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Veröffentlicht am 06.02.2023

111 To-Do-Listen

Einfach gut sortiert
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Wie schminke ich mich am besten? Wie arbeite ich im Büro möglichst effizient? Und wie beseitige ich das Chaos zu Hause?

„Einfach gut sortiert - In wenigen Schritten den Alltag meistern und Zeit für sich ...

Wie schminke ich mich am besten? Wie arbeite ich im Büro möglichst effizient? Und wie beseitige ich das Chaos zu Hause?

„Einfach gut sortiert - In wenigen Schritten den Alltag meistern und Zeit für sich gewinnen“ ist ein Sachbuch von Erin Zammett Ruddy.

Meine Meinung:
Das Buch besteht aus 14 Kapiteln, die in weitere Abschnitte untergliedert sind. Sie werden eingerahmt durch eine Einleitung und die Danksagung der Autorin. Die Kapitel sind chronologisch nach einem exemplarischen Tagesablauf angeordnet, können allerdings problemlos auch in beliebiger Reihenfolge gelesen werden. Die klare Struktur mit dem Inhaltsverzeichnis macht ein Nachschlagen und Wiederfinden der einzelnen Themen sehr leicht.

Die Sprache ist locker und flott, manchmal jedoch eine Spur zu salopp und sehr betont lässig. Durch den Verzicht auf Fremdwörter und Fachbegriffe ist der Stil jedoch gut verständlich.

In thematischer Hinsicht ist der Ratgeber sehr facettenreich und umfassend. Von Styling über Gesundheit, Haushalt und Job bis zur Freizeitgestaltung ist vieles dabei. Auch auf spezielle Umstände, die nicht so häufig vorliegen, wie Trauerfälle und Probleme mit dem Auto geht die Autorin auf den etwas mehr als 300 Seiten ein. So entsteht ein buntes Sammelsurium an Tipps für mehr oder weniger alltägliche Situationen.

Die einzelnen Abschnitte bauen jeweils auf den Aussagen von Personen auf, die die Autorin zu diesem Thema befragt hat. Sie folgen einem wiederkehrenden Schema: Es gibt eine Schritt-für-Schritt-Anleitung, die kurze Vorstellung des jeweiligen „Experten“, die Begründung der Schritte sowie oftmals ein „Bonus“-Absatz mit zusätzlichen Tipps. Grundsätzlich ein sinnvolles und schlüssiges Konzept.

Mit dem Sachbuch hatte ich, grob ausgedrückt, dennoch drei wesentliche Schwierigkeiten:

Erstens: Bei den sogenannten Expertinnen und Experten handelt es sich nur zum Teil um ausgebildete Kenner ihres Faches. Bisweilen werden lediglich Unternehmer, sonstige Geschäftsleute oder andere Persönlichkeiten zitiert, deren Bezug zum Thema diffus bleibt. Beispielsweise erklärt die Gründerin eines Lifestyle-Magazins, wie man Betttücher falten soll. Dadurch entsteht der Eindruck von Schleichwerbung.

Zweitens: Nur ein kleiner Teil der Ratschläge sind für mich von Belang und hilfreich, weil darin tatsächlich Neues zu finden ist. Manche Tipps sind zu oberflächlich, zu banal oder schlichtweg hinlänglich bekannt, wie der Fakt, dass eine gerade geputzte Fläche vor dem Betreten trocknen sollte. Andere Tipps wie zum Beispiel die Hautpflege werden zu pauschal dargestellt. Und sogar kontraproduktive, gefährliche Ratschläge werden erteilt wie der häufige Gebrauch von Nasenspray vermeintlich zum Schutz vor Infektionen, obwohl Studien das Gegenteil beweisen.

Drittens: Das deutsche Marketing ist irreführend. Aufgrund des deutschen Titels, des Covers, der Einleitung und der sonstigen Vermarktung hatte ich mir einen Ratgeber zum Thema Ordnung und Effizienz im Haushalt erwartet. Tatsächlich nimmt dieser Bereich jedoch allenfalls die Hälfte des Buches ein. Der amerikanische Originaltitel („Little Book of Life Skills“) passt daher weitaus besser.

Mein Fazit:
Für sehr junge Erwachsene mit wenig Lebenserfahrung könnte „Einfach gut sortiert - In wenigen Schritten den Alltag meistern und Zeit für sich gewinnen“ von Erin Zammett Ruddy eine hilfreiche Lektüre sein. Wer fundierte und ausführliche Tipps zu Haushaltsführung und ähnlichen Bereichen sucht, wird mit diesem Sachbuch aber nicht glücklich.

