Kleinstadt. Obwohl sie ihre Karriere für die Familie zurückstellen musste, ist sie nicht unglücklich. Doch ein schwerer Unfall verändert für sie alles und sorgt für heftige Konflikte mit Clara, denn sie muss schreckliche Geheimnisse erfahren...

„All das Ungesagte zwischen uns“ ist ein Roman von Colleen Hoover.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus 38 Kapiteln mit einer angenehmen Länge, wobei das erste als eine Art Prolog betrachtet werden kann, weil die Handlung dort 17 Jahre früher spielt. Erzählt wird im Präsens in der Ich-Perspektive - und zwar abwechselnd aus der Sicht von Morgan und Clara. Der Aufbau funktioniert prima.

Der Schreibstil ist anschaulich, bildhaft und einfühlsam. Auffallend ist, dass es der Autorin gelingt, sprachlich passend zwischen den beiden Protagonistinnen zu differenzieren. Der Stil ist recht dialoglastig.

Mutter und Tochter stehen im Fokus des Romans. Die beiden Charaktere wirken im Großen und Ganzen realitätsnah und sympathisch. Ihre Gedanken und Gefühle lassen sich gut nachverfolgen. Ihr Verhalten ist weitestgehend konsistent. Allerdings macht Clara zum Ende hin eine verblüffend schnelle Entwicklung durch. Die Nebenfiguren mag ich ebenfalls.

Gut gefallen hat mir, dass es in der Geschichte nicht nur um die romantische Liebe geht, sondern die Story auch weitere Themen umfasst. Besonders das Mutter-Tochter-Verhältnis spielt in dem Roman eine wichtige Rolle. Dabei ist es interessant zu verfolgen, wie die Protagonistinnen vor allem aufgrund ihres Altersunterschiedes ein und dieselbe Situation unterschiedlich bewerten. Ein Pluspunkt ist es, dass die Geschichte berührt, ohne ins Kitschige oder Übertriebene abzudriften, wie es bei anderen Büchern des Genres bisweilen der Fall ist.

Die Handlung nimmt nur langsam Fahrt auf, bietet aber noch im ersten Viertel mehrere Überraschungen. Anschließend wird die Geschichte vorhersehbarer, bleibt jedoch auf den mehr als 400 Seiten unterhaltsam und fesselnd.

Das Cover ist hübsch, allerdings auch ein wenig nichtssagend. Der deutsche Titel ist nach meiner Ansicht sogar passender als das amerikanische Original („Regretting You“).

Mein Fazit:
„All das Ungesagte zwischen uns“ von Colleen Hoover ist ein kurzweiliger und emotional bewegender Roman, der mir schöne Lesestunden bereitet hat.

Veröffentlicht am 01.10.2020

Hinter der Fassade einer Mittelschichtfamilie

Das lügenhafte Leben der Erwachsenen
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Neapel in den 1990er-Jahren: Es sind nur wenige Worte, doch sie treffen die zwölfjährige Giovanna Trada mit voller Wucht. Sie werde seiner hässlichen und boshaften Schwester Vittoria immer ähnlicher, ...

Neapel in den 1990er-Jahren: Es sind nur wenige Worte, doch sie treffen die zwölfjährige Giovanna Trada mit voller Wucht. Sie werde seiner hässlichen und boshaften Schwester Vittoria immer ähnlicher, hört die Jugendliche zufällig ihren Vater Andrea zu ihrer Mutter Nella sagen. Als einziges Kind von Akademikern behütet aufgewachsen, war die Welt von Giovanna bis dato in Ordnung. In der Schule waren ihre Leistungen immer gut, sie fühlte sich zu Hause geliebt und verstanden. Doch jetzt in der beginnenden Pubertät werden ihre Noten schlechter, was ihren Eltern missfällt. Und mit dem verletzenden Satz ihres Vaters kommt Giovanna ins Grübeln und beginnt einige Nachforschungen anzustellen, wer genau ihre Tante ist. Dabei kommen einige Geheimnisse zum Vorschein…

„Das lügenhafte Leben der Erwachsenen“ ist ein Roman von Elena Ferrante.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus sieben Teilen, die wiederum in angenehm kurze Kapitel untergliedert sind. Erzählt wird in der Ich-Perspektive aus der Sicht von Giovanna, allerdings in der Rückschau im Erwachsenenalter. Dieser Aufbau funktioniert gut.

Der für die Autorin typische Schreibstil ist durch teils lange Satzkonstruktionen nicht einfach, aber einzigartig, atmosphärisch, wortgewaltig und wieder einmal sehr gelungen. Lebhafte Dialoge wechseln sich ab mit Beschreibungen, die ein anschauliches Bild von Neapel liefern. Immer wieder tauchen zudem starke Bilder und Metaphern auf.

Die Charaktere sind zwar nicht allesamt sympathisch, aber interessant. Sie überzeugen mit psychologischer Tiefe. Nicht nur die Protagonistin Giovanna, deren Gedanken- und Gefühlswelt sich hervorragend nachvollziehen lässt und die eine glaubhafte Entwicklung durchmacht, sondern auch die übrigen Figuren wirken authentisch.

Thematisch ist der Roman erstaunlich vielfältig. Es geht natürlich um das Erwachsenenwerden und die Pubertät – aber auch um viel mehr: um sozialen Aufstieg, um Lügen, Heucheleien und Geheimnisse innerhalb von Familien, um gesellschaftliche Konventionen, um Schönheitsideale, Ansehen und sonstige Oberflächlichkeiten, um Feminismus und das Frausein. Diese inhaltliche Komplexität trägt – ebenso wie mehrere Wendungen – dazu bei, dass der Roman mit mehr als 400 Seiten nicht langweilig wird und schnell eine Sogwirkung entfaltet. Das Ende bleibt ein wenig offen, was mich jedoch nicht gestört hat.

Das Cover passt nicht nur gut zur Optik der „Neapolitanischen Saga“, sondern gefällt mir auch dieses Mal sehr. Der deutsche Titel ist wörtlich aus dem Italienischen („La vita bugiarda degli adulti“) übersetzt und ebenfalls treffend gewählt.

Mein Fazit:
Auch mit „Das lügenhafte Leben der Erwachsenen“ konnte mich Elena Ferrante in mehrfacher Hinsicht begeistern. Ein empfehlenswerter Roman für alle, die tiefgründige, komplexe und realitätsnahe Geschichten lieben.