  • Einzelne Kategorien
  • Thema
  • Umsetzung
  • Cover
Veröffentlicht am 05.02.2023

Von Hunger und Wahnsinn

Hunger
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Oslo im 19. Jahrhundert: Er träumt davon, als Journalist oder Autor groß herauszukommen. Doch bei den Zeitungen der Stadt werden nur wenige seiner Beiträge überhaupt veröffentlicht. Von den mickrigen Einnahmen ...

Oslo im 19. Jahrhundert: Er träumt davon, als Journalist oder Autor groß herauszukommen. Doch bei den Zeitungen der Stadt werden nur wenige seiner Beiträge überhaupt veröffentlicht. Von den mickrigen Einnahmen kann er nicht leben. Ohne Geld und festen Wohnsitz irrt der Mann ziellos durch die Stadt, getrieben von dem Hunger, der Verzweiflung und dem Ehrgeiz, doch noch irgendwann ein geniales Werk zu schaffen…

„Hunger“ ist eine Erzählung von Knut Hamsun, die erstmals 1890 erschienen ist.

Meine Meinung:
Das Werk besteht aus vier Teilen, genannt „Stücke“. Das erinnert, zumindest dem Namen nach, ein wenig an die Gattung Drama. Erzählt wird - mit Zeitsprüngen zwischen den verschiedenen Teilen - in der Ich-Perspektive aus der Sicht des namenlosen Protagonisten.

Der Schreibstil ist geprägt durch viele innere und weniger äußere Dialoge. Die Sprache ist modern, für ihre Zeit vermutlich revolutionär und anschaulich. Der Text enthält vielerlei religiöse Bezüge. Als störend habe ich die unvermittelten Tempuswechsel von Präteritum zum Präsens, teils sogar mitten im Satz, empfunden. Bei der Ausgabe des Manesse-Verlags handelt es sich um eine gelungene Neuübersetzung aus dem Norwegischen, angefertigt von Ulrich Sonnenberg.

Der namenlose Protagonist stellt einen unsympathischen Anti-Helden dar. Ein gesellschaftlicher Verlierer, der aufgrund seines falschen Stolzes, seiner Überheblichkeit und seines überzogenen Geltungsbedürfnisses immer weiter in Richtung Abgrund trudelt. Sein Abwärtstrend ist selbstverschuldet. Obwohl sein Denken sehr gut zum Ausdruck kommt, habe ich sein inkonsequentes Handeln meist nicht nachvollziehen können. Die Figur wird dermaßen überzeichnet dargestellt, dass sie ins Unglaubwürdige abdriftet.

Inhaltlich geht es vor allem darum, wie der Hunger einem Menschen zusetzt. Das allein reicht als Lesart meiner Meinung nach jedoch nicht aus. Das wahnhafte, komplett irrationale Verhalten des Protagonisten zeigt sich nämlich auch in Phasen, in denen er an Essen herankommt. Insofern lässt es sich nur dann erklären, wenn man ihn als psychisch kranke Person liest, die ohne Hilfe von Familie und engen Freunden in einer großen Stadt zu überleben versucht.

Auf den etwas mehr als 200 Seiten entfaltet sich nur wenig Handlung. Stattdessen wiederholen sich die Verhaltensmuster des Protagonisten auf ermüdende Weise.

Das Nachwort von Felicitas Hoppe („Der ungeheuerliche Herr Happolati“) ist für mich leider wenig aufschlussreich. Auch die rund 80 Anmerkungen sind nur zum Teil hilfreich beim Verständnis der Lektüre. Positiv bewerte ich hingegen das angehängte Literaturverzeichnis und die editorische Notiz.

Das ungewöhnliche, haptisch ansprechende Cover sticht aus der Masse hervor. Der norwegische Originaltitel („Sult“) wurde erfreulicherweise wortgetreu übersetzt.

Mein Fazit:
„Hunger“ ist ein Werk von Knut Hamsun, das mich inhaltlich enttäuscht und sprachlich ebenfalls nicht gänzlich überzeugt hat. Nur bedingt empfehlenswert.

Veröffentlicht am 20.01.2023

Von der Liebe im mittleren Alter

Die Liebe an miesen Tagen
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Fotografin Clara Wagenbach ist bereits in den Vierzigern, als sie den Schauspieler Elias Kornfeld, der jünger als sie ist, kennenlernt. Sie wissen sofort, dass sie füreinander bestimmt sind. Doch nach ...

Fotografin Clara Wagenbach ist bereits in den Vierzigern, als sie den Schauspieler Elias Kornfeld, der jünger als sie ist, kennenlernt. Sie wissen sofort, dass sie füreinander bestimmt sind. Doch nach den ersten Wochen des Glücks zeichnen sich Konflikte ab…

„Die Liebe an miesen Tagen“ ist ein Roman von Ewald Arenz.

Meine Meinung:
Der Roman erstreckt sich über 54 Kapitel. Erzählt wird aus wechselnden Perspektiven. Der Aufbau ist unspektakulär, aber wirkungsvoll.

Der Schreibstil ist dialoglastig, sehr anschaulich und bildhaft. Die Sprache kommt präzise, unkompliziert und gleichzeitig nicht zu trivial daher. Sie wirkt modern und sticht nicht hervor.

Clara und Elias stehen im Mittelpunkt der Geschichte. Darüber hinaus gibt es noch einige andere Personen, sodass es für mich zu Beginn nicht leicht war, den Überblick zu behalten. Die Figuren verfügen über ausreichend psychologische Tiefe und sind lebensnah ausgestaltet.

In inhaltlicher Hinsicht konnte mich der Roman nicht so sehr begeistern wie „Alte Sorten“ und „Der große Sommer“. Das mag daran liegen, dass das Hauptthema, eine neue Liebe im mittleren Alter, nicht besonders kreativ und einzigartig erscheint. Im Gegensatz zu typischen Liebesromanen bleibt die Story jedoch nicht zu seicht und driftet nicht ins Kitschige ab.

Zwar bietet die Geschichte einige Anknüpfungspunkte und durchaus Stoff zum Nachdenken. Jedoch hat mich der neue Roman insgesamt leider nicht so sehr berührt, wie das die Vorgängerwerke vermochten.

Allerdings ist die Geschichte auf den rund 370 Seiten mitnichten langatmig und uninteressant. Tatsächlich schafft es der Autor sogar, mich nicht nur gut zu unterhalten, sondern auch mehrmals zu überraschen.

Das schlichte Design, das prima zu den vorangegangenen Romanen passt, spricht mich auch dieses Mal an. Der Titel ist ebenfalls keine schlechte Wahl.

Mein Fazit:
Obwohl Ewald Arenz mit seinem neuen Roman nicht ganz an seine früheren Bestseller herankommt, ist auch „Die Liebe an miesen Tagen“ eine empfehlenswerte Lektüre.

Veröffentlicht am 19.01.2023

Mysteriöse Spurensuche

Die geheimste Erinnerung der Menschen
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Was hat es mit dem Buch „Das Labyrinth des Unmenschlichen“ auf sich? Wo ist es abgeblieben? Und wohin ist sein Autor T. C. Elimane verschwunden? Das will Diégane Latyr Faye herausfinden.

„Die geheimste ...

Was hat es mit dem Buch „Das Labyrinth des Unmenschlichen“ auf sich? Wo ist es abgeblieben? Und wohin ist sein Autor T. C. Elimane verschwunden? Das will Diégane Latyr Faye herausfinden.

„Die geheimste Erinnerung der Menschen“ ist ein Roman von Mohamed Mbougar Sarr, der mit dem Prix Goncourt im Jahr 2021 ausgezeichnet worden ist.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus drei Büchern, die jeweils in weitere Teile untergliedert sind. Er endet mit einem Epilog. Der Aufbau ist allerdings raffinierter, als es auf den ersten Blick erscheint. Das drückt sich unter anderem durch wechselnde Orte und Zeiten aus.

In stilistischer Hinsicht ist der Roman erfrischend abwechslungsreich. Erzählt wird aus unterschiedlichen Perspektiven und mit verschiedenen Textformen. Beispielsweise gibt es Tagebucheinträge, Briefe, journalistische Artikel und Dialoge. Auch sprachlich ist der Roman variantenreich. An manchen Stellen sind gehäuft Fremdwörter zu finden, die jedoch zur Geschichte passen.

Inhaltlich ist der Roman sehr gehaltvoll und vielschichtig. Es geht vor allem um Literatur und deren Rezeption, aber auch um Kolonialismus, Rassismus, kulturelle Differenzen und einiges mehr. Inspiriert wurde der Autor von dem Fall um das Buch „Das Gebot der Gewalt“ von Yambo Ouologuem. Dabei belässt es Sarr nicht dabei, die wahre Begebenheit bloß nachzuerzählen, sondern schafft es, die Geschichte auf eine höhere Ebene zu hieven. Das hat meinen Horizont erweitert.

Auf den mehr als 400 Seiten bleiben zwar ein paar Fragen offen. Das hat mich letztlich aber ebenso wenig gestört wie die mystischen Elemente, mit denen ich im Allgemeinen wenig anfangen kann. Immer wieder weiß der Roman zu überraschen.

Der Titel der französischen Originalausgabe („La plus secrète mémoire des hommes“) wurde glücklicherweise wortgetreu übersetzt. Das Cover wirkt auf mich geheimnisvoll und ein wenig düster, was ich als passend empfinde.

Mein Fazit:
„Die geheimste Erinnerung der Menschen“ von Mohamed Mbougar Sarr ist ein forderndes, aber auch kunstfertiges Buch. Ein Roman, der mich von Seite zu Seite mehr fesseln konnte und noch eine Weile nachwirken wird. Ein verdienter Preisträger!

Veröffentlicht am 05.01.2023

Von den Risiken einer Geburt

Untenrum offen – Der Beckenboden nach der Geburt
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Für viele Frauen wird der Beckenboden erst dann zum Thema, wenn er bereits arg in Mitleidenschaft gezogen wurde: nach der Geburt. Selbst in der Fachwelt ist das Problem oft noch tabuisiert. Das muss sich ...

Für viele Frauen wird der Beckenboden erst dann zum Thema, wenn er bereits arg in Mitleidenschaft gezogen wurde: nach der Geburt. Selbst in der Fachwelt ist das Problem oft noch tabuisiert. Das muss sich dringend ändern, meint Dr. med. Martina Lenzen-Schulte.

„Untenrum offen - Der Beckenboden nach der Geburt“ ist ein Sachbuch von Dr. med. Martina Lenzen-Schulte.

Meine Meinung:
Das Buch beginnt mit einem kurzen Vorwort, an das sich sechs Teile mit mehreren Unterpunkten anschließen. Angefügt sind ein Glossar mit medizinischen Begriffen sowie weiterführende Literatur und Quellen, thematisch angeordnet gemäß der unterschiedlichen Teile des Buches. Dieser Aufbau ist schlüssig und funktional.

Ein weiteres sinnvolles Extra: Das Buch beinhaltet mehrere bildliche Darstellungen, vor allem der weiblichen Intimzone.

Die Sprache des Buches ist sehr konkret und schonungslos. Medizinische Aspekte werden detailliert und mit Fachvokabular, aber gleichzeitig gut verständlich formuliert.

Inhaltlich ist das Buch nichts für schwache Nerven. Es geht um das Tabu Beckenbodenschäden, den Beckenboden an sich, Geburtsverletzungen und deren Folgen wie Gebärmutterprolaps und Inkontinenz, den Kreißsaal als Tatort sowie Geburtsrisiken. Wer selbst betroffen ist, erkennt sich darin vermutlich wieder. Wer nicht selbst eine (oder mehrere) der beschriebenen Beschwerden ertragen muss, wird aufrüttelt. Drei Fragen stehen im Vordergrund: Wie funktioniert der Beckenboden? Wie kann frau ihn in der Schwangerschaft und unter der Geburt schützen? Was ist zu tun, wenn es zu Schäden und Verletzungen gekommen ist?

Mit Ärzten, Hebammen und sonstigem Personal in der Geburtshilfe geht die Autorin nicht zimperlich um und übt an ihnen deutliche Kritik. Sie legt den Finger in die Wunde und zeigt Fehler im System auf. Zugleich macht sie Frauen Mut und motiviert sie, für ihre Rechte einzutreten, sich zu informieren, ihre Beschwerden in Angriff zu nehmen und vorzubeugen.

Untermauert werden die Passagen mit Studien, Zitaten von Experten und Fallbeispielen. Immer wieder wird deutlich, dass die Autorin weiß, wovon sie schreibt, und auf diesem Gebiet eine große Expertise besitzt.

In aufklärerischer Sicht leistet das Sachbuch mit seinen mehr als 200 Seiten wertvolle Arbeit. Allerdings darf sich die Leserin kein Patentrezept dazu erwarten, auf welchem Weg sie Schäden an ihrem Beckenboden künftig komplett vermeiden kann. Ein paar konkretere Tipps hätte ich mir gewünscht. Anmerken muss ich jedoch auch, dass die Studienlage wohl noch nicht in allen Bereichen so umfassend ist, dass sich in jeglicher Hinsicht widerspruchsfreie Handlungsempfehlungen ableiten lassen.

Mein Fazit:
Mit „Untenrum offen - Der Beckenboden nach der Geburt“ hat Dr. med. Martina Lenzen-Schulte ein erschütterndes und in Teilen schockierendes Sachbuch geschrieben. Eine aufklärende Lektüre, die nicht nur für Betroffene interessant ist, sondern vor allem auch von der medizinischen Fachwelt beachtet werden sollte